Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.06.2022, Az. III R 19/21

3. Senat | REWIS RS 2022, 5747

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Gegenstand

Erweiterte Kürzung bei Überlassung von Gewerberäumen an geringfügig beteiligte Genossin


Leitsatz

1. Die Überlassung relativ unwesentlichen Grundbesitzes an eine mit nur etwa 1/6000 beteiligte Genossin, den diese für ihren Gewerbebetrieb nutzt, steht auch dann der erweiterten Kürzung bei der Genossenschaft entgegen, wenn der von ihrem Betrieb erzielte Gewerbeertrag den Freibetrag des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG nicht erreicht.

2. Eine Gesamtbetrachtung, wonach das Zusammenkommen mehrerer "Bagatellaspekte" die Nichtanwendung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG rechtfertigt, obwohl diese für sich --einzeln genommen-- die Nichtanwendung der Vorschrift nicht rechtfertigen würden, scheidet aus.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 22.04.2021 - 9 K 2652/19 G,F aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist die erweiterte Kürzung des [X.] (§ 9 Nr. 1 Satz 2 des [X.]) der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer eingetragenen Genossenschaft.

2

Die Klägerin war in den Streitjahren (2014 bis 2016) ausschließlich mit der Vermietung von Grundstücken befasst, und zwar sowohl von Wohnungen als auch gewerblich genutzten Flächen. Einer ihrer gewerblichen Mieter ([X.]) hatte seit [X.] 2012 von der Klägerin Räume gemietet, in denen sie ein Einzelhandelsgeschäft betrieb. Mit diesem Gewerbe erzielte [X.] Gewinne, die den gewerbesteuerlichen Freibetrag des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 [X.] nicht erreichten.

3

[X.] trat [X.] an die Klägerin mit dem Wunsch heran, eine Wohnung für sich zu mieten. Sie wurde darauf verwiesen, dass die Klägerin nach ihrer Satzung Wohnungen "in erster Linie" an ihre Genossenschaftsmitglieder vermiete. [X.] erwarb daraufhin am ...12.2014 (Datum der Zustimmung zur [X.]eitrittserklärung) einen Geschäftsanteil von [X.]. Am ...01.2015 wurde ihr von der Klägerin eine Wohnung überlassen.

4

Die Klägerin hatte am 31.12.2016 fast 6 000 Mitglieder; in den Jahren davor waren es ähnlich viele. Der Anteil der Mieterin [X.] an der Genossenschaft betrug am 31.12.2016, beruhend auf ihrer für [X.] erworbenen Mitgliedschaft, lediglich 0,0168 %. Außer [X.] waren keine weiteren gewerblichen Mieter als Genossen beteiligt.

5

Die Klägerin hatte laufend Anträge auf die sog. erweiterte Kürzung ihres [X.] nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] gestellt. Der [X.]eklagte und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) vertrat im [X.] an eine [X.]etriebsprüfung unter Verweis auf das Urteil des [X.]undesfinanzhofs ([X.]FH) vom 07.04.2005 - IV R 34/03 ([X.]FHE 209, 133, [X.]St[X.]l II 2005, 576) die Auffassung, das gesetzliche Merkmal des "Dienens" des Grundbesitzes für Zwecke des Gewerbebetriebes einer Genossin sei objektiv erfüllt worden. Auch ein sog. Zwergenanteil wie im Falle der Mieterin [X.] stehe der erweiterten Kürzung des [X.] nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] wegen § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 [X.] entgegen.

6

Die Einsprüche der Klägerin gegen die aufgrund der [X.]etriebsprüfung am [X.] ergangenen Gewerbesteuer-Messbescheide für 2014 bis 2016 und die gesonderten Feststellungen der vortragsfähigen [X.] auf den 31.12.2014 bis 31.12.2016 wurden als unbegründet zurückgewiesen.

7

Zur [X.]egründung ihrer dagegen gerichteten Klage trug die Klägerin vor, der Genossenschaftsanteil der [X.] habe allein mit der Wohnungsüberlassung in Zusammenhang gestanden. Eine Verweigerung der Mitgliedschaft wie auch der Wohnungsvermietung zwecks Vermeidung etwaiger gewerbesteuerlicher Nachteile sei wegen des aus § 2 Abs. 1 Nr. 8 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes folgenden Diskriminierungsverbots nicht möglich gewesen. Der Genossenschaftsanteil habe nicht dem Gewerbe der Mieterin gedient und sei deshalb von ihr auch nicht als [X.]etriebsvermögen behandelt worden. Als Genossin sei [X.] auch keine Mitunternehmerin gewesen. Außerdem habe sie wegen ihrer geringfügigen [X.]eteiligung keinen Einfluss auf ihren --der [X.] [X.]etrieb nehmen können; es habe sich um eine einflusslose "Mini-[X.]eteiligung" gehandelt. Da [X.] ein Kleingewerbe betreibe, bei dem keine Gewerbesteuer angefallen sei, sei der Sinn und Zweck der Einschränkung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 [X.] nicht erfüllt.

