Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.03.2023, Az. IV R 25/20

4. Senat | REWIS RS 2023, 1985

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Gegenstand

Erweiterte Kürzung: Keine teleologische Reduktion im Fall von Sondervergütungen an nicht der Gewerbesteuer unterliegende Mitunternehmer


Leitsatz

§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG ist auch dann anzuwenden, wenn der die Sondervergütung beziehende Gesellschafter nicht der Gewerbesteuer unterliegt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 03.09.2020 - 9 K 3300/18 G,[X.] wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a des [X.] (GewStG) auch dann anzuwenden ist, wenn der Empfänger der Sondervergütungen nicht der Gewerbesteuer unterliegt.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft in der Rechtsform der [X.]. Komplementärin ist die [X.] Kommanditisten waren im Streitjahr 2016 B und die [X.] Gesellschaftszweck ist die Verwaltung von eigenen Grundstücken, Gebäuden und grundstücksgleichen Rechten.

3

Bis zum Streitjahr waren durch Stehenlassen [X.] Gewinnanteile der Gesellschafter positive zu verzinsende Konten entstanden. So wurden im Jahresabschluss zum 31.12.2016 unter den sonstigen Verbindlichkeiten "Gesellschafter-Darlehen" mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr in Höhe von 633.772,98 € (Konto 2070) und in Höhe von 71.869,84 € (Konto 2071) sowie die Positionen "Anteil für Konto 2070" in Höhe von 106.894,80 € (Konto 9570) und "Anteil für Konto 2071" in Höhe von 6.823,08 € (Konto 9571) ausgewiesen. Die darauf entfallenden Zinsen wurden in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht gesondert ausgewiesen, sondern waren in der Summe der Zinsaufwendungen enthalten.

4

Die Klägerin erfasste die Zinsen ("Verzinsung Gesellschafterdarlehen") in Höhe von 66.173,22 € ([X.]), 4.448,78 € (Kommanditistin C-GmbH) bzw. 1.504,98 € (Komplementärin A-GmbH) als Sonderbetriebseinnahmen in Sonderbilanzen der Kommanditisten bzw. in einer "Ergänzungsbilanz" der Komplementärin.

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte ([X.]inanzamt --[X.]A--) bezog die Verzinsung der Darlehenskonten nicht in die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ein, sondern qualifizierte sie als Vergütung i.S. von § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG. Die gegen die Bescheide über den [X.] für 2016 vom 20.07.2018 und über die gesonderte [X.]eststellung des vortragsfähigen [X.] auf den 31.12.2016 vom 12.07.2018 gerichteten Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 08.11.2018).

6

Mit der nachfolgenden Klage machte die Klägerin geltend, die Zinsen stünden im Zusammenhang mit ihrer "Kerntätigkeit", jedenfalls sei § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG teleologisch zu reduzieren, soweit der Gesellschafter selbst (wie hier der [X.]) nicht der Gewerbesteuer unterliege.

7

Das [X.]inanzgericht ([X.]G) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der [X.]inanzgerichte ([X.]) 2020, 1692 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG seien die Zinsen als Vergütung i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht Teil der erweiterten Kürzung. Eine teleologische Reduktion komme nicht in Betracht. Zwar habe die Norm eine überschießende Tendenz, da sämtliche Vergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ungeachtet der Behandlung beim [X.] erfasst würden. Im Rahmen der dem Gesetzgeber zustehenden Typisierung sei dies jedoch hinzunehmen. Der eindeutige Gesetzeswortlaut könne nicht entsprechend dem Urteil des [X.] ([X.]) vom 26.06.2007 - IV R 9/05 ([X.]E 219, 173, [X.], 893) korrigiert werden, da dem Gesetzgeber durch dieses Urteil und durch Äußerungen im Schrifttum die überschießende Tendenz des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG bekannt gewesen sei, er sich aber gleichwohl für eine weitreichende Typisierung entschieden und auch später keinen Anlass gesehen habe, die Norm einzuschränken. Der hierin zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers sei zu respektieren.

