Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2013, Az. III ZR 54/13

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1355

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 54/13

Verkündet am:

7. November 2013

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 242 [X.], § 611

Zum Recht eines [X.]en auf Herausgabe von Kopien einer während einer Lehranalyse durch den [X.] gefertigten Dokumentation.

[X.], Urteil vom 7. November 2013 -
III ZR 54/13 -
OLG Celle

[X.]

-

2

-

Der III.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7.
November 2013
durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.], [X.], [X.] und Reiter

für Recht erkannt:

Die Revisionen der Klägerin und
der Beklagten gegen das Urteil des 1.
Zivilsenats des [X.] vom 14.
Januar 2013
werden zurückgewiesen.

Die Kosten des [X.] haben die Klägerin zu 6/10 und die Beklagte zu 4/10 zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Herausgabe handschriftlicher Therapieauf-zeichnungen, welche im Rahmen einer Lehranalyse angefertigt wurden.

Die Klägerin begann 1998 im Rahmen ihrer Weiterbildung zur Ärztin für Psychosomatik und Psychotherapie bei der Beklagten am [X.] H.

eine sogenannte Lehranalyse. Dabei handelt es sich um einen in der Weiterbildungs-
und Prüfungsordnung in psychoanalytischer Psychotherapie näher beschriebenen obligatorischen Teil der psychoanalytischen Weiterbildung. Dieser dient dazu, sich weiterbildenden 1
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[X.] die Möglichkeit zu geben, die psychoanalytische Methode im [X.] mit dem
[X.] an sich selbst zu erfahren und unbewusste
[X.] und Prozesse zu erkennen
und zwar in einer [X.], so wie dies später den Patienten des [X.] ermöglicht werden soll.
Die Lehranalyse erfolgt vertraulich.
Der [X.] unterliegt dem
Lehrinstitut
gegenüber der Schweigepflicht; er berichtet dem Institut
weder über den Inhalt der Gespräche
noch den [X.] des [X.], sondern bescheinigt diesem lediglich Dauer und Stundenzahl der Lehranalyse.

Die Klägerin absolvierte bei der Beklagten von 1998 bis 2004 und so-dann von 2006 bis 2007 insgesamt 680 Analysestunden. Die Beklagte fertigte
im Zuge der Lehranalyse handschriftliche Notizen an, bezüglich derer
die Klä-gerin mit der Klage die Herausgabe von Fotokopien begehrt.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Lehranalyse bei der Beklagten sei nach 400 Stunden in ein Arzt-Patienten-Verhältnis umgeschlagen, nachdem die Beklagte ihr erklärt habe, sie sei therapiebedürftig. Bei der anschließenden The-rapie sei es zu [X.] gekommen,
so dass sie an einem "postthera-peutischen Belastungssyndrom"
leide. Für dessen Behandlung seien Kosten in Höhe von 15.000

Klägerin
hat weiter geltend gemacht, dass ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000

e-ser Ansprüche sei sie auf die handschriftlichen Aufzeichnungen der Beklagten angewiesen, die diese
während der Lehranalyse angefertigt habe.

Sie hat
vorgetragen, dass die handschriftlichen Notizen behandlungsbe-zogene Informationen, namentlich über das aktuelle psychische und physische Befinden der Klägerin, objektive Befunde sowie die Beschreibung von [X.] und Reaktion
enthielten.
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Dies hat die Beklagte in Abrede gestellt und ausdrücklich geltend ge-macht, die
Aufzeichnungen
enthielten ausschließlich rein auf ihre eigenen
inne-ren
Vorgänge als Analytikerin bezogene subjektive Assoziationen des analyti-schen Beziehungsgeschehens und hätten ihr nur zur Verarbeitung ihrer eige-nen Gedanken und der Empfindungen
-
gleichsam zu therapeutischer
Hygiene
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gedient.

Das [X.] hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten eine Kopie der Therapieaufzeichnungen
gegen Ersatz der Kopier-
und [X.] herauszugeben, wobei die Beklagte [X.] sein soll, sie selbst betreffende persönlichkeitsbezogene Aufzeichnun-gen
zu schwärzen.

Die dagegen gerichteten Berufungen der Parteien hat das Berufungsge-richt zurückgewiesen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Par-teien ihre
im Berufungsrechtszug gestellten
Anträge weiter, die Beklagte den [X.] und die Klägerin den Anspruch auf ungeschmälerte Einsicht, das heißt
ohne die Schwärzung einzelner Angaben.