8

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, bei einer Genossenschaft, die neben Wohnungen auch gewerblich genutzte Flächen vermiete, sei eine erweiterte Kürzung des [X.] auch dann vorzunehmen, wenn deren Grundbesitz zu einem Teil dem Gewerbebetrieb einer Genossin diene, die zu weniger als 1 % an der Genossenschaft beteiligt sei, dieser [X.]eteiligung nur geringe [X.]edeutung zukomme und die Genossin selbst keiner Gewerbesteuerbelastung ausgesetzt sei. § 9 Nr. 1 Satz 5 [X.] bedürfe bei einer derartigen [X.]agatellbeteiligung einer Einschränkung.

9

Das [X.] rügt die Verletzung materiellen [X.]undesrechts.

Das [X.] beantragt,
unter Aufhebung des Urteils vom 22.04.2021 die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

[X.]

Die Revision des [X.] ist begründet; sie führt zur Aufhebung des [X.] und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, dass der Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 5 [X.] zu gewähren ist.

1. Die Klägerin erfüllt unstreitig die in § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] normierten Voraussetzungen der sog. erweiterten Kürzung, da sie ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwaltet und nutzt. Daher wäre nach dieser Vorschrift die Summe ihres Gewinns und der Hinzurechnungen aufgrund ihrer Anträge nicht lediglich gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] um einen Hundertsatz vom Einheitswert, sondern um den Teil des [X.] zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen [X.] entfällt ([X.]FH-Urteil vom 18.04.2000 - VIII R 68/98, [X.], 100, [X.] 2001, 359).

2. Der erweiterten Kürzung steht jedoch § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 [X.] entgegen, da die Klägerin einen Teil ihres [X.] an eine ihrer Genossinnen vermietet, den diese für ihren Gewerbebetrieb nutzt.

a) Die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung ist nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 [X.] ausgeschlossen, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient. Die Vorschrift stellt eine Ausnahme von der [X.]egünstigungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] dar. Sie beruht darauf, dass der Gesetzgeber in der Überlassung von Grundbesitz an einen Gesellschafter oder Genossen zu dessen gewerblichen Zwecken keine reine Vermögensverwaltung mehr sieht, weil bei einer Nutzung des Grundstücks im Gewerbebetrieb des Gesellschafters oder Genossen ohne Zwischenschaltung eines weiteren Rechtsträgers die [X.] in den Gewerbeertrag einfließen und damit der Gewerbesteuer unterliegen würden ([X.]FH-Urteile vom 17.01.2006 - VIII R 60/02, [X.], 5, [X.] 2006, 434, unter [X.]; vom 15.04.1999 - IV R 11/98, [X.], 412, [X.] 1999, 532, und vom 26.10.1995 - IV R 35/94, [X.], 572, [X.] 1996, 76).

b) An dieser Einschränkung scheitert das [X.]egehren der Klägerin.

aa) Die [X.] hatte zum Grundbesitz der Klägerin gehörende Räume zur Erzielung gewerblicher Einkünfte gemietet. Der Grundbesitz diente mithin ihrem Gewerbebetrieb (vgl. [X.]FH-Urteil vom 18.12.2014 - IV R 50/11, [X.], 346, [X.] 2015, 597, Rz 27; Güroff in Glanegger/Güroff, [X.], 10. Aufl., § 9 Rz 33d).

bb) Der Versagung der erweiterten Kürzung steht nicht entgegen, dass die Klägerin etwa 6 000 Genossen hat und die betragsmäßige [X.]eteiligung und der Stimmenanteil der [X.] äußerst geringfügig sind. Denn es ist ohne [X.]edeutung, in welchem Umfang der Gesellschafter oder Genosse an der Grundstücksgesellschaft beteiligt ist ([X.]FH-Urteile vom 07.08.2008 - IV R 36/07, [X.]FHE 223, 251, [X.] 2010, 988, betreffend am Vermögen und Gewinn nicht beteiligten persönlich haftenden Gesellschafter, und in [X.]FHE 209, 133, [X.] 2005, 576, betreffend mit 5 % beteiligte Kommanditistin).