8

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie eine Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.]. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) rügt.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 03.09.2020 - 9 K 3300/18 G,[X.] und die Einspruchsentscheidung vom 08.11.2018 aufzuheben sowie den Bescheid über den [X.] für 2016 vom 20.07.2018 und den Bescheid über die gesonderte [X.]eststellung des vortragsfähigen [X.] auf den 31.12.2016 vom 12.07.2018 dahingehend zu ändern, dass die Sondervergütungen in Höhe von 72.126 € in die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einbezogen werden.

Das [X.]A beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Vorinstanz hat die Sondervergütungen zu Recht nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] aus der erweiterten Kürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 2 [X.]) ausgeschieden.

1. Bei der Klägerin handelt es sich um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Ihr Betrieb unterliegt daher nach § 2 Abs. 1 [X.] unabhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit der Gewerbesteuer (vgl. BFH-Urteil in [X.], 173, [X.], 893, unter [X.], m.w.N.; nachfolgend --zweiter [X.]: [X.] vom 30.10.2014 - IV R 2/11, [X.], 349, [X.], 565).

2. Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen gekürzt um 1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes; maßgebend ist der Einheitswert, der auf den letzten Feststellungszeitpunkt (Hauptfeststellungs-, Fortschreibungs- oder Nachfeststellungszeitpunkt) vor dem Ende des Erhebungszeitraums (§ 14 [X.]) lautet. An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt auf Antrag bei Unternehmen, die --wie die [X.] ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des [X.], der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (§ 9 Nr. 1 Satz 2 [X.]).

3. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Satz 1 [X.], der § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] i.d.[X.] des Jahressteuergesetzes 2009 ([X.] 2009) vom 19.12.2008 ([X.], 2794) entspricht, gelten § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 [X.] (erweiterte Kürzung) allerdings nicht, soweit der Gewerbeertrag Vergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG enthält, die der [X.]er von der [X.] der [X.] oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz, bezogen hat. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Satz 2 [X.] ist § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Satz 1 [X.] auch auf Vergütungen anzuwenden, die vor dem 19.06.2008 erstmals vereinbart worden sind, wenn die Vereinbarung nach diesem Zeitpunkt wesentlich geändert wird.

a) § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] ist mit dem [X.] 2009 eingefügt worden, um steuerliche Gestaltungen im Zusammenhang mit der erweiterten Kürzung für [X.] in der Rechtsform der Personengesellschaft zu verhindern. Es geht dabei um Gestaltungen, nach denen Erträge, die die [X.] für erbrachte Leistungen zahlt, in den Kürzungsumfang einbezogen werden, weil der Dritte [X.]er der [X.] ist (BTDrucks 16/10189, S. 73). Um dies zu vermeiden, sieht § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] vor, dass Sondervergütungen eines [X.]ers von der erweiterten Kürzung ausgeschlossen werden, also bei der [X.] mit Gewerbesteuer belastet werden. Von diesem Grundsatz nimmt das Gesetz lediglich Sondervergütungen für die Überlassung von Grundbesitz an die [X.] aus, da sie "die Kerntätigkeit der [X.] umfassen" (BTDrucks 16/10189, S. 73). Hinsichtlich solcher Vergütungen bleibt es bei dem Grundsatz, dass sie in die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] einbezogen werden und somit im Ergebnis nicht (weder bei der [X.] noch beim [X.]er - für ihn gilt § 9 Nr. 2 [X.]) mit Gewerbesteuer belastet werden. Insoweit heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs (BTDrucks 16/10189, S. 73): "Hierzu wird die erweiterte Kürzung auf [X.] der grundbesitzverwaltenden Personengesellschaft in Bezug auf Sondervergütungen des Mitunternehmers dahingehend eingeschränkt, dass nur die Sondervergütungen in die erweiterte Kürzung einzubeziehen sind, die auf die Überlassung von Grundbesitz an die [X.] entfallen, d.h. die die Kerntätigkeit der [X.] umfassen. Soweit der Mitunternehmer der [X.] Darlehen überlässt oder andere Leistungen wie zum Beispiel Beratungsleistungen erbringt, wird die erweiterte Kürzung ausgeschlossen" ([X.] vom 21.07.2016 - IV R 26/14, [X.], 371, BStBl II 2017, 202, Rz 42).

