Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2018, Az. IX ZB 89/16

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 15001

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2018:250118BIXZB89.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

IX [X.]/16
vom

25. Januar 2018

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
Brüssel Ia-VO Art. 39, 53
Dem Gerichtshof der [X.] werden zur Auslegung des [X.]. 267 Abs. 1 [X.] [X.] folgende Fragen zur Vorabentscheidung [X.]:
1. Stellt bei einem Urteil, das den Beklagten uneingeschränkt und ohne Bedingung zu einer Leistung verurteilt und gegen das im [X.] ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt
wurde oder bei dem die Frist für einen solchen Rechtsbehelf noch nicht verstrichen ist, die Anordnung des Ursprungsgerichts, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist, eine Bedingung im Sinne von Nr. 4.4. des Formblatts in [X.] ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssa-chen dar?

2. Sofern Frage 1 bejaht wird: Gilt dies auch dann, wenn im [X.] eine Sicherungsvollstreckung aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil möglich ist, ohne dass die Sicherheitsleistung erbracht wird?

3. Sofern Frage 2 bejaht wird:
-
2
-

a) Wie hat das Ursprungsgericht im Fall einer Entscheidung, die eine vollstreckbare Ver-pflichtung enthält und gegen die im [X.] ein ordentlicher [X.] eingelegt wurde oder bei der die Frist für einen solchen Rechtsbehelf noch nicht verstrichen ist,
hinsichtlich des Formblatts in [X.] ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entschei-dungen in Zivil-
und Handelssachen zu verfahren, wenn die Vollstreckung der Ent-scheidung im [X.] aufgrund des [X.] oder aufgrund einer gesetzlichen Regelung erst nach einer Sicherheitsleistung erfolgen darf?
b) Hat das Ursprungsgericht in diesem Fall die Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in [X.] ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche

Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen auszustellen, ohne die in Nr. 4.4.1. bis 4.4.4. vorgesehenen Anga-ben zu machen?
c) Ist das Ursprungsgericht in diesem Fall befugt, die Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in [X.] ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssa-chen dahin auszustellen, dass -
etwa in Nr. 4.4.1. oder 4.4.3. des Formblatts
-
zusätzli-che Angaben zur erforderlichen Sicherheitsleistung aufgenommen werden und der Text der gesetzlichen Regelung dem Formblatt beigefügt wird?

4. Sofern Frage 2 verneint wird:
a) Wie hat das Ursprungsgericht hinsichtlich des Formblatts in [X.] ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen zu verfahren, wenn die Sicherungsvoll-streckung im [X.] aufgrund einer gesetzlichen Regelung erst nach Ablauf einer Frist zulässig ist?
b) Ist das Ursprungsgericht in diesem Fall befugt, die Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in [X.] ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssa-chen dahin auszustellen, dass -
etwa in Nr. 4.4.1. oder 4.4.3. des Formblatts
-
zusätzli-che Angaben zu dieser Frist aufgenommen werden und der Text der gesetzlichen Re-gelung dem Formblatt beigefügt wird?

[X.], Beschluss vom 25. Januar 2018 -
IX [X.]/16 -
KG Berlin

[X.]

-

3

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Dr. Gehrlein, [X.], die Richterin Möhring
und den
Richter Dr. Schoppmeyer

am 25. Januar 2018
beschlossen:

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Dem Gerichtshof der [X.] werden zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 267 Abs. 1 [X.] [X.] fol-gende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Stellt bei einem Urteil, das den Beklagten uneingeschränkt und ohne Bedingung zu einer Leistung verurteilt
und gegen das im [X.] ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt wurde oder bei dem die Frist für einen solchen Rechtsbehelf noch nicht verstrichen ist, die Anordnung des Ursprungsge-richts, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist, eine Bedingung im Sinne von Nr. 4.4. des Formblatts in [X.] ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssa-chen dar?

2. Sofern Frage 1 bejaht wird: Gilt dies auch dann, wenn im [X.] eine Sicherungsvollstreckung aus dem für -

4

-
vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil möglich ist, ohne dass die Sicherheitsleistung erbracht wird?

