Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2018, Az. X ZR 18/16

X. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 9009

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:170518UXZR18.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
X ZR
18/16
Verkündet am:
17. Mai 2018
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17.
Mai 2018 durch [X.]
[X.],
Dr.
Grabinski und
Hoffmann
sowie die Richterinnen
Dr.
[X.] und
Dr.
Marx
für
Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des
3.
Senats ([X.]) des [X.] vom 22.
September 2015 wird auf Kos-ten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 2
049
217
(Streitpatents), das am 10.
August 2007 unter Inanspruchnahme einer [X.] Priorität vom 11.
August 2006 angemeldet worden ist und eine Filterpatrone für wasserfüh-rende Geräte, insbesondere für Getränkemaschinen betrifft. Patentanspruch
1
lautet
in der [X.]:
"1.
Filterpatrone für einen Wassertank für wasserführende Geräte, ins-besondere Haushaltsgeräte wie Getränkeautomaten, insbesondere Kaffeeautomaten, Trinkwasserspender, Koch-
und Backgeräte, Dampfgeräte, insbesondere Dampfbügeleisen, Dampfreiniger, Hochdruckreiniger, Luftreiniger und konditionierer oder dergleichen, mit einem Gehäuse (10) und einer Steigleitung (2), zur Zufuhr von zu reinigendem Wasser von oben in eine im [X.] zu [X.] (4), und wobei ein in Strömungsrichtung der [X.] nachfolgend angeordneter [X.] an der Filter-patrone
zum Ansaugen von Wasser aus der Filterpatrone mit Mitteln der Erzeugung eines Unterdruckes vorgesehen ist, wobei die [X.] (2) wenigstens in dem Bereich des Gehäuses (10), in wel-chem der [X.] ausgebildet ist, im Gehäuse (10) der [X.] (1) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Steigleitung (2) innerhalb des Gehäuses (10) freistehend ausgebil-det ist."
Die Patentansprüche 2 bis 5
betreffen besondere Ausgestaltungen einer solchen Filterpatrone, die Patentansprüche 6
bis 8
einen [X.] und eine Getränkemaschine, in denen eine solche Patrone enthalten ist.
Die Klägerin hat das Streitpatent mit der Begründung angegriffen, die Er-findung sei nicht so offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne, und der Gegenstand des Schutzrechts
sei nicht patentfähig.
Die Beklagte hat das Streitpatent mit einem Haupt-
und drei
Hilfsanträgen in geänderten Fassungen verteidigt.
1
2
3
-
4
-
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit dessen Gegenstand über die mit dem Hauptantrag verteidigte Fassung hinausgeht, und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
I.
Das Streitpatent betrifft eine Filterpatrone für wasserführende Ge-räte.
1.
Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift sind Filterpatro-nen zum Einsetzen in den [X.] einer Getränkemaschine wie einer
Espressomaschine oder dergleichen in der Regel mit einem Gehäuse ausgestattet, in dem ein aus Filtermaterial gebildetes Filterbett angeordnet ist.
Bei im Stand der Technik bekannten
Filterpatronen, wie sie etwa in der [X.] [X.] 197
17
054 offenbart seien, werde
das Filterbett bzw. die [X.] von unten nach oben durchströmt. Dies habe zur Folge, dass das Wasser gegen den Strömungswiderstand angehoben wer-den müsse
und die Gravitation des Wassers der Strömungsrichtung [X.]
(Abs.
2
f.).
Vor diesem Hintergrund betrifft das Streitpatent das technische Problem, eine verbesserte Filterpatrone zur Verfügung zu stellen.
4
5
6
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8
9
10
-
5
-
2.
Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in der mit dem
Hauptantrag verteidigten Fassung von Patentanspruch
1 eine Filterpatrone vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
1.1
Filterpatrone für einen Wassertank für wasserführende Gerä-te, insbesondere Haushaltsgeräte wie Getränkeautomaten, insbesondere
Kaffeemaschinen, Trinkwasserspender, Koch-
und Backgeräte, Dampfgeräte, insbesondere Dampfbügelei-sen, Dampfreiniger, Hochdruckreiniger, Luftreiniger und konditionierer oder dergleichen,
mit folgenden Bestandtei-len:
1.2
einem Gehäuse,
1.3
einer im [X.]
zu betreibenden [X.],
1.4
einem [X.],
1.4.a
der in Strömungsrichtung der [X.] nachfol-gend angeordnet ist und
1.4.b
zum Ansaugen von Wasser aus der Filterpatrone mit Mitteln zur Erzeugung eines Unterdrucks vorge-sehen ist,
1.5
einer Steigleitung
1.5.a
zur Zufuhr von zu reinigendem Wasser von oben in die [X.],
1.5.b
die wenigstens in dem Bereich des Gehäuses, in dem der [X.] ausgebildet ist, im [X.] angeordnet und
1.5.c
freistehend innerhalb des Gehäuses ausgebildet ist,
1.6
wenigstens einer [X.] zum dichten Abschluss des [X.]es in Richtung der Längsachse der Filter-patrone.
3.
Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung.