b) Ob § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] auch dann zur Anwendung gelangt, wenn der [X.] nicht der Gewerbesteuer unterliegt und § 9 Nr. 2 [X.] damit nicht zur Anwendung kommen kann, ist umstritten. Nach der wohl überwiegenden Literaturmeinung ist die Norm in diesem Fall aufgrund ihres überschießenden Charakters teleologisch zu reduzieren ([X.] in [X.]/[X.], [X.], § 9 Nr. 1 Rz 213; Güroff in Glanegger/Güroff, [X.], 10. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 34; Wagner in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 132; Schnitter in [X.]/[X.], [X.], § 9 Rz 91a; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 9 Nr. 1 Rz 287; [X.] [X.]/[X.], 5. [X.]. [01.01.2023], [X.] § 9 Rz 450; [X.]/Tyarks, [X.] Steuerrecht --DStR-- 2009, 2037, 2039). Nach anderer Auffassung ist der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] eindeutig und einer teleologischen Reduktion nicht zugänglich ([X.]/[X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 109c).

c) Der erkennende Senat hält § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] auch dann für einschlägig, wenn der [X.] nicht der Gewerbesteuer unterliegt.

aa) Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Der Feststellung des zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willens des Gesetzgebers dienen die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische Auslegung), aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung) sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung); zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der [X.] dieser verschiedenen Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen. Insbesondere bei der Auslegung einer Norm aus ihrem Wortlaut ist zu berücksichtigen, dass diese nur eine von mehreren anerkannten Auslegungsmethoden ist, zu denen --wie ausgeführt-- auch die systematische Auslegung zählt. Nach Letzterer ist darauf abzustellen, dass einzelne Rechtssätze, die der Gesetzgeber in einen sachlichen Zusammenhang gebracht hat, grundsätzlich so zu interpretieren sind, dass sie logisch miteinander vereinbar sind. Ziel jeder Auslegung ist die Feststellung des Inhalts einer Norm, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Gegen seinen Wortlaut ist die Auslegung eines Gesetzes allerdings nur ausnahmsweise möglich, wenn die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt, das vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein kann, oder wenn sonst anerkannte Auslegungsmethoden dies verlangen (z.B. [X.] in [X.], 371, BStBl II 2017, 202, Rz 36, m.w.N.).

bb) Der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Satz 1 GewSt setzt allein "Vergütungen im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes" voraus, "die der [X.]er von der [X.] der [X.] oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz, bezogen hat". Dass der [X.]er als [X.] der Gewerbesteuer unterliegt, verlangt die Norm nicht.

cc) Auch Sinn und Zweck der Norm sowie historische Erwägungen rechtfertigen keine einschränkende Auslegung.

aaa) Der Gesetzgeber verfolgte mit der Einfügung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] --wie ausgeführt-- das Ziel, steuerliche Gestaltungen im Zusammenhang mit der erweiterten Kürzung für [X.] in der Rechtsform der Personengesellschaft zu verhindern, nach denen Erträge, die die [X.] für erbrachte Leistungen zahlt, in den Kürzungsumfang einbezogen werden, weil der Dritte [X.]er der [X.] ist. Hierzu sollte die erweiterte Kürzung auf [X.] der grundbesitzverwaltenden Personengesellschaft in Bezug auf Sondervergütungen des Mitunternehmers dahingehend eingeschränkt werden, dass nur die Sondervergütungen in die erweiterte Kürzung einzubeziehen sind, die auf die Überlassung von Grundbesitz an die [X.] entfallen (und damit die Kerntätigkeit der [X.] umfassen). Hingegen sollte die erweiterte Kürzung ausgeschlossen werden, soweit der Mitunternehmer der [X.] Darlehen überlässt oder andere Leistungen erbringt ([X.] 545/08, S. 113; BTDrucks 16/10189, S. 73). Damit wollte der Gesetzgeber insbesondere verhindern, dass sich der [X.] zur Vermeidung einer Gewerbesteuer auf die Vergütung an der [X.] beteiligt (BTDrucks 16/11108, S. 31).

