Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2011, Az. V ZB 295/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6920

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 295/10
vom
9. Mai 2011
in der Abschiebungshaftsache

-
2
-

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9.
Mai 2011 durch [X.]
Dr.
Krüger, die Richterin Dr.
[X.], [X.]
[X.] und die Richterinnen Dr.
[X.] und Weinland

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 15.
November 2009
(934 [X.] 1717/09) und der Beschluss der 28.
Zivilkammer des [X.] vom 13.
Oktober 2010 ihn in seinen Rechten verletzt haben, soweit zu seinem Nachteil entschieden worden ist.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in sämtlichen Instanzen werden der [X.] auferlegt.
Der Gegenstandswert des [X.] 3000

Gründe:
I.
Der Betroffene, der [X.] Staatsangehöriger ist, reiste aus dem [X.] nach [X.] und gelangte von dort am 14.
November 2009 auf dem Luftweg nach [X.]. Auf dem [X.] wurde er von der [X.] ohne gültige Grenzübertrittspapiere aufgegriffen.
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Auf Antrag der Beteiligten zu
2 hat das Amtsgericht Haft zur Sicherung der Zurückschiebung nach [X.] bis längstens 15.
Februar 2010 und die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet. Nachdem der Be-troffene am 11.
Dezember 2009 aus der Haft entlassen worden ist, hat er [X.] festzustellen, dass seine Inhaftierung rechtswidrig gewesen sei. Das [X.] hat diesem Antrag nur für den Zeitraum ab dem 26.
November 2009 stattgegeben. Mit der Rechtsbeschwerde möchte der Betroffene, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist, die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen sowie die Feststellung einer Rechtsverletzung erreichen.

II.
Das Beschwerdegericht meint, die Anordnung der [X.] habe den Betroffenen ab dem 26.
November 2009 in seinen Rechten verletzt. [X.] er um verwaltungsrechtlichen Rechtsschutz gegen seine Rückführung nach [X.] nachgesucht habe, habe nicht mehr sicher festgestanden, dass seine Zurückschiebung binnen drei Monaten möglich gewesen wäre.

III.
1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist trotz Erledigung ohne Zu-lassung statthaft (vgl. Senat, Beschluss vom 25.
Februar 2010 -
V
ZB
172/09, [X.] 2010, 150,
Rn.
10) und auch im Übrigen zulässig, §
71 FamFG. Sein Antrag ist dem Rechtsschutzziel entsprechend dahingehend auszulegen, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit sowohl der Entscheidung des Amtsge-richts als auch des [X.] begehrt wird.
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2. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Der Betroffene ist durch die Haftan-ordnung des Amtsgerichts und die Beschwerdeentscheidung des [X.]s in seinen Rechten verletzt, weil der Haftanordnung schon kein zulässiger Haftantrag zugrunde lag.
Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist Verfahrensvoraussetzung und aus diesem Grund in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senat, Beschluss vom 29. April 2010 -
V
ZB 218/09, [X.] 2010, 210, 211; Beschluss vom 22. Juli 2010 -
V
ZB 28/10, [X.] 2010, 316, 317; Be-schluss
vom 9. Dezember 2010 -
V
ZB 136/10,
Rn.
6, juris). In dem Haftantrag müssen gemäß §
417 Abs.
1 Satz
2 Nr.
5 FamFG unter anderem die Voraus-setzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung dargelegt werden. [X.] muss der Antrag auch Ausführungen dazu enthalten, ob das nach §
72 Abs.
4 Satz
1 AufenthG
erforderliche Einvernehmen der Staatsanwaltschaft vorliegt, wenn sich aus dem Antrag selbst oder den ihm beigefügten Unterlagen ohne weiteres ergibt, dass ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig ist. Ohne das Einvernehmen darf [X.] nicht angeordnet werden; dass das Einvernehmen später hergestellt werden könnte, ist unerheblich (Se-nat, Beschluss vom 17. Juni 2010 -
V
ZB 93/10, NVwZ 2010, 1574,
Rn.
6
ff.; Beschluss vom 3. Februar 2011 -
V
ZB 224/10,
Rn.
8, juris). Das Fehlen ent-sprechender Ausführungen ist deshalb ein Begründungsmangel, der zur Unzu-lässigkeit des Antrags führt (Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 -
V
ZB 226/10, Rn.
9, juris). So verhält es sich hier. In dem Haftantrag ist ausgeführt, dass gegen den Betroffenen wegen des Verdachts der Urkundenfälschung so-wie der unerlaubten Einreise und des unerlaubten Aufenthalts Anzeige erstattet wurde.
Der Vortrag der Beteiligten
zu
2, wonach das Einvernehmen telefonisch erteilt worden sei, ist erst im Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgt und der Ent-5
6
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scheidung des Senats gemäß §
74 Abs.
3 Satz
4 FamFG i.V.m. §
559 ZPO nicht zugrunde zu legen. Ohnehin ist dieser Umstand aus dem Haftantrag nicht ersichtlich; eine rückwirkende Heilung scheidet aus, weil es sich bei der [X.] Antragstellung durch die Behörde um eine Verfahrensgarantie handelt, deren Beachtung Art.
104 Abs.
1 Satz
1 GG fordert (Senat, Beschluss vom 29. April 2010 -
V
ZB 218/09, [X.] 2010, 210, 211; Beschluss vom 22.
Juli 2010 -
V
ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511, 1512; Beschluss vom 21.
Oktober 2010 -
V
ZB 96/10,
Rn.
14, juris; Beschluss vom 24. Februar 2011 -
V
ZB 202/10,
Rn.
26, juris).

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
83 Abs.
2, §
81 Abs.
1, §
430 [X.]; unter Berücksichtigung der Regelung in Art.
5 Abs.
5 EMRK entspricht es billigem Ermessen, die [X.] als derjenigen Körper-schaft, der die Beteiligte zu
2 angehört, zur Erstattung der zur [X.] Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen zu verpflich-ten (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Juli 2010 -
V
ZB 28/10, [X.] 2010, 316,

8
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6
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317). Die Festsetzung des [X.] folgt aus §
128c Abs.
2 [X.]. §
30 Abs.
2 KostO.
Krüger
[X.]
[X.]

[X.]
Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
934 [X.] 1717/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 13.10.2010 -
2-28 T 205/09 -

Meta

V ZB 295/10

09.05.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2011, Az. V ZB 295/10 (REWIS RS 2011, 6920)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6920

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