11
12
-
6
-
a)
Nach Merkmal
1.5.c
ist die Steigleitung freistehend innerhalb des Gehäuses ausgebildet. Wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, wird der Begriff "freistehend"
in der Beschreibung des Streitpatents nicht näher erläutert. Seine Bedeutung lässt sich aber dem in Figur
1 dargestellten Ausfüh-rungsbeispiel und den darauf bezogenen Ausführungen in der Beschreibung entnehmen.
Figur
1 zeigt eine innerhalb des Gehäuses angeordnete Steigleitung
(2), die nicht mit der Innenwand des Gehäuses verbunden ist. Nach der [X.] ist diese Leitung freistehend und/oder vollständig von Filtermaterial um-geben
(Abs.
28).

Daraus ist
zu entnehmen, dass die Steigleitung so innerhalb des [X.]s angeordnet sein muss, dass sie jedenfalls nicht in wesentlichem Umfang unmittelbar an die [X.] angrenzt oder in sonstiger Weise mit dieser verbunden ist.
Wie das Patentgericht zu Recht ausgeführt hat, ist dieses Merkmal auch dann noch verwirklicht, wenn der Raum zwischen der Steigleitung
und der [X.] vollständig von Filtermaterial umgeben ist. Ausschlaggebend ist, dass die Steigleitung jedenfalls
keine durchgehende Verbindung mit der [X.] aufweist. Nicht zum Gegenstand des Streitpatents gehören damit zum Beispiel Ausgestaltungen, bei denen die Steigleitung unmittelbar an die Gehäusewand angrenzt oder
sogar in diese integriert ist. Ebenfalls nicht erfasst ist die an anderer Stelle der Beschreibung
(Abs.
21) offenbarte Ausge-staltung, bei der die Steigleitung als Ringmaterial um das Filterbett angeordnet ist.
Ob, wie das Berufungsgericht in dem zwischen den Parteien anhängigen Verletzungsrechtsstreit ausgeführt hat, Merkmal 1.5.c darüber hinaus zu ent-13
14
15
16
17
-
7
-
nehmen ist, dass die
Steigleitung auch nicht an einzelnen Stellen durch Stege oder dergleichen mit der Innenwand des Gehäuses verbunden sein darf, kann im
vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben. Selbst wenn diese [X.] zu verneinen wäre, ergäbe sich daraus hinsichtlich der Rechtsbeständigkeit des Streitpatents
keine abweichende Beurteilung.
b)
Nach Merkmal
1.6 verfügt die Filterpatrone über eine
Axialdich-tung. Auch dieser Begriff ist in der Beschreibung des Streitpatents nicht näher definiert. Figur
1 lässt sich hierzu ebenfalls nichts entnehmen. Er ist entspre-chend
dem allgemeinen technischen Sprachgebrauch auszulegen.
[X.])
Nach den mit dem Vorbringen beider Parteien übereinstimmenden Feststellungen des Patentgerichts ist eine [X.] nach dem üblichen fachlichen Sprachgebrauch eine ringförmig ausgebildete Dichtung, bei der das dichtende Element in axialer
Richtung an eine Gegenfläche angepresst wird. Sie unterscheidet sich hierdurch von einer Radialdichtung, bei der das [X.] im rechten Winkel
zur Längsrichtung angepresst wird.
[X.])
Zu Recht hat das Patentgericht angenommen, dass dieses [X.] auch für die Auslegung des Streitpatents maßgeblich ist.
Nach der
Beschreibung des Streitpatents wird durch [X.] der Dichtung,
zum Beispiel
am [X.],
der erforderliche dichte [X.] erzielt. Darüber hinaus ist damit, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme eines Anschlags,
eine definierte Betriebsposition der Filterpatrone möglich (Abs.
16).
Daraus ist zu entnehmen, dass als [X.] auch im Zusammen-hang mit dem Streitpatent eine in Längsrichtung angepresste Dichtung anzuse-18
19
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21
22
-
8
-
hen ist. Nur diese Ausgestaltung ermöglicht es, die Filterpatrone ohne
zusätzli-che Mittel in einer bestimmten Betriebsposition anzuordnen, indem die Dichtung zugleich als Anschlag eingesetzt wird.
II.
Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Entgegen der Auffassung der Klägerin fehle es nicht an einer ausführba-ren [X.]. In
Figur
1 sei ein nacharbeitbarer Weg offenbart, um das der Erfindung zugrundeliegende Problem zu lösen. Bezüglich einzelner konstrukti-ver Merkmale werde sich der Fachmann, ein Maschinenbauingenieur mit lang-jähriger praktischer Erfahrung auf dem Gebiet der Filtertechnik und speziellen Kenntnissen bei der Konstruktion von Filterpatronen,
auch der Ausführungen in der Beschreibung bedienen, die ihm ausreichende
technische Informationen mitteilten.