bbb) Das Regelungsziel der Gestaltungs- oder Missbrauchsvermeidung kommt im Gesetzestext jedoch nicht zum Ausdruck. Eine Einschränkung auf [X.], die ihrerseits der Gewerbesteuer unterliegen, lässt sich der Norm nicht entnehmen. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] stellt vielmehr eine stark typisierende Regelung auf, die pauschal auf die Zahlung von Sondervergütungen an den [X.]er abstellt (zur Typisierung im Rahmen des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 [X.] vgl. auch BFH-Urteil vom 29.06.2022 - III R 19/21, [X.], 416, BStBl II 2023, 84, Rz 23). Sie ist einer einschränkenden Auslegung nicht zugänglich (ebenso [X.], Urteil vom 29.05.2019 - 8 K 291/18, [X.], 1695, rechtskräftig; zustimmend [X.], [X.], 1696; Schnitter in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 9 Rz 90). Soweit der Senat in dem Beschluss in [X.], 371, BStBl II 2017, 202 (Rz 43) ausgeführt hat, § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] spreche dafür, dass der Gesetzgeber mit "eigenem" Grundbesitz i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] den "zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden" Grundbesitz meine, zu dem auch der im zivilrechtlichen Eigentum des [X.]ers stehende, an die [X.] überlassene Grundbesitz gehöre, und die Regelung in Satz 5 Nr. 1a lediglich der Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen diene, steht dies allein im Kontext der (systematischen) Auslegung des Begriffs "eigener Grundbesitz" in § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.].

dd) Systematische Erwägungen, die für das gegenteilige Auslegungsergebnis sprechen, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

ee) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der zuvor zitierten überwiegenden Literaturmeinung kann § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] in den Fällen, in denen der [X.] nicht der Gewerbesteuer unterliegt, auch nicht teleologisch reduziert werden.

aaa) Die teleologische Reduktion setzt eine Divergenz zwischen Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck voraus. Sie zielt darauf ab, den Geltungsbereich einer Norm mit Rücksicht auf ihren Gesetzeszweck gegenüber dem zu weit gefassten Wortlaut einzuschränken. Sie kommt nur in Betracht, wenn die auf den Wortlaut abstellende Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde. Es bedarf demnach einer verdeckten Regelungslücke (z.B. BFH-Urteil in [X.], 173, [X.], 893, unter [X.]). Lässt sich ein bestimmter Gesetzeszweck hingegen nicht sicher feststellen, so ist für eine teleologische Reduktion kein Raum (ebenso [X.] in Tipke/[X.], § 4 AO Rz 382).

bbb) Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf nicht der Gewerbesteuer unterliegende [X.] i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] nicht erfüllt. Zwar lagen der Einfügung der Norm durch das [X.] 2009 Gestaltungen zugrunde, in denen der [X.] der Gewerbesteuer unterfiel und nur deshalb [X.]er der Personengesellschaft wurde, um die Gewerbesteuerbarkeit der Vergütungen umgehen zu können. Dabei hatte der Gesetzgeber wohl in erster Linie das sog. Bankenbeteiligungsmodell (vgl. dazu [X.], Urteil vom 18.06.2007 - 17 K 923/05 F, [X.], 1696: kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts; s.a. [X.]/Tyarks, [X.], 2037) vor Augen (ebenso [X.]/[X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 109b; Wagner in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 9 Nr. 1 Rz 132; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 9 Nr. 1 Rz 286; [X.] in Bergemann/[X.], [X.], § 9 Rz 69). "Insbesondere", aber nicht ausschließlich diese Gestaltung wollte er verhindern (BTDrucks 16/11108, S. 31). Dementsprechend hat der Gesetzgeber den Tatbestand des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] nicht auf diesen Fall beschränkt, sondern Sondervergütungen der [X.]er ganz allgemein von der erweiterten Kürzung ausgenommen. Dies betrifft Sondervergütungen jedweder Art, also auch Vergütungen für die --wohl weniger "gestaltungsgeneigte"-- Tätigkeit im Dienst der [X.]. Allein Vergütungen für die Überlassung von Grundbesitz hat er ausdrücklich ausgenommen. Dies spricht ebenfalls dafür, dass der Gesetzgeber die Geltung des Tatbestands bewusst nicht weitergehend einschränken wollte. Diese tatbestandliche Weite kommt auch in der zeitlichen Anwendungsbestimmung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Satz 2 [X.] (bzw. § 36 Abs. 6a Satz 2 [X.] i.d.[X.] des [X.] 2009) zum Ausdruck, die für Altvereinbarungen Bestandsschutz gewährt. Eine derartige Typisierung mag überschießende Tendenz haben, führt allerdings nicht zu einem sinnwidrigen Ergebnis. Es lässt sich nicht eindeutig feststellen, dass der Gesetzgeber mit § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] allein Sondervergütungen an [X.]er erfassen wollte, die ihrerseits der Gewerbesteuer unterliegen. Eine tatbestandliche Reduktion, von der ohnehin nur besonders zurückhaltend Gebrauch zu machen ist (BFH-Urteil in [X.], 173, [X.], 893, unter [X.]b), ist daher nicht gerechtfertigt.

