Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.03.2010, Az. X B 118/09

10. Senat | REWIS RS 2010, 8371

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Gegenstand

Sog. qualifizierter Rechtsanwendungsfehler des FG bei einer Vertragsauslegung - Aufwendungen für Alterteilerwohnung als Versorgungsleistung


Leitsatz

1. NV: Die Revision kann nur zugelassen werden, wenn die Auslegung des FG einen Fehler von so erheblichem Gewicht aufweist, dass er geeignet wäre, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen.

2. NV: Behält sich ein Altenteilsberechtigter ein Wohnrecht vor, können nur die Aufwendungen als Versorgungsleistung anerkannt werden, die der Erhaltung des im Zeitpunkt der Übergabe vertragsgemäßen Zustandes der Wohnung dienen.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) genügt. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) auf die Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative [X.]O) gestützte Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.

2

1. Eine Zulassung der Revision ist nicht zur Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative [X.]O) geboten. Zwar ist die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative [X.]O auch dann zuzulassen, wenn ein Rechtsfehler des Finanzgerichts ([X.]) zu einer "greifbar gesetzwidrigen" Entscheidung geführt hat. Voraussetzung hierfür ist, dass die Entscheidung des [X.] in einem solchen Maße fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wiederhergestellt werden könnte (ständige Rechtsprechung des [X.] [X.] s. Beschluss vom 28. August 2007 [X.], [X.], 113, m.w.[X.]). Diese Voraussetzung kann etwa dann vorliegen, wenn das [X.] eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat (vgl. [X.] vom 28. Juli 2003 [X.], [X.] 2003, 1597) oder wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht (vgl. [X.] vom 8. Februar 2006 [X.]/04, [X.] 2006, 1116). Unterhalb dieser Schwelle liegende erhebliche Rechtsfehler reichen dagegen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen (vgl. [X.] vom 7. Juli 2005 [X.], [X.] 2005, 2031).

3

2. Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze liegt im Streitfall kein sog. qualifizierter, zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative [X.]O führender Rechtsanwendungsfehler vor.

4

a) Die Kläger machen geltend, das [X.] habe mit der Auslegung des [X.] vom 28. Oktober 2003, insbesondere dessen § 3 Nr. 1 Buchst. a Abs. 3, die Auslegungsregeln der §§ 133 und 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in krasser Weise verletzt, was eine willkürliche, nicht auf rechtlichen Überlegungen beruhende Entscheidung des [X.] darstelle. Das [X.] sei bei der Auslegung des klaren und eindeutigen Wortlauts des Übergabevertrages zu dem unter keinen Umständen vertretbaren Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer nicht zur Vornahme außergewöhnlicher "Verbesserungsmaßnahmen" verpflichtet gewesen sei. Die Auffassung des [X.], bei den vom Kläger getragenen Aufwendungen handele es sich nicht um Instandhaltungsaufwendungen, sondern um Aufwendungen zur Substanzverbesserung, zu denen der Kläger nicht verpflichtet gewesen sei, verletze §§ 133 und 157 BGB, sei ergebnisbezogen und verkenne, dass der Kläger im Rahmen der Billigkeit zur Tragung sämtlicher Aufwendungen im Hinblick auf die Altenteilerwohnung verpflichtet sei.

5

b) Die Kläger wenden sich mit ihrem Vorbringen gegen die Vertragsauslegung durch das [X.] im Einzelfall. Derartige Angriffe können die Revisionszulassung grundsätzlich nicht rechtfertigen (vgl. [X.] vom 27. April 2007 [X.]/05, [X.] 2007, 1675, und vom 29. April 2008 [X.]/08, [X.], 1350). Auch von einem sog. qualifizierten oder gravierenden Rechtsanwendungsfehler ist im Streitfall nicht auszugehen, weil die Ausführungen des [X.] keinen Fehler von so erheblichem Gewicht aufweisen, der geeignet wäre, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen.

