Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2014, Az. X ZR 1/14

X. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2969

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR
1/14
Verkündet am:
16. September 2014
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 6 Abs. 2
a)
§
6 Abs. 2 Nr. 2
[X.] schreibt nicht vor, in welcher Form und mit wel-cher Genauigkeit im Reisevertrag die [X.] und die [X.] festzulegen sind. Die Vorschrift bestimmt lediglich, dass der Reisende darüber zu informieren ist, was sich hinsichtlich der Abreisezeit und der [X.] aus dem Reisevertrag ergibt.
b)
Sind im Reisevertrag Uhrzeiten für den Hin-
und Rückflug nicht vereinbart und soll dem Reiseveranstalter jeweils der gesamte benannte Reisetag für die nachträgliche Festlegung des
Zeitpunkts des [X.] und des [X.] zur Verfügung stehen, wird der Inhalt des Reisevertrags mit der Angabe "Genaue Flugzeiten noch nicht bekannt" zutreffend wiedergegeben (im [X.] an [X.], Urteil vom 10.
Dezember 2013

X
ZR
24/13, NJW 2014, 1168 = [X.] 2014, 132).
[X.], Urteil vom 16. September 2014 -
X [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 16.
September 2014 durch [X.]
Dr.
MeierBeck, [X.]
Grabinski, Dr.
Bacher, [X.] und die Richterin Schuster
für
Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 22.
November 2013 verkündete Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist der bundesweit tätige Dachverband der Verbraucherzent-ralen der Bundesländer; er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß §
4 [X.] eingetragen.
Die Beklagte, eine Reiseveranstalterin, bedient sich zur Bestätigung von mit Verbrauchern geschlossenen [X.]n eines Formulars, in dem -
so-weit im Revisionsverfahren noch von Interesse -
sowohl zum Hinflug als auch zum Rückflug neben den Daten der Reisetage angegeben ist: "Genaue Flugzei-ten noch nicht bekannt!". Der Kläger verlangt von der [X.], es zu unter-lassen, an Verbraucher Bestätigungen über den Abschluss eines Reisevertrags zu übermitteln, ohne die voraussichtliche [X.] (Abflug) und der Rückkehr (Landung des [X.]) anzugeben.
1
2
-
3
-
Das [X.] hat den Unterlassungsanspruch abgewiesen. Die Beru-fung des [X.] ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Revision des [X.], der die Beklagte entgegentritt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der gel-tend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Es bestünden bereits Zweifel am Vorliegen der für ein Unterlassungsbegehren erforderlichen Wiederholungs-
oder Erstbegehungsgefahr. Es könne weder festgestellt werden, dass die [X.] die Mitteilung ihr bekannter Reisezeiten unterlasse, noch dass sie bei Vertragsschluss Verbrauchern gegenüber den Eindruck erwecke, die [X.] stünden fest,
und gleichwohl die beanstandete Formulierung in der Reise-bestätigung verwende. Jedenfalls habe die Beklagte mit der beanstandeten Formulierung in der Reisebestätigung nicht gegen §
6 Abs.
2 Nr.
2 [X.] verstoßen. Wenn bei einer Reise nach der Vereinbarung der Vertragsparteien die Reise-
oder Flugzeiten nicht feststünden, könnten diese auch nicht als vo-raussichtliche Zeiten angegeben werden. Eine solche Vertragsgestaltung [X.] keine nachträgliche einseitige Leistungsänderung, sondern gewähre einer Vertragspartei ein Leistungsbestimmungsrecht nach §
315 BGB. Legte man §
6 Abs.
2 Nr.
2 [X.] so aus, dass jede Reisebestätigung die Reisezeiten angeben müsse, wäre ein Vertragsschluss, der zu einem Zeitpunkt vorgenom-men werde, in dem auch dem Reiseunternehmen die Flugzeiten noch nicht [X.] sind, nicht möglich. Der zulässige Inhalt von [X.]n solle nach der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13.
Juni 1990 über Pauschalreisen 3
4
5
-
4
-
(ABl. [X.] vom 23. Juni 1990, [X.], nachfolgend: Richtlinie oder Pauschalreiserichtlinie) und den Vorstellungen des [X.] Gesetzgebers (BT-Drucks. 12/5354, S.
17) nicht durch Bestimmungen der BGB-Informations-pflichten-Verordnung
festgelegt werden.
II.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1.
Nach §
2 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann im Interesse des [X.] derjenige auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbrau-cher dienen (Verbraucherschutzgesetze). Als Verbraucherschutzgesetz sind unter anderem die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts, die für [X.] zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher gelten, mithin auch §
651a Abs. 3 BGB und §
6 Abs. 2 Nr. 2 [X.] anzusehen (§
2 Abs.
2 Nr.
1 Buchst.
f [X.]).
2.
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, die Beklagte habe mit dem beanstandeten Hinweis in der Reisebestätigung ("Genaue Flugzeiten noch nicht bekannt!") den verbraucherschützenden [X.] nicht zuwidergehandelt.
a)
Bei einer Flugreise gehört die Luftbeförderung zu der vom [X.] zu erbringenden Hauptvertragsleistung. Der Reisevertrag muss nach Tag und Uhrzeit bestimmen, wann sie erbracht werden soll. Zur Regelung der Reisezeit können Reiseveranstalter und Reisender bereits bei Vertragsschluss eine bestimmte Uhrzeit für Hin-
und Rückflug vereinbaren oder die Reisezeiten bewusst offen lassen. Der Reiseveranstalter kann sich im letzteren Fall ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB ausbedingen, das es ihm erlaubt, die Uhrzeit der Abreise und der Rückkehr erst zu einem späteren Zeit-6
7
8
9
-
5
-
punkt festzulegen. In diesem Fall muss der Reisevertrag jedoch bestimmen, in welchem Rahmen das Leistungsbestimmungsrecht ausgeübt werden darf, d.h., ob dem Reiseveranstalter der gesamte Zeitraum von 0 bis 23.59 Uhr des Abrei-se-
oder [X.] zur Bestimmung der Abflug-
oder der Rückkehrzeit zur Verfügung stehen soll oder ob er bei der Ausübung des [X.] jedenfalls auf eine bestimmte Tageszeit oder ein bestimmtes Zeitfenster (etwa: zwischen 9 und 12 Uhr) festgelegt sein soll
([X.], Urteil vom 10. [X.]

