Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.05.2013, Az. XII ZB 530/11

12. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5441

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Gegenstand

Vormundschaft über minderjährige unbegleitete Flüchtlinge: Verhinderung eines Vormunds bei mangelnder Sachkunde und Zulässigkeit der Bestellung eines Rechtsanwalts zum Ergänzungspfleger in ausländerrechtlichen Angelegenheiten


Leitsatz

1. Ein Vormund ist im Sinne des § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht bereits dann an der Besorgung einer Angelegenheit des Mündels verhindert, wenn er aufgrund fehlender Geschäftsgewandtheit oder mangelnder Sachkunde kein geeigneter Sachwalter seines Mündels ist.

2. Die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Ergänzungspfleger für einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling zur Vertretung in ausländerrechtlichen Angelegenheiten einschließlich des Asylverfahrens ist auch dann unzulässig, wenn es dem Vormund an (einschlägiger) juristischer Sachkunde fehlt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Familiensenats des [X.] vom 28. August 2011 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

Gründe

I.

1

Das Verfahren betrifft die Bestellung eines Ergänzungspflegers für einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling.

2

Der am 4. März 1996 geborene [X.] ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste vermutlich Ende 2010 mit Hilfe von Schleppern in das [X.] ein. Zu seinen in [X.] verbliebenen Eltern besteht kein Kontakt. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2010 wurde das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt; gleichzeitig wurde für den Betroffenen eine Vormundschaft eingerichtet und das Jugendamt der [X.] zum Amtsvormund bestimmt.

3

Der Amtsvormund hat am 2. März 2011 bei dem Familiengericht beantragt, Rechtsanwalt [X.] zum [X.] für den Bereich der ausländerrechtlichen Angelegenheiten einschließlich der Vertretung im Asylverfahren zu bestellen. Zur Begründung wies der Amtsvormund darauf hin, dass die mit der Führung der Vormundschaft befassten Mitarbeiter auf diesem Gebiete weder über Sachkunde noch über Erfahrung verfügten und der seinerzeit erst 14-jährige [X.] selbst keinen Asylantrag stellen könne. Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Amtsvormund mit, dass er Rechtsanwalt [X.] für diese ausländerrechtlichen Angelegenheiten zwar schon eine entsprechende Vollmacht erteilt habe, dieser seine Vertretungsbereitschaft aber "im Prinzip" von seiner Bestellung zum [X.] abhängig gemacht habe.

4

Das Amtsgericht hat den Antrag des [X.] als Antrag auf Einrichtung einer [X.] ausgelegt und diesen nach Anhörung der Beteiligten abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Vormund jedenfalls nicht aufgrund fehlender Sachkunde oder Erfahrung als an der sachgemäßen Erledigung asyl- oder ausländerrechtlicher Angelegenheiten verhindert sei. Die diesbezüglichen behördlichen Verfahren seien vom Gesetzgeber als Verfahren ausgestaltet worden, in denen sich die Rechtssuchenden in der Regel auch ohne Rechtskenntnisse selbst vertreten könnten. Diese grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers könne nicht dadurch umgangen werden, dass den Eltern oder Vormündern die Fähigkeit zur Besorgung der Angelegenheiten in diesen Verfahren schon dann abgesprochen werde, wenn sie nicht über besondere Kenntnisse im Asyl- oder Ausländerrecht verfügten. Es sei auch nicht ersichtlich, dass in den von dem [X.] geführten asyl- oder ausländerrechtlichen Verfahren bislang besondere Schwierigkeiten aufgetreten seien. Zudem gäbe es auch keinen gegenwärtigen Anlass für die Einrichtung einer [X.]. Der [X.] habe seinen Asylantrag gestellt und sei vor dem [X.] bereits angehört worden. Ein Bescheid läge insoweit noch nicht vor, so dass derzeit keine Entscheidung über weitere asyl- oder ausländerrechtliche Schritte getroffen werden müsste.

5

Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der [X.] mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er das Ziel verfolgt, Rechtsanwalt [X.] zu seinem Ergänzungspfleger für den Bereich der ausländerrechtlichen Angelegenheiten einschließlich der Vertretung im Asylverfahren bestellen zu lassen.

