Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2015, Az. VIII ZR 176/14

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 13879

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 176/14
Verkündet am:

18. März 2015

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 281 Abs. 1 Satz 1, § 323 Abs. 1, § 437 Nr. 2, 3
Zu den Anforderungen an eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gemäß § 281 Abs. 1 Satz
1 BGB, § 323 Abs. 1 BGB (Aufforderung, den Kaufgegenstand auszutauschen, mit der Ankündigung, anderenfalls rechtliche Schritte zu er-greifen; Fortführung von [X.], Urteil vom 12. August 2009 -
VIII ZR 254/08, [X.], 3153).

[X.], Urteil vom 18. März 2015 -
VIII ZR 176/14 -
OLG Hamm

[X.]

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Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat am 18. März 2015 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] [X.], die Richterin Dr.
Fetzer sowie [X.] Bünger und Kosziol

beschlossen:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 23. Mai 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und des Nichtzulas-sungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin erwarb von der [X.] am 3. Mai 201i-nen Fuchswallach der Rasse Quarter Horse. Mit Anwaltsschreiben vom 2.
August 2012 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag unter [X.] darauf, dass das Pferd an einer unheilbaren "Kissing Spines"-Erkrankung leide, die bereits
bei Übergabe vorhanden gewesen sei.

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Die Klägerin begehrt Rückzahlung des Kaufpreises, Erstattung von bezif-ferten Aufwendungen sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr alle weiteren mängelbedingten Aufwendungen zu erstatten. Ferner verlangt sie die Feststellung des Annahmeverzuges sowie Ersatz vorgerichtlicher [X.].
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin begehre Rückgewähr des Kaufpreises, Aufwendungsersatz sowie
Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Es fehle allerdings an einer erfolglosen Aufforderung zur Nacherfüllung gemäß § 323 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB.
Es könne dahingestellt bleiben, ob das Pferd bereits bei Übergabe am 3.
Mai 2011 an einem "Kissing Spines"-Syndrom gelitten habe. Die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt ein Nacherfüllungsverlangen an die Beklagte gerich-tet, welches den Vorgaben der § 323 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB genüge. Zwar möge der Lebensgefährte der Klägerin, der von ihr als Zeuge benannte S.

H.

, am 19. Juni 2012 anlässlich eines Aufenthaltes auf dem Gestüt der [X.] von deren Vater den Austausch des Pferdes verlangt haben. Eine Frist 2
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zur Nacherfüllung, welche erfolglos hätte verstreichen können, habe der Zeuge in diesem Zusammenhang selbst nach den Behauptungen der Klägerin in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 7.
April 2014 jedoch nicht gesetzt.
Grundsätzlich sei auch beim Tierkauf vor der Rücktrittserklärung eine Fristsetzung zur Nachbesserung oder zur Nachlieferung erforderlich. Ausnah-men seien nur unter besonderen Umständen zuzulassen. Weder habe die Klä-gerin insoweit jedoch vorgetragen, dass etwa aus Gründen des Tierschutzes eine unverzügliche Inanspruchnahme tierärztlicher Hilfe notwendig gewesen sei, noch lasse sich erkennen, dass die Lieferung eines anderen -
gesunden -
Pferdes wegen einer bereits entstandenen Bindung an das streitgegenständli-che Tier nicht in Betracht gekommen wäre. Aus den Ausführungen der Klägerin ergebe sich, dass ihre Kaufentscheidung schwerpunktmäßig auf objektiven [X.] -
der Eignung für die Turnierrichtung "Pleasure", einer Disziplin des [X.] -
beruht habe. Gerade in einem solchen Fall, in welchem in erster Linie objektive Qualitätsanforderungen ausschlaggebend gewesen seien, komme eine Ersatzlieferung ernsthaft in Betracht. Dass der [X.] eine Nacherfüllung durch Lieferung eines [X.] nicht möglich gewesen wä-re, werde substantiiert von der Klägerin nicht behauptet.
Die Klägerin trage zwar vor, der Vater der [X.] habe seit Bekannt-werden des "[X.] sämtliche Anschuldigungen und Pflich-ten von sich gewiesen und auch die Einholung eines Sachverständigengutach-tens abgelehnt, weil dieses ohnehin "nichts bringe"; hierdurch sei das Vertrauen der Klägerin in das Unternehmen der [X.] gebrochen worden. Eine end-gültige Erfüllungsverweigerung der [X.] lasse sich aus dieser unpräzisen Darstellung jedoch nicht herleiten. Dies gelte auch für die umgangssprachliche Formulierung des [X.] der [X.] in dem behaupteten Gespräch mit dem Lebensgefährten der Klägerin am 19.
Juni 2012, wonach man sich vor Gericht 8
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wiedersehe. Derartige Äußerungen ließen nicht darauf schließen, dass die [X.] eine Nachlieferung auch dann abgelehnt hätte, wenn sie hierzu von der Klägerin ernsthaft unter Gewährung einer angemessenen Frist aufgefordert worden wäre. Insbesondere habe die behauptete Antwort des [X.] der [X.] am 19. Juni 2012 in ihrem unverbindlichen Stil dem von Herrn H.

un-mittelbar zuvor angeschlagenen derben Ton entsprochen. Unter diesen Um-ständen sei eine wirksame Aufforderung zur Nacherfüllung innerhalb der [X.] ab dem 3. Mai 2011, während der ein Anspruch der Klägerin auf Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB bestanden habe, nicht erfolgt.

