Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2015, Az. XII ZB 695/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 3984

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 695/14
vom
14. Oktober
2015
in einem Verfahren

betreffend
die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§ 59, 107
Im Verfahren betreffend die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen steht der Landesjustizverwaltung keine Befugnis zur Einlegung ei-ner Rechtsbeschwerde zu, und zwar auch dann nicht, wenn das Oberlandesge-richt ihren Bescheid aufgehoben und die Sache zur Neubescheidung an die Landesjustizverwaltung zurückverwiesen hat.
[X.], Beschluss vom 14. Oktober 2015 -
XII [X.] 695/14 -
OLG [X.]
Ministerium für Justiz, Kultur und [X.] des Landes [X.]-Holstein
-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 14.
Oktober
2015
durch den Vorsitzenden Richter Dose
und [X.], Dr.
Günter, Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des
Beteiligten zu
3 gegen den Beschluss des
12.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 18.
Juli
2014
wird verworfen.
Gerichtskosten für das Verfahren der Rechtsbeschwerde werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Verfahrenswert:

Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung eines [X.] Scheidungsurteils nicht erfüllt seien.
Der im August 2010 verstorbene Michael
V. war in erster Ehe mit der [X.] verheiratet; aus dieser 1995 geschiedenen Ehe sind ein [X.] und eine Tochter hervorgegangen.
Die aus [X.] stammende Antragsgegnerin hatte im Jahr 1990 die Ehe mit Janusz
K. geschlossen. [X.] wurde der [X.]
der
Antragsgegnerin
geboren. Das Amtsgericht
P. stellte fest, dass Janusz
K. nicht der Vater des 1
2
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-
3
-

Kindes ist. Michael
V. erkannte 1997 die Vaterschaft für das Kind an und heira-tete die Antragsgegnerin im Jahr 1998.
Die Antragstellerin und ihre beiden Kinder auf der einen Seite und die Antragsgegnerin und ihr Kind
auf der anderen Seite stehen sich seit dem Tod von Michael
V.
in verschiedenen zivil-
und nachlassgerichtlichen Rechtsstreitig-keiten gegenüber. Zwischen der Antragsgegnerin und ihrem
[X.] als Kläger und der Antragstellerin als Beklagter ist unter anderem ein Verfahren
vor dem Landgericht
I. anhängig, in dem die Feststellung begehrt wird, dass [X.] der Antragstellerin aus notariellen Vereinbarungen zwischen ihr und dem verstorbenen Michael
V. gegen den Nachlass und die
Erbengemeinschaft nach Michael
V. nicht bestehen. In diesem Verfahren bestreitet die Antragstelle-rin insbesondere das Erbrecht der Antragsgegnerin. Sie
macht dazu geltend, dass die
Antragsgegnerin bei ihrer Heirat mit Michael
V. eine
Doppelehe
einge-gangen sei. Ein
von der Antragsgegnerin in Kopie vorgelegtes
Scheidungsurteil des Wojewodschaftsgerichts in [X.]
(Wojewódzki w u)
vom 8.
März 1995, wonach ihre frühere
Ehe mit [X.] in [X.] geschieden [X.] sei, sei "gekauft"
und ein "Scheinurteil".
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin die Feststel-
lung, dass die Voraussetzungen für die
Anerkennung der Entscheidung des Wojewodschaftsgerichts
[X.] vom 8.
März 1995 in [X.] nicht vorlie-gen. Die Landesjustizverwaltung hat diesen Antrag als unzulässig abgewiesen.
Gegen den Bescheid der Landesjustizverwaltung hat
sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gewandt. Das [X.], dessen Entscheidung in [X.], 76 veröffentlicht ist,
hat den Bescheid aufgehoben und die Sache an die Landesjustizverwaltung zur Neubescheidung zurückverwiesen.