II.

6

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

7

1. Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

8

Es könne offen bleiben, ob die rechtliche Umsetzung der von dem Amtsvormund begehrten Unterstützung im Wege der [X.] oder im Wege einer [X.]schaft zu erfolgen hätte. Besondere Gründe, welche die Einrichtung einer [X.] oder [X.]schaft ausnahmsweise rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Dies gelte auch in Ansehung des Umstandes, dass der [X.] erst 15 Jahre alt sei. Das Amtsgericht habe mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Vormund nicht daran gehindert sei, den Betroffenen in asyl- oder ausländerrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten. Der pauschale Hinweis des Vormunds auf seine fehlende Sachkunde genüge hierzu nicht. In den ausländerrechtlichen Angelegenheiten des [X.]s seien derzeit hauptsächlich tatsächliche Dinge zu klären. Der [X.] stamme aus [X.] und daher aus einem typischen [X.]. Bei dem Vormund handele es sich um einen gerichtsbekannt erfahrenen Vormund aus der zuständigen Fachbehörde.

9

Die Handlungsfähigkeit im Rechtsverkehr und damit auch im Asylverfahren sei gerade Sinn und Zweck der Einrichtung einer Vormundschaft und werde durch diese im Regelfall gewährleistet. Wenn der Amtsvormund meine, nicht über ausreichende Rechtskenntnisse zu verfügen, sei er zunächst verpflichtet, sich selbst rechtskundig zu machen, etwa durch Kontaktaufnahme mit der Rechtsabteilung seiner Behörde. Weiter stehe es ihm, wie jedem anderen gesetzlichen Vertreter eines Minderjährigen, ohne weiteres frei, die Öffentliche Rechtsauskunft um Auskunft nachzusuchen oder im gerichtlichen Verfahren Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe zu beantragen. Erst wenn dies nicht ausreiche, komme die Einrichtung einer [X.] oder [X.]schaft in Betracht.

Eine Notwendigkeit zur Bestellung eines Ergänzungspflegers oder [X.]es folge auch nicht aus Art. 22 des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes ([X.] [X.], [X.]; [X.], im Folgenden: [X.]). Zwar stehe dieses Übereinkommen seit der am 15. Juli 2010 erfolgten Rücknahme des Vorbehalts durch die Bundesregierung im Range eines Bundesgesetzes. Art. 22 Abs. 1 [X.] begründe aber keine unmittelbaren Rechte der Betroffenen. Selbst wenn aber aus dieser Vorschrift individuelle Rechte abgeleitet werden könnten, würde dies bei dem vorliegenden Sachverhalt keine Bestellung eines Ergänzungspflegers oder [X.]s gebieten, weil ein "angemessener Schutz" des Minderjährigen schon durch die Bestellung eines Vormundes gewährleistet sei, der für seinen [X.] die erforderlichen asyl- oder ausländerrechtlichen Schritte ergreifen könne.

2. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.

Die Besorgung der [X.] und asylrechtlichen Angelegenheiten des [X.]s gehört als Teil der Personensorge zum Aufgabengebiet des bestellten Vormunds. Wer unter Vormundschaft steht, erhält nach § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB für Angelegenheiten, an denen der Vormund verhindert ist, einen Pfleger (zur Abgrenzung der [X.] von der [X.]schaft vgl. [X.] 1976, 214, 216 f.). Die Bestellung eines Ergänzungspflegers nach dieser Vorschrift setzt neben einer tatsächlichen oder rechtlichen Verhinderung des Vormundes ein Bedürfnis für die Anordnung der Pflegschaft voraus, das durch einen gegenwärtigen konkreten Anlass begründet sein muss ([X.], 93, 95 = NJW 1976, 49). Der Amtsvormund ist im vorliegenden Fall weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen daran gehindert, den [X.] in [X.] oder asylrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten.

