Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.05.2015, Az. 1 StR 33/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2015, 10792

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Gegenstand

Geldwäschetatbestand: Taugliches Tatobjekt im Falle eines Bankkontoguthabens aus sowohl rechtmäßigen Zahlungseingängen als auch deliktischen Quellen


Leitsatz

Ist Giralgeld sowohl aus rechtmäßigen Zahlungseingängen als auch aus von § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB erfassten Straftaten hervorgegangen, handelt es sich dabei insgesamt um einen "Gegenstand", der aus Vortaten "herrührt", wenn der aus diesen stammende Anteil bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht völlig unerheblich ist.

Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 24. September 2014 werden als unbegründet verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Untreue in Tateinheit mit Betrug in 128 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe sowie die Angeklagte wegen Beihilfe zur Untreue und wegen vorsätzlicher Geldwäsche in 21 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 200 Euro verurteilt. Ein Teil der Strafen ist jeweils wegen der Verfahrensdauer für vollstreckt erklärt worden. Außerdem hat das [X.] Verfallsentscheidungen getroffen.

2

Die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Beschwerdeführer sind unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf bezüglich der Revision der Angeklagten lediglich das Folgende:

3

1. Die auf fehlerfreien Feststellungen beruhende Verurteilung der Angeklagten wegen 21 Fällen der Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB in der Tatvariante des „Verwendens“ (Fälle C.II.2. der Urteilsgründe; Taten 129 - 149) weist keine Rechtsfehler zu ihrem Nachteil auf.

4

a) Bei den jeweiligen Guthaben auf dem Konto      bei der [X.], deren Inhaber die Angeklagten gemeinschaftlich waren, handelte es sich im Tatzeitraum zwischen Juli 2007 und April 2009 insgesamt um einen „Gegenstand“ im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB, der aus von dem Angeklagten gewerbsmäßig begangenen Straftaten jeweils tateinheitlicher Untreue und Betruges herrührte (§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4a StGB). Gegenstand ist jeder Vermögensgegenstand, der seinem Inhalt nach bewegliche oder unbewegliche Sachen oder Rechte umfasst [X.], StGB, 62. Aufl., § 261 Rn. 6; [X.] in [X.] Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Band 4, § 261 Rn. 29 mwN; näher [X.], [X.] der Geldwäsche, 2007, S. 16 ff.). Dazu gehört Buchgeld ebenso wie Forderungen im Allgemeinen ([X.] aaO mwN; siehe auch [X.]-Drucks. 12/989 S. 27 li.[X.].).

5

Der Tatobjektseigenschaft der gesamten Guthaben steht nicht entgegen, dass diese im genannten Tatzeitraum sowohl aus rechtmäßigen Zahlungseingängen als auch aus den Untreue- und Betrugsstraftaten des Angeklagten resultierten. Jedenfalls bei den von dem [X.] festgestellten Anteilen des Zuflusses aus deliktischen Quellen zwischen 5,9 % bis ca. 35 % in den Jahren 2007 bis 2009 war das jeweilige Giralgeld insgesamt ein aus Straftaten nach § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB stammender Gegenstand. Es bedarf daher vorliegend keiner Festlegung, ob es in Fällen der Vermischung von Mitteln aus rechtmäßigen und unrechtmäßigen Quellen einer Mindestquote des deliktischen Anteils bedarf (so etwa [X.] NStZ 1993, 159, 163 f.; [X.]/[X.] wistra 1997, 281, 283; [X.], [X.], 2. Aufl., [X.]), um insgesamt von einem tauglichen Tatobjekt der Geldwäsche ausgehen zu können.