4
5
-
4
-

Die Landesjustizverwaltung hat dagegen die vom [X.] zu-gelassene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie
die Aufhebung des ange-fochtenen Beschlusses
und die Zurückweisung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung erstrebt. Die Antragstellerin hat sich der Rechtsbeschwerde [X.]. Sie trägt ebenfalls auf eine Aufhebung der Entscheidung des [X.]s an, allerdings mit dem Ziel, das [X.] zu einer eigenen Sachentscheidung über ihren Feststellungsantrag zu verpflichten.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß
§
70 Abs.
1 FamFG iVm §
107 Abs.
7 Satz
3 FamFG statthaft (vgl. auch [X.]sbeschluss [X.]Z 189, 87
=
FamRZ 2011, 788 Rn.
6
f.); an die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Ober-landesgericht ist der [X.] gebunden (§
70 Abs.
2 Satz
2 FamFG).
Sie ist aber im Übrigen unzulässig.
Es braucht dabei nicht grundlegend erörtert
zu werden, ob die Landesjustizverwaltung, deren Bescheid durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §
107 Abs.
5 FamFG angefochten wird, an dem anschließenden Verfahren vor dem [X.] grundsätz-lich zu beteiligen ist
([X.]/[X.] BGB [2004] Art.
7 §
1 FamRÄndG
Rn.
196; [X.]/[X.] [X.] 3.
Aufl. §
16
a Rn.
20) oder ob sie
nach der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens
im Anerkennungsverfahren allein die Funktion einer ersten Instanz übernimmt und schon deshalb nicht Beteiligte des mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor das
[X.] gezo-genen
Verfahrens sein kann ([X.]/Zimmermann
FamFG 18.
Aufl. §
107 Rn.
48). Denn selbst wenn die Landesjustizverwaltung -
der im vorliegenden Fall Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antrag der Antragstellerin gegeben worden ist
-
als Beteiligte des vor dem
[X.] geführten
Anerken-6
7
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-
5
-

nungsverfahrens angesehen werden könnte, erwächst ihr allein aus ihrer Ver-fahrensbeteiligung keine Rechtsbeschwerdeberechtigung.
1. Entgegen der Auffassung der Landesjustizverwaltung ist nicht nur die Zulässigkeit einer
(Erst-)Beschwerde, sondern auch die Zulässigkeit einer
Rechtsbeschwerde von einer Beschwerdeberechtigung des [X.] abhängig. Richtig ist zwar, dass die Vorschriften über die Rechtsbeschwerde (§§
70
ff. FamFG) keine unmittelbare Verweisung auf die entsprechende An-wendung der Vorschriften für das
Beschwerdeverfahren
enthalten. Es ent-spricht indessen allgemeiner Auffassung, dass das Rechtsbeschwerdegericht gleichwohl die Beschwer des [X.] in formeller und materieller
Hinsicht zu prüfen hat (vgl. nur
[X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
74 Rn.
6; [X.]/[X.] in [X.]/[X.] FamFG 5.
Aufl. §
74 Rn.
2; MünchKommFamFG/[X.] 2.
Aufl. §
59 Rn.
4; [X.]/[X.] [Stand: Juli 2015] §
74 Rn.
7). Wird der Rechtsbeschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung nicht formell
beschwert, setzt die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde auch in Familiensachen
der freiwilligen Gerichtsbarkeit stets eine materielle Beschwer des [X.] voraus. Dies ergab sich unter dem bis zum 31.
August 2009 geltenden Verfahrensrecht für das Verfahren der weiteren Beschwerde unmittelbar aus §§
29 Abs.
4, 20 Abs.
1 [X.],
und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Reformgesetzge-ber abweichend vom früheren Rechtszustand
eine
Popularbeschwerde zum [X.] eröffnen wollte.
2. Der Landesjustizverwaltung steht keine Befugnis zur Rechtsbe-schwerde gegen eine im Anerkennungsverfahren ergangene Entscheidung des [X.]s zu.
a) Auf eine Sonderregelung für Behörden nach §
59 Abs.
3 FamFG lässt sich eine Beschwerdebefugnis der Landesjustizverwaltung nicht stützen. Über 9
10
11
-
6
-

den Fall einer eigenen Rechtsbeeinträchtigung hinaus räumt die Vor-
schrift Behörden
nur bei entsprechender besonderer gesetzlicher Anord-
nung eine Beschwerdeberechtigung
ein ([X.]sbeschlüsse vom 8.
Oktober 2014

XII
[X.]
406/13
-
[X.], 42
Rn.
11 und vom 18.
April 2012

XII
[X.]
624/11
-
FamRZ 2012, 1131 Rn.
8).
Eine solche Regelung der (Rechts)
Beschwerdeberechtigung der Landesjustizverwaltung für das Aner-kennungsverfahren gemäß §
107 FamFG findet sich weder im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit noch in anderen Vorschriften.
b)
Eine formelle
Beschwer für die
Landesjustizverwaltung ist
nicht in der Aufhebung des
von ihr erlassenen Bescheids
zu sehen. Nach ständiger Recht-sprechung des [X.]s ist eine -
für die Beschwerdebefugnis im Rechtsbe-schwerdeverfahren
ausreichende
-
formelle Beschwer gegeben, wenn und so-weit die eigene Erstbeschwerde des [X.] zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen wurde
(vgl. [X.]sbeschlüsse vom 17.
Juni 2015 -
XII
[X.]
730/12
-
[X.], 1479 Rn.
6 und vom 5.
November 2014

XII
[X.]
117/14
-
[X.], 42
Rn.
4 mwN). Ausgehend von
diesen
Grundsätzen
kann die Landesjustizverwaltung durch eine
Entscheidung des [X.]s im Anerkennungsverfahren nicht formell beschwert werden, denn sie kann
nicht diejenige
sein, die mit dem Antrag auf gerichtliche Ent-scheidung den (ersten) Rechtsbehelf zum [X.] ergreift.
c) Schließlich ist die Landesjustizverwaltung auch in materieller Hinsicht nicht beschwert.
aa) Nach §
59 Abs.
1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine Rechtsbeein-trächtigung liegt vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen [X.] unmittelbar in ein dem Rechtsmittelführer zustehendes Recht ein-12
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14
-
7
-

greift. Die angefochtene Entscheidung muss daher ein bestehendes Recht des [X.] aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Rechtsmittelfüh-rer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder er-schweren. Eine Beeinträchtigung lediglich wirtschaftlicher, rechtlicher oder sonstiger berechtigter Interessen ist nicht ausreichend.
Daher kann sich für eine Behörde aus §
59 Abs.
1 FamFG eine Beschwerdeberechtigung nur dann er-geben, wenn sie durch eine gerichtliche Entscheidung in gesetzlich eingeräum-ten eigenen Rechten unmittelbar betroffen ist.
Eine bloße Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Erfüllung der einer Behörde übertragenen öffent-lichen Aufgabe genügt dagegen nicht
([X.]sbeschlüsse vom 17.
Juni 2015
-
XII
[X.]
730/12
-
[X.], 1479 Rn.
16 und vom 8.
Oktober
2014

XII
[X.]
406/13
-
[X.], 42
Rn.
15).
bb) Gemessen daran fehlt es an einer materiellen Beschwer für die [X.].
Wie der [X.] bereits entschieden hat, wird eine Behörde nicht schon deshalb in eigenen Rechten unmittelbar betroffen, weil sie durch ein Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Vornahme einer bestimmten Amtshandlung [X.] wird (vgl. [X.]sbeschluss
vom 17.
Juni 2015 -
XII
[X.]
730/12
-
FamRZ
2015, 1479 Rn.
17). Die
Aufhebung eines im Anerkennungsverfahren nach §
107 FamFG ergangenen Bescheids und die Zurückverweisung der Sa-che an die Landesjustizverwaltung mit der Maßgabe, dass dort weitere Ermitt-lungen zur Aufklärung des Sachverhalts durchzuführen seien, berührt allein das allgemeine öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung der der Landesjustizverwaltung kraft Gesetzes übertragenen Aufgabe, stellt aber kei-nen Eingriff
in ein eigenes Recht der Behörde
dar.

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-
8
-

Gleiches gilt, soweit die Landesjustizverwaltung nach der Zurückverwei-sung der Sache nach §§
107 Abs.
7 Satz
3, 69 Abs.
1 Satz
4 FamFG an die Rechtsauffassung des [X.]s gebunden ist, wonach
die Landes-justizverwaltung auch nach der Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei Heimatstaatenentschei-dungen
weiterhin
um eine Feststellung der Anerkennungsvoraussetzungen ge-beten werden kann
(vgl. zum früheren Recht [X.]sbeschluss [X.]Z 112, 127 =
FamRZ 1990, 1228, 1229
f.). Entgegen der Auffassung der [X.] steht den in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit beteiligten Behörden ohne weiteres auch kein eigenes Recht zu, in den für die Erfüllung ihrer Aufgaben wichtigen und umstrittenen Rechtsfragen eine klärende ober-
oder höchstgerichtliche
Entscheidung herbeizuführen. Auch hierzu bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung im Sinne von §
59 Abs.
3 FamFG (vgl. [X.]sbeschluss vom 19.
Februar 2014 -
XII
[X.]
180/12
-
FamRZ 2014, 741 Rn.
5
f. zum Beschwerderecht der Standesamtsaufsicht).
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9
-

III.
Da die Rechtsbeschwerde der Landesjustizverwaltung als unzulässig zu verwerfen ist, verliert die unselbständige Anschlussrechtsbeschwerde der [X.] ihre Wirkung (§
73 Satz
3 FamFG).

Dose

Schilling

Günter

Botur

Guhling

Vorinstanzen:
OLG [X.], Entscheidung vom 18.07.2014 -
12 Va 10/12 -

Ministerium für Justiz, Kultur und [X.] des Landes [X.]-Holstein

Entscheidung vom 9.
Oktober 2012 -
II 31/3465 E-P4 -
1/12 -
18

Meta

XII ZB 695/14

14.10.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2015, Az. XII ZB 695/14 (REWIS RS 2015, 3984)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3984

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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