Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.04.2012, Az. II E 3/12

2. Senat | REWIS RS 2012, 7090

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Gegenstand

Bemessung des Streitwerts bei Steuerbescheiden


Leitsatz

1. NV: Betrifft die Revision einen Steuerbescheid, ist für den Streitwert regelmäßig allein von dem Steuerbetrag auszugehen, um den unmittelbar gestritten wird .

2. NV: Weicht die Formulierung des Revisionsantrags vom tatsächlichen Revisionsbegehren ab, muss dies in der Revisionsbegründung deutlich gemacht werden, wenn es bei der Bemessung des Streitwerts berücksichtigt werden soll .

3. NV: Der BFH ist für seinen Kostenansatz an den vom FG angesetzten Streitwert auch dann nicht gebunden, wenn der Revisionsantrag mit dem beim FG gestellten Antrag übereinstimmt .

Tatbestand

1

I. Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Kostenschuldnerin) beantragte mit der Klageschrift vom 6. Februar 2001, den [X.] für Februar 2000 vom 10. April 2000 über … DM in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Januar 2001 aufzuheben und die [X.] der Kostenschuldnerin auf … DM festzusetzen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht ([X.]) beantragte sie demgegenüber ausweislich der Niederschrift (§ 94 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O-- i.V.m. §§ 159 ff. der Zivilprozessordnung), den [X.] für Februar 2000 vom 10. April 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahin zu ändern, dass der [X.]festsetzung nur noch der [X.] Anteil an der [X.] ohne die Erträge für [X.] zugrunde gelegt wird. Das [X.] wies die Klage ab.

2

In der Revisionsbegründung vom 17. November 2009 beantragte die Kostenschuldnerin, die Vorentscheidung aufzuheben und den [X.] vom 10. April 2000 für Februar 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass der [X.]festsetzung nur der [X.] Anteil an der [X.] ohne die Erlöse für Absprunglose zugrunde gelegt wird.

3

Der [X.] ([X.]) wies die Revision durch Urteil vom 8. September 2011 [X.] als unbegründet zurück.

4

Mit Kostenrechnung vom 15. Februar 2012 setzte die Kostenstelle des [X.] unter Zugrundelegung eines Streitwerts von [X.] eine Gebühr von [X.] an. Der Streitwert errechnete sich aus der [X.] (16 2/3 %) auf die [X.] (… DM) und die nicht auf [X.] entfallenden Anteile an den Besteuerungsgrundlagen ohne [X.] (… DM). 16 2/3 % aus der Summe hiervon (… DM) ergeben eine [X.] von … DM = [X.].

5

Mit der Erinnerung macht die Kostenschuldnerin geltend, der Streitwert betrage entsprechend dem in der Klageschrift vom 6. Februar 2001 gestellten Antrag lediglich … DM  = [X.]. Ihr wirtschaftliches Interesse habe sich auf die Steuer für die Absprungerlöse beschränkt und sich nicht auf die über den [X.]n Anteil hinausgehende [X.] erstreckt. Die auf die übrigen beteiligten Länder entfallenden Steuerbeträge ohne die Steuer auf die Absprungerlöse hätten von den jeweils zuständigen Finanzbehörden festgesetzt werden dürfen.

6

Die Vertreterin der Staatskasse beantragt, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. [[X.].] ist unbegründet. Die Kostenrechnung ist rechtmäßig.

8

1. Der Streitwert im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nach den Anträgen des [[X.].]. Bei unverändertem Streitgegenstand ist der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens mit dem Streitwert des ersten Rechtszugs identisch ([[X.].] vom 29. Juni 2010 [[X.].], [[X.].], 2087). Der vom [[X.].] angesetzte Wert des Streitgegenstandes ist indes für den [[X.].] nicht verbindlich; vielmehr kann der [[X.].] den materiell zutreffenden Streitwert seiner Kostenberechnung zugrunde legen ([[X.].]-Beschlüsse vom 14. Februar 2007 IV E 6/06, [[X.].]/NV 2007, 1156, und vom 20. August 2010 [[X.].], [[X.].]/NV 2011, 265).

