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PDF anzeigen [X.]BESCHLUSS [X.] 282/09 vom 23. September 2010 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja[X.] § 14 Abs. 1, § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 174 Abs. 3 Satz 1 Der Insolvenzantrag eines nachrangigen Gläubigers ist auch dann zulässig, wenn dieser im eröffneten Verfahren keine Befriedigung erwarten kann. [X.], Beschluss vom 23. September 2010 - [X.] 282/09 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter, [X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und [X.] am 23. September 2010 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 16. Dezember 2009 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen. Der Gegenstandswert wird auf 5.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Gläubigerin (Beteiligte zu 1) beteiligte sich an der Schuldnerin durch Vertrag vom 17. Februar/4. März 1998 als stille Gesellschafterin mit einer [X.] von 760.000 DM. Neben einer festen Vergütung von 3 % jährlich auf den [X.] war eine Gewinnbeteiligung von jährlich 5 % vereinbart. Die Gläubigerin sollte nur im Falle einer Insolvenz am Verlust der Schuldnerin [X.]. Im Falle eines Insolvenzverfahrens war der Anspruch auf Rückzah-lung der Einlage nach § 8 Abs. 2 des Vertrages nur nachrangig zu befriedigen. Die Gesellschaft endete zum 30. September 2007. Mit der Beendigung der stil-len Gesellschaft wandelten sich der Rückzahlungsanspruch sowie weitere Zah-lungsforderungen der Gläubigerin vertragsgemäß in ein Darlehen um. 1 - 3 - Die Gläubigerin hat im Blick auf ihre nach Beendigung der Gesellschaft und Kündigung des Darlehens fällige Forderung in Höhe von 581.484,36 • ei-nen Insolvenzantrag über das Vermögen der Schuldnerin gestellt. Die Schuld-nerin ist dem Insolvenzantrag unter Berufung auf die Wertlosigkeit der nachran-gigen Forderung der Gläubigerin und ein demnach fehlendes [X.] entgegengetreten. 2 Das Amtsgericht hat die vorläufige Verwaltung des Vermögens der Schuldnerin angeordnet und den Beteiligten zu 2 zum vorläufigen Verwalter bestellt; außerdem hat es Sicherungsmaßnahmen nach § 21 Abs. 2 [X.] ange-ordnet. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Begehren weiter. 3 I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Satz 2 [X.] statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. 4 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der von der Gläubigerin ge-stellte Insolvenzantrag sei zulässig. Neben den allgemeinen Zulässigkeitsvor-aussetzungen sei auch ein rechtliches Interesse der Gläubigerin für den Insol-venzantrag gegeben. Nachrangige Gläubiger seien ohne weiteres zu einer An-tragstellung befugt. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Gläubigerin ihr Antragsrecht für verfahrensfremde Zwecke einsetze. 5 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand. 6 - 4 - a) Die Schuldnerin unterbreitet insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung die Rechtsfrage, ob ein nachrangiger Gläubiger zur Stel-lung eines [X.] berechtigt ist, wenn er im Insolvenzverfahren nicht mit einer Befriedigung rechnen kann. Damit geht die Schuldnerin selbst davon aus, dass es sich bei der Forderung der Gläubigerin um eine nachrangi-ge Forderung im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] handelt und zwischen der Gläubigerin und ihr keine weitergehende Rangrücktrittsvereinbarung getroffen wurde, die nach teils vertretener Ansicht (vgl. [X.], [X.] 13. Aufl. § 14 Rn. 51; FK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 14 Rn. 49 b; vgl. auch BT-Drucks. 