Der Gegenstand der mit dem Hauptantrag verteidigten Patentansprü-che
1 bis 7 sei neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit.
In der [X.]
[X.] 10
2006
005
780 ([X.]) sei eine Fil-terkartusche mit den Merkmalen 1.1 bis 1.5.c offenbart. Die Dichtung wirke aber nicht axial, sondern radial.
Die internationale Anmeldung WO
2006/040120
([X.]) betreffe eine Saugfilterkartusche für Wasserbehälter mit den Merkmalen 1.1 bis 1.5.b. Es könne offen bleiben, ob der
in der Druckschrift vorgesehene [X.] einer [X.] entspreche. Jedenfalls sei die Steigleitung
in sämtlichen offenbar-ten Ausführungsformen nicht innerhalb des Gehäuses der Filterkartusche an-23
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-
9
-
geordnet, sondern in einer davon durch eine Wand abgetrennten Abströmkam-mer.
Die [X.] [X.] 10
2004
023
032 ([X.]) offenbare eine Filterpatrone für eine Haushaltsmaschine mit den Merkmalen 1.1, 1.2, 1.4 und 1.6. Das zu reinigende Wasser durchströme die [X.] aber im Aufstrom und
werde
erst danach über eine innerhalb der Filterpatrone angeordnete Fall-leitung zum [X.] im Haushaltsgerät abgeleitet. Damit fehle es an einer [X.] der Merkmale
1.3 und 1.5. Die Ausführungen in der [X.], wonach der Filtervorgang
alternativ im [X.] erfolgen könne, offenbarten diese Merkmale mangels näherer Angaben zur erforderlichen Kon-struktion nicht neuheitsschädlich.
Keine der genannten Entgegenhaltungen gebe dem Fachmann eine An-regung, eine Kombination einer im [X.] betriebenen [X.], einer in-nerhalb des Gehäuses der Filterpatrone freistehenden Steigleitung und einer [X.] in Betracht zu ziehen. Unabhängig davon, welche [X.] als Ausgangspunkt herangezogen werde, sei eine entsprechende Ausgestal-tung
mit erheblichem konstruktivem Aufwand verbunden und für den Fachmann nicht naheliegend.
III.
Diese Beurteilung hält den Angriffen der Berufung stand.
1.
Zu Recht hat das Patentgericht angenommen, dass das Streitpa-tent die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann sie ausführen kann (Art.
138 Abs.
1 Buchst.
b EPÜ, Art.
II §
6 Abs.
1 Nr.
2 IntPatÜbkG).

28
29
30
31
-
10
-
Eine für die Ausführbarkeit hinreichende [X.] ist gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkei-ten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffen-barung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde-
oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg
erreicht wird ([X.], Urteil vom 11.
Mai 2010

X
ZR
51/06, [X.], 901 Rn.
31

Polymerisierbare Zementmischung; Urteil vom 22.
März 2018

X
ZR
128/15
Rn.
38).
Nach den Feststellungen des Patentgerichts sind diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt. Aus dem Berufungsvorbringen ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser Fest-stellungen begründen

