Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2011, Az. 4 StR 346/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 2282

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 346/11

vom
18. Oktober
2011
in der Strafsache
gegen

wegen Betruges

-
2
-
Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 18.
Oktober
2011
gemäß §
349
Abs. 2 und 4, §
357 Satz
1
StPO beschlossen:
I.
Auf die Revision des Angeklagten M.

wird das Urteil des [X.] vom 17. Februar 2011
1.
hinsichtlich dieses Angeklagten in den Fällen [X.], III.2.13

20,
III.2.22

28 der Urteilsgründe
a)
im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte inso-weit des Betruges in 16
tateinheitlichen Fällen schuldig ist,
b)
aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen;
2.
hinsichtlich des Angeklagten M.

und des früheren [X.] H.

mit den Feststellungen aufgehoben
in den Aus-sprüchen über
a)
die Einzelstrafen in den
Fällen III.2.8

12 der Urteilsgründe,
b)
die
Gesamtstrafen.
II.
Im Umfang der Aufhebungen
wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.
III.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
-
3
-
Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten M.

wegen Betruges in 28 Fäl-len zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten
verur-teilt. Der nicht revidierende Mitangeklagte H.

ist des Betruges in 58 Fällen schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts
ge-stützte Revision des Angeklagten M.

hat, teilweise auch hinsichtlich des früheren Mitangeklagten H.

,
in dem aus der Entscheidungsformel ersichtli-chen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das [X.] hat in den Fällen [X.], III.2.13

20, III.2.22

28 der Urteilsgründe das Konkurrenzverhältnis der dem Angeklagten M.

rechts-fehlerfrei als Mittäter zugerechneten betrügerischen Einzelakte unzutreffend beurteilt. Insofern liegt statt
Tatmehrheit Tateinheit vor.
a) Sind, wie hier, an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, nach ständiger Rechtspre-chung des [X.] für jeden der Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei, ob er
hinsichtlich der einzelnen Ta-ten der Serie jeweils
einen individuellen, (nur) diese fördernden Tatbeitrag
ge-leistet hat. In solchen Fällen sind ihm diese Taten als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen; die (zusätzliche) organisatorische Einbindung des [X.] in das
betrügerische
Geschäftsunternehmen vermag dann diese Einzeltaten
der [X.] rechtlich nicht zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusam-menzufassen. Fehlt es jedoch an einer solchen individuellen Tatförderung, er-1
2
3
-
4
-
bringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie [X.], durch die alle oder je mehrere Einzeltaten
seiner Tatgenossen gleich-zeitig gefördert werden, so sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straf-taten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen De-likte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr. vgl. nur [X.], Urteil vom 17.
Juni 2004

3 StR 344/03,
NJW 2004, 2840, 2841; Beschluss vom 7. [X.]

3 StR 434/10 jeweils
mwN).
b) Hieran gemessen belegen die Feststellungen lediglich in den [X.]

5, [X.]

12 und III.2.21 jeweils
einen individuellen, nur diese Taten
fördernden Beitrag des Angeklagten. In den übrigen 16
Fällen (Taten [X.], III.2.13

20 und III.2.22 -
28) erschöpfen sich
die rechtsfehlerfrei festgestellten Tatbeiträge des Angeklagten auf seine Mitwirkung bei der Einrichtung und [X.] des Geschäftsbetriebes der Fa. U.

GmbH. Daher sind diese Fälle
zu einer Betrugstat in 16
rechtlich [X.] Fällen zusam-menzufassen
(vgl. [X.], Beschluss vom 6. Oktober 2009

3 StR 373/09).
c) Der Senat schließt

insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen in der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils zur Aufgabenverteilung inner-halb der Fa. U.

GmbH ([X.])

aus, dass hierzu in einer neuen [X.] weitere Feststellungen getroffen werden können. Er ändert [X.] den Schuldspruch selbst in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den Vorwurf einer teilweise tateinheitlichen Begehung nicht wirksamer als ge-schehen hätte verteidigen können.
4
5
-
5
-
Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der für diese Fälle verhängten Einzelstrafen nach sich. Der neue Tatrichter wird daher für die Fälle [X.], III.2.13

20 und III.2.22

28 unter Beachtung des Verschlechterungs-verbots des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO eine Einzelstrafe festzusetzen haben (zu § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO: vgl. [X.], Beschluss vom 19. November 2002

1 [X.], [X.]R StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12).
Einer Aufhebung der
insoweit getroffenen Feststellungen bedarf es dagegen nicht, da lediglich ein Wertungsfehler vorliegt. Ergänzende
Feststellungen sind möglich, soweit sie
den bisher getroffenen Feststellungen nicht widersprechen.
2. In den Fällen III.2.8

12 der Urteilsgründe, in denen das [X.] den Angeklagten M.

und den Mitangeklagten H.

wegen Betruges in fünf Fällen verurteilt hat, können die [X.] ebenfalls nicht bestehen bleiben.
a) Nach den von der [X.] hierzu getroffenen Feststellungen schloss die u.a. aus dem Angeklagten M.

und dem Mitangeklagten H.

bestehende Tätergruppe im Zeitraum vom 19. November 2009 bis zum 14.
Januar 2010 im Namen der Fa. U.