Entscheidungsgründe

Die Revisionen sind unbegründet.
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I.

Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil (Medizinrecht 2013, 369) offen
gelassen, ob das [X.] in ein Therapieverhältnis umgeschla-gen war.
Es ist der Auffassung, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen [X.] auf Herausgabe
von Kopien der
gefertigten handschriftlichen Aufzeich-nungen
über die Lehranalyse als Nebenpflicht aus dem [X.] gemäß §§
611,
242 BGB sowie §
810 BGB i.V.m. Art.
1 Abs.
1, Art.
2 Abs.
1 GG habe. Die Beklagte könne allerdings die Einsichtnahme in diejenigen [X.] verweigern, die ihre eigene ebenfalls nach Art.
1 Abs.
1, Art.
2 Abs.
1 GG geschützte Persönlichkeit beträfen. Die Kosten für das Kopieren und das Schwärzen der Unterlagen habe die Klägerin entsprechend §
811 BGB zu tra-gen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt:

Ein Patient habe im Rahmen eines medizinischen Behandlungsvertrags gegenüber dem Arzt grundsätzlich einen
Anspruch auf Einsicht in die ihn betref-fenden Krankenunterlagen. Dies beziehe sich grundsätzlich auch auf [X.] psychiatrisch
oder psychotherapeutisch behandelter Patienten mit der Be-sonderheit, dass neben anderen Beschränkungen gegebenenfalls ein therapeu-tischer Vorbehalt bestehen könne, sofern die Gefahr begründet sei, dass der Patient den Inhalt der eingesehenen Unterlagen aufgrund seiner psychischen Störung fehlerhaft verarbeite. Dagegen könne die Beklagte nicht einwenden, dass es im [X.] keine damit kongruierende ärztliche oder ver-tragliche Dokumentationspflicht gebe (non-reporting-system). Da das [X.] in Kranken-
und Therapieunterlagen aus dem verfassungsrechtlich ge-schützten Selbstbestimmungsrecht des Patienten abgeleitet sei, setze es nicht das
Bestehen einer Dokumentationspflicht
voraus, die primär dem therapeuti-schen Interesse des Patienten und der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen 11
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Behandlung beziehungsweise
Behandlungsfortführung
durch den Behandler oder einen Nachbehandler diene. Habe der Therapeut mithin Aufzeichnungen gefertigt, so dürfe der Patient grundsätzlich Einsicht nehmen. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Einsicht in psychotherapeutische Unterlagen fänden analog auch auf die während einer Lehranalyse im Rahmen einer Therapeutenausbildung gefertigten Aufzeichnungen des [X.]s Anwendung. Eine Regelungslücke bestehe sowohl in der Gesetzgebung als auch in der Rechtsprechung. Was
den Inhalt und Zweck des Lehranalysever-hältnisses, das strukturelle Ungleichgewicht von [X.] und Analytiker und das Interesse des [X.] an einer Einsichtnahme betreffe, liege in den maßgeblichen Gesichtspunkten eine vergleichbare Interessenlage vor, die eine identische Behandlung rechtfertige. Entscheidend sei dabei, dass der [X.] explizit in die Rolle des Patienten und der [X.] in die Rolle des Therapeuten schlüpfe. Die Lehranalyse solle
sich nicht von der Analyse eines Patienten, der den Analytiker zur Bearbeitung eines Problems aufsucht, [X.]. Lehranalyse und die therapeutische Analyse ähnelten sich stark in Methode und Ziel, auch wenn es nicht primär um behandlungsbedürftige psy-chische Störungen
gehe. Wie ein Therapeut sei der [X.] dem Absti-nenzgebot verpflichtet.
Er verwende
dieselbe Methode wie in einer Psychothe-rapie. Somit werde das Persönlichkeitsrecht des [X.] in identischer Weise wie bei einem Patienten von den ihn
betreffenden Aufzeichnungen be-rührt.
Einem [X.] könnten ähnlich wie einem Psychotherapeuten Feh-ler bei der Lehranalyse unterlaufen. Der [X.] könne, auch wenn er nicht unter einer seelischen Störung mit Krankheitssymptomen gelitten habe und mutmaßlich psychisch stabiler sei, ähnliche Schäden erleiden wie der Pati-ent bei einer Psychotherapie. Im Ergebnis müssten für die Lehranalyse diesel-ben Grundsätze zum Einsichtsrecht des Patienten wie bei der therapeutischen Psychoanalyse gelten.
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Das Argument der Beklagten, ihre Aufzeichnungen seien insgesamt sub-jektiven Inhalts und als solche zwingend durch ihr
Persönlichkeitsrecht
vor der
Einsichtnahme geschützt, trage
nicht. Sofern die
subjektiven
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letztlich aber pro-fessionellen
-
Feststellungen und Bewertungen der Beklagten in erster Linie die Klägerin beträfen
und über den analytischen Filter hinaus keinen Einblick in die Persönlichkeit
der Beklagten gäben, berühre eine Einsicht der Klägerin in
die Aufzeichnungen
das Persönlichkeitsrecht der Beklagten nicht. Dem [X.] vollständig entzogen seien aber die höchstpersönlichen Aufzeichnungen des Analytikers zur eigenen "Therapiehygiene", über die eigenen Assoziations-
und Denkprozesse, beispielsweise im Spiel von Übertragung und Gegenüber-tragung, soweit dadurch seine
eigenen Erlebnisse, Erfahrungen über das [X.] oder seine
eigene Denkweise erkennbar würden. Diese Auf-zeichnungen seien in einer
therapeutische Gesprächstherapie für eine Einsicht-nahme durch den Patienten tabu und es seien keine Interessen erkennbar, die bei der
Lehranalyse zu einem anderen Ergebnis führen würden. Die Beklagte könne deshalb die von ihrem Persönlichkeitsrecht gedeckten Aufzeichnungen schwärzen. Nur sie könne allein entscheiden, ob und welche Passagen unter den absoluten Schutz ihres Persönlichkeitsrechts fielen oder nicht. Eine mögli-che Missbrauchsgefahr müsse hingenommen werden.