3. Sofern Frage 2 bejaht wird:
a) Wie hat das Ursprungsgericht im Fall einer Entscheidung, die eine vollstreckbare Verpflichtung enthält
und gegen die im [X.] ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt wurde oder bei der die Frist für einen solchen Rechtsbehelf noch nicht verstrichen ist, hinsichtlich des Formblatts in An-hang
I
der Verordnung ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstre-ckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen
zu ver-fahren, wenn die Vollstreckung der Entscheidung im [X.] aufgrund des [X.] oder auf-grund einer gesetzlichen Regelung erst nach einer [X.] erfolgen darf?
b)
Hat
das Ursprungsgericht in diesem Fall die Bescheinigung un-ter Verwendung des Formblatts in [X.] ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Ra-tes vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen
auszustellen, ohne die in Nr. 4.4.1. bis 4.4.4.
vorgesehenen Angaben zu machen?

c) Ist das Ursprungsgericht in diesem Fall befugt, die Bescheini-gung unter Verwendung des Formblatts in [X.] der [X.] ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zu--

5

-
ständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Ent-scheidungen in Zivil-
und Handelssachen dahin auszustellen, dass -
etwa in Nr. 4.4.1. oder 4.4.3. des Formblatts -
zusätzliche Angaben zur erforderlichen Sicherheitsleistung aufgenommen werden und der Text der
gesetzlichen
Regelung dem Formblatt beigefügt wird?

4. Sofern Frage 2 verneint wird:
a) Wie hat das Ursprungsgericht hinsichtlich des Formblatts in [X.] der Verordnung ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstre-ckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen zu ver-fahren, wenn die Sicherungsvollstreckung im [X.] aufgrund einer gesetzlichen Regelung erst nach [X.] einer
Frist zulässig ist?
b) Ist das Ursprungsgericht in diesem Fall befugt, die Bescheini-gung unter Verwendung des Formblatts in [X.] der [X.] ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche [X.] und die Anerkennung und Vollstreckung von Ent-scheidungen in Zivil-
und Handelssachen dahin auszustellen, dass -
etwa in Nr. 4.4.1. oder 4.4.3. des Formblatts -
zusätzliche Angaben zu dieser Frist aufgenommen werden und der Text der gesetzlichen
Regelung
dem Formblatt beigefügt wird?

-

6

-
Gründe:

I.

Die in [X.] ansässige Klägerin nimmt
den in [X.] ansässigen Beklagten in einem nach dem 10.
Januar 2015 eingeleiteten Verfahren vor dem [X.] auf Schadensersatz in Anspruch. Das [X.] hat den Beklagten
verurteiltüber dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. September 2014 an die Streithel-ferin der Klägerin zu zahlen. Es hat den Beklagten weiter verurteilt, die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin der Klägerin zu tragen. Darüber hinaus hat das [X.] das Urteil gegen [X.] in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags für vorläufig vollstreckbar
erklärt. Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Über die Berufung ist bislang nicht entschieden. Während des Berufungsverfah-rens hat die Klägerin
beantragt, eine Bescheinigung gemäß Art. 53 der Verord-nung ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12.
Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen (fortan: [X.]) auszustellen.

Die Rechtspflegerin des [X.] hat den Antrag der Klägerin abgelehnt. Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Erinnerung hat das [X.] zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter.

1
2
-

7

-
II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 1111 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit §
574
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig.

1.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass eine Bescheinigung nach Art. 53 [X.] nicht ausgestellt werden könne, weil das Urteil des [X.] nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar sei. Eine Voll-streckbarkeit nur gegen Sicherheitsleistung sei als Frage der abstrakten Voll-streckbarkeit anzusehen. Da die Klägerin keine Sicherheitsleistung erbracht habe, könne keine Vollstreckbarkeit bescheinigt werden.

2. Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde hängt von den im Tenor wiedergegebenen Vorlagefragen ab. Es liegt eine Zivil-
und Handelssache im Sinne des Art.
1 Abs. 1 [X.] vor.

a) Gemäß Art. 53 [X.] stellt das Ursprungsgericht auf Antrag eines Berechtigten die Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in [X.] der [X.] aus. Nr. 4.4. dieses Formblatts lautet: "Die Entscheidung ist im [X.] vollstreckbar, ohne das weitere Bedingungen erfüllt sein müssen:"
Sodann bietet das Formblatt vier Antwortmöglichkeiten (Nr. 4.4.1.
bis 4.4.4.). Von diesen können drei nur mit "Ja"
beantwortet werden. Die vierte Möglichkeit ist nicht einschlägig.

b) Nach [X.] Recht findet die Zwangsvollstreckung statt aus [X.], die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind (§
704 ZPO). Das Gericht
hat von Amts wegen jedes Endurteil
mit vollstreckungsfähi-gem Inhalt, das nicht bereits mit einer Verkündung oder Zustellung rechtskräftig 3
4
5
6
7
-

8

-
wird, für vorläufig vollstreckbar zu erklären
(§§ 708, 709 ZPO). Bestimmte Urtei-le sind ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§
708 ZPO). Alle anderen Urteile hat das Gericht gemäß § 709 ZPO gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

§ 709 ZPO lautet:
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicher-heit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldfor-derung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der [X.] in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstre-ckenden Betrages
angegeben wird.

aa) Ist ein Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt worden, hat der Ur-kundsbeamte des Gerichts einer Partei
auf Antrag eine vollstreckbare Ausferti-gung zu erteilen. Hierzu ist nicht erforderlich, dass die Partei
die [X.] erbracht hat. Die vollstreckbare Ausfertigung ist vielmehr auch dann ohne weiteres zu erteilen, wenn die Vollstreckung von einer dem Gläubiger obliegen-den Sicherheitsleistung abhängt (§
726 Abs. 1 ZPO). Die maßgeblichen Vor-schriften lauten:

§ 724 ZPO
(1) Die Zwangsvollstreckung wird auf Grund einer mit der Vollstre-ckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (vollstreckbare Ausfertigung) durchgeführt.
(2) Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten [X.] und, wenn der Rechtsstreit bei einem höheren Gericht anhängig ist, von dem Ur-kundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts erteilt.

8

9

-

9

-

§ 725 ZPO
Die Vollstreckungsklausel: "Vorstehende Ausfertigung wird dem usw. (Bezeichnung der Partei) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt" ist der Ausfertigung des Urteils am Schluss beizufügen, von dem Ur-kundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Ge-richtssiegel zu versehen.

§ 726 ZPO
(1) Von Urteilen, deren Vollstreckung nach ihrem Inhalt von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer anderen Tatsache als [X.] obliegenden Sicherheitsleistung abhängt, darf eine vollstreckbare Ausfertigung nur erteilt werden, wenn der Beweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird.
(2)

Auf dieser Grundlage darf jeder Gläubiger bereits vor Eintritt der [X.] auch aus einem nur gegen Sicherheit vorläufig vollstreckbaren Urteil, durch das der Schuldner zur Leistung von Geld verurteilt wird, auch ohne Si-cherheitsleistung die Zwangsvollstreckung insoweit betreiben, als bewegliches Vermögen gepfändet wird oder im Wege der Zwangsvollstreckung in das un-bewegliche Vermögen eine Sicherungshypothek oder Schiffshypothek einge-tragen wird (§
720a Abs. 1 Satz 1 ZPO; sog. Sicherungsvollstreckung). Diese Vollstreckung erlaubt damit nur Maßregeln der Sicherung. Sie setzt voraus, dass der Gläubiger eine Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils und der Vollstreckungsklausel abwartet. Die
einschlägigen Vorschriften lauten:

§ 720a ZPO
(1) Aus einem nur gegen Sicherheit vorläufig vollstreckbaren Urteil, durch das der Schuldner zur Leistung von Geld verurteilt worden ist, darf der Gläubiger ohne Sicherheitsleistung die Zwangsvollstreckung insoweit betreiben, als

10

-

10

-

a) bewegliches Vermögen gepfändet wird,

b) im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen ei-ne Sicherungshypothek oder Schiffshypothek eingetragen wird.

Der Gläubiger kann sich aus dem belasteten Gegenstand nur nach Leis-tung der Sicherheit befriedigen.

