Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.07.2016, Az. 24 W (pat) 516/16

24. Senat | REWIS RS 2016, 7959

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Unser BROT (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 001 685.0

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.] und der Richterin am Landgericht Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das nachfolgend abgebildete Wort-/Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 11. März 2014 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister für die nachfolgend genannten Waren der [X.] angemeldet worden:

3

Brot, Brotwaren, Backwaren, Konditorwaren, Fertigteige zur Herstellung von Backwaren oder Konditorwaren, Pizza, Pizzaprodukte, Baguette, Flammkuchen, Snackprodukte zum Aufbacken.

4

Die Markenstelle für [X.] des [X.] hat die Anmeldung mit Beschluss vom 4. Mai 2015 zurückgewiesen.

5

Sie hat unter Bezugnahme auf vorangegangene Beanstandungsbescheide die Zurückweisung hinsichtlich der Waren „Konditorwaren, Fertigteige zur Herstellung von Konditorwaren“ mit [X.] gem. § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.], hinsichtlich der übrigen beanspruchten Waren mit fehlender Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] begründet und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Verkehr in dem [X.] ausschließlich einen beschreibenden Sachhinweis auf Brot, Brotwaren oder Gerichte, die Brot/Brotwaren enthielten bzw. aus Brotteig hergestellt seien, verstehe. Auch die graphische Ausgestaltung könne die Schutzfähigkeit nicht begründen. Die angesprochenen Verkehrskreise seien an einfache und gebräuchliche graphische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.] gewöhnt, die lediglich die Gesamtbezeichnung unterstreichen und hervorheben würden, ohne dieser etwas Neues hinzuzufügen. Bei dem angemeldeten Zeichen würden die Gestaltungsmittel lediglich als werbegraphisch gewöhnliche Ausschmückungs- und [X.]ickfangmittel dienen.

6

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

7

Sie beanstandet, dass die Markenstelle in ihrer Begründung nicht nur die Wortbestandteile von den Bildelementen getrennt habe, sondern zudem die einzelnen Begriffe des [X.] „[X.]“ getrennt voneinander beurteilt habe. Selbst wenn man mit der Markenstelle den Wortbestandteil gesondert bewerte, so sei doch bereits das Markenelement „[X.]“ für sich genommen als unterscheidungskräftig anzusehen. Es handele sich insoweit um einen Gesamtbegriff mit eigenständiger Bedeutung, die über die isolierten Worte „Unser“ und „Brot“ hinausgehe. Das Amt habe die Tatsache übergangen, dass „Brot“ als Metapher verstanden werde für etwas von Grund auf Wesentliches, wie beispielsweise das „tägliche Brot“ etc. Dies werde der angesprochene Durchschnittsverbraucher auch verstehen, da Brot bereits in der [X.] als Grundnahrungsmittel beschrieben werde.

8

Zudem verleihe auch die aus Sicht der Anmelderin prägnante Bildwirkung dem angemeldeten Zeichen Unterscheidungskraft, weil diese eine eigenständige bildhafte Wirkung aufweise. Bei den Bildbestandteilen (schwarzer Kreis mit [X.]üte im oberen Teil sowie graphische Gestaltung des [X.] selber) spiele das angemeldete Zeichen mit Kontrasten in der Farbe und im Wechsel zwischen weichen und harten Formen sowie zugleich zwischen modernen und altmodischen Formen (schwarz/weiße Gestaltung der [X.] und der [X.]üte; unterschiedliche Schriftarten der beiden Worte: abgerundete altmodische Schreibschrift und kantige, modern nüchterne [X.]ockschrift; Kontrast der kantigen Darstellung des Wortes „Brot“, das wie ein Rechteck wirke, zum weichen Kreis, sowie [X.] zwischen der Farbe des Wortes „Brot“ und der des umgebenden [X.]s).

9

Soweit die Markenstelle in Bezug auf einzelne Waren von einer [X.] ausgehe, sei dies nicht weiter begründet worden. Die Markenstelle habe auch übersehen, dass es Rezepte für Kuchen gebe, deren Böden aus Brot bzw. Semmelbröseln bestünden. Zudem müsse eine Eignung zur Täuschung „ersichtlich“ sein, um das Schutzhindernis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] zu bejahen, was hier nicht der Fall sei.

Die Anmelderin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.]s vom 4. Mai 2015 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung der Anmelderin fehlt dem angemeldeten Zeichen in Bezug auf die im vorliegenden Fall  beanspruchten Waren der [X.] jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 [X.]).

1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428, [X.]. 30, 31 - [X.]; [X.], 850, [X.]. 17 - [X.]). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 608 [[X.]. 60] - [X.]; [X.] 2014, 565, [X.]. 17 - smartbook). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850, [X.]. 19 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, [X.]. 86 - Postkantoor).

Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle [X.] sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann ([X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl., § 8, Rn. 40). Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an ([X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl., § 8, Rn. 42). Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jeweiligen Zeichens an ([X.] 2013, 1143, [X.]. 15 – Aus Akten werden Fakten).

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den beanspruchten Waren um Nahrungsmittel des täglichen Konsums bzw. Fertigprodukte zur Zubereitung solcher Nahrungsmittel, von denen breite Verkehrskreise angesprochen werden.

Ist ein angemeldetes Zeichen grafisch ausgestaltet und besteht es somit aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit des Zeichens auszugehen ([X.] vom 10. Juli 2014, I ZB 18/13, [X.]. 13 m. w. N. – [X.], verfügbar über [X.] PROMA). Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob das Zeichen als solches, jedenfalls mit einem seiner Elemente, den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt ([X.], a. a. O.).

2. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen ist das angemeldete Zeichen im konkreten [X.] nicht geeignet, von den o. g. breiten Verkehrskreisen als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen zu werden.

a) Die angesprochenen Verkehrskreise werden das Wortelement „[X.]“, wenn es ihnen i. V. m. den vorliegend beanspruchten Waren begegnet, als einen Sachhinweis auf die Ware selber mit dem werblichen Zusatz „unser“, der auf ein an individuelle Kundenbedürfnisse zugeschnittenes Angebot (vgl. den als Anlage 1 zum Ladungszusatz vom 21./22. Juni 2016 übersendeten Beleg, [X.]. 28 d. A.) oder als herstellerneutraler Hinweis auf irgendeinen Anbieter der vorgenannten Waren hindeuten kann, auffassen. Dies trifft vorliegend auf alle beanspruchten Waren zu. Die Waren „Brot, Brotwaren, Backwaren, Fertigteige zur Herstellung von Backwaren, Pizza, Pizzaprodukte, Baguette, Flammkuchen, Snackprodukte zum Aufbacken“ sind entweder das Produkt „Brot“ unmittelbar selbst oder umfassen – wie „Backwaren“ – dieses Produkt begrifflich oder können brothaltige Produkte darstellen. Dies trifft auch auf die weiteren beanspruchten Waren „Konditorwaren, Fertigteige zur Herstellung von Konditorwaren“ zu. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass „Brotkuchen“ angeboten werden, bei denen Brot oder Brötchen etc. als Zutat verwendet werden können (vgl. die als Anlagen 2 und 3 zum Ladungszusatz vom 21./22. Juni 2016 übersendeten Belege, [X.]. 29 - 32 d. A.). Der Verkehr wird daher das Wortelement „[X.]“ ohne weiteres als eine Merkmale der so gekennzeichneten Waren unmittelbar beschreibende Sachaussage auffassen.

b) Die grafische Gestaltung des angemeldeten Zeichens ist nicht geeignet, das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft zu überwinden. Zwar können grafische Ausgestaltungen von Zeichen einen schutzfähigen Gesamteindruck bewirken, wenn sie herkunftshinweisende Merkmale aufweisen, die sich nicht nur in einfachen und gebräuchlichen Gestaltungen und Verzierungen erschöpfen, wobei geringe verändernde Gestaltungen umso weniger zur Unterscheidungskraft beizutragen vermögen, je deutlicher ein sachlicher Bezug eines entsprechend ausgestalteten [X.] festzustellen ist ([X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl., § 8, Rn. 190, 191 m. w. N.).

Sowohl die kreisförmige Gestaltung mit farblich inversem Rand als auch die unterschiedlichen Schriftarten bei der Darstellung des vorgenannten [X.] stellen jedoch einfache Gestaltungselemente im Bereich des [X.] dar. Das weitere, über dem Schriftzug „[X.]“ eingefügte grafische Element weist, was auch die Anmelderin selbst nicht in Abrede stellt, eine blütenartige Form auf. Dies kann aber zum einen, wie in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2016 erörtert, von den angesprochenen Verkehrskreisen als ein Hinweis auf ein natürliches Produkt mit natürlichen Zutaten aufgefasst werden. Zum anderen tritt dieses grafische Element innerhalb des [X.]s insbesondere im Verhältnis zu dem Wortelement „[X.]“ deutlich zurück und erscheint insoweit als eine ornamentale Zierde ohne die Funktion eines [X.]. Ob dieses blütenähnliche Ornament im hier vorliegenden [X.] als stilisierter Hinweis auf eine Ähre aufgefasst werden könnte, kann letztlich dahingestellt bleiben, da bereits aus den vorgenannten Ausführungen folgt, dass dieses Element zur Erfüllung einer Herkunftsfunktion des angemeldeten Zeichens nichts beizutragen vermag. Das gleiche gilt, soweit die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2016 vorgetragen hat, dass dieses Element auch als „Strichmännchen“ angesehen werden könnte. Dies ändert nichts daran, dass die konkrete Ausführung dieses Elements mit blattförmigen „Armen“ bzw. „Beinen“ erfolgt ist, bei denen der Schluss auf eine [X.]üte und damit auf ein so gekennzeichnetes „natürliches“ Produkt im vorliegenden [X.] oder ein rein dekoratives Gestaltungsmittel naheliegt, und bereits aus diesem Grund nicht geeignet ist, das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft zu überwinden.

Angesichts des eindeutigen, für den Verkehr sich ohne Weiteres ergebenden, ja geradezu aufdrängenden beschreibenden [X.] des den Gesamteindruck des angemeldeten Zeichens dominierenden [X.] „[X.]“ sind die weiteren, nach den o. g. Ausführungen im Bereich des [X.] liegenden und vom beschreibenden Gehalt des [X.] nicht wegführenden weiteren Gestaltungselemente nicht ausreichend, um das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit als betrieblichen Herkunftshinweis erachten zu können.

3. Da, wie sich aus den o. g. Ausführungen ergibt, das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft in Bezug auf alle beanspruchten Waren gegeben ist, kommt es hinsichtlich der Waren „Konditorwaren, Fertigteige zur Herstellung von Konditorwaren“ auf das Vorliegen des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 4 [X.] nicht an.

Meta

24 W (pat) 516/16

19.07.2016

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.07.2016, Az. 24 W (pat) 516/16 (REWIS RS 2016, 7959)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7959

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