117 Satz
1 PatG und §
529 Abs.
1 Nr.
1 ZPO).
Entgegen der Auffassung der Berufung steht der Ausführbarkeit nicht entgegen, dass bei der in Figur
1 dargestellten Ausgestaltung das untere Ende der Filterpatrone ein Andrücken der Dichtung verhindern könnte.
Wie das Patentgericht zu Recht ausgeführt hat, ergibt sich für den Fachmann aus der Beschreibung hinreichend deutlich die Anweisung, einen dichten Formabschluss zwischen dem Boden des [X.] und der [X.] vorzusehen. Die Konstruktion einer hierfür geeigneten [X.] gehört
nach den Feststellungen des Patentgerichts zum allgemeinen Fachwis-sen. Vor diesem Hintergrund lassen sich der schematisch gehaltenen [X.] in Figur
1 keine abweichenden Anforderungen entnehmen.
2.
Der Gegenstand von Patentanspruch
1 ist, wie das Patentgericht weiter zutreffend angenommen hat, neu.
32
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36
-
11
-
a)
Die nachveröffentlichte, aber prioritätsältere [X.] Offenle-gungsschrift 10
2006
005
780 ([X.])
offenbart eine Filterkartusche (4) für eine Getränkemaschine, die im [X.] betrieben wird und die ein Gehäuse (6) [X.] eine der [X.] nachfolgend angeordnete
Aufnahmebuchse (16) zum Ansaugen von Wasser aus der Filterpatrone aufweist. In dem Gehäuse ist ein
freistehendes
Steigrohr (24) zur Zufuhr von Wasser von oben zur [X.] (32) angeordnet, und zwar in dem Bereich, in dem die Aufnahmebuchse (16) ausgebildet ist.
[X.])
Damit sind die Merkmale 1.1 bis 1.5.c offenbart.
[X.])
Nicht offenbart ist eine [X.] im Sinne von Merkmal
1.6.
Zu Recht hat das Patentgericht insoweit angenommen, dass mit den in [X.] verwendeten Begriffen
"Dichtung"
(Anspruch
12) und "Ringdichtung"
(Abs.
28) nicht jede Art von Dichtung offenbart ist, die unter diese Oberbegriffe subsumiert werden kann. Entgegen der Auffassung der Berufung führt der von ihr unwidersprochen vorgetragene Umstand, dass der Begriff "Ringdichtung" nach herkömmlichem Verständnis nur die Unterbegriffe "Radialdichtung" und "[X.]" umfasst, im Streitfall nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
(1)
Die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert die Ermittlung des [X.] der Vorveröffentlichung. Maßgeblich ist, welche technische In-formation dem Fachmann offenbart wird. Der [X.]sbegriff ist dabei kein anderer, als er auch sonst im Patentrecht zugrunde gelegt wird. Zu ermitteln ist deshalb nicht, in welcher Form der Fachmann etwa mit Hilfe seines Fachwis-sens eine gegebene allgemeine Lehre ausführen kann oder wie er diese Lehre 37
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-
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-
gegebenenfalls abwandeln kann, sondern ausschließlich, was der Schrift aus fachmännischer Sicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen ist.
Zu dem danach [X.] gehört allerdings nicht nur dasjenige, was im Wortlaut der Veröffentlichung ausdrücklich erwähnt wird. Nicht anders als bei der Ermittlung des Wortsinns eines Patentanspruchs ist vielmehr der Sinngehalt der Veröffentlichung maßgeblich, also diejenige technische Information, die der fachkundige Leser der jeweiligen Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwis-sens entnimmt. Hierzu gehören auch Abwandlungen und Ergänzungen, die nach dem Gesamtzusammenhang der Schrift für den Fachmann derart nahe-liegen, dass sie sich ihm bei aufmerksamer, weniger auf die Worte als ihren erkennbaren Sinn achtenden Lektüre ohne Weiteres erschließen, so dass er sie gleichsam mitliest, auch wenn er sich dessen nicht bewusst ist.
Abwandlungen und Weiterentwicklungen dieser Information gehören aber ebenso wenig zum [X.] wie diejenigen Schlussfolgerungen, die der Fachmann kraft seines Fachwissens aus der erhaltenen technischen Infor-mation ziehen mag ([X.], Urteil vom 16.
Dezember 2008 -
X
ZR
89/07, [X.]Z 179, 168 = [X.], 382 Rn.
26