GmbH
mit verschiedenen Leasingge-sellschaften fünf Leasingverträge über Pkws mit Laufzeiten zwischen 36 und 60 Monaten ab, wobei sie von Anfang an beabsichtigte, allenfalls in geringem [X.] ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, jedoch die Pkws
solange wie möglich zu nutzen und sie irgendwann später an die jeweiligen Leasingge-ber zurückgelangen zu lassen

(UA S. 30).
Entsprechend ging sie vor.
b) Bei dieser Sachlage nimmt das [X.] zutreffend jeweils einen vollendeten Betrug gegenüber den
Leasinggesellschaften an, da aufgrund der getroffenen Feststellungen außer Frage steht, dass diesen jeweils ein Betrugs-6
7
8
9
-
6
-
schaden entstanden ist. Jedoch lässt sich
den
Urteilsgründen nicht entnehmen, wie die [X.]
die Höhe der von ihr bei den
Leasinggesellschaften fest-gestellten
Schäden ermittelt hat. Zwar sind Werte

der Pkws
sowie

bei erfolg-ter Rückerlangung

die dann von den Leasinggesellschaften erzielten [X.], die Höhe der Leasingraten sowie etwaige
von der Tätergruppe er-brachte
Zahlungen angegeben. Hieraus
lassen sich jedoch die als Schaden
festgestellten Einzelbeträge nicht errechnen.
c) Der Mangel führt

auch bezüglich
des früheren Mitangeklagten H.

(§ 357 Satz 1 StPO)

zur Aufhebung der
Einzelstrafaussprüche
in jedem der fünf Betrugsfälle, da
das [X.] bei deren Bemessung die Höhe der durch die Taten verursachten Schäden straferschwerend berücksichtigt hat. Dies hat bei beiden Angeklagten

beim Angeklagten M.

auch aufgrund der Ände-rung des [X.] (oben 1.)

die Aufhebung der Aussprüche über die Gesamtstrafen zur Folge.
d) Für die neue Verhandlung weist der
Senat darauf hin, dass sich der vom Angeklagten
für sich oder Dritte erstrebte Vermögensvorteil

da die Pkws

auf die von seinem Vorsatz erfasste Nutzung beschränkt, dass ein etwaiger höherer Schaden des [X.] dem Angeklagten aber strafschärfend angelastet werden kann, soweit es sich dabei um vorhersehbare verschuldete Auswirkungen der Tat gehandelt hat. Auf den bei einem von Anfang an beabsichtigten Verschieben oder [X.] der Fahrzeuge maßgeblichen Wert der Pkws bei Übergabe (vgl. [X.], Urteil vom 6. September 2006

5 [X.], [X.], 18, 21; Beschluss vom 27. September 2007

5 [X.], [X.], 457) darf dagegen

wegen d

Leasinggegenstandes

nicht abge-stellt werden; auch der Wert der Pkws im Zeitpunkt der jedenfalls in den Fällen 10
11
-
7
-
8 und
12 in Betracht kommenden Unterschlagungen
(in diesen Fällen sind die
Fahrzeuge
nicht an die Leasinggeber [X.]) ist nicht maßgeblich, zu-mal es sich hierbei sowohl materiell als auch prozessual um eine weitere (ver-folgbare) Tat handelt.
[X.]

Cierniak

Mutzbauer [X.]

Meta

4 StR 346/11

18.10.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2011, Az. 4 StR 346/11 (REWIS RS 2011, 2282)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2282

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 346/11 (Bundesgerichtshof)

Deliktsserie mehrerer Personen: Beurteilung der Konkurrenzverhältnisse


3 StR 197/11 (Bundesgerichtshof)


3 StR 197/11 (Bundesgerichtshof)

Betrugsserie mit mehreren Personen als Mittätern und Teilnehmern: Beurteilung des tateinheitlichen oder tatmehrheitlichen Zusammentreffens der …


3 StR 518/14 (Bundesgerichtshof)


4 StR 191/14 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

4 StR 346/11

3 StR 434/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.