Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2006, Az. V ZR 134/05

V. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 5491

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] Verkündet am: 20. Januar 2006 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] Art. 5 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 BGB §§ 858 ff., 903, 1004 Auch ein [X.]betreiber, der unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist, muss es wegen der konkret zu [X.] Beeinträchtigung des Flugbetriebs nicht dul-den, dass Flugblätter an Passagiere eines bestimmtes Fluges in der Absicht verteilt werden, eine im Rahmen dieses Fluges stattfindende Abschiebung zu verhindern oder mindestens zu verzögern. [X.], Urt. v. 20. Januar 2006 - [X.]/05 - OLG Frankfurt a.M. LG Frankfurt a.M.

- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2006 durch [X.] Dr. [X.], [X.] Lemke und Dr. [X.]t-Räntsch, die Richterin [X.] und [X.] Czub für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 20. Mai 2005 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin begab sich am 11. März 2003 zusammen mit fünf weiteren Personen in eine Abflughalle des von der Beklagten - einer Aktiengesellschaft im [X.] der öffentlichen Hand - betriebenen [X.]. An dem [X.], der für einen an diesem Tag stattfindenden Flug nach [X.] zuständig war, fragte die Klägerin nach der im Rahmen des Fluges vorgesehenen Abschiebung eines Ausländers. Hierbei wurden Flugblätter ver-teilt, welche unter der Überschrift —Flug: LH 3492 nach [X.]–fi den Namen des Ausländers sowie Angaben zu seinem Schicksal und zu seiner Befürchtung enthielten, im Wege einer Kettenabschiebung an die [X.] ausgeliefert zu werden. Der Klägerin ging es dabei insbesondere um die Weitergabe der [X.] - 3 - mation, dass bei dem Flug eine Abschiebung durchgeführt werden sollte, die nach ihrer Behauptung gegen den Willen des Betroffenen erfolgte. Mit Schreiben vom 12. März 2003 sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin ein [X.]verbot aus. Wie die Beklagte später klarstellte, betrifft das Verbot die unberechtigte Nutzung des [X.]s, insbesondere mit ihr nicht abgestimmte Demonstrationen im Terminal. Dagegen ist die Klägerin nicht gehindert, den [X.] zu Reisezwecken oder als Besucherin der sich in den Terminals befindlichen Geschäfte zu betreten. 2 Im Juni 2004 demonstrierte die Klägerin zusammen mit zehn weiteren Personen an einem [X.] des [X.]; dabei [X.] einer Fluggesellschaft unter Verwendung eines ausgerollten Transparents vorgeworfen, Geschäfte mit Abschiebungen zu machen. Ferner wurden Flug-blätter mit der Überschrift —Zeigen Sie Zivilcourage - [X.] an Passagiere verteilt. 3 Die Klägerin meint, die Beklagte habe es im Hinblick auf die [X.] und Meinungsfreiheit hinzunehmen, dass von ihrem Betriebsgelände aus durchgeführte Abschiebungen von [X.] kritisch hinterfragt würden. Ihre auf Aufhebung des [X.] gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolg-los geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter; die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision. 4 - 4 - Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagte könne gemäß § 903 BGB grundsätzlich frei darüber entscheiden, wem sie den Zutritt zu ihrem Betriebsgelände gestatte. Begrenzt werde ihr Hausrecht lediglich durch ihre Verpflichtung, jedermann die Benutzung des [X.] zu ermöglichen, und durch die allgemeinen Einschränkungen, denen [X.] unterworfen seien, wenn sie ihre Geschäftsräume bzw. Verkehrsanlagen der Allgemeinheit zugänglich gemacht hätten. Da die Beklagte wegen der durch das Verhalten der Klägerin veranlassten Betriebsstörung ein berechtigtes Inte-resse an einem Zutrittsverbot habe, sei das Hausverbot nicht zu beanstanden. Die Grundrechte der Klägerin auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit führten zu keiner anderen Beurteilung. Einer unmittelbaren Bindung an die Grundrechte unterliege die Beklagte vorliegend nicht, da sie keine öffentlich-rechtliche [X.] erfülle, wenn sie ihre Infrastruktur für Abschiebungen zur Verfügung stelle. Die mittelbare Wirkung der Grundrechte im Privatrecht führe nicht dazu, dass ein Betrieb Demonstrationen auf seinem Gelände hinnehmen müsse; [X.] gelte für die Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit. 5 I[X.] Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. 6 - 5 - 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Befugnis der Beklagten, ein Hausverbot auszusprechen, aus ihrem Hausrecht folgt. [X.] beruht auf dem Grundstückseigentum oder -besitz (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB) und ermöglicht seinem Inhaber, grundsätzlich frei darüber zu entschei-den, wem er den Zutritt zu der Örtlichkeit gestattet und wem er ihn verwehrt. Das schließt das Recht ein, den Zutritt nur zu bestimmten Zwecken zu erlauben und die Einhaltung dieser Zwecke mittels eines [X.] durchzusetzen (vgl. [X.], Urt. v. 8. November 2005, [X.], Umdruck S. 11). 7 2. a) Das Berufungsgericht hat ferner nicht verkannt, dass das Hausrecht der Beklagten Einschränkungen unterliegt. Diese ergeben sich zunächst aus dem für Verkehrsflughäfen grundsätzlich geltenden Kontrahierungszwang. Der [X.]betreiber ist verpflichtet, Luftfahrern, die die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen zur Benutzung des Luftraums erfüllen, die Benutzung der [X.] zu gestatten und den ungehinderten Zu- und Abgang der Fluggäste zu ermöglichen ([X.], Urt. v. 10. Juli 1969, [X.], [X.], 1296, 1297; [X.] in: [X.]/[X.], [X.], Stand Oktober 2005, § 43 [X.], [X.]. 2 [X.]). Einschränkungen des [X.] folgen ferner aus der Öffnung des [X.]s für Begleitpersonen von Reisenden, für Besucher und für Kunden der auf dem [X.]gelände ange-siedelten [X.] (Restaurants, Geschäfte). Die Beklagte ge-stattet hierdurch generell und unter Verzicht auf eine Prüfung im Einzelfall allen Personen den Zutritt zum [X.], die sich im Rahmen des üblichen Verhal-tens bewegen und den Betriebsablauf nicht stören (vgl. [X.] 124, 39, 43). 8 b) Aus diesen Einschränkungen des Hausrechts folgt indessen kein An-spruch der Klägerin, den [X.] für ähnliche [X.]en wie am 11. März 2003 zu betreten, und damit kein Anspruch auf Aufhebung des [X.]. Mit der 9 - 6 - Öffnung bestimmter Bereiche des [X.]s für alle Reisende und sonstige Besucher hat die Beklagte diese nicht zur beliebigen Nutzung, sondern nur für bestimmte [X.] freigegeben. Zu ihnen gehören neben [X.] die Abholung und Begleitung von Fluggästen, der Besuch der auf dem Gelände befindlichen Restaurants und Geschäfte sowie die Besichtigung des [X.]s. Dagegen hat die Beklagte den [X.] weder allgemein zur [X.] noch zur Durchführung von Protestaktionen oder sons-tigen Versammlungen zur Verfügung gestellt. Das ergibt sich bereits daraus, dass eine solche Nutzung durch die Allgemeinheit mit der Funktion eines Flug-hafens unvereinbar wäre, lässt sich aber auch Nr. 4.2. der [X.]benut-zungsordnung entnehmen, wonach bereits Sammlungen, Werbungen sowie das Verteilen von Flugblättern und sonstigen Druckschriften der Einwilligung der Beklagten bedürfen. Entgegen der Auffassung der Revision hat sich die Klägerin nicht inner-halb der von der Beklagten freigegebenen [X.] bewegt. Die Kläge-rin kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass ihr Verhalten am 11. März 2003 mit der Begleitung eines Reisenden zu dessen Abflug vergleich-bar gewesen sei und sich auf die Weitergabe von —Informationen zum [X.] be-schränkt habe. Bei dieser Betrachtungsweise wird ausgeblendet, dass die [X.] über die geplante Abschiebung nach dem Vorbringen der Klägerin in den Vorinstanzen und der von ihr in der Revisionsverhandlung abgegebenen Erklärung darauf abzielte, die Abschiebung von [X.] kri-tisch zu hinterfragen. Wollte die Klägerin die Passagiere aber anhand des Schicksals eines Mitreisenden auf einen nach ihrer Auffassung generell beste-henden Missstand aufmerksam machen, so diente die Verteilung der [X.] in erster Linie der Verbreitung ihrer Meinung und nicht der Begleitung eines Reisenden. 10 - 7 - 3. Die Beklagte ist auch nicht mit Rücksicht auf die Grundrechte der Klä-gerin aus Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 [X.] gehalten, eine Nutzung des Flug-hafens in einer der [X.] vom 11. März 2003 vergleichbaren Weise zu dulden (§ 1004 Abs. 2 BGB), und deshalb verpflichtet, das Hausverbot aufzuheben. 11 a) Dabei kann offen bleiben, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, eine unmittelbare [X.] der Beklagten setze die [X.] öffentlicher Aufgaben voraus (vgl. [X.] 155, 166, 173 ff. [X.]) oder ob eine solche Bindung unabhängig von der - für den Bereich des Luftverkehrs jedenfalls nicht zweifelhaften - Zuordnung der Tätigkeit der Beklagten zur [X.] Verwaltung im funktionalen Sinn (vgl. hierzu [X.], Urt. v. 10. Juli 1969, [X.], [X.], 1296; Urt. 24. November 1977, [X.], [X.], 1097, 1098; [X.]St 45, 16, 19; Schwenk/[X.], Handbuch des Luft-verkehrsrechts, 3. Aufl., [X.]) besteht. Letzteres käme in Betracht, wenn die Auffassung zuträfe, dass der Staat stets, also auch bei fiskalischem Handeln und erwerbswirtschaftlicher Betätigung, an die Verfassung gebunden ist (so z.B. [X.] in v. Mangoldt[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., Art. 1 Abs. 3 [X.]. 228 f.; [X.] [X.], [X.], 3. Aufl., Art. 1 [X.]. 95 f.; Dreier, [X.], 2. Aufl., Art. 1 Abs. 3 [X.]. 65 ff. jeweils [X.]) und mittels seiner Mehrheitsbeteiligung an einer [X.] deren grundrechtskonformes Verhalten gewährleisten muss (so im Ergebnis [X.] NVwZ 2003, 874, 875; [X.]/[X.]/[X.], Demonstra-tions- und Versammlungsfreiheit, 14. Aufl., § 1 [X.]. 52; wohl auch [X.], NVwZ 2004, 788, 790 f.; vgl. aber auch [X.], aaO, [X.]. 231; Höfling, aaO, [X.]. 96 u. Dreier, aaO, [X.]. 70, wonach der öffentliche Anteilseigner nur gehalten ist, seine Beteiligungsrechte grundrechtskonform auszuüben; siehe ferner [X.] NVwZ 2002, 847). 12 - 8 - b) Das Hausverbot verletzt nämlich auch dann nicht die Rechte der Klä-gerin aus Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 [X.], wenn zu ihren Gunsten eine un-mittelbare Grundrechtbindung der Beklagten unterstellt wird. 13 aa) (1) Aus Art. 8 Abs. 1 [X.], auf den die Revision verweist, lässt sich ein Anspruch der Klägerin, Demonstrationen in den Gebäuden des [X.] durchzuführen, nicht entnehmen. Das Grundrecht auf Versamm-lungsfreiheit gibt grundsätzlich keine Leistungsansprüche gegen den Staat zur Nutzung von Räumlichkeiten, die einem eingeschränkten, die Durchführung von Versammlungen und Demonstrationen nicht umfassenden Zweck zu dienen bestimmt sind. Zwar gewährleistet Art. 8 Abs. 1 [X.] auch das Recht, über den Ort der Veranstaltung zu bestimmen. Die Entscheidung über den