Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.02.2018, Az. X B 161/17

10. Senat | REWIS RS 2018, 14522

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Gegenstand

Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags bei Nichtinvestition


Leitsatz

1. NV: Auch ein Investitionsabzugsbetrag, der wegen Überschreitens der Gewinngrenze schon gar nicht hätte in Anspruch genommen werden dürfen, kann gemäß § 7g Abs. 3 EStG rückwirkend rückgängig gemacht werden, wenn die beabsichtigte Investition innerhalb der dreijährigen Investitionsfrist tatsächlich nicht vorgenommen wird.

2. NV: Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 6. November 2017 2 K 197/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erklärte für das Streitjahr 2011 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 70.300 €, den er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelte. Dabei hatte er einen Investitionsabzugsbetrag von 28.000 € für die beabsichtigte Anschaffung von ... abgezogen. Ferner erklärte er Einkünfte aus selbständiger Arbeit ... von 70.877 €. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) setzte die Einkommensteuer 2011 am 21. Januar 2014 erklärungsgemäß auf 41.493 € fest. Dieser Bescheid stand nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

2

[X.] fand eine Außenprüfung beim Kläger statt. Im [X.] vom 28. Oktober 2015 kam der Prüfer zu der Auffassung, der Kläger habe --mit Ausnahme einer künstlerischen Tätigkeit, der der Prüfer jährlich einen pauschalen Gewinn von 10.000 € zuordnete-- einen einheitlichen Gewerbebetrieb unterhalten. Der Gewinn aus diesem Betrieb habe sich für 2011 auf 132.779 € belaufen. Damit sei die Gewinngrenze des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c des Einkommensteuergesetzes (EStG) von 100.000 € überschritten, so dass der Investitionsabzugsbetrag nicht hätte in Anspruch genommen werden dürfen. Eine Änderung des Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung ([X.]) sei allerdings nicht möglich; nähere Ausführungen hierzu enthält der [X.] nicht. In den Jahren 2012 und 2013 seien die beabsichtigten Investitionen nicht vorgenommen worden. Für 2014 könne dies nicht beurteilt werden, da die Steuererklärungen 2014 noch nicht vorlägen.

3

Am 9. Dezember 2015 reichte der Kläger die Einkommensteuererklärung 2014 ein. Am 4. Februar 2016 erließ das [X.] einen --auf § 173 Abs. 1 Nr. 1, 2 [X.] gestützten-- geänderten Einkommensteuerbescheid 2011, mit dem es die Steuer auf 33.866 € herabsetzte. Der Investitionsabzugsbetrag wurde dem Kläger in diesem Bescheid unverändert gewährt.

4

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) wurde dem [X.] erst aufgrund eines Schreibens des Klägers vom 10. Mai 2016 bekannt, dass die Investition, für die der Investitionsabzugsbetrag gebildet worden war, auch im [X.] nicht vorgenommen worden war. Daraufhin erließ das [X.] am 1. Juni 2016 den im vorliegenden Verfahren angefochtenen, auf § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG gestützten geänderten Einkommensteuerbescheid 2011, mit dem es die Steuer auf 41.902 € erhöhte.

5

Im Einspruchs- und Klageverfahren machte der Kläger erfolglos geltend, die Voraussetzungen des § 7g Abs. 3 EStG seien schon nach dessen Wortlaut nicht erfüllt, da diese Vorschrift auf § 7g Abs. 1 EStG verweise, dessen Voraussetzungen wegen des Übersteigens der Gewinngrenze aber unstreitig nicht vorgelegen hätten.

6

Das [X.] führte zur Begründung seiner klageabweisenden Entscheidung aus, § 7g Abs. 3 EStG stelle eine eigenständige Änderungsvorschrift dar, deren Voraussetzungen hier erfüllt seien. Insbesondere habe der Kläger einen Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen. Zwar sei unstreitig, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme nicht vorgelegen hätten; gleichwohl handele es sich um einen Investitionsabzugsbetrag. Der Wortlaut des § 7g Abs. 3 EStG differenziere nicht zwischen rechtmäßig und rechtswidrig gebildeten Investitionsabzugsbeträgen. Dies werde durch den Zweck der Regelung bestätigt: Die Rückgängigmachung solle im Fall der [X.] den Vorteil ausgleichen, der durch die frühere Minderung der Steuerschuld eingetreten sei. Diese gesetzgeberische Zielsetzung sei erst recht erfüllt, wenn der Investitionsabzugsbetrag gar nicht hätte in Anspruch genommen werden dürfen.