a) Eine rechtliche Verhinderung des Vormundes liegt nicht vor. Sie könnte grundsätzlich auch nicht damit begründet werden, dass Jugendamt und Ausländeramt derselben Behördenleitung unterstehen und ein deshalb zu befürchtender Interessengegensatz (§ 1796 Abs. 2 BGB), es rechtfertigen könnte, dem Jugendamt als Vormund nach § 1796 Abs. 1 BGB die Vertretungsmacht zu entziehen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 5. März 2008 - [X.] 2/07 - FamRZ 2008, 1156 Rn. 13 f.). Das Jugendamt führt die Vormundschaft in eigener Verantwortung, so dass bei ihrer ordnungsgemäßen Führung kein beachtlicher Interessenkonflikt in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten des [X.]s entstehen kann ([X.] FamRZ 1999, 1694; [X.]/[X.] BGB [2012] § 1909 Rn. 31; vgl. [X.], 43).

b) Indessen entspricht es einer verbreiteten und auf einen Aufsatz von [X.] aus dem Jahre 1898 ([X.] 42, 413, 434) zurückgehenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass bereits das auf fehlender Geschäftsgewandtheit oder mangelnder Sachkunde beruhende Unvermögen des Vormundes, eine Angelegenheit des [X.]s angemessen wahrzunehmen, eine Verhinderung tatsächlicher Art im Sinne von § 1909 Abs. 1 BGB begründen kann ([X.] 1976, 214, 217; BayObLG FamRZ 1977, 664, 668 f.; [X.] 2000, 485, 487; [X.]/[X.] Aufl. § 1909 Rn. 7; [X.] BGB/[X.] [Stand: 1. Februar 2013] § 1909 Rn. 7; [X.]/[X.] BGB 13. Aufl. § 1909 Rn. 9; grundsätzlich zustimmend auch [X.]/[X.] 13. Aufl. §1909 Rn. 4). Daraus wird hergeleitet, dass einem unbegleiteten minderjährigen Flüchtling für die Besorgung seiner asyl- und ausländerrechtlichen Rechtsangelegenheiten schon wegen fehlender (einschlägiger) juristischer Sachkunde seines Vormundes beim Bestehen eines Fürsorgebedürfnisses ein entsprechend spezialisierter Rechtsanwalt als Ergänzungspfleger für diesen Aufgabenkreis beigegeben werden könne (vgl. [X.] 2000, 485, 487; [X.] FamRZ 2010, 1027 f.; zustimmend [X.]/[X.] Aufl. § 1909 Rn. 7; [X.] 2003, 557, 558; [X.] ZAR 2010, 378, 380 f.).

c) Dem vermag der Senat nicht beizutreten.

aa) Bereits gegen den rechtlichen Ausgangspunkt, wonach eine Verhinderung im Sinne von § 1909 Abs. 1 BGB schon dann anzunehmen sei, wenn Eltern oder Vormund zwar tatsächlich und rechtlich zum Handeln in der Lage sind, jedoch nach dem Stand ihrer Einsicht, Erfahrung oder Geschäftsgewandtheit für bestimmte Angelegenheiten keine geeigneten Sachwalter ihrer Kinder oder [X.] zu sein scheinen, werden mit Recht grundsätzliche Bedenken geltend gemacht (vgl. [X.], 1097 f.; [X.]/Coester-Waltjen Familienrecht 6. Aufl. § 75 Rn. 32; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 1909 Rn. 14; [X.] Vormundschaft, Pflegschaft und Beistand für Minderjährige 3. Aufl. § 10 Rn. 17; [X.] in [X.] Familiensachen 9. Aufl. § 1909 Rn. 5; [X.]/[X.] [Bearbeitungsstand: Oktober 2012] § 1909 Rn. 61).