Olanzapin; Urteil vom 8.
Juli 2010

Xa
ZR
124/07, [X.], 910 Rn.
62 -
Fälschungssicheres Dokument; Ur-teil vom 18.
März 2014 -
X
ZR
77/12, [X.], 758 Rn.
39

Protein-trennung).
(2)
Für die Beurteilung des Streitfalls kann dahingestellt bleiben, wel-cher [X.]sgehalt der Entgegenhaltung aus Sicht des Fachmanns zu entnehmen wäre, wenn diese keine Hinweise darauf enthielte, wie die Dichtung in dem darin geschilderten Ausführungsbeispiel ausgestaltet ist. Den [X.] in [X.] ist nämlich, wie das Patentgericht zutreffend entschieden hat, zu entnehmen, dass dort eine Radialdichtung eingesetzt wird.
42
43
44
-
13
-
Allein aus der Darstellung in Figur
1 lässt sich zwar nicht ohne weiteres entnehmen, welche Elemente
zur Dichtung eingesetzt werden:

In den darauf bezogenen Ausführungen in der Beschreibung von [X.] wird aber das mit dem Bezugszeichen (22) versehene Bauteil als Ringdichtung
be-zeichnet. Diese ist zwischen dem zur Filterkartusche gehörenden Rohrstutzen (12) und der am Boden des Wasserbehälters angeordneten Aufnahmebuchse 45
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-
14
-
(16) angeordnet und verhindert, dass Rohwasser an der Filterkartusche vorbei aus dem Wassertank angesaugt wird ([X.] Abs.
28). Bei dieser Anordnung wirkt die Ringdichtung (22) radial.
Vor diesem Hintergrund mag sich dem Fachmann dennoch erschlossen haben, dass anstelle einer Radialdichtung auch eine [X.] eingesetzt werden kann. Um zu dieser Überlegung
zu gelangen, musste der Fachmann indes zumindest auf sein allgemeines Fachwissen zurückgreifen. Damit fehlt es an einer unmittelbaren und eindeutigen [X.].
b)
Die internationale Anmeldung
WO
2006/040120 ([X.]) offenbart
eine Saugfilterkartusche (1) für Wasserbehälter von Getränkemaschinen, bei der das zu filternde Wasser über eine feststehende [X.]
(3a), die ein Wirbelbett aus Filtermaterial enthalten kann, nach oben gefiltert wird, bevor es in der [X.] (2a) in einem Festbett aus Filtermaterial gereinigt wird.
[X.])
Damit sind die Merkmale 1.1 bis 1.5.b offenbart.
[X.])
Nicht offenbart ist Merkmal
1.5.c.
In sämtlichen in den Figuren
1, 2a, 2b, 3 und 4 offenbarten Ausführungs-formen ist die [X.],
die der Steigleitung im Sinne von Merkmal 1.5 entspricht,
nicht innerhalb des Gehäuses der Filterkartusche angeordnet, son-dern durch die Trennwand
(6)
von der [X.] getrennt. Eine freiste-hende Steigleitung ist nicht offenbart.
[X.])
Nicht (eindeutig)
offenbart ist
ferner, wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht,
eine [X.] im Sinne
von Merkmal
1.6.
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50
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52
-
15
-
Bei den in [X.] offenbarten Ausführungsformen ist in der [X.] ein nach innen weisender [X.] (22) vorgesehen, der beim Einsetzen der Filterkartusche (1) nach oben umklappt und hierbei am Rohrstutzen (33) des Sitzelementes angreift, so dass die Filterkartusche abdichtend am Rand dem Benutzer, dass die Filterkartusche (1) ihre vorgegebene [X.] ein-genommen hat. Beim Herausziehen der Filterkartusche (1) klappt der Schnapp-rand (22) in seine untere Position zurück (S.
4
Abs.
2 und 3; S.
12 Abs.
2).

In der Beschreibung von [X.] ist nicht offenbart, dass der [X.] in axialer Richtung abdichtet. Den Figuren 2a und 2b, die die Kartusche in einge-setztem Zustand darstellen, lassen sich ebenfalls keine eindeutigen Hinweise auf eine solche Wirkung entnehmen.