Zwar zeigt sich, wie der [X.]FH im Urteil in [X.]FHE 209, 133, [X.] 2005, 576 (unter [X.]2.c) ausgeführt hat, die [X.]erechtigung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 [X.] umso mehr, je größer der Anteil des Gesellschafters oder Genossen ist, der das Grundstück in seinem Gewerbebetrieb nutzt. Dem Gesetzgeber kann allerdings nicht verborgen geblieben sein, dass von der Versagung der erweiterten Kürzung auch Gesellschaften und Genossenschaften betroffen sind, an denen der das Grundstück nutzende Unternehmer nur einen geringen Anteil hält und/oder die einem Gesellschafter oder Genossen für dessen Gewerbebetrieb nur einen geringen Teil ihres [X.] überlassen. Der Gesetzgeber hat dies --offenbar zur Vermeidung von [X.] in Kauf genommen (im Ergebnis ebenso [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 9 Nr. 1 Rz 195). Das [X.]FH-Urteil in [X.]FHE 209, 133, [X.] 2005, 576 zieht insoweit eine Parallele zu dem seinerzeitigen strikten Ausschließlichkeitsgebot in § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.].

Eine Geringfügigkeitsgrenze ist im Hinblick auf die geringe [X.]eteiligung und den geringen Einfluss der [X.] auf die Klägerin auch nicht aufgrund des verfassungsrechtlich gewährleisteten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) geboten. Auch ein Zwergenanteil erfüllt den Ausschlusstatbestand des § 9 Nr. 1 Satz 5 [X.] (Wagner in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 123). Soweit erwogen wurde, eine [X.]agatellgrenze bei einer 1 %-[X.]eteiligung zu ziehen (z.[X.]. [X.]FH-Urteil in [X.]FHE 209, 133, [X.] 2005, 576, unter [X.]; vgl. dazu --ablehnend-- Güroff in Glanegger/Güroff, a.a.[X.], § 9 Nr. 1 Rz 33), folgt der [X.] dem nicht.

cc) Die Nichtanwendbarkeit des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die Klägerin nur einen äußerst geringen Teil ihres [X.] an [X.] vermietet hat.

(1) Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 [X.] entfällt die erweiterte Kürzung insgesamt auch dann, wenn nur ein Teil des [X.] im Gewerbebetrieb des Gesellschafters genutzt wird. Der Gesetzgeber hat klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er dem Einwand, der Grundbesitz diene nur zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen, keine [X.]edeutung beimessen wollte ([X.]FH-Urteil vom 26.06.2007 - IV R 9/05, [X.]FHE 219, 173, [X.] 2007, 893, unter [X.]4.b). Das bedeutet zugleich, dass es auf die Größe des vermieteten [X.] nicht ankommen kann, vielmehr ist "jede" (auch noch so geringe) Nutzung des [X.] im Gesellschafterinteresse schädlich (Herlinghaus, Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 1149). Die erweiterte Kürzung wurde dementsprechend auch versagt, wenn der Grundbesitz dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters nur für zwei Tage diente ([X.]FH-Urteil vom 08.06.1978 - I R 68/75, [X.]FHE 125, 187, [X.] 1978, 505).

Hiermit überschreitet der Gesetzgeber nicht die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit. Er vermeidet vielmehr eine Auseinandersetzung über den richtigen Maßstab für eine etwaige Unerheblichkeit des dem Gewerbebetrieb des Gesellschafters der [X.] dienenden [X.] ([X.]FH-Urteile in [X.]FHE 219, 173, [X.] 2007, 893, unter [X.]4.b, und vom 05.03.2008 - I R 56/07, [X.]FH/NV 2008, 1359, unter [X.]4.). Er darf bei der Ausgestaltung der [X.] dem Umstand Rechnung tragen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen, die daher, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei in weitem Umfang die [X.]esonderheiten des Einzelfalls vernachlässigen müssen ([X.]eschluss des [X.]undesverfassungsgerichts vom 15.01.2008 - 1 [X.]vL 2/04, [X.]VerfGE 120, 1, unter [X.] und [X.], betreffend Gewerbesteuerfreiheit der Landwirte und Freiberufler).

(2) Nichts anderes würde sich aus § 8 der [X.] (EStDV) ergeben, dessen Voraussetzungen --u.a. ein Wert des überlassenen [X.] von nicht mehr als 20.500 €-- das [X.] nicht festgestellt hat. § 8 EStDV regelt lediglich, dass die [X.]ehandlung als [X.]etriebsvermögen im Ermessen des Gewerbetreibenden liegt, wenn ein eigenbetrieblich genutzter Grundstücksteil "von untergeordneter [X.]edeutung" ist. Die hieraus erzielten [X.] wären indessen ungeachtet einer Anwendung des § 8 EStDV beim nutzenden Gewerbetreibenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb und in dessen Gewerbeertrag einzubeziehen ([X.], EStG, 41. Aufl., § 15 EStG Rz 593); daher besteht kein Anlass für eine erweiterte Kürzung ([X.]FH-Urteil in [X.], 5, [X.] 2006, 434, unter [X.]2.b aa (1); [X.], [X.] 2006, 556).

dd) Das [X.]FH-Urteil in [X.]FHE 219, 173, [X.] 2007, 893, unter [X.]4.b hat erwogen, ob der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 [X.] eine Auslegung dahin erlaubt, dass das Grundstück bei einer äußerst geringen [X.]eteiligung des Gesellschafters oder Genossen an der [X.] nicht "dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters dient". Der [X.] lässt dahingestellt, ob er dem folgen könnte, denn eine derartige [X.]agatell-[X.]etrachtung würde der Klägerin nichts nützen, da [X.] als Einzelunternehmerin tätig war.

ee) Von der Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 5 [X.] ist auch nicht abzusehen, weil der von [X.] erzielte Gewerbeertrag den Freibetrag des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 [X.] nicht erreichte.