II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung, die Klägerin habe der [X.] keine Frist zur Nacherfüllung im Sinne der § 323 Abs. 1, §
281 Abs.
1 BGB gesetzt, kann die Klage nicht abgewiesen werden.
1. Für eine Fristsetzung im Sinne der vorgenannten Vorschriften genügt es, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht. Der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten (End-)Termins bedarf es nicht. Weder lässt sich dem Begriff der Fristsetzung entnehmen, dass die maßgebliche Zeitspanne nach dem [X.] bestimmt sein muss oder in konkreten Zeiteinheiten anzugeben ist, noch erfordert es der Zweck der Fristsetzung gemäß § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 oder nach § 437 Nr. 3, §
281 Abs. 1 BGB, dass der Gläubiger für die Nacherfüllung einen bestimmten Zeitraum oder einen genauen (End-)Termin angibt. Dem 10
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Schuldner soll mit der Fristsetzung vor Augen geführt werden, dass er die Leis-tung nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt bewirken kann, sondern dass ihm [X.] eine zeitliche Grenze gesetzt ist. Dieser Zweck wird durch eine Aufforde-rung, sofort, unverzüglich oder umgehend zu leisten, hinreichend erfüllt ([X.] vom 12. August 2009 -
VIII ZR 254/08, [X.], 3153 Rn. 10 f., zu §
281 BGB).
2. Daran gemessen hat das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, das durch den Zeugen H.

unter Beweis gestellte, im Revisionsverfahren zugrunde zu legende Vorbringen der Klägerin in dem nachgelassenen [X.] vom 7. April 2014 nicht hinreichend erfasst, der Zeuge habe dem Vater der [X.] am 19. Juni 2012 nicht nur gesagt, das Tier sei ihm zu gefährlich und er fürchte um die Gesundheit seiner Lebensgefährtin, sondern habe auch wört-lich oder wortähnlich erklärt: "Entweder wird
das Pferd ausgetauscht oder wir gehen rechtlich gegen Euch vor."

Diese Äußerung trägt den Anforderungen an eine Fristsetzung gemäß §
281 Abs. 1 Satz 1, §
323 Abs. 1 BGB Rechnung. Die Ausführungen des [X.]sgerichts lassen besorgen, dass es eine ordnungsgemäße Nacherfüllungs-aufforderung von der Nennung eines bestimmten Zeitraums oder eines be-stimmten (End-)Termins abhängig machen will. Dessen bedarf es jedoch nicht. Bereits in dem Verlangen, das Pferd "auszutauschen", verbunden mit der die Ernsthaftigkeit der Erklärung verdeutlichenden Warnung, andernfalls rechtliche Schritte zu ergreifen, liegt bei verständiger Würdigung unmissverständlich die Aufforderung, umgehend Abhilfe durch Übergabe eines gesunden Pferdes zu schaffen.
3. Das Berufungsurteil
stellt sich auf der Grundlage der bisherigen [X.] des Berufungsgerichts auch nicht aus anderen Gründen 12
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als richtig dar (§
561 ZPO). Vergeblich beruft sich die Beklagte darauf, dass die Klägerin Unternehmerin sei und für diesen Fall unter den weiteren Vorausset-zungen des § 3 Abs. 3 des Kaufvertrages ein Ausschluss der Sachmängelhaf-tung vereinbart worden sei. Das Berufungsgericht hat bereits keine Feststellun-gen dazu getroffen, ob die Klägerin Unternehmerin ist.
Zudem sind auch im Fall
der Unternehmereigenschaft der Klägerin ge-mäß §
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Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 des Kaufvertrages unter anderem Ansprüche vom Ausschluss der Sachmängelhaftung ausgenommen, bei denen "die haf-n J.

verursacht"
wurden. Insoweit kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz statt der Leistung (§
437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB) unter dem Gesichtspunkt der Verschaffung eines von Sachmän-geln freien Tieres (§ 434 Abs. 1, § 90a BGB) nicht ausgeschlossen werden. Ebenso wenig kann ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz statt der Leistung unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Verpflichtung der [X.] zur Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB ausgeschlossen werden (vgl. Senatsurteil vom 2. April 2014 -
VIII ZR 46/13, [X.]Z 200, 337 Rn. 23 f. mwN). Eine solche Verpflichtung der [X.] haben die Parteien gemäß § 5 Abs. 5 des Kaufvertrages ausdrücklich vereinbart. Danach sind die Parteien "sich einig, dass eine Nachbesserung durch Lieferung eines vergleichbaren Pferdes erfolgen kann", so dass diese Art der Nacherfüllung durch § 3 Abs. 3 des Kaufvertrages nicht ausgeschlossen ist.

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III.
Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist [X.] aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentschei-dung reif, da es weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Daher ist die Sa-che zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück-zuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
[X.]
Dr. [X.]
Dr. Fetzer

[X.]
Kosziol
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.06.2013 -
6 O 339/12 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 23.05.2014 -
I-19 [X.] -

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Meta

VIII ZR 176/14

18.03.2015

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2015, Az. VIII ZR 176/14 (REWIS RS 2015, 13879)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13879

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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