§ 750 ZPO

(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a ZPO darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.

bb) Auf die Sicherheitsleistung kommt es erst an, wenn der Gläubiger in weiterem Umfang zur Befriedigung seiner
Forderung vollstrecken möchte. Für eine über die Sicherungsvollstreckung gemäß § 720a ZPO hinausgehende Vollstreckung und eine Vollstreckung bei Urteilen, durch die der Schuldner zu anderen Leistungen als Geld verurteilt wird, bestimmt § 751 Abs. 2 ZPO Fol-gendes:

"Hängt die Vollstreckung von einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheitsleistung ab, so darf mit der Zwangsvollstreckung nur begonnen oder sie nur fortgesetzt werden, wenn die [X.] durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen und eine Abschrift dieser Urkunde bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird."

Für die Sicherungsvollstreckung bestimmt §
720a Abs. 1 Satz 2 ZPO zusätzlich, dass eine Befriedigung aus dem belasteten Gegenstand nur nach Leistung der Sicherheit zulässig ist. Die Art der Sicherheit richtet sich nach

11
12
-

11

-
§
108 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Üblicherweise erfolgt sie durch eine zugunsten des Schuldners erteilte Bürgschaft eines Kreditinstituts.

c) Im Streitfall erstrebt die Klägerin eine Vollstreckung aus einem noch nicht rechtskräftigen Urteil. Das [X.] hat den Beklagten zu einer Geldleistung verurteilt. Das [X.]
hat das Urteil gemäß § 709 ZPO gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H.
des jeweils zu vollstreckenden [X.] für vorläufig vollstreckbar erklärt. Damit hängt die Höhe der von der Kläge-rin für eine Vollstreckung zu erbringenden Sicherheitsleistung von dem Betrag ab, den die Klägerin im Einzelfall tatsächlich vollstrecken will. Sie ist nicht ver-pflichtet, eine Sicherheit in voller Höhe der ihr nach dem Urteil zugesprochenen Beträge zu erbringen, wenn sie nur wegen eines [X.] vollstrecken möch-te. Unabhängig davon kann die Klägerin für die ihr nach dem Urteil zugespro-chenen Beträge in voller Höhe im Rahmen einer Sicherungsvollstreckung ge-mäß §
720a Abs. 1 ZPO vollstrecken. Das Urteil des [X.]s Berlin ist bis-lang nicht rechtskräftig, nachdem der Beklagte Berufung gegen dieses Urteil eingelegt hat. Über die Berufung ist noch nicht entschieden. Die Klägerin hat bislang keine Sicherheit geleistet. Sie will in [X.] vollstrecken und beabsichtigt jedenfalls auch, eine Sicherungsvollstreckung durchzuführen.

Da gemäß Art. 42 Abs. 1 [X.] der Antragsteller der zuständigen Vollstreckungsbehörde neben einer Ausfertigung der Entscheidung, welche
die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, auch die nach Art.
53 [X.] ausgestellte Bescheinigung vorzulegen hat, hängt die Ent-scheidung davon ab, welche Bedeutung die im vollstreckbaren Urteil zusätzlich zur vorläufigen Vollstreckbarkeit angeordnete Sicherheitsleistung für die [X.] gemäß dem Formblatt in Anhang
I der [X.]
hat. Gemäß Art.
42 Abs.
1 [X.] b) [X.] wird mit der Bescheinigung bestätigt, dass die 13
14
-

12

-
Entscheidung vollstreckbar ist. Das Urteil des [X.]s Berlin ist nach [X.] Recht vollstreckbar. Dass die vorläufige Vollstreckbarkeit von einer Si-cherheitsleistung abhängt, hindert die Klägerin nicht daran, ohne [X.] eine Sicherungsvollstreckung vornehmen zu lassen.
Sie muss lediglich eine Frist von zwei Wochen nach Zustellung des mit der Vollstreckungsklausel versehenen Urteils abwarten. In
der Sache ist diese Vollstreckung auf Maßre-geln der Sicherung beschränkt.

