Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.07.2013, Az. VI B 7/13

6. Senat | REWIS RS 2013, 3765

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Gegenstand

Zum Werbungskostenabzug bei Verlusten in der privaten Vermögenssphäre


Leitsatz

1. NV: Entsprechend der steuerlichen Systematik bleiben Wertänderungen (Verluste) in der privaten Vermögenssphäre bei der Einkunftsermittlung im Rahmen der Überschusseinkünfte grundsätzlich außer Betracht.

2. NV: Ein Vermögensverlust kann unter Beachtung des objektiven Nettoprinzips nur dann als Erwerbsaufwand berücksichtigt werden, wenn besondere Umstände den Schluss rechtfertigen, dass die Gründe für den unfreiwilligen (völligen oder teilweisen) Verlust in der Berufssphäre bzw. Erwerbssphäre liegen.

3. NV: Allein der Umstand, dass der Erwerb der Beteiligung Voraussetzung für die Teilnahme an einem Anreizlohnprogramm und die Anzahl der erworbenen Aktien dessen Bemessungsgrundlage bildet, genügt hierfür nicht.

Gründe

1

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die von dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor oder wurden nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O erforderlichen Weise dargelegt.

2

a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob "Verluste eines Arbeitnehmers aus der Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers, welche während der Dauer des Arbeitsverhältnisses zu Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit führten, mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit zu behandeln" sind, hat keine grundsätzliche Bedeutung.

3

aa) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob (und unter welchen Voraussetzungen) ein Beteiligungsverlust zu Werbungskosten führe, ist durch die Rechtsprechung des [X.] ([X.]) hinreichend geklärt. Für eine neuerliche Leitentscheidung besteht kein Klärungsbedarf. Entsprechend der einkommensteuerlichen Systematik bleiben Verluste in der privaten Vermögenssphäre bei der Einkünfteermittlung im Rahmen der [X.]S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) --abgesehen von den in §§ 17 und 23 EStG genannten [X.] außer Betracht. Dieser Grundsatz gebietet es auch, Wertänderungen eines Wirtschaftsguts im Falle seiner Veräußerung (Veräußerungsgewinn bzw. -verlust) außer Ansatz zu lassen (Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, [X.]E 160, 466, [X.] 1990, 830, 836; Senatsurteil vom 24. Mai 2000 VI R 28/97, [X.]E 191, 552, [X.] 2000, 474; vgl. auch Grube in Festschrift für [X.], Steuerrecht, Verfassungsrecht, Finanzpolitik 1994, S. 913, 923).

4

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] können allerdings private Vermögensverluste unter Beachtung des objektiven Nettoprinzips als [X.] berücksichtigt werden, wenn besondere Umstände den Schluss rechtfertigen, dass die Gründe für die unfreiwilligen (völligen oder teilweisen) Verluste in der Berufs- bzw. Erwerbssphäre liegen. So wurde [X.] anerkannt, wenn der Verlust bei der beruflichen Verwendung eintritt oder die Einwirkung auf das betreffende Wirtschaftsgut aus in der Berufssphäre liegenden Gründen erfolgt (Senatsurteil vom 17. September 2009 VI R 24/08, [X.]E 226, 321, [X.] 2010, 198; vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. April 2009 VI B 126/08, [X.]/NV 2009, 1267; vom 20. August 2008 VI B 17/08, [X.]/NV 2009, 13; vom 22. Februar 2007 VI B 99/06, [X.]/NV 2007, 1297; vom 10. November 2005 VI B 47/05, [X.]/NV 2006, 296, m.w.N.; [X.]/[X.], EStG, 32. Aufl., § 9 Rz 24 ff. und 56 ff.; [X.], Der Betrieb, Beilage 6/2006, S. 51, 56 f.; umfassend: [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 9 EStG Rz 184 ff., und Anmerkung von [X.] in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 831, 832 mit einschlägigen [X.]). Gemeinsam ist solchen berücksichtigungsfähigen Verlusten, dass das Wirtschaftsgut einem spezifischen Risiko der Erwerbshandlung ausgesetzt ist und aus diesem Grunde der Verlust eingetreten ist.

