Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.09.2010, Az. 4 StR 408/10

4. Strafsenat | REWIS RS 2010, 3221

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Gegenstand

Verbrauch der Strafklage: Wiederholte Verwirklichung des Tatbestandes der Geldfälschung


Leitsatz

Zum Umfang des Verbrauchs der Strafklage in Fällen der wiederholten Verwirklichung des Tatbestandes der Geldfälschung .

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 22. April 2010 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Anstiftung zur Geldfälschung schuldig ist.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen [X.] zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision führt auf die Sachrüge zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2

Nach den Feststellungen überließ der Angeklagte dem Zeugen [X.], dem er bereits im [X.] 2004 „einen falschen 10,-- €-Schein als Muster“ übergeben hatte, „um [X.] 2004 herum" mindestens 3.900 falsche 10 Euro-Scheine. Er teilte dem Zeugen hierbei mit, dass es sich um Falschgeld handeln würde; zugleich vereinbarte er mit [X.], dass das Falschgeld als Sicherheit für einen von ihm - dem Angeklagten - geschuldeten Geldbetrag dienen sollte. "Um die Jahreswende 2005/2006 herum" erklärte der Angeklagte dem Zeugen, dass er seine Schulden nicht begleichen könne; er forderte den Zeugen zum Weiterverkauf des [X.] auf. Dementsprechend verkaufte [X.] das Falschgeld im Rahmen von drei Absatzgeschäften.

II.

3

Die erhobene Rüge der Verletzung formellen Rechts ist bereits unzulässig (vgl. insbesondere [X.]St 40, 3, 5; [X.], Beschluss vom 8. Mai 2003 - 5 [X.], [X.]R StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 40).

III.

4

1. Die Annahme des [X.]s, der Angeklagte sei mit Blick auf die Aushändigung des [X.] an [X.] "um [X.] des Jahres 2004 herum" wegen [X.] gemäß § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu bestrafen ([X.]), ist rechtsfehlerhaft. Zwar kann die Tatbestandsvariante des Inverkehrbringens auch durch die Hingabe von Falschgeld als Sicherheit erfüllt werden (vgl. [X.] in [X.]/[X.] StGB 28. Aufl. § 146 Rn. 21). Das [X.] hat aber nicht bedacht, dass der Angeklagte durch Strafbefehl vom 16. März 2005, rechtskräftig seit dem 20. April 2005, wegen Inverkehrbringens von Falschgeld zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Dem liegt zu Grunde, dass der Angeklagte am 21. März 2004 eine Rechnung mit drei unechten 10-Euro-Scheinen bezahlt hatte. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil hatte der Angeklagte "spätestens im [X.] 2004 … eine größere Summe Falschgeld in Form von nachgemachten 10,-- [X.] im Nennwert von mindestens 39.000 Euro in seinen Besitz gebracht“ ([X.]). Es handelte sich hierbei um dieselbe Fälschungsklasse, der auch die drei unechten, am 21. März 2004 benutzten Banknoten zugehörten ([X.], 21). Die [X.] geht selbst davon aus, dass es "ohne weiteres plausibel (ist), dass der Angeklagte, nachdem er zuvor bei dem Versuch ertappt worden ist, das in seinem Besitz befindliche Falschgeld selbst in Verkehr zu bringen, weitere Absatzgeschäfte als zu risikoreich beurteilt hat und sich dazu entschlossen hat, das Falschgeld zunächst als Sicherheit und später zur Tilgung seiner bei dem Zeugen [X.] bestehenden und von diesem mit Nachdruck eingeforderten Schulden weiterzugeben" ([X.]).