II.
Die Revision der Beklagten

Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision der Beklagten stand.

Ohne Erfolg bleiben die [X.] der Beklagten gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe aus dem [X.] ein Recht 13
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auf Einsichtnahme in die Aufzeichnung der Lehranalyse zu. Das Berufungs-gericht hat rechtsfehlerfrei
den Vertrag zwischen den Parteien über die Lehr-analyse dahingehend ausgelegt, dass die Klägerin
aus dem
Vertrag nach §
242 BGB sowie dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art.
1 Abs.
1, Art.
2 Abs.
1 GG ein Recht auf Einsichtnahme in die
im Rahmen der Lehranalyse ge-fertigten handschriftlichen Therapieaufzeichnungen hat.

1.
Art.
2 Abs.
1 GG gewährleistet in
Verbindung mit Art.
1 Abs.
1 GG das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieses
schützt grundsätzlich vor der Erhebung und Weitergabe von Befunden über den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter. Der Schutz ist umso intensiver, je mehr die Da-ten zur
Intimsphäre des Betroffenen gehören, die als unantastbarer Bereich privater Lebensgestaltung gegenüber aller staatlichen Gewalt Achtung und Schutz beansprucht (vgl. [X.] 89, 69, 82
f
mwN). Der fehlende Zugang zum Wissen Dritter über die eigene Person kann die von Art.
2 Abs.
1 i.V.m. Art.
1 Abs.
1 GG geschützte individuelle Selbstbestimmung berühren, so dass das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auch
eine Rechtsposition verschafft, die den Zugang zu den über die eigene Person
gespeicherten per-sönlichen Daten betrifft.

Bezogen auf den Zugang zu Krankenunterlagen bedeutet dies, dass es das Recht auf Selbstbestimmung und die personale Würde des Patienten ge-bieten, jedem Patienten grundsätzlich einen
Anspruch auf Einsicht in die ihn betreffenden Krankenunterlagen gegenüber seinem Arzt oder
Krankenhaus einzuräumen ([X.], NJW 2006, 1116, 1117; 1999, 1777). Ärztliche Kranken-unterlagen betreffen mit ihren Angaben über Anamnese, Diagnose und thera-peutische Maßnahmen den
Patienten unmittelbar in seiner Privatsphäre. [X.] und wegen
der möglichen erheblichen Bedeutung der in solchen Unterla-16
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gen enthaltenen Informationen für selbstbestimmte Entscheidungen des [X.] hat dieser generell ein geschütztes Interesse daran
zu erfahren, wie mit seiner Gesundheit umgegangen wurde, welche Daten sich dabei ergeben haben und wie man die weitere Entwicklung einschätzt. Dies gilt im gesteiger-ten Maße für Informationen über die psychische Verfassung
([X.],
NJW 2006, 1116, 1118). Dementsprechend steht dem Patienten grundsätzlich ein Einsichtsrecht in die Krankenunterlagen auch über seine psychiatrische Be-handlung zu, soweit nicht ausnahmsweise therapeutische Gründe entgegen-stehen (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Dezember 1988 -
VI
ZR 76/88, [X.]Z 106, 146, 148
ff mwN).

