Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.05.2012, Az. AnwZ (Brfg) 3/12

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2012, 5995

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
[X.]
([X.]) 3/12

vom

30. Mai 2012

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung
-

2

-

Der [X.], [X.], hat durch den Präsidenten des [X.]s Prof. Dr. Tolksdorf, die Richterin
Roggenbuck, [X.] sowie
die Rechtsanwälte Dr. Frey und Dr. Martini
am
30. Mai 2012

beschlossen:

Der Antrag der [X.]eklagten auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des 1. Senats des [X.]s [X.]erlin vom 21.
No-vember 2011 wird abgelehnt.

Auf den Antrag des [X.] wird die [X.]erufung gegen das Urteil des 1. Senats des [X.]s [X.]erlin vom 21.
November 2011 zugelassen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung im [X.]erufungsver-fahren vorbehalten.

Der Geschäftswert des Zulassungsverfahrens wird auf 12.500

festgesetzt.

Gründe:

I.

Der
Kläger
ist seit dem 30.
August 1996 zur Rechtsanwaltschaft [X.] und Mitglied der [X.]eklagten. Seit 2005 wird er regelmäßig von [X.]
-

3

-

gerichten zum Insolvenzverwalter bestellt; einen Fachanwaltslehrgang hat er nicht besucht. Mit Schreiben vom 5.
März 2007 beantragte er bei der [X.]eklagten die Verleihung der [X.]efugnis, die [X.]ezeichnung "Fachanwalt für Insolvenzrecht" zu führen. Zum Nachweis seiner besonderen theoretischen Kenntnisse berief er sich unter anderem auf verschiedene von ihm stammende Veröffentlichungen in Fachzeitschriften
sowie ein von ihm für die Insolvenzrichter beim Amtsgericht C.

erstelltes Merkblatt für Insolvenzplanverfahren bei geschlosse-nen Immobilienfonds und legte -
auf Anregung des Vorsitzenden des Fachaus-schusses der [X.]eklagten
-
eine 110seitige Zusammenstellung (mit 5 Aktenord-nern) vor; diese enthielt eine Erläuterung und Zuordnung von ihm im Rahmen von 130
Insolvenzverfahren erstellter
Schriftstücke (Gutachten; [X.]erichte; Schriftsätze) zu den einzelnen [X.]ereichen
des Fachgebiets Insolvenzrecht (§
14 [X.]). Mit [X.]escheid vom 21.
Dezember 2009 lehnte die [X.]eklagte -
entgegen dem Votum ihres Fachausschusses
-
den Antrag ab; der Widerspruch des [X.] wurde mit [X.]escheid vom 9.
Juni 2010 zurückgewiesen. Zur [X.]egründung verwies die [X.]eklagte darauf, dass durch die Veröffentlichungen und das [X.] nicht alle
Rechtsgebiete
des §
14 [X.] abgedeckt seien; die vom Kläger im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit erworbenen praktischen Erfah-rungen seien nicht geeignet, den Nachweis theoretischer Kenntnisse zu [X.]. Auf die hiergegen gerichtete Klage hat der [X.] -
unter Zu-rückweisung der weitergehenden Klage
-
die [X.]escheide der [X.] und diese verpflichtet, über den Antrag unter [X.]eachtung der in den [X.] ausgeführten Rechtsauffassung
-
die [X.]eklagte habe den Antrag nicht zurückweisen dürfen, ohne dass zuvor ein Fachgespräch (§
7 [X.]) statt-gefunden habe
-
neu zu befinden.

Gegen dieses Urteil richten sich die Anträge beider
Parteien auf Zulas-sung der [X.]erufung.
2
-

4

-

II.

1.
Der nach §
112e Satz
2 [X.]RAO, §
124a Abs.
4 VwGO statthafte Antrag des [X.] hat Erfolg; es bestehen, soweit zum Nachteil des [X.] erkannt worden ist,
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§
112e Satz
2 [X.]RAO,
§
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO).