d) Die Fragen lassen sich anhand der Rechtsprechung des [X.] nicht endgültig beantworten. Das Formblatt in Anhang
I der [X.] berücksichtigt die in [X.] Hinsicht zwischen rechtskräftigen und nicht rechtskräftigen Urteilen bestehenden Unterschiede nicht hinreichend. Daher bestehen Zweifel, wie nach nationalem Recht nur für eine Vollstreckung aus noch nicht rechtskräftigen Urteilen vorgesehene beson-dere Anforderungen einzuordnen sind. Dies gilt insbesondere, wenn diese Re-gelungen -
wie im [X.] Recht
-
bei noch nicht rechtskräftigen Urteilen un-terschiedliche Vollstreckungsmöglichkeiten eröffnen.

aa) Einerseits beruht die [X.] darauf, dass das Recht des [X.]s darüber entscheidet, ob und in welchem Umfang ein Ur-teil vollstreckbar ist. Den Entscheidungen sollen im [X.] (nur) die Wirkungen beigelegt werden, die ihnen in dem Mitgliedstaat zukommen, in dessen Hoheitsgebiet sie ergangen sind (vgl. [X.], Urteil vom 4. Februar 1988 -
C-145/86, Slg. 1988, 645 -
Hoffmann, Rn. 10 und 11);
es geht daher nicht an, einem Urteil bei seiner Vollstreckung Rechtswirkungen zuzuer-kennen, die es im [X.] nicht hat ([X.], Urteil vom 28.
April 2009
-
C-420/07, [X.], 210 -
Apostolides,
Rn. 66; vom 13. Oktober 15
16
-

13

-
2011 -
C-139/10, NJW 2011, 3506 -
Prism, Rn. 38). Dies gilt insbesondere für noch nicht rechtskräftige Urteile.

Andererseits ist nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.], Urteil vom 29. April 1999 -
C-267/97, Slg.
1999, [X.] -
Coursier) zwischen den beiden Fragen zu unterscheiden, ob eine Entscheidung in [X.] Hinsicht vollstreckbar ist oder ob sie wegen Begleichung der Schuld oder aus einem anderen Grund nicht mehr vollstreckt werden kann (aaO Rn. 24). Der Begriff "vollstreckbar"
betrifft danach lediglich die Vollstreckbarkeit der aus-ländischen Entscheidungen in formeller Hinsicht, nicht aber die Voraussetzun-gen, unter denen diese Entscheidungen im [X.] vollstreckt werden [X.] (aaO Rn. 29). Demgemäß regelt die [X.] nur das Verfahren zur Zu-lassung der Zwangsvollstreckung aus ausländischen vollstreckbaren Titeln und lässt die eigentliche Zwangsvollstreckung unberührt, die nach wie vor dem nati-onalen Recht des [X.]s unterliegt ([X.], Urteil vom 2. Juli 1985
-
C-148/84, Slg. 1985, 1981 -
Deutsche Genossenschaftsbank,
Rn. 18; vom 4.
Februar 1988 -
C-145/86, Slg. 1988, 645 -
Hoffmann, Rn. 27).

bb) Ordnet man die Frage, unter welchen Bedingungen ein noch nicht rechtskräftiges Urteil im [X.] vollstreckt werden kann, den Wirkungen des Urteils zu, die diesem Urteil hinsichtlich der [X.] zukommen, spricht vieles dafür, dass ein Urteil, aus dem nur gegen Sicherheitsleistung vollstreckt werden kann, nicht vollstreckbar ist, solange die Sicherheitsleistung nicht erbracht worden ist. Unter diesen Voraussetzungen könnte die Angabe in Nr. 4.4. des Formblatts in Anhang
I der [X.] nicht bejaht werden. Weist man diese Frage hingegen den Voraussetzungen zu, un-ter denen ein solches noch nicht rechtskräftiges Urteil im [X.] tatsächlich vollstreckt werden kann, handelt es sich nicht um eine Frage 17
18
-

14

-
der formellen Vollstreckbarkeit. Dann wäre die Angabe in Nr. 4.4. des Form-blatts in Anhang
I der [X.] zu bejahen.
Dies hätte jedoch zur Folge, dass der vom [X.] bei noch nicht rechtskräftigen Urteilen vorge-sehene Schutz des Schuldners vor
Vollstreckungen, die sich am Ende als [X.] erweisen sollten, nicht verwirklicht würde.