6

Der Senat folgt damit einer in der Rechtsprechung ([X.], Beschluss vom 20. Januar 2005 - 3 [X.], NJW 2005, 767, 769) und in der Strafrechtswissenschaft (etwa [X.]/[X.] in [X.]ziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Band 8, § 261 Rn. 12; [X.] in [X.] Kommentar zum StGB, 4. Aufl., Band 3; § 261 Rn. 76 f.; siehe auch [X.] aaO Rn. 55 f.; krit. [X.] aaO S. 50 - 52) vielfach vertretenen Auffassung. Danach kommt es in Fällen der Vermischung im Grundsatz lediglich darauf an, dass der aus Vortaten herrührende Anteil bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht völlig unerheblich ist. Dafür spricht sowohl die Auslegung des § 261 Abs. 1 StGB anhand der Entstehungsgeschichte als auch der mit der Strafvorschrift verfolgte Zweck (ebenso [X.] aaO § 261 Rn. 76). Aus den Gesetzesmaterialien im Zuge der Einführung des § 261 StGB ist die Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten deutlich abzulesen, Vermögensgegenstände, die aus einer Vermischung von Mitteln aus legalen und illegalen Quellen entstanden sind, insgesamt als Gegenstände anzusehen, die aus einer Straftat herrühren ([X.]-Drucks. 12/3533 [X.].[X.]. mit dem dortigen Beispiel). Diese Vorstellung hat in den sprachlich weiten Begriffen „Gegenstand“ und „herrührt“ hinreichend deutlich Ausdruck gefunden (siehe zur Wortbedeutung „herrühren“ bereits Senat, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 4/09, [X.], 205, 208 - 210 Rn. 12 - 15). Der Zweck des [X.], das Einschleusen von Vermögensgegenständen aus bestimmten Kriminalitätsformen in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf zu verhindern ([X.]-Drucks. 12/989 S. 26 li.[X.].), spricht ebenfalls für eine Einbeziehung von Vermischungskonstellationen in den Kreis gemäß § 261 Abs. 1 StGB tauglicher Tatobjekte (ebenso [X.] aaO, [X.] aaO; insoweit auch [X.] aaO; [X.]/[X.] wistra 1997, 281, 284). Die notwendige Begrenzung (vgl. [X.]/Drucks. 12/989 S. 27 li.[X.].) erfolgt, indem der aus deliktischen Quellen stammende Anteil nicht lediglich völlig unerheblich sein darf. Das ist bei den hier festgestellten Quoten nicht der Fall.

7

b) Die Feststellungen tragen die Annahme der Tathandlung des Verwendens [X.]. § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Darunter fällt jeder bestimmungsgemäße Gebrauch des inkriminierten Gegenstandes ([X.] NStZ 2008, 492, 496 mwN). Das ist bei [X.] im Einzelnen durch das [X.] festgestellten Verfügungen der Angeklagten über das jeweilige Guthaben auf dem Konto in Gestalt des Tätigens von Überweisungen (Taten 129, 132, 134, 136 - 139, 141 - 146, 148, 149), der [X.] (Tat 130), der Erteilung von Ermächtigungen zum [X.] (Taten 131 und 147) sowie der von Einzugsermächtigungen (Taten 133, 135 und 140) der Fall. [X.] hat der Tatrichter für das Lastschrifteinzugsverfahren und die Erteilung von Einzugsermächtigungen selbst dann nur eine Tathandlung der Angeklagten angenommen, wenn die Begünstigten mehrfach von der ihnen erteilten Ermächtigung (bei periodisch fällig werdenden Schulden; exemplarisch Tat 140) Gebrauch gemacht haben.

8

c) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Angeklagte bezüglich der Taten 129 - 149 auch die Varianten des [X.] (§ 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB) und des [X.] (§ 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB; zu den Anforderungen [X.], Beschluss vom 26. Januar 2012 - 5 [X.], [X.], 321, 322) der Geldwäsche verwirklicht hat und wie sich dies konkurrenzrechtlich zu den Tathandlungen des Verwendens (§ 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB) verhalten hätte (vgl. dazu [X.] NStZ 2008, 492, 496). Dass das [X.] die vorgenannten Varianten nicht angenommen hat, wirkt sich nicht zu Lasten der Angeklagten aus.

9

2. Die getroffenen Feststellungen tragen auch den Schuldspruch und die Einzelstrafe wegen Beihilfe zur Untreue im Fall 112 (C.II.1. der Urteilsgründe). Indem die Angeklagte in Kenntnis der Herkunft einen von Verantwortlichen der geschädigten [X.] begebenen Scheck auf der Rückseite unterschrieb, um ihrem mitangeklagten Ehemann zu ermöglichen, den Scheck auf das gemeinsame Konto       einzureichen, unterstützte sie diesen vorsätzlich bei dessen Untreue (§ 266 StGB) zu Lasten seines Arbeitgebers, der M.        AG.