[X.], NJW 2014, 1168 = [X.] 2014, 132 Rn. 19 bis 21).
b)
Aus der [X.] und der [X.] ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen.
§
6 Abs. 2 Nr. 2 [X.] schreibt weder vor, dass im [X.] (voraussichtliche) Abflug-
oder Rückkehrzeit zu nennen ist, noch bestimmt die Vorschrift sonst, in welcher Form und mit welcher Genauigkeit im [X.] die [X.] und die [X.] festzulegen sind. Sie legt lediglich fest, dass der Reisende darüber zu informieren ist, was sich hinsicht-lich der Abreisezeit und der [X.] aus dem Reisevertrag ergibt. Der Reiseveranstalter ist danach nicht auf die Angabe einer konkreten, [X.] als voraussichtlich gekennzeichneten Uhrzeit angewiesen, sondern kann sich einen für nötig gehaltenen Spielraum durch die Vereinbarung eines ent-sprechend groß bemessenen Zeitfensters, gegebenenfalls auch des ganzen [X.], verschaffen ([X.], NJW 2014, 1168 = [X.] 2014, 132 Rn.
25).
Dies steht mit der Pauschalreiserichtlinie in Einklang. Nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie umfasst der [X.] mindestens die im Anhang der Richtlinie aufgeführten Bedingungen. Der An-hang der Richtlinie listet "erforderliche Angaben im Vertrag, sofern sie auf die jeweilige Pauschalreise zutreffen"
auf; unter Buchstabe b sind als solche Anga-10
11
12
-
6
-
ben unter anderem Tag und Zeit sowie Ort der Abreise und Rückkehr genannt. Die Richtlinie sieht es danach grundsätzlich als notwendig an, bestimmte Ver-tragsbedingungen in den Vertrag aufzunehmen. Gleichzeitig erlaubt sie mit Blick auf die Art der jeweiligen Pauschalreise Ausnahmen von diesem Grund-satz, ohne eine bestimmte Art der Gestaltung des Reisevertrags ausdrücklich als Ausnahme zu benennen oder sie auszuschließen. Auch nach der Richtlinie sind demnach Vertragsgestaltungen zulässig, bei denen konkrete Angaben zur Reisezeit nicht im Reisevertrag enthalten sind.
c)
Wie bereits das [X.] angenommen hat, gibt die Bezeichnung der Reisetage in der Reisebestätigung in Verbindung mit der angegriffenen An-gabe, die genauen Flugzeiten seien noch nicht bekannt, die im Reisevertrag getroffene Vereinbarung zu den Reisezeiten dahin wieder, dass im [X.] nur die Reisetage, nicht aber genaue oder auch nur voraussichtliche Uhr-zeiten für die Reise vereinbart wurden. Für die Festlegung der Reisezeiten soll somit der [X.] jeweils der gesamte Abreise-
und Rückreisetag zur Verfü-gung stehen. Haben die Vertragsparteien tatsächlich weder für den Hin-
noch für den Rückflug eine Uhrzeit vereinbart, gibt der
Hinweis, dass genaue Flugzei-ten noch nicht bekannt seien, damit den Inhalt des Reisevertrags zutreffend wieder und ist nicht zu beanstanden.
d)
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die beanstandete Klausel auch in Fällen verwendet hat, in denen die Reisezeiten im Reisevertrag bereits festgelegt waren, liegen nach den von der Revision nicht mit einer Verfahrens-rüge angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts
nicht vor.
13
14
-
7
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.
1 ZPO.
Meier-Beck
Grabinski
Bacher

[X.]
Schuster
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.07.2012 -
12 O 223/11 -

O[X.], Entscheidung vom 22.11.2013 -
I-7 [X.] -

15

Meta

X ZR 1/14

16.09.2014

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2014, Az. X ZR 1/14 (REWIS RS 2014, 2969)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2969

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

X ZR 1/14 (Bundesgerichtshof)

AGB-Kontrollklage für Pauschalreiseverträge: Unterlassungsanspruch gegen den Reiseveranstalter wegen der Erteilung von Reisebestätigungen ohne Angabe voraussichtlicher …


X ZR 24/13 (Bundesgerichtshof)


X ZR 24/13 (Bundesgerichtshof)

Inhaltskontrolle allgemeiner Reisebedingungen: Bindung des Reiseveranstalters an vorläufige Flugzeiten


154 C 19092/17 (AG München)

Minderungsanspruch bei Verlegung des Abflugortes


X ZR 96/17 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

X ZR 1/14

X ZR 24/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.