Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2000, Az. V ZR 473/98

V. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3493

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[X.] DES VOLKESURTEILV ZR 473/98Verkündet am:14. Januar 2000K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] [X.] und [X.] [X.], Tropf, [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten wird das [X.]eil des [X.] vom 3. Dezember 1998 auf-gehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Mit notariellem Vertrag vom 28. August 1997 verkaufte die Klägerin [X.] verschiedene unbebaute Flächen in einer Gesamtgröße vonca. 5.060 qm. Der Kaufpreis von 185.000 DM war am 30. November 1997 fällig.Der Beklagte, der als Architekt auf einem unmittelbar angrenzenden [X.] schon einen ALDI-Markt mit einer Verkaufsfläche von ca. 600 qm geplantund errichtet hatte, beabsichtigte den Bau eines Verbrauchermarktes auf [X.]. In § 8 Nr. 1 des Vertrages heißt es:- 3 -"Die Verkäuferin räumt dem Käufer ein Rücktrittsrecht von [X.] bis zum 30. November 1997 unter der Vorausset-zung ein, daß bis zu diesem Zeitpunkt noch kein positiver [X.] zu dem geplanten Bauvorhaben (Errichtung einerBetriebsstätte für einen Verbrauchermarkt) [X.] Schreiben vom 2. September 1997 stellte der Beklagte bei der zu-ständigen Baugenehmigungsbehörde einen Antrag auf Erteilung eines [X.] für den "Neubau eines Geschäftshauses, Lebensmittelmarkt, [X.], [X.], Blumen, Reinigung, Foto". Aus einem dem Antragbeigefügten Vorentwurfgrundriß ging hervor, daß die Verkaufsfläche des ge-planten Lebensmittelmarktes 800 qm und die des [X.] qmbetragen sollte und eine Anbindung des Grundstücks an die vorbeiführendeLandesstraße über zwei Straßen geplant war. Mit Bauvorbescheid vom21. November 1997 wurde die Baugenehmigung für den beantragten Lebens-mittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von 800 qm "unter der Voraussetzung [X.] gestellt, daß bei einer noch durchzuführenden raumordnerischen Be-urteilung keine Bedenken seitens der beteiligten Träger öffentlicher Belangevorgetragen" und mehrere im einzelnen aufgeführte Auflagen erfüllt werden.Weiter war in dem Bescheid bestimmt, daß die Verkaufsfläche des [X.] ohne raumordnerische Beurteilung 700 qm nicht überschreiten dürfeund die Erschließung der für das geplante Bauvorhaben vorgesehenen [X.] ausschließlich über die vorhandene Zufahrt des [X.] habe.Mit Schreiben vom 27. November 1997 erklärte der Beklagte den Rück-tritt vom Grundstückskaufvertrag mit der Begründung, daß der ihm erteilte [X.] die Errichtung einer Betriebsstätte für den geplanten [X.] nicht [X.] -Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung des Kaufpreises zu-züglich zuletzt 6,75 % Zinsen. Land- und [X.] haben der Klagestattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungs-antrag weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hält den von der Klägerin geltend gemachtenKaufpreisanspruch für begründet, weil dem Beklagten kein Rücktrittsrecht zu-stehe. Zwar sei bis zum 30. November 1997 kein positiver Bauvorbescheid [X.] vom Beklagten geplante Bauvorhaben erteilt worden. Aber der [X.] den Eintritt dieser Bedingung für das Rücktrittsrecht entgegen [X.] herbeigeführt, so daß nach § 162 Abs. 2 BGB der Eintritt der Bedin-gung als nicht erfolgt gelte.II.Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.1. Fehlerhaft ist bereits der Ausgangspunkt des [X.], wo-nach die in § 8 Nr. 1 des Vertrages vereinbarte Rücktrittsvoraussetzung, daßkein positiver Bauvorbescheid erteilt sei, vorliege. Denn die hierzu erforderli-chen tatsächlichen Feststellungen hat es nicht getroffen. Es hat [X.] festgestellt, daß die Bauvoranfrage sich überhaupt auf das "[X.] im Sinne des Vertrages bezogen hat. Nur in diesem Fall lägenämlich ein negativer Bauvorbescheid vor. Hätte er dagegen nicht das ge-plante, sondern ein anderes Bauvorhaben zum Gegenstand, wäre für das ge-plante Bauvorhaben ein Bescheid überhaupt nicht erteilt worden. Das [X.] hätte also erst einmal ermitteln müssen, was im Sinne der [X.] "geplantes Bauvorhaben" anzusehen ist. [X.] es den Parteien darum, obder Beklagte auf dem Grundstück überhaupt einen Verbrauchermarkt errichtendarf, wäre kein negativer, sondern ein positiver Bauvorbescheid ergangen.Sollte der Beklagte dagegen nur dann verpflichtet bleiben, wenn er das konkretgeplante und zum Inhalt der Bauvoranfrage vom 2. September 1997 gemachteBauvorhaben auch verwirklichen konnte, läge ein negativer Bauvorbescheidvor. Ob das eine oder andere gemeint war, hängt davon ab, was die [X.] der fraglichen [X.] zum Ausdruck bringen wollten.Soweit das Berufungsgericht bei seinen Überlegungen zu § 162 Abs. [X.] die Klausel dahin versteht, daß der Beklagte nur dann zurücktreten durfte,wenn "eine auf die Errichtung eines den örtlichen Verhältnissen entsprechen-den Verbrauchermarktes gerichtete Bauvoranfrage" negativ beschieden würde,läßt diese Auslegung sowohl den Wortlaut der Vereinbarung als auch die [X.] der Parteien außer acht. Da die Parteien die Rücktrittsberechti-gung von der Genehmigung des "geplanten" Bauvorhabens abhängig gemachthaben, ist nach dem objektiven Erklärungswert der Inhalt der Planung für [X.] zum Rücktritt ohne Bedeutung. Außerdem läuft die Auslegung daraufhinaus, daß sich die Klausel als sinnlos erweist. Denn wenn das [X.] den örtlichen Verhältnissen entsprechen mußte, war es planungs-rechtlich unbedenklich; damit konnte das vereinbarte Rücktrittsrecht nicht ent-stehen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist aber anzunehmen, daß eine- 6 -vertragliche Bestimmung nach dem Willen der Parteien einen bestimmtenrechtserheblichen Inhalt haben soll; deshalb ist bei mehreren an sich mögli-chen Auslegungen derjenigen der Vorzug zu geben, bei welcher der Vertrags-norm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung anson-sten als (teilweise) sinnlos erweisen würde ([X.], [X.]. v. 18. Mai 1998,II ZR 19/97, [X.], 1535). Deswegen liegt die Annahme nahe, daß mit dem"geplanten" Bauvorhaben auf ein bestimmtes Bauvorhaben abgestellt werdensollte, so daß es nur noch darauf ankommt, ob damit pauschal die "Errichtungeiner Betriebsstätte für einen Verbrauchermarkt" oder konkret das fünf Tagenach Vertragsschluß zum Inhalt der Bauvoranfrage gemachte [X.] war.2. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht ferner an, der Beklagte habeden Bedingungseintritt für das Rücktrittsrecht entgegen [X.] und Glauben her-beigeführt (§ 162 Abs. 2 BGB). Auch hierzu fehlen die erforderlichen Feststel-lungen.a) An der Anwendbarkeit der Vorschrift bestehen allerdings keine Zwei-fel. Bei der Regelung in § 8 Nr. 1 des Kaufvertrages handelt es sich um [X.] gesetzte Bedingung, für die § 162 BGB gilt. Selbst wenn [X.] eines Bauvorbescheids als Vorstufe der Baugenehmigung ein gesetzli-ches Erfordernis für die Durchführung des Bauvorhabens darstellt, wird [X.] nicht zur Rechtsbedingung, für die der Rechtsgedanke des§ 162 BGB nur ausnahmsweise gemäß dem Grundsatz von [X.] und Glauben(§ 242 BGB) herangezogen werden kann (vgl. [X.], [X.]