Der [X.] hat die vom Kläger vorgelegten Arbeitsunterla-gen als nur zum Nachweis praktischer Erfahrungen (§
5 Abs.
1g [X.]) geeignet angesehen und sie als zum [X.]eleg der notwendigen theoretischen Kenntnisse

4 Abs.
3 [X.]) auf den anderweitig nicht abgedeckten Teilgebieten des §
14 [X.] unerheblich außer [X.]etracht gelassen. Nach der Senatsrechtsprechung sind demgegenüber zum Nachweis dieser Kenntnisse alle geeigneten [X.]eweis-mittel und Erkenntnisquellen zu berücksichtigen; dementsprechend kann es auch genügen, wenn ein Antragsteller
auf seine berufliche Tätigkeit zurückgreift und aussagekräftige, mit entsprechendem theoretischen Niveau bearbeitete
Schriftsätze
bzw. [X.] oder sonstige Arbeitsnachweise vorlegt, aus denen sich die notwendigen
Kenntnisse ableiten lassen
(vgl. Senatsbeschluss vom 21.
November 1994
-
[X.] ([X.]) 46/94, [X.]RAK-Mitt. 1995, 73, 75 zur mit §
7 Abs.
3 [X.] inhaltsgleichen Vorgängerregelung in §
8 Abs.
3 RAFach[X.]ezG; ferner Senatsbeschluss vom 19.
Juni 2000
-
[X.] ([X.]) 59/99, [X.], 3648, 3649).

2.
Der nach §
112e Satz
2 [X.]RAO, §
124a Abs.
4 VwGO statthafte Antrag der [X.]eklagten ist unbegründet; die geltend gemachten Zulassungsgründe (§
124 Abs.
2 Nr.
3, Nr.
4 VwGO) liegen nicht vor. Die maßgeblichen Rechtsfra-gen zum Fachgespräch sind in der Senatsrechtsprechung geklärt. Sollten,
was 3
4
5
-

5

-

im Rahmen der [X.]erufung des [X.] zu klären sein wird (s.o.),
die vorgelegten Unterlagen zur Abdeckung aller Fachgebiete des §
14 [X.] nicht ausreichend gewesen sein, war es rechtsfehlerhaft, den Antrag des [X.] auf Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung abzulehnen, ohne zuvor ein Fachgespräch
durchzuführen.

Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung zu §
7 [X.] in der bis zum 31.
Dezember 2002 gültigen Fassung die Auffassung vertreten, dass Gegen-stand eines Fachgesprächs nur die Rechtsgebiete sein können, in denen der Nachweis der in den §§
4, 5 [X.] geforderten Kenntnisse und Erfahrungen an-hand der eingereichten Unterlagen noch nicht geführt ist; hat der Antragsteller ausreichende Unterlagen (§
6 [X.]) vorgelegt, ist für ein Fachgespräch kein Raum (vgl. Senatsbeschlüsse
vom 23.
September 2002 -
[X.] ([X.]) 40/01, [X.]RAK-Mitt. 2003, 25, 26
ff.
und 7.
März 2005 -
[X.]
([X.]) 11/04, [X.]RAK-Mitt. 2005, 123
f.
m.w.[X.]; siehe auch Senatsbeschluss vom 21.
Juni 1999 -
[X.] ([X.]) 91/98, [X.]GHZ 142, 97, 99 m.w.[X.] zu §
10 RAFach[X.]ezG). Das Fachgespräch tritt damit nicht als eigenständige Prüfung der fachlichen Qualifikation des [X.]ewer-bers neben die in der [X.] geforderten Nachweise, sondern hat [X.]edeutung nur als ergänzende [X.]eurteilungsgrundlage für die Fälle, in denen die schriftlichen Unterlagen nicht ausreichen, der Nachweis im Rahmen eines
Fachgesprächs aber noch aussichtsreich erscheint (Senatsbeschluss vom 23.
September 2002, aaO S.
27). Diese Rechtsprechung gilt -
bei verfassungskonformer Auslegung der [X.]estimmung
-
weiterhin auch für die ab 1.
Januar 2003 geltende Neufas-sung des §
7 [X.]
(vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 7.
März 2005, aaO S.
124
und
vom 6.
März 2006 -
[X.] ([X.]) 36/05, [X.], 1513 Rn.
32). Soweit die [X.]eklagte aus bestimmten Formulierungen des Senatsbeschlusses vom 16.
April 2007 ([X.]
([X.]) 31/06, [X.]RAK-Mitt. 2007, 166 Rn.
11
ff.) ableiten möchte, dass im vorliegenden Fall im Rahmen des §
4 Abs.
3 [X.] eine Ersetzung des feh-6
-