(1) § 9 Nr. 1 Satz 5 [X.] ist zwar im Wege der teleologischen Reduktion in der Weise einzuschränken, dass dem Grundstücksunternehmen die erweiterte Kürzung des [X.] nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] auch dann zu gewähren ist, wenn das überlassene Grundstück dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient, der mit den gesamten (positiven wie negativen) Einkünften von der Gewerbesteuer befreit ist ([X.]FH-Urteil in [X.]FHE 219, 173, [X.] 2007, 893). Das trifft auf den Gewerbebetrieb der [X.] indessen nicht zu.

(2) Diese Ausnahme kann aber nicht auf den Fall erstreckt werden, dass der mietende Gewerbebetrieb zwar nicht von der Gewerbesteuer befreit ist, aber einen Gewerbeertrag von weniger als 24.500 € erwirtschaftet und daher als Personenunternehmen keine Gewerbesteuer schuldet (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.]).

Angemerkt sei zunächst, dass aufgrund des Zwecks der erweiterten Kürzung dann nicht auf den tatsächlichen Gewerbeertrag des nutzenden Unternehmens abzustellen wäre, sondern darauf, ob dieser auch ohne den Abzug der Miet- oder Pachtaufwendungen als [X.]etriebsausgabe unter dem Freibetrag läge. Feststellungen dazu liegen nicht vor.

Eine derartige Ausnahme verbietet sich aber, weil der Grundbesitz dann bei ansonsten gleichbleibenden Verhältnissen infolge zufällig schwankender Gewinne des [X.] in einigen Jahren i.S. von § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 [X.] dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dienen würde, in anderen aber nicht. Mit dem [X.]egriff des "Dienens" ließe sich das nicht vereinbaren.

Die weitere --für die Praxis kaum handhabbare-- Folge einer derartigen Ausnahme bestünde darin, dass Änderungen der Gewerbesteuer-Messbescheide des [X.] zu Folgeänderungen bei dem Grundstücksunternehmen führen müssten; Erhöhungen oder Minderungen des [X.] z.[X.]. infolge einer Gewinnverlagerung bei dem nutzenden Unternehmen --etwa infolge einer [X.]etriebsprüfung-- könnten die Änderung der Gewährung oder Versagung der erweiterten Kürzung des [X.] nach sich ziehen.

ff) Der [X.] verkennt nicht, dass die am Gesetzeswortlaut orientierte Rechtsprechung zur erweiterten Kürzung zu mitunter als unbillig empfundenen Ergebnissen führt. Dies gilt insbesondere im Streitfall, der durch die Überlassung relativ unwesentlichen [X.] an eine mit nur etwa 1/6000 beteiligte Genossin sowie dadurch geprägt ist, dass die Klägerin den Sachverhalt nach ihrer plausiblen Darlegung nicht ohne Weiteres "reparieren" kann. Die gewerbesteuerlichen Nachteile der Klägerin stehen auch ersichtlich in einem groben Missverhältnis zur wirtschaftlichen [X.]edeutung der Überlassung der Geschäftsräume an [X.].

Der [X.] sieht indessen keine rechtliche Grundlage für die vom [X.] angestellte Gesamtbetrachtung, wonach das Zusammenkommen mehrerer "[X.]agatellaspekte" die Nichtanwendung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 [X.] rechtfertigt, obwohl diese für sich --einzeln genommen-- die Nichtanwendung der Vorschrift nicht rechtfertigen würden.

Eine Abhilfe könnte letztlich nur durch den Gesetzgeber bewirkt werden, wie dies z.[X.]. bereits im Hinblick auf das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] durch das Fondsstandortgesetz geschehen ist (vgl. § 9 Nr. 1 Satz 3 [X.] n.F.).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

III R 19/21

29.06.2022

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 22. April 2021, Az: 9 K 2652/19 G,F, Urteil

§ 9 Nr 1 GewStG 2002, § 11 Abs 1 S 3 Nr 1 GewStG 2002, Art 20 Abs 3 GG, GewStG VZ 2014, GewStG VZ 2015, GewStG VZ 2016

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.06.2022, Az. III R 19/21 (REWIS RS 2022, 5747)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5747

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