53
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-
16
-
In diesen beiden insoweit übereinstimmenden Darstellungen liegt der [X.] (22) auf einer schräg nach oben weisenden Ringschulter (35) auf, die zwischen den beiden in Längsrichtung verlaufenden Abschnitten (33a) und (33b) des [X.] (33) verläuft. Diese Ringschulter bildet nach der [X.] (S.
12 Abs.
1) das Betätigungselement für den [X.] (22). Dass sie zugleich Teil einer in axialer Richtung wirkenden Dichtung ist, geht daraus nicht eindeutig hervor. Auch im Übrigen gibt der Inhalt von [X.] keinen eindeutigen Aufschluss darüber, in welcher Weise die Dichtwirkung erzielt wird.
c)
Die [X.] [X.] 10
2004
023
032 ([X.])
offenbart eine Filterpatrone (2) für eine Haushaltsmaschine mit einer Wandung (4), die mit einem [X.] (3) gefüllt ist, einem in der Mitte angeordneten Fallrohr (5) und einem am [X.] (10) angeordneten [X.] mit einer Axial-dichtung (17). Das zu reinigende Wasser durchströmt die [X.] im [X.].
Anschließend wird es über die Fallleitung zum [X.] abgeleitet.
[X.])
Damit sind die Merkmale 1.1 und
1.2, die Merkmalsgruppe 1.4 sowie die Merkmale 1.5.a, 1.5.b und 1.6 offenbart.
[X.])
Nicht offenbart sind die Merkmale 1.3 und 1.5.
Bei der in [X.] offenbarten Ausgestaltung erfolgt die Filterung im [X.]. Die Kombination einer in dieser Weise betriebenen [X.] und einer
Fallleitung wird in der Beschreibung als vorteilhaft bezeichnet, weil dadurch die Eintrittsöffnung im Wesentlichen auf der gleichen Höhe wie die Austrittsöffnung angeordnet werden könne, was eine möglichst vollständige Nutzung des im Tank enthaltenen Wassers ermögliche (Abs.
20
f.).

55
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57
58
59
-
17
-
Im gleichen Zusammenhang wird zwar ausgeführt, in Verbindung mit einer
solchen Anordnung könnte grundsätzlich auch eine Steigleitung mit einem im [X.] durchströmten Filterbett vorgesehen werden. Der Betrieb im [X.] wird aber als vorzugwürdig bezeichnet, weil das Filterbett durch die auf-steigende Strömung aufgelockert werde (Abs.
22).
Zu Recht hat das Patentgericht darin keine unmittelbare und eindeutige [X.] einer Vorrichtung mit [X.] in Patentanspruch
1 vorgesehenen Merkmalen gesehen. Aus dem [X.]sgehalt von [X.] ergibt sich nicht, wie eine Filterpatrone beschaffen sein muss, wenn sie nicht im Aufstrom, son-dern im [X.] betrieben wird. Um eine solche Vorrichtung zu erhalten, hätte der Fachmann zumindest auf ergänzendes Fachwissen zurückgreifen müssen. Damit fehlt
es nach den bereits im Zusammenhang mit [X.] aufgezeigten Grundsätzen an einer hinreichenden [X.]
einer solchen Kombination.
d)
Die [X.] [X.]
10
2006
006
931 (D2)
offenbart eine
Filterpatrone zum Einsetzen in einen [X.]. Nach den [X.] und von der Berufung nicht angegriffenen Feststellungen des Patentge-richts weist diese jedenfalls keine freistehende Steigleitung im Sinne
von Merkmal
1.3 auf.
3.
Zu Recht hat das Patentgericht ferner angenommen, dass der Gegenstand von Patentanspruch
1 durch den Stand der Technik im Prioritäts-zeitpunkt nicht nahegelegt wurde.