Die [X.] ist ein an sich klar konturiertes Rechtsinstitut (vgl. [X.]/Coester-Waltjen Familienrecht 6. Aufl. § 75 Rn. 32), welches die bei der Vertretung des Minderjährigen entstehenden Lücken bei der Besorgung solcher Angelegenheiten schließt, in denen Eltern oder Vormund ihr Vertretungsrecht nicht ausüben können oder dürfen. Diese Fälle ergeben sich aus dem Gesetz. Bei bestehender Vormundschaft kommt die [X.] daher grundsätzlich nur dann und nur insoweit in Betracht, als der Vormund von der Vertretung seines [X.]s kraft Gesetzes ausgeschlossen (vgl. §§ 1795 Abs. 1, 1795 Abs. 2 i.V.m. 181 BGB) oder durch eine familiengerichtliche Entscheidung (vgl. §§ 1796 Abs. 1, 1801, 1837 Abs. 4 i.V.m. 1666, 1666 a BGB) in seiner Vertretungsmacht beschränkt worden ist. Nach § 1837 Abs. 4 i.V.m. §§ 1666, 1666 a BGB sind auch diejenigen Fälle zu beurteilen, in denen sich der Vormund aus tatsächlichen Gründen als ungeeignet für die Besorgung bestimmter Angelegenheiten des [X.]s erweist; ohne eine entsprechende Sorgerechtsbeschränkung durch gerichtliche Entscheidung ist für die Anordnung einer Pflegschaft wegen persönlicher Unzulänglichkeit des Vormunds grundsätzlich kein Raum ([X.]/[X.] 6. Aufl. § 1909 Rn. 14; vgl. auch [X.]/[X.] BGB [2012] § 1909 Rn. 29). Wäre es anders, müsste das Familiengericht bei fehlender Sachkunde oder Geschäftsgewandtheit des Sorgeberechtigten in sehr vielen Fällen nicht nur als berechtigt, sondern sogar als verpflichtet angesehen werden, durch die Anordnung einer Pflegschaft in deren gesetzliche Vertretungsmacht bezüglich bestimmter Angelegenheiten einzugreifen (§ 1794 BGB), ohne dass die Voraussetzungen der §§ 1666, 1666 a BGB vorliegen müssten (zutreffend [X.] Vormundschaft, Pflegschaft und Beistand für Minderjährige 3. Aufl. § 10 Rn. 17).

bb) Verfügt der Vormund, dessen generelle Eignung nicht in Frage steht, nicht über die zur sachgerechten Besorgung einzelner Geschäfte des [X.]s erforderliche Sachkunde, ist es seine Sache, diesen Mangel an Eignung in eigener Verantwortung durch Inanspruchnahme fachspezifischer Hilfen auszugleichen. Bei fehlender juristischer Sachkunde muss sich der Vormund daher um geeignete Rechtsberatung und im gerichtlichen Verfahren um eine anwaltliche Vertretung für seinen [X.] bemühen (vgl. [X.] 2011, 139, 140; [X.] FamRZ 2012, 1955, 1957; [X.] Vormundschaft, Pflegschaft und Beistand für Minderjährige 3. Aufl. § 10 Rn. 17; [X.]/Coester-Waltjen Familienrecht 6. Aufl. § 75 Rn. 32). Etwas anderes lässt sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch nicht daraus herleiten, dass der Vormund im Falle der Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes zur näheren Instruktion und Überwachung des Rechtsanwaltes verpflichtet bleibt und insoweit auch weiterhin einem Haftungsrisiko ausgesetzt ist. Komplizierte Rechtsangelegenheiten des [X.]s können für einen Vormund nicht nur auf dem Gebiet des Asyl- und Ausländerrechts, sondern in vielfältiger Weise auch auf anderen Rechtsgebieten zu besorgen sein. Es entspricht indessen dem Wesen der Vormundschaft, dass der Vormund seinen [X.] erforderlichenfalls auch bei schwierigen Geschäften oder Geschäftskomplexen zu vertreten hat. Dies schließt es im Falle der Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes notwendigerweise ein, dass der Vormund auf der Grundlage der von dem Rechtsanwalt erteilten Beratung und Belehrung für seinen [X.] Entscheidungen zu treffen und den Bevollmächtigten entsprechend zu instruieren hat. Weder dieser Umstand noch das allgemeine Haftungsrisiko, welches der Vormund bei einer schuldhaften (§ 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB) Verletzung seiner Pflicht zur treuen und gewissenhaften Führung der Vormundschaft ausgesetzt ist, können es deshalb rechtfertigen, den Vormund aus seiner Verantwortung für den [X.] zu entlassen (vgl. [X.] 2011, 139, 140).