6

c) Im Gegensatz zur Auffassung der Kläger ist das Ergebnis der finanzgerichtlichen Auslegung des § 3 Nr. 1 Buchst. a Abs. 3 des Übergabevertrages vom 28. Oktober 2003 sowohl von dessen Wortlaut als auch von dessen Sinn und Zweck gedeckt.

7

Das [X.] differenziert in seinen Entscheidungsgründen zwischen Instandhaltungsmaßnahmen, die den vertrags- und ordnungsgemäßen Zustand des Gebäudes, wie er sich im Zeitpunkt der Übergabe dargestellt hat, erhalten sollen, und außerordentlichen Verbesserungsmaßnahmen, die über eine Instandhaltung hinausgehen und sowohl die Bausubstanz als auch den Zustand des Gebäudes wesentlich verbessern. Nach dem Wortlaut des Übergabevertrages, der nur von "Instandhaltungskosten einschließlich der außergewöhnlichen Instandhaltungskosten und Schönheitsreparaturen" spricht und damit Verbesserungsmaßnahmen nicht zwingend einschließt, ist eine derartige Unterscheidung möglich.

8

Auch der Sinn und Zweck einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen erlaubt die vom [X.] vorgenommene Differenzierung. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] kann die Verpflichtung des Übernehmers, die Wohnung instand zu halten, bei diesem eine dauernde Last (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes --EStG--) begründen, wenn sich ein Altenteilsberechtigter an Räumen einer zum übertragenen Vermögen gehörenden Wohnung ein Wohnrecht vorbehalten hat (Senatsurteil vom 15. März 2000 [X.], [X.] 2000, 1089, m.w.[X.]). Als Versorgungsleistung anerkannt werden jedoch nur Aufwendungen, die der Erhaltung des im Zeitpunkt der Übergabe vertragsgemäßen Zustandes der Wohnung dienen (Fortführung der Senatsurteile vom 25. März 1992 [X.], [X.]E 167, 408, [X.] 1992, 1012; vom 25. August 1999 [X.], [X.]E 190, 302, [X.] 2000, 21). Dass sich das [X.] an diesen Erwägungen orientiert hat und damit auch nur eine Verpflichtung des Klägers zur Erhaltung des bisherigen als vertragsgemäß akzeptierten Zustandes --eine Verpflichtung, die auch außergewöhnliche Instandhaltungsaufwendungen zur Folge haben [X.] als vertraglich vereinbart angesehen hat, ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden.

9

d) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die finanzgerichtliche Einordnung des Austauschs der Fenster und der Haustür im Streitfall als Verbesserungsmaßnahme und nicht als Instandsetzungsmaßnahme. Das [X.] hat ohne Verletzung von Denkgesetzen und willkürfrei den Hinweis der Kläger, ein Austausch der Fenster sei früher oder später erforderlich gewesen, den geringen zeitlichen Abstand zwischen der Vermögensübergabe und dem Einbau der neuen Fenster und Türen sowie die Tatsache, dass alle Fenster des Gebäudes ausgetauscht wurden, dahingehend gewürdigt, dass mit diesen Maßnahmen eine Verbesserung des Zustandes der Altenteilerwohnung erreicht worden sei, der über den vertragsgemäßen Zustand im Zeitpunkt der Vermögensübergabe hinausgehe.

e) Bedenken gegen die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung des [X.], der Kläger sei zu diesen außergewöhnlichen Verbesserungsmaßnahmen nicht verpflichtet gewesen, so dass ein Abzug der Aufwendungen als dauernde Last i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung nicht möglich sei, sind ebenfalls nicht zu erkennen.

Meta

X B 118/09

17.03.2010

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 3. Juni 2009, Az: 2 K 27/07, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, § 10 Abs 1 Nr 1a EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.03.2010, Az. X B 118/09 (REWIS RS 2010, 8371)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8371

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