7

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

8

Das [X.] hält die Beschwerde für unzulässig.

Entscheidungsgründe

II.

9

Die Beschwerde ist --bei Zweifeln daran, ob die gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) überhaupt erfüllt sind-- jedenfalls unbegründet.

1. Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) liegen nicht vor.

a) Der Kläger formuliert sinngemäß die Rechtsfrage, ob auch ein Investitionsabzugsbetrag, der wegen Überschreitens der [X.] schon gar nicht hätte gebildet werden dürfen, gemäß § 7g Abs. 3 EStG rückgängig gemacht werden kann, wenn die beabsichtigte Investition innerhalb der dreijährigen Investitionsfrist tatsächlich nicht vorgenommen wird.

b) Diese Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig.

An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es insbesondere dann, wenn die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das [X.] getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (Beschlüsse des [X.] --[X.]-- vom 21. September 2009 VI B 31/09, [X.], 329, [X.], 382, und vom 14. April 2011 [X.], [X.], 1343, unter b).

Dies ist hier der Fall.

aa) Zu Recht ist das [X.] der Auffassung des [X.] nicht gefolgt, der Wortlaut des § 7g Abs. 3 EStG stehe im Streitfall einer Rückgängigmachung des Abzugs entgegen. § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG setzt nach seinem Wortlaut insoweit lediglich voraus, dass ein "Abzug nach Absatz 1" stattgefunden hat. Dies ist vorliegend der Fall. Demgegenüber differenziert § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG nicht danach, ob im Abzugsjahr sämtliche materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Abzug vorgelegen haben.

bb) Ebenso zutreffend hat das [X.] auf den Normzweck des § 7g Abs. 3 EStG hingewiesen. Danach soll der Abzug immer dann rückwirkend rückgängig gemacht werden, wenn die beabsichtigte Investition innerhalb des dreijährigen [X.] nicht vorgenommen wurde (vgl. Begründung zum Entwurf eines [X.] 2008 vom 27. März 2007, BTDrucks 16/4841, 53). Dieser Zweck wird unabhängig davon erfüllt, ob im Veranlagungszeitraum des Abzugs die [X.] unter- oder überschritten war.

cc) Schließlich besteht auch deshalb kein Bedarf für eine Entscheidung des [X.], weil zu der Vorläuferregelung (§ 7g EStG in der bis zum 17. August 2007 geltenden Fassung) bereits entsprechende höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt. So hat der [X.] insoweit ausdrücklich entschieden, dass auch bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung eine [X.] im Fall der Nichtinvestition durch Ansatz einer entsprechenden Betriebseinnahme aufzulösen war, ohne dass es darauf ankam, ob die Vornahme der [X.] rechtmäßig war ([X.]-Urteil vom 28. April 2005 IV R 30/04, [X.]E 209, 496, [X.] 2005, 704, unter [X.], unter Berufung auf Rechtsprechung zu §§ 6b, 6c EStG).

Es ist weder vom Kläger dargelegt noch sonst ersichtlich, dass sich mit der Umgestaltung der [X.] zu einem Investitionsabzugsbetrag der Zweck der Norm --insbesondere der Regelung über die Auflösung bzw. Rückgängigmachung des Abzugs im Fall der [X.] dahingehend geändert haben könnte, dass der Steuerpflichtige den Vorteil eines rechtswidrig in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrags auch dann behalten können sollte, wenn er tatsächlich nicht investiert.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

3. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O ab.

Meta

X B 161/17

05.02.2018

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 6. November 2017, Az: 2 K 197/17, Urteil

§ 7g Abs 1 S 2 Nr 1 Buchst c EStG 2009, § 7g Abs 3 EStG 2009, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, EStG VZ 2011

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.02.2018, Az. X B 161/17 (REWIS RS 2018, 14522)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 14522


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X B 161/17

Bundesfinanzhof, X B 161/17, 05.02.2018.


Az. 2 K 197/17

Finanzgericht Hamburg, 2 K 197/17, 06.11.2017.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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