a)
Der genannte Gegenstand war nicht schon dadurch nahegelegt, dass sich aus einer Zusammenschau von zum Stand der Technik gehörenden Veröffentlichungen wie etwa [X.], [X.] und [X.]
alle in Patentanspruch
1 vorge-60
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64
-
18
-
sehenen Merkmale ergaben. Erforderlich wäre vielmehr eine Anregung, diese in ihrer Gesamtheit miteinander zu kombinieren.
b)
Eine solche Anregung ergab sich entgegen der Auffassung der Berufung nicht aus [X.].
Der bereits erwähnte Hinweis in der Beschreibung von [X.], eine mög-lichst vollständige Nutzung des im Tank enthaltenen Wassers könnte auch mit einer Steigleitung und einem im [X.] durchströmten Filterbett erreicht wer-den, belegt zwar, dass eine solche Ausgestaltung möglich war und ungeachtet der in [X.] hervorgehobenen Vorteile einer Filterung im Aufstrom als praktikable Alternative in Betracht kam. Daraus ergab sich jedoch nicht die Anregung, eine Filterung im [X.] mit einer freistehenden Steigleitung zu kombinieren.
Entgegen der Auffassung der Berufung ergab sich eine solche Anregung nicht aus der in [X.] verwendeten Formulierung, eine Steigleitung mit einer an-schließenden Filterung im [X.] könne "mit einer solchen Anordnung
im Wassertank" kombiniert werden. Dieser Formulierung ist nicht zu entnehmen, dass die in Figur
1 beispielhaft dargestellte Anordnung in [X.] Einzelheiten übernommen und insbesondere die Steigleitung an derselben Stelle angeordnet werden soll wie die in Figur
1 gezeigte Fallleitung.
Die Ausführungen an der betreffenden Stelle ([X.] Abs.
22) beziehen sich nicht auf das in Figur
1 dargestellte Ausführungsbeispiel, sondern auf die in [X.] offenbarte Erfindung insgesamt. Die in der Mitte des Wassertanks -
und damit freistehend im Sinne des Streitpatents -
angeordnete Fallleitung wird in diesem Zusammenhang nicht erwähnt. Sie wird erst in der nachfolgenden Pas-sage ([X.] Abs.
23) behandelt. Ihr Einsatz als Steigleitung würde zusätzliche Modifikationen erfordern, weil sie dann nicht in die Ablauföffnung münden dürf-65
66
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-
19
-
te, sondern eine Verbindung zwischen dem ungefilterten Wasser im Tank und dem Eingang des im [X.] betriebenen Filters herstellen müsste.
Vor diesem Hintergrund ergab sich auch aus dem in [X.] enthaltenen Hinweis, die Anordnung der Fallleitung innerhalb der Filterpatrone ermögliche es, die Patrone drehsymmetrisch und damit leichter anschließbar auszugestal-ten ([X.] Abs.
23), keine hinreichende Veranlassung, dieses Konstruktionsprin-zip auf eine Steigleitung zu übertragen. Dass der Fachmann in der Lage [X.] wäre, eine solche Lösung konstruktiv zu bewältigen, reicht hierzu nicht aus. Vielmehr hätte es konkreter Hinweise darauf bedurft, dass die mit der Anord-nung der Fallleitung erreichten Vorteile trotz der erforderlichen Anpassungen an die abweichende [X.]situation auch mit einer in vergleichbarer Weise an-geordneten Steigleitung erreichbar sind. Diesbezügliche Hinweise ergaben sich weder aus [X.] noch aus sonstigen Entgegenhaltungen.
c)
Der Prüfungsbescheid des [X.] vom 11.
August 2006
(K20)
führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
In diesem Bescheid wird ausgeführt, der Gegenstand einer Vielzahl der in der Anmeldung des Streitpatents formulierten Ansprüche sei nicht
neu, weil in [X.] (dort als [X.] bezeichnet) eine [X.] im [X.] und eine direkt an der Innenseite der Gehäusewandung angeordnete und in diesem Bereich im Wesentlichen kreisförmig ausgeführte ringförmige Steigleitung offenbart sei (Abs.
1.1). Die hierzu zitierte Stelle aus der Beschreibung von [X.] (S.
2 Z.
24 bis S.
3 Z.
2) bezieht sich indes nicht auf die in [X.] offenbarte Ausgestaltung, sondern auf die dort als Stand der Technik angeführte [X.] WO
99/01220 ([X.]). In dieser ist eine Filterung im Aufstrom offenbart, wie sie in ähnlicher Weise auch in [X.] vorgeschlagen wird und von der [X.] gerade [X.] nimmt.
69
70
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20
-
4.
Die verteidigte Fassung der Patentansprüche 5
und 6
betrifft einen [X.] bzw. eine Getränkemaschine mit einer
Filterpatrone nach Patentanspruch 1. Ihr Gegenstand ist aus denselben Gründen patentfähig wie der Gegenstand dieses Anspruchs.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
121 Abs.
2 Satz
2 PatG in Verbindung mit §
97 Abs.
1 ZPO.
[X.]
Grabinski
Hoffmann

[X.]
Marx
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 22.09.2015 -
3 Ni 18/14 -

72
73

Meta

X ZR 18/16

17.05.2018

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2018, Az. X ZR 18/16 (REWIS RS 2018, 9009)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9009

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