8/1347 S. 40; aA MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 14 Rn. 48) das [X.] entfallen ließe. Durch die in dem Gesellschaftsvertrag für den Eintritt der Insolvenz vorgesehene Nachrangigkeit der Forderung wurde mangels einer zeitlichen Erstreckung des Nachrangs auch auf den davor liegenden Krisenzeit-raum nach der bei Abschluss des [X.] Rechtslage ein qualifizierter Rangrücktritt (vgl. zu den Anforderungen [X.] 146, 264, 271; [X.] DStR 2009, 326, 328) nicht vereinbart. § 19 Abs. 2 Satz 2 [X.], nach dessen durch das am 1. November 2008 in [X.] getretene Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Mißbräuchen (MoMiG; [X.] I, 2026) umgestalteten Inhalt abweichend von der früheren Rechtslage mit einer Rangrücktrittsvereinbarung im Sinne des § 39 Abs. 2 [X.] versehene Forderungen bei der Überschuldung nicht zu berück-sichtigen sind (HK-[X.]/Kirchhof, 5. Aufl. § 19 Rn. 26; HmbKomm-[X.]/ [X.], 3. Aufl. § 19 Rn. 43), ist auf den hier zu beurteilenden, früher ge-schlossenen Vertrag nicht anwendbar ([X.], aaO § 19 Rn. 117). 7 b) Die Beteiligte zu 1 hat als Gläubigerin einer nur nachrangigen Forde-rung (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.]) ohne Rücksicht auf die tatsächlichen [X.] - 5 - gungsaussichten ein Rechtsschutzinteresse (§ 14 [X.]) für einen [X.]. Zwar wird im Schrifttum aus der Regelung des § 174 Abs. 3 [X.] teils hergeleitet, dass nachrangige Gläubiger (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.]) zu einer An-tragstellung nur berechtigt sind, wenn sie zumindest eine teilweise Befriedigung erwarten können (HK-[X.]/Kirchhof, aaO § 14 Rn. 26; [X.]/[X.], [X.] § 14 Rn. 13; [X.], aaO; HmbKomm-[X.]/Wehr, aaO § 14 Rn. 48; [X.], Insolvenzrecht § 14 Rn. 53; FK-[X.]/[X.], aaO § 14 Rn. 49a; [X.]/[X.] Z[X.] 2002, 645, 649 f). Zutreffend ist jedoch die Gegenauffas-sung, die einem nachrangigen Gläubiger ein Rechtsschutzinteresse auch dann zuspricht, wenn er voraussichtlich nicht mit einer Quote rechnen kann (Münch-Komm-[X.]/[X.], aaO; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.] § 13 Rn. 32, § 14 Rn. 63; BK-[X.]/Goetsch, [X.] § 14 Rn. 13; [X.], Insolvenzrecht 4. Aufl. Rn. 17.13 [X.]. 38; [X.], Das Rechtsschutzinteresse beim Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, 2003 S. 110 f). 9 aa) Die Regelung des § 174 Abs. 3 [X.] bezieht sich auf eröffnete [X.], die im Falle fehlender [X.] nicht mit der Anmeldung und Prüfung nachrangiger Forderungen belastet werden sollen (BT-Drucks. 12/2443 [X.]). Damit trifft das Gesetz jedoch keine weitergehende Aussage dahin, dass ein Insolvenzantrag und die Verfahrenseröffnung auf eine nachran-gige Forderung nicht gestützt werden können. Vielmehr ist § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] zu entnehmen, dass nachrangig zu befriedigende Gesellschafter zu den [X.] (§ 38 [X.]) gehören ([X.], aaO Rn. 17.13). Der Gesetzgeber will die nachrangigen Gläubiger von Anfang an in das Insolvenz-verfahren einbeziehen und lediglich im weiteren Verfahren wegen ihrer geringen [X.] eine Verzögerung vermeiden, indem eine Anmeldung 10 - 6 - solcher Forderungen nur auf besondere Aufforderung erfolgen soll (BT-Drucks, aaO S. 123). Mithin sind die nachrangigen Insolvenzgläubiger ebenso [X.] wie die nicht nachrangigen (FK-[X.]/[X.], aaO § 174 Rn. 40). In ausdrücklicher Abkehr von dem Regierungsentwurf (BT-Drucks 16/6140 [X.]) hat der Gesetzgeber zudem § 19 Abs. 2 Satz 2 [X.] dahin ge-fasst, dass nachrangige Forderungen im Sinne von § 39 Abs. 1 [X.] bei der Prüfung einer Überschuldung zu berücksichtigen sind. Dadurch soll eine unkon-trollierte Zunahme masseloser Insolvenzen verhindert werden (BT-Drucks. 16/9737 S. 104 f). Nachrangige Forderungen im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.] sind - wenn keine weitergehende Nachrangvereinbarung getroffen (§ 39 Abs. 2 [X.]) wurde ([X.] 173, 286, 292 Rn. 18) - abweichend zu der für den früheren Rechtszustand überwiegend vertretenen Auffassung (vgl. HmbKomm-[X.]/[X.], aaO § 17 Rn. 12 m.w.N.) nach jetziger Gesetzeslage bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 [X.]) in die Liquiditätsprognose einzu-beziehen, weil mit der Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts (§ 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG) das präventive Auszahlungsverbot für Gesellschafterdarlehen entfallen ist ([X.], aaO § 17 Rn. 10; HK-[X.]