5

2. Danach steht einer Aburteilung der Weitergabe des [X.] um [X.] des Jahres 2004 herum die Rechtskraft des Strafbefehls vom 16. März 2005 entgegen (§ 410 Abs. 3 StPO). Es ist nach den Ausführungen des angefochtenen Urteils zumindest nicht auszuschließen, dass das mit dem Strafbefehl abgeurteilte Inverkehrbringen von Falschgeld dieselbe Falschgeldmenge betraf, aus der auch die zu [X.] 2004 dem Zeugen [X.] übergebenen Falsifikate stammten; insoweit ist vom Vorliegen eines Verfahrenshindernisses auszugehen (vgl. [X.], Urteil vom 30. Juli 2009 - 3 [X.], [X.], 160).

6

3. Dies führt hier allerdings nicht zu einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 206a StPO, sondern nur zu einer Änderung des Schuldspruchs. Denn der Angeklagte hat den Zeugen [X.] "um die Jahreswende 2005/2006 herum" aufgefordert, das Falschgeld weiter zu verkaufen. Zwar hat er sich hierdurch nicht einer "erneuten" mittäterschaftlichen Verwirklichung des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB schuldig gemacht. Denn Mittäter nach § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB kann nur sein, wer bereits Mittäter des Delikts nach § 146 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 StGB war ([X.] in [X.]. § 146 Rn. 29); eine solche Mittäterschaft liegt beim Angeklagten und dem Zeugen [X.] nicht vor. Jedoch hat der Angeklagte diesen Zeugen durch die vorgenannte Aufforderung dazu bestimmt, das falsche Geld, das der Zeuge sich unter den Voraussetzungen des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB verschafft hatte, als echt in Verkehr zu bringen. Hierunter fällt auch der Absatz durch einen Eingeweihten (vgl. [X.]St 35, 21, 23; 42, 162, 168). Die der Rechtskraft des Strafbefehls zeitlich nachfolgende Anstiftungshandlung wird vom Verbrauch der Strafklage nicht umfasst (vgl. [X.] aaO § 146 Rn. 3). Der Angeklagte hat sich daher gemäß § 26 StGB der Anstiftung zum Verbrechen nach § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB schuldig gemacht.

7

Der Vorwurf der Anstiftung ist von der zugelassenen Anklage umfasst. Die Aufforderung des Zeugen zum Weiterverkauf des ihm zuvor als Sicherheit überlassenen [X.] ist im konkreten Anklagesatz beschrieben.

8

Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab; dem steht § 265 StPO nicht entgegen, weil ausgeschlossen werden kann, dass der in der Hauptverhandlung schweigende Angeklagte sich gegen den geänderten Vorwurf erfolgreicher als geschehen hätte verteidigen können. Dazu bietet auch die im angefochtenen Urteil wiedergegebene Aussage des Angeklagten als Zeuge in dem vor dem [X.] Heidelberg geführten Verfahren gegen [X.] keinerlei Anhalt.

9

Der Senat schließt aus, dass die [X.] den Angeklagten milder bestraft hätte, hätte sie erkannt, dass er sich nicht als Täter, sondern als Anstifter schuldig gemacht hat; nach § 26 StGB wird der Anstifter gleich einem Täter bestraft. Aus den Strafzumessungserwägungen der [X.] ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass es sich im konkreten Fall anders verhalten könnte; das gilt auch unter Berücksichtigung des im Urteil vorgenommenen Härteausgleichs (vgl. [X.], Urteil vom 25. April 1990 – 3 StR 59/ 89, [X.]R StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 3; [X.] Aufl. § 55 Rn. 21a).

Ernemann                                      Solin-Stojanović                                     Cierniak

                            [X.]                                                   Bender

Meta

4 StR 408/10

20.09.2010

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Saarbrücken, 22. April 2010, Az: 1 KLs 10/09 - 5 Js 200/08 - 2 AR 29/10, Urteil

§ 26 StGB, § 146 Abs 1 Nr 2 StGB, § 146 Abs 1 Nr 3 StGB, § 206a StPO, § 264 StPO, § 410 Abs 3 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.09.2010, Az. 4 StR 408/10 (REWIS RS 2010, 3221)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3221

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 408/10

32 KLs 45/20

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