5

cc) Daraus ergibt sich, dass allenfalls der Verlust privater Wirtschaftsgüter, nicht jedoch bloße Wertveränderungen infolge von Verwertungsmaßnahmen zu Werbungskosten führen können. Die Gründe, die zu einer Verwertung geführt haben, spielen dabei grundsätzlich keine Rolle (Senatsbeschluss in [X.]/NV 2006, 296). Deshalb liegt nach Ansicht des [X.] bei wertender Betrachtung beispielsweise kein hinreichend --den Bezug zum Vermögen überlagerndes-- berufsspezifiziertes Risiko vor, wenn der Arbeitnehmer (Partner einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) den [X.] zur Vermeidung einer Kündigung, weil sein Arbeitgeber nach Übernahme des Mandats der betreffenden Aktiengesellschaft zur Wahrung von [X.] auf dem Verkauf der Anteile besteht, realisiert (Senatsbeschluss in [X.]/NV 2009, 13).

6

dd) Gleiches gilt für den Streitfall. Auch hier betrifft das Schicksal der Kapitalanlage die private Vermögenssphäre des [X.]. Einen hinreichenden Bezug des [X.] (wie auch eines etwaigen Veräußerungsgewinns) auf die [X.] [X.] konnte das Finanzgericht ([X.]) --bei wertender [X.] rechtsfehlerfrei verneinen. Denn allein der Umstand, dass der Erwerb der Beteiligung Voraussetzung für die Teilnahme an einem Anreizlohnprogramm und die Anzahl der erworbenen Aktien dessen Bemessungsgrundlage bildete, genügt hierfür nicht.

7

b) Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative [X.]O) zuzulassen.

8

Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass das [X.] in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des [X.] zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (z.B. [X.]-Beschluss vom 31. März 2010 IV B 131/08, [X.]/NV 2010, 1487). Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer u.a. tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen [X.]-Urteil einerseits und aus den behaupteten, mit Datum sowie Aktenzeichen und/oder Fundstelle bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (z.B. [X.]-Beschluss vom 11. März 2011 III B 76/10, [X.]/NV 2011, 981). An einem derart substantiierten Beschwerdevorbringen fehlt es vorliegend.

9

c) Unschlüssig ist ferner die erhobene Verfahrensrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O). Die Rüge, dass das [X.] seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) nicht nachgekommen sei, erfordert substantiierte Ausführungen dazu, dass die vermisste [X.] oder die fehlende Sachaufklärung aus der materiell-rechtlichen Sicht der Vorinstanz entscheidungserheblich war (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 50, § 120 Rz 72, § 119 Rz 14). Hieran fehlt es mit Rücksicht auf den klägerischen Vortrag, das [X.] habe nicht ermittelt bzw. festgestellt, ob der Kläger mit seiner Beteiligung am [X.] die Voraussetzungen des § 17 EStG erfüllt habe, zum einen schon deshalb, weil das [X.] die Anzahl der vom Kläger erworbenen Aktien erhoben und die rechnerische Richtigkeit des vom Kläger erlittenen Verlustes überprüft, also sich über die absolute Höhe der Beteiligung des [X.] vergewissert hat. Zum anderen ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die "Kleinstbeteiligung" des [X.] die Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG überschritten haben könnte und aus welchen Gründen die relative Höhe der Beteiligung für das [X.] bei der Frage der beruflichen Veranlassung des geltend gemachten [X.] entscheidungserheblich gewesen ist.

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O ab.

Meta

VI B 7/13

30.07.2013

Bundesfinanzhof 6. Senat

Beschluss

vorgehend FG Nürnberg, 5. Dezember 2012, Az: 3 K 1755/11, Urteil

§ 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG 2009, § 2 Abs 1 S 1 Nr 5 EStG 2009, § 2 Abs 1 S 1 Nr 6 EStG 2009, § 2 Abs 1 S 1 Nr 7 EStG 2009, § 9 EStG 2009, § 17 EStG 2009, § 23 EStG 2009, § 116 Abs 3 FGO, § 115 Abs 2 FGO, EStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.07.2013, Az. VI B 7/13 (REWIS RS 2013, 3765)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3765

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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