/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 7; [X.]/Bitter, GmbHG 10. Aufl. Rn. 7 vor § 64; [X.]/ [X.]/[X.], GmbHG 19. Aufl. § 64 Rn. 34; [X.] in [X.][X.], GmbHG 6. Aufl. Rn. 23 vor § 64). Sind nachrangige Forderungen bei der [X.] der Insolvenz sonstigen Forderungen gleichzustellen, entspricht es dem Gesetzeszweck, dass die Insolvenzeröffnung auch auf der Grundlage einer nachrangigen Forderung beantragt werden kann. Demgemäß ist § 174 Abs. 3 [X.], der erst nach Feststellung der Teilungsmasse eingreift, eine Beschnei-dung der Antragsbefugnis nachrangiger Insolvenzgläubiger nicht zu entneh-men. - 7 - [X.]) Ferner hängt das Rechtsschutzinteresse für einen Insolvenzantrag generell nicht davon ab, ob der Gläubiger in dem Verfahren eine Befriedigung erlangen kann. Auch im Falle völliger Masseunzulänglichkeit wird das Rechts-schutzinteresse für einen Eröffnungsantrag nicht berührt ([X.] 1971, 285; HK-[X.]/Kirchhof, aaO § 14 Rn. 25, 35; [X.]/[X.], aaO § 14 Rn. 14; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO § 14 Rn. 46; [X.], aaO § 14 Rn. 41; ebenso wohl FK-[X.]/[X.], aaO § 14 Rn. 40; aA nur [X.] 1983, 648). Aus § 26 [X.] ergibt sich, dass auch Verfahren ohne Verteilungsperspektive zu eröffnen sind, wenn nur die Verfahrenskosten gedeckt sind ([X.]/[X.], aaO). Überdies unterbleibt eine Abweisung der Verfahrenseröffnung mangels einer kostendeckenden Masse (§ 26 Abs. 1 Satz 1 [X.]), wenn ein Gläubiger einen zur Deckung der voraussichtlichen [X.]skosten genügenden Betrag vorschießt (§ 26 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Sind nicht nachrangige Insolvenzgläubiger trotz fehlender [X.] zur Antragstellung berechtigt, kann für nachrangige Insolvenzgläubiger nichts anderes gelten. 11 cc) Überdies würde eine Beschränkung der Antragsbefugnis nachrangi-ger Gläubiger auf Fälle ernsthafter [X.] den allgemeinen Zwecken eines Insolvenzverfahrens zuwiderlaufen. 12 Bei diesen Gläubigern handelt es sich regelmäßig um Gesellschafter von Gesellschaften, die keine natürliche Person als persönlich haftenden Gesell-schafter haben (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.]). Für derartige Gesellschaften statuiert § 15a [X.] eine Insolvenzantragspflicht der Organe, welche die rechtzeitige Einleitung des Insolvenzverfahrens bezweckt, um [X.] vor einer weite-ren Verringerung der [X.] und [X.] vor einem Vertrags-schluss mit notleidenden Gesellschaften zu schützen (BT-Drucks. 16/6140 13 - 8 - [X.]). Missachten die Organe ihre Antragspflicht, kann das Verfahren nur auf Antrag eines Gläubigers - gleich ob es sich um einen Gesellschafter in seiner Funktion als Darlehensgeber oder einen außenstehenden [X.] handelt - [X.] werden. Ist sowohl eine Forderung als auch ein Insolvenzgrund gegeben, wäre es - auch im Licht der Ersatzzuständigkeit des Gesellschafters nach § 15a Abs. 3 [X.] - höchst ungereimt, von einer Verfahrenseröffnung allein wegen der fehlenden [X.] des Gesellschafters als nachrangiger Gläu-biger abzusehen. Vielmehr ist es im Interesse gerade der nicht nachrangigen Gläubiger geboten, auf den Antrag eines nachrangigen Gläubigers das Insol-venzverfahren zu eröffnen. c) Ohne Erfolg beanstandet die Beschwerde, der Schuldnerin werde ver-wehrt, substantiierte Einwendungen gegen die dem Antrag zugrundeliegende Forderung geltend zu machen. Die Beteiligte zu 1 ist - wie ein weiterer Eröff-nungsantrag belegt - nicht die einzige Gläubigerin der Schuldnerin. Bei dieser 14 - 9 - Sachlage konnte sich die Beteiligte zu 1 mit einer Glaubhaftmachung ihrer For-derung (§ 14 Abs. 1 [X.]) begnügen. Ganter Gehrlein [X.]
Fischer [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.08.2009 - 8 IN 277/09 - [X.], Entscheidung vom 16.12.2009 - 5 [X.]/09 -
Meta
23.09.2010
Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2010, Az. IX ZB 282/09 (REWIS RS 2010, 3049)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 3049
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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