. v. 25. September1996, [X.], NJW 1996, 3338, 3340).- 7 -b) [X.]widrig im Sinne des § 162 Abs. 2 BGB handelt, wer in einer ge-gen [X.] und Glauben verstoßenden Art und Weise Einfluß auf den [X.] nimmt, indem er bewußt pflichtwidrig in den Gang der Bedingung ein-greift und damit den Bedingungseintritt treuwidrig herbeiführt (vgl. [X.], [X.]. v.13. Februar 1989, [X.], NJW-RR 1989, 802). Ein solches Verhaltenkann dem Beklagten nicht vorgeworfen werden. Der Vortrag der Parteien [X.] her für die Annahme des [X.], der Beklagte hätte [X.] für ein Bauvorhaben gestellt, welches sich wegen der geplantenGröße des Lebensmittelmarktes nicht in die nähere Umgebung einfügte, [X.] sei für den Beklagten voraussehbar gewesen, daß deshalb das geplanteBauvorhaben nicht ohne weiteres genehmigt werden würde. Die allgemeineSachkunde des Beklagten, die er als Architekt besitzt, sowie seine spezielleKenntnis von dem Baugebiet rechtfertigen diese Auffassung nicht. Denn dasgeplante Bauvorhaben wurde nicht generell abgelehnt; vielmehr wurde die Er-teilung der Baugenehmigung unter einer Bedingung und mit einer Auflage [X.] gestellt. Somit war die Bauvoranfrage nicht von vornherein [X.]. Ein treuwidriges Verhalten könnte dem Beklagten nur dann vorge-halten werden, wenn er gar keine oder schuldhaft eine Bauvoranfrage mit einervon vornherein nicht genehmigungsfähigen Planung gestellt hätte. Dies hat [X.] nicht getan.3. Mit Erfolg rügt die Revision schließlich, daß das [X.]der Klägerin einen Anspruch auf 6,75 % Zinsen zugesprochen hat. Ein ent-sprechender Antrag wurde von ihr in der Berufungsinstanz nicht wirksam ge-stellt. Sie hätte ihren gegenüber der ersten Instanz erhöhten Zinsanspruch [X.] der Anschlußberufung geltend machen müssen. Dies hat die Klägerinnicht [X.] 8 -Die Einlegung der Anschlußberufung geschieht durch einen von [X.] des Berufungsbeklagten unterzeichneten bestimmen-den Schriftsatz; die in der mündlichen Verhandlung abgegebene und dort pro-tokollierte Erklärung, es werde Anschlußberufung eingelegt, genügt nicht (vgl.[X.]Z 33, 169, 173; [X.], [X.]. v. 29. September 1992, [X.], [X.], 269, 270). Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn die Einlegung [X.] zuvor in einem Schriftsatz vorbehalten war (vgl. [X.]Z, aaO,[X.]). Daran fehlt es hier. Die Klägerin hat die Verurteilung des [X.] Zahlung von 6,75 % Zinsen erstmals in der mündlichen Verhandlung vordem Berufungsgericht beantragt. Dabei hat sie nicht einmal zum Ausdruck ge-bracht, Anschlußberufung einlegen zu wollen. Deshalb kommt es auf die auchvertretene Auffassung, die Anschlußberufung könne in der mündlichen [X.] zu Protokoll des [X.] eingelegt werden ([X.] 28, 31;MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, § 522 a Rdn. 5), nicht an.[X.] allem hat das Berufungsurteil keinen Bestand. Es ist deshalb auf-zuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung andas Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es muß- 9 -aufgeklärt werden, was die Parteien in der [X.] unter dem "ge-planten Bauvorhaben" verstanden haben.[X.]Lambert-LangTropf[X.] Lemke

Meta

V ZR 473/98

14.01.2000

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2000, Az. V ZR 473/98 (REWIS RS 2000, 3493)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3493

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