Mit einer vergleichbaren Argumentation hat der Bundesgerichtshof Heim-bewohnern
ein Einsichtsrecht in die
Pflegedokumentation zuerkannt (vgl. [X.], Urteile vom 23. März 2010 -
VI [X.]/08,
[X.]Z 185, 74 Rn. 12 und
vom 26.
Februar 2013 -
VI
ZR 359/11, [X.], 648 Rn.
6 mwN).

Inzwischen ist für den Behandlungsvertrag mit
§
630g BGB durch das
Gesetz zur
Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.
Februar 2013 ([X.]
I S.
277) das Einsichtsrecht gesetzlich verankert wor-den.

2.
Für den [X.] zwischen den Parteien hat das Berufungsge-richt ohne Rechtsfehler
eine Nebenpflicht der Beklagten angenommen, auf-grund derer die Klägerin Einsicht in die vorgenommenen Aufzeichnungen
über ihre Lehranalyse nehmen kann. Die dagegen erhobenen [X.] der Beklagten greifen nicht durch.

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Es mag zwar sein, dass eine Dokumentationspflicht für die Durchführung der Lehranalyse nicht besteht. Da sich aber Lehranalyse und therapeutische Analyse inhaltlich und methodisch weitgehend entsprechen und der Sinn der Dokumentation darin besteht, den Verlauf psychotherapeutischer Prozesse festzuhalten, liegt es nahe, dass auch Dokumentationen über [X.], sofern sie erfolgen, höchst sensible Informationen aus den intimsten Bereichen des [X.]en zum Gegenstand
haben. Unabhängig von der Weiterga-be
an Dritte
wird nach der Rechtsprechung des [X.] schon mit der Erhebung dieser Daten das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Intimsphäre des Betroffenen berührt, so dass ein berechtigtes Interesse auf Einsichtnahme in diese Unterlagen durch den
[X.]en nicht von der Hand zu weisen ist, und sein Informationsinteresse auch schon darin zu sehen ist, überhaupt davon Kenntnis zu nehmen, was an intimsten Informationen über ihn festgehalten worden ist. Dementsprechend kommt es auch für die Frage eines Anspruchs auf Einsichtnahme nicht darauf an, ob die Daten zur
Weiter-gabe an Dritte
bestimmt sind. Ebenso steht
einer Auslegung des zwischen den Parteien bestehenden Vertrages dahingehend, dass ein Einsichtsrecht in die geführte Dokumentation besteht, nicht entgegen, dass es sich nicht um eine Behandlung im üblichen
Sinn
gehandelt hat. In rechtlich nicht zu beanstanden-der Weise
hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass zwar die
Ziele
einer Lehranalyse und Psychoanalyse nicht gleich sind, da letztere auf eine [X.] gerichtet ist.
Die Durchführung unterscheidet sich jedoch nicht und deshalb besteht wie bei
der Psychoanalyse ein gleichgerichtetes Interesse auf Einsicht-nahme in die geführte Dokumentation. Auch bei der Lehranalyse ist es nicht von vornherein ausgeschlossen -
was die Klägerin für den vorliegenden Fall auch geltend macht
-, dass es zu Fehlern bei der Lehranalyse kommt, die unter Umständen Schadensersatzansprüche des [X.]en nach sich ziehen könnten. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, wie das [X.]
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gericht ausgeführt hat, die Frage der Kostenübernahme durch eine Kranken-kasse. Diese
steht mit der Intensität des Eingriffs in das allgemeine Persönlich-keitsrecht
und den daraus folgenden Einsichtsrechten in keinem
unmittelbaren Zusammenhang.