Stehen der Inanspruchnahme rechtlichen Beistands die finanziellen Verhältnisse des [X.]s entgegen, ist dieser Mangel durch Beratungshilfe (hier: durch Öffentliche Rechtsberatung) und im gerichtlichen Verfahren durch Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe zu beheben ([X.] Vormundschaft, Pflegschaft und Beistand für Minderjährige 3. Aufl. § 10 Rn. 17). Die Pflegschaft ist demgegenüber kein Instrument, um einem unbemittelten Kind aus öffentlichen Kassen Sozialleistungen zu gewähren, auf die ein mittelloses Kind ohne Einrichtung einer Pflegschaft keinen Anspruch hätte; dies gilt auch für Sozialleistungen im Bereich der Rechtspflege (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2006 - [X.] 118/03 - FamRZ 2007, 381, 383 zum Betreuungsrecht).

cc) Auch im Lichte der [X.] ist keine andere Beurteilung geboten.

Dabei kann es auf sich beruhen, ob den Regelungen der [X.] das Gebot entnommen werden kann, dass ein mittelloses unbegleitetes Kind - neben der Bestellung eines Vormunds - im Falle seiner Beteiligung an einem Asylverfahren oder an sonstigen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren unentgeltlichen Zugang zu einem Rechtsbeistand erhalten soll (vgl. UN-Ausschuss für Kinderrechte, [X.] [2005], [X.], [X.]/GC/2005/6 Rn. 36 und 69, veröffentlicht auf www.unhcr.org; [X.], [X.] Art. 22 Rn. 11; [X.] 2012, 206, 210 f.; a.A. wohl [X.] [X.], 740, 742). Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wird dieser Zugang in der [X.] konventionskonform durch das System der Beratungs- und Prozesskostenhilfe gewährleistet; dieses System garantiert gleichzeitig - im Einklang mit Art. 2 [X.] und Art. 16 Abs. 1 und Abs. 2 des Abkommens über die Rechtsstellung von Flüchtlingen vom 28. Juli 1951 ([X.] [X.], [X.]; [X.]) - auch die Gleichbehandlung von mittellosen Flüchtlingen und unbemittelten [X.] Staatsangehörigen ([X.] FamRZ 2012, 1955, 1958 und [X.], 740, 742; OVG Münster EZAR-NF 95 Nr. 22). Eine darüber hinaus gehende Forderung nach [X.], welche die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Ergänzungspfleger für die Besorgung von Rechtsangelegenheiten eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings gebieten würde, lässt sich jedenfalls aus der [X.] nicht herleiten (so auch [X.] ZAR 2010, 378, 381).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 [X.], wonach bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes als vorrangiger Gesichtspunkt zu berücksichtigen ist. Der Gesichtspunkt des Kindeswohls kann keinen absoluten Vorrang beanspruchen (BVerwG [X.] 402.242 § 56 AufenthG Nr. 5; OVG Lüneburg InfAuslR 2013, 19, 22), auch nicht gegenüber der Entscheidung des Gesetzgebers, die Rechtsgleichheit von bemittelten und unbemittelten Rechtssuchenden - auch Kindern - im Rahmen der Vorschriften über die Sozialhilfe auf dem Gebiet der Rechtspflege herzustellen. Im Übrigen wird den durch Art. 3 Abs. 1 [X.] in den Blick genommenen Belangen des Kindeswohls in [X.] und asylrechtlichen Verfahren bereits bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung Rechnung zu tragen sein ([X.] [X.], 740, 742).

Dose                                 Weber-Monecke                      Klinkhammer

            [X.]                                    Botur

Meta

XII ZB 530/11

29.05.2013

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 28. August 2011, Az: 2 UF 121/11

§ 1909 Abs 1 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.05.2013, Az. XII ZB 530/11 (REWIS RS 2013, 5441)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5441

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II-8 UF 149/14 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


Referenzen
Wird zitiert von

XII ZB 497/16

XII ZB 57/13

XII ZB 57/13

XII ZB 530/11

9 UF 1276/15

II-8 UF 149/14

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