a) Bei der Bemessung der Einzelstrafe von 120 Tagessätzen wegen dieser Tat hat das [X.] zwar nicht erkennbar die Strafmilderung aus § 28 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB berücksichtigt. Dies wäre neben der Milderung aus § 27 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB aber erforderlich gewesen, weil die Angeklagte das besondere persönliche Merkmal der Vermögensbetreuungspflicht aus § 266 Abs. 1 StGB (siehe nur [X.], Beschluss vom 27. Januar 2015 - 4 StR 476/14, [X.], 146 mwN) in eigener Person nicht aufwies und die Beteiligungsform der Beihilfe nicht aus dem Fehlen der Betreuungspflicht, sondern bereits aus dem geringen Gewicht ihres Tatbeitrags resultiert ([X.]; zur erforderlichen Berücksichtigung beider vertypter Milderungsgründe auch bei Geldstrafe KG, Beschluss vom 2. April 2012 - [4] 161 Ss 30/12 [67/12], [X.], 89, 91). Dass die Angeklagte bei der Tatbegehung Leiterin der Abteilung Schulung und Training der [X.], einer zum M.  -Konzern gehörenden Gesellschaft, war ([X.] und 7), begründete keine eigene Vermögensbetreuungspflicht im Verhältnis zu der durch die Taten des Angeklagten geschädigten M.      AG.

b) Der Senat schließt aber im Hinblick auf die von dem Tatgericht seiner Strafzumessung zugrunde gelegten Erwägungen ein Beruhen der Einzelstrafe auf dem Rechtsfehler aus. Das [X.] hat sich bei der Strafzumessung der Einzelstrafe bedenkenfrei auch an der Höhe des durch die Haupttat entstandenen Schadens für die [X.] orientiert. Die Einzelstrafen für die täterschaftliche Geldwäsche der Angeklagten hat es im Vorgehen vergleichbar an der Höhe der jeweils „verwendeten“ Beträge ausgerichtet ([X.] f.). Angesichts des Umfangs des [X.] hätte das Tatgericht bei Anlegen seiner Strafzumessungsmaßstäbe auch unter Berücksichtigung eines weiteren vertypten [X.] keine geringere Einzelstrafe verhängt.

c) Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob ein Beruhen auch deshalb ausgeschlossen werden könnte, weil bei der [X.] zudem die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 StGB in den Tatvarianten des [X.] und [X.] vorliegen könnten. Insoweit wäre zwar eine Verurteilung der Angeklagten ausgeschlossen, weil zu ihren Gunsten die als persönlicher Strafausschließungsgrund und als Konkurrenzregel zu verstehende Vorschrift des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB (näher Senat, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 4/09, [X.], 205, 207 Rn. 8) eingriff. Einer Berücksichtigung bei der Strafzumessung hätte dies aber nicht zwingend entgegengestanden (vgl. zur Berücksichtigungsfähigkeit im Fall der Gesetzeseinheit allgemein [X.] in [X.] Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Band 2, § 46 Rn. 162).

Ebenso kann offen bleiben, ob der Unrechts- und Schuldgehalt der Beihilfe dadurch beeinflusst war, dass die Haupttat sich gegen das Vermögen einer Gesellschaft richtete, die zu demselben Konzern gehörte, wie die Arbeitgeberin der Angeklagten.

3. Angesichts des rechtsfehlerfrei festgestellten Einkommens der Angeklagten geboten ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht, ihr wegen Unzumutbarkeit der vollständigen Zahlung der verhängten Geldstrafe (näher [X.] in [X.] Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Band 2, § 42 Rn. 11; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], StGB, 2. Aufl., § 42 Rn. 4 [X.]) Zahlungserleichterungen gemäß § 42 Satz 1 StGB zu gewähren.

4. Im Rahmen der Entscheidung gemäß § 111i Abs. 2 StPO genügte es, dass das [X.] hinsichtlich eines Betrages von 86.429,70 Euro eine gesamtschuldnerische Haftung beider Angeklagten in den Urteilsgründen festgestellt hat ([X.]); eines entsprechenden Ausspruchs im Tenor bedurfte es nicht zwingend (Senat, Beschluss vom 10. April 2013 - 1 StR 22/13, [X.], 254, 255 mwN).

Rothfuß                          Jäger                          [X.]

                 [X.]

Meta

1 StR 33/15

20.05.2015

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Mannheim, 24. September 2014, Az: 25 KLs 618 Js 19871/09 - AK 5/13

§ 261 Abs 1 S 1 StGB, § 261 Abs 1 S 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.05.2015, Az. 1 StR 33/15 (REWIS RS 2015, 10792)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 3254 REWIS RS 2015, 10792

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