ccc) Das zu § 9 Nr. 1 Satz 5 [X.] a.[X.] (nunmehr § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 [X.]) ergangene BFH-Urteil in [X.], 173, [X.], 893 steht dem nicht entgegen. Nach den Grundsätzen dieser Entscheidung ist § 9 Nr. 1 Satz 5 [X.] a.[X.] im Wege der teleologischen Reduktion in der Weise einzuschränken, dass dem [X.] die erweiterte Kürzung des [X.] auch dann zu gewähren ist, wenn das überlassene Grundstück zwar dem Gewerbebetrieb eines [X.]ers oder Genossen dient, dieses den Grundbesitz nutzende Unternehmen jedoch mit allen seinen (positiven wie negativen) Einkünften von der Gewerbesteuer befreit ist. Diese Grundsätze lassen sich jedoch nicht auf § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] übertragen (anders [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 9 Nr. 1 Rz 213; Schnitter in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 9 Rz 91a; [X.]/Tyarks, [X.], 2037, 2039). Zwar ist auch § 9 Nr. 1 Satz 5 [X.] a.[X.] offen formuliert ("wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines [X.]ers oder Genossen dient"). Der Gesetzeszweck ließ sich dort aber sicher bestimmen (s. BFH-Urteil in [X.], 173, [X.], 893, unter [X.]a: "§ 9 Nr. 1 Satz 5 [X.] hat den Sinn, zu verhindern, dass der ein eigenes Grundstück nutzende Einzelunternehmer schlechter gestellt wird als ein Gewerbetreibender, der ein Grundstück nutzt, das er einer zwischengeschalteten [X.] überlassen hat"). Daher konnte der Senat seinerzeit den Tatbestand teleologisch reduzieren, soweit der Gesetzeszweck --mangels Besserstellung des Mitunternehmers gegenüber dem [X.] nicht tangiert wird. Vorliegend lässt sich ein hinreichend bestimmter Gesetzeszweck jedoch --wie ausgeführt-- nicht mit der dafür erforderlichen Sicherheit feststellen.

4. In Anwendung dieser Grundsätze hat die Vorinstanz zu Recht entschieden, dass die Sondervergütungen nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] nicht der erweiterten Kürzung unterliegen.

a) Die streitgegenständlichen Darlehenszinsen stellen Sondervergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG dar. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht (mehr) streitig.

b) Damit unterfallen die Schuldzinsen als Vergütungen für die Hingabe von Darlehen § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.]. Eine teleologische Reduktion der Norm kommt in Bezug auf die Sondervergütungen, die der [X.] der Klägerin bezogen hat, wie dargelegt nicht in Betracht. Im Hinblick auf die Sondervergütungen, die die Komplementär-GmbH und die C-GmbH bezogen haben, geht selbst die Klägerin davon aus, dass eine teleologische Reduktion des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a [X.] ausscheidet, da diese [X.]en der Gewerbesteuer unterliegen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] ist somit insgesamt ausgeschlossen.

5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Meta

IV R 25/20

09.03.2023

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 3. September 2020, Az: 9 K 3300/18 G,F, Urteil

§ 9 Nr 1 S 5 Nr 1a S 1 GewStG 2002 vom 25.07.2014, § 9 Nr 1 S 5 Nr 1a S 1 GewStG 2002 vom 19.12.2008, § 9 Nr 1 S 5 GewStG 1991, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2009, § 15 Abs 3 Nr 2 EStG 2009, GewStG VZ 2016

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.03.2023, Az. IV R 25/20 (REWIS RS 2023, 1985)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1985

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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