9

Betrifft der im Rechtsmittelverfahren beim [[X.].] gestellte Antrag einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt, ist nach § 52 Abs. 3 GKG deren Höhe maßgebend. Für den Wert des Streitgegenstandes ist dabei regelmäßig allein von dem Steuerbetrag auszugehen, um den unmittelbar gestritten wird (Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 135 Rz 81; [[X.].] in Tipke/[[X.].], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vor § 135 [[X.].]O Rz 113, 119). Hat das [[X.].] die Klage abgewiesen und der Kläger Revision eingelegt, richtet sich der Streitwert im Revisionsverfahren grundsätzlich nach der von ihm beantragten Herabsetzung der Steuer. Dies gilt auch dann, wenn der Antrag nicht beziffert ist, sich aus ihm aber der Betrag errechnen lässt, um den die Steuer vermindert werden soll ([[X.].] vom 15. Juni 2000 [[X.].], [[X.].]/NV 2000, 1485; Gräber/Ratschow, a.a.[[X.].], Vor § 135 Rz 76; [[X.].], a.a.[[X.].], Vor § 135 [[X.].]O Rz 118).

Für die Bestimmung des Streitwerts ist das Interesse in seiner Gesamtheit, das ein Steuerpflichtiger an der Durchführung eines Klage- oder Rechtsmittelverfahrens hat, nicht maßgebend. In den Fällen des § 52 Abs. 3 GKG ist eine an der (wirtschaftlichen) Bedeutung der Sache für den Kläger sich orientierende Ermessensentscheidung, wie sie § 52 Abs. 1 GKG vorsieht, ausgeschlossen. Die mit der Klage oder Revision begehrte Herabsetzung der Steuer ist demgemäß auch dann für die Bemessung des Streitwerts maßgebend, wenn bei einem Erfolg der Klage aus dem der Besteuerung unterworfenen Lebenssachverhalt unter dem Gesichtspunkt einer widerstreitenden Steuerfestsetzung (§ 174 der Abgabenordnung ---AO--) noch die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen wurden oder werden könnten ([[X.].]-Beschlüsse vom 21. April 1989 IV R 40/88, [[X.].]/NV 1990, 182, unter 2., und vom 10. Dezember 1998 II R 60/95, [[X.].]/NV 1999, 664, zu § 13 GKG a.F.). Dies soll auch die Wertermittlung erleichtern ([[X.].], a.a.[[X.].], Vor § 135 [[X.].]O Rz 119).

2. Die Kostenstelle des [[X.].] hat den Streitwert danach zutreffend errechnet. Nach dem klaren Wortlaut der von der fachkundig vertretenen Kostenschuldnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem [[X.].] und mit der Revisionsbegründung gestellten Anträge sollte die [[X.].] für Februar 2000 nicht nur um die Steuer auf die Erlöse für Absprunglose vermindert werden. Vielmehr sollte der Besteuerung darüber hinaus nur der [[X.].] Anteil an der [[X.].] zugrunde gelegt werden. Dies ist für die Streitwertberechnung entscheidend. Die Kostenschuldnerin hat in der Revisionsbegründung nicht deutlich gemacht, dass sie sich abweichend von der ausdrücklichen Formulierung des Antrags lediglich gegen die Besteuerung der Absprungerlöse wenden wolle. Sie hat vielmehr die Ansicht vertreten, das Finanzamt [X.] sei lediglich für die Festsetzung des auf [X.] entfallenden Anteils an der [[X.].] zuständig gewesen, und sich in der eingehenden Begründung dazu auf das Bestehen einer Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO berufen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich dadurch von dem Sachverhalt, der dem von der Kostenschuldnerin angeführten [[X.].] vom 1. Juli 2009 [X.]/09 ([[X.].]/NV 2009, 1660) zugrunde lag und der dadurch gekennzeichnet war, dass der seinerzeitige Kläger zwar beantragt hatte, den angefochtenen [X.] wegen Eintritts der Verjährung aufzuheben, aber zugleich dargelegt hatte, dass ein bestimmter Teil des nach dem Bescheid geschuldeten Betrags von der Verjährung nicht umfasst sei. Die Möglichkeit, dass bei einer antragsmäßigen Beschränkung der festgesetzten Steuer auf den auf [X.] entfallenden Anteil die zuständigen Finanzbehörden die den anderen Ländern zustehenden Anteile an der Steuer noch hätten festsetzen können, kann bei der Bestimmung des Streitwerts nicht berücksichtigt werden.

Meta

II E 3/12

19.04.2012

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

§ 47 Abs 1 S 1 GKG, § 52 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.04.2012, Az. II E 3/12 (REWIS RS 2012, 7090)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7090

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14 C 21.1765

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