Berücksichtigt man die Fälle, in denen ein noch nicht rechtskräftiges Ur-teil im [X.] stets eine Sicherungsvollstreckung ermöglicht, spricht vieles dafür, dass dieses Urteil jedenfalls hinsichtlich der Sicherungs-vollstreckung in vollem Umfang vollstreckbar ist. Dann müsste die Angabe in Nr. 4.4. des Formblatts in Anhang
I der [X.] hinsichtlich Maßregeln der Sicherung bejaht werden. Jedoch enthält das Formblatt
in Anhang
I der
[X.] keine ausdrückliche Vorgabe, welche den
auf Sicherungsmaßnahmen beschränkten
Umfang der Vollstreckbarkeit bescheinigen könnte. Es besteht daher die Gefahr, dass ein Urteil, dessen Vollstreckung im [X.] auf Sicherungsmaßnahmen beschränkt ist, im [X.] eine weitergehende Vollstreckungsmöglichkeit
insbesondere für eine vollständige Befriedigung
eröffnet.
Auf der anderen Seite wäre die Freizügigkeit der Ent-scheidungen gefährdet, wenn ein Gläubiger trotz der ihm im [X.] ohne weiteres möglichen Sicherungsvollstreckung gehindert wäre, im [X.] ebenfalls Maßregeln der Sicherung durchzuführen.

Damit das Ausmaß der nach den Regeln des [X.]s bestehenden Vollstreckbarkeit für die zuständigen Vollstreckungsbehörden
im [X.] möglichst einfach erkennbar ist, spricht viel dafür, dass das Gericht des [X.]es dem Formblatt in Anhang
I der [X.] den Text der maßgeblichen Regelungen des [X.]s zum Um-fang der Vollstreckbarkeit beifügt. Dies erleichtert den zuständigen Vollstre-19
20
-

15

-
ckungsbehörden des [X.]s ihre Aufgabe, dass durch die Voll-streckung keine Wirkungen entstehen, die über
die im Recht des [X.]s vorgesehenen Wirkungen hinausgehen (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

cc) Sofern die Entscheidung im [X.] nicht vollstreck-bar ist, ohne dass weitere Bedingungen erfüllt sein müssen, können
zwar die Angaben in Nr. 4.4. des Formblatts in Anhang
I der [X.] nicht bejaht wer-den. Gleichwohl erscheint es möglich, dass der Antragsteller ein Interesse hat, dass ihm eine Bescheinigung nach Art. 53 [X.] ausgestellt wird. Hierfür spricht die nach Art. 36 [X.] vorgesehene Anerkennung. Gemäß Art. 37 Abs. 1 [X.]
b) [X.] hat eine Partei, die in einem Mitgliedstaat eine in einem

21
-

16

-

anderen Mitgliedstaat ergangene Entscheidung geltend machen will, die nach Art.
53 [X.] ausgestellte Bescheinigung vorzulegen.

Kayser
Gehrlein
[X.]

Möhring
Schoppmeyer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.02.2016 -
90 [X.]/15 -

KG Berlin, Entscheidung vom 07.10.2016 -
23 [X.] -

Meta

IX ZB 89/16

25.01.2018

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2018, Az. IX ZB 89/16 (REWIS RS 2018, 15001)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 15001

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZB 89/16 (Bundesgerichtshof)

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung der Brüssel Ia-VO: Ausstellung der Bescheinigung über die Vollstreckbarkeit …


34 Wx 401/15 (OLG München)

Eintragung einer Zwangssicherungshypothek aufgrund eines österreichischen Titels


IX ZB 15/16 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 15/16 (Bundesgerichtshof)

Vollstreckbarerklärung der Entscheidung eines ausländischen Gerichts


IX ZB 94/07 (Bundesgerichtshof)

Vollstreckung ausländischer Urteile: Berücksichtigung der Aufhebung der Vollstreckbarkeit der Entscheidung im Ursprungsstaat im Beschwerdeverfahren der …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZB 89/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.