Ohne Erfolg bleibt der Einwand der
Beklagten, dass die
Dokumentation der Lehranalyse nicht vorgeschrieben sei. Das
bedeute
zugleich, dass die gleichwohl gemachten Aufzeichnungen allein in
ihrem Selbstbestimmungsrecht verhaftet seien, und sie
sich insoweit ebenfalls auf ihr
allgemeines Persönlich-keitsrecht berufen und die Einsichtnahme verweigern könne. Das eigene [X.] des [X.]s ist jedoch zum einen dadurch gewährleis-tet, dass er die Aufzeichnungen, deren Preisgabe sein eigenes Persönlichkeits-recht verletzen würde, schwärzen kann. Im Übrigen kann er, da eine Dokumen-tation nicht gefordert ist, den Umfang der Dokumentation selbst bestimmen und insoweit eine Einsichtnahme durch den [X.]en durch schlichtes [X.] ausschließen. Soweit aber eine Dokumentation von
intimen Informationen über den
[X.]en erfolgt ist und die Offen-barung nicht das Persönlichkeitsrecht des [X.]s verletzt, weil es nicht um eigene Informationen aus seinem
Intimbereich geht, kann das [X.] des [X.]en aufgrund des allein schon durch die Dokumentation erfolgten Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht verneint werden.

III.
Die Revision der Klägerin

Auch die Revision der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

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Vergeblich wendet sich die Klägerin gegen die Auffassung des [X.], die
Klägerin könne keine uneingeschränkte Einsicht ohne Schwärzungen verlangen. Die Herausgabe der Kopien der Therapieaufzeich-nungen ist
insoweit beschränkt, als
sie den Analytiker
betreffende persönlich-keitsbezogene Aufzeichnungen
enthalten. Es ist anerkannt, dass auch grund-rechtlich
fundierte Interessen des Therapeuten einer Einsichtnahme entgegen-stehen können (vgl. [X.], NJW 1999, 1777; [X.], Urteil vom 6.
Dezember 1988 -
VI
ZR 76/88, [X.]Z 106, 146, 151). Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Klä-gerin, durch das Recht auf Schwärzung könne der Analytiker das Recht auf Einsicht entwerten. Die Abwägung der beiden grundrechtlich geschützten Inte-ressen bietet jedoch keine andere Möglichkeit, als dem Analytiker das [X.] einzuräumen. Jede anderweitige Kontrolle würde in unverhältnis-mäßiger Weise
in die Rechte
des Analytikers eingreifen, weil
er zur Prüfung seiner Rechte Dritten Kenntnis von seinen Aufzeichnungen geben müsste und damit eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts
unvermeidbar wäre. Eine gewisse Missbrauchsgefahr ist aus praktischen Gründen dabei nicht auszuschließen (vgl. [X.], Urteil
vom 23.
November 1982 -
VI
ZR 222/79, [X.]Z 85, 327,
338).
Dies beschränkt auch nicht in verhältnismäßiger Weise das grundrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht der
Klägerin und das daraus abgeleitete Einsichtsrecht in die therapeutischen Aufzeichnun-gen, da eine Dokumentationspflicht grundsätzlich nicht besteht, die [X.]in deswegen auch eine Dokumentation nicht verlangen könnte. Die vom grund-rechtlichen Schutz umfassten persönlichen Aufzeichnungen
des [X.]s berühren das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin auch nicht in glei-cher Weise
wie die Informationen
aus ihrem
Intimbereich. Eine doppelte Doku-mentationspflicht, wie sie die Klägerin einwendet, um dem Recht auf Schwär-zung der von seinem Persönlichkeitsrecht umfassten Aufzeichnung des [X.] entgegenzutreten, kann die Klägerin schon deshalb nicht fordern, 24
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weil
beim [X.] überhaupt keine Dokumentationspflicht besteht. Darüber hinaus würde sie bei einer doppelten Dokumentation auch keine [X.] Informationen erhalten, als wenn die vom Persönlichkeitsrecht des [X.] umfassten Passagen geschwärzt sind. Die Beklagte trägt auch nicht vor, dass eine doppelte Dokumentation üblich
sei
(vgl. [X.], Urteil vom 23. No-vember 1982 aaO S.
336).

[X.]
[X.]

[X.]

Remmert
Reiter
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.07.2012 -
19 O 281/11 -

OLG Celle, Entscheidung vom 14.01.2013 -
1 [X.] -

Meta

III ZR 54/13

07.11.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2013, Az. III ZR 54/13 (REWIS RS 2013, 1355)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1355

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 54/13

VI ZR 249/08

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