6

-

lenden
Nachweises
theoretischer Kenntnisse in einzelnen Teilbereichen
des §
14 [X.] durch ein Fachgespräch
unmöglich sei, ist dies unzutreffend. In dem zitierten [X.]eschluss ging es um die praktischen Erfahrungen aus "mindestens 5 eröffneten Verfahren aus dem ersten bis sechsten Teil der [X.] als Insolvenz-verwalter"

5 Abs.
1g Nr.
1 [X.]). Insoweit hat der Senat unter Hinweis unter anderem darauf, dass zum Nachweis dieser besonderen praktischen [X.] ein Fachgespräch nicht zielführend sei und die [X.] in §
5 Abs.
1g Nr.
3
und
4 auch eine spezielle Ersetzungsregelung vorsehe, eine Verpflichtung der da-maligen
[X.]eklagten zur Führung eines Fachgesprächs verneint. Hieraus lässt sich für den vorliegenden Fall nichts ableiten. Im Übrigen hat der Senat in der Folgezeit ausdrücklich Fachgespräche
bei Defiziten im Nachweis theoretischer Kenntnisse im Anwendungsbereich des §
4 Abs.
3 [X.] für zulässig erachtet
(vgl. [X.]eschluss vom 21.
Juli 2008 -
[X.]
([X.]) 62/07, Anw[X.]l. 2008, 711, 712; siehe zur Ersetzung auch [X.]eschluss vom 25.
Februar 2008 -
[X.]
([X.]) 14/07, NJW-RR 2008, 927 Rn.
7
ff.). Er
hat lediglich im Hinblick auf die begrenzte
-
nicht eigenständige, sondern nur ergänzende
-
Funktion des Fachgesprächs (s.o.) deutlich gemacht, dass ein solches zum Nachweis nicht in [X.]etracht kommt, wenn die vom Antragsteller
im Rahmen des §
4 Abs.
3 [X.] vorgeleg-ten Unterlagen in wesentlichen Teilen unzureichend sind
und deshalb kein par-tieller Klärungsbedarf
besteht
([X.]eschluss vom 21.
Juli 2008, aaO).
Hiervon kann im vorliegenden Fall, in dem allein durch die vorgelegten Veröffentlichun-gen in Fachzeitschriften und das erstellte Merkblatt die Teilgebiete des §
14 [X.] mehrheitlich abgedeckt sind, nicht gesprochen werden.

-

7

-

III.

Das Verfahren wird als Verfahren über die [X.]erufung
des
[X.] fortge-setzt; der Einlegung einer [X.]erufung durch den Kläger bedarf es nicht (§
112e Satz
2 [X.]RAO, §
124a Abs.
5 Satz
5
VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:
Die [X.]erufung ist durch den Kläger innerhalb eines Monats nach Zustel-lung des [X.]eschlusses über die Zulassung der [X.]erufung zu begründen. Die [X.]egründung ist beim [X.], [X.] 45a, 76133 [X.] einzureichen. Die [X.]egründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden verlängert werden. Die [X.]e-gründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im [X.] anzuführenden Gründe der Anfechtung ([X.]erufungsgründe). Wegen der Verpflichtung, sich im [X.]erufungsverfahren vertreten zu lassen, wird

7

-

8

-

auf die Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen Entscheidung [X.]ezug genommen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die [X.]eru-fung unzulässig (§
112e Satz
2 [X.]RAO, §
124a Abs.
6 VwGO).

Tolksdorf
Roggenbuck
[X.]

Frey
Martini

Vorinstanz:
[X.] [X.]erlin, Entscheidung vom 21.11.2011 -
I [X.] 6/10 -

Meta

AnwZ (Brfg) 3/12

30.05.2012

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.05.2012, Az. AnwZ (Brfg) 3/12 (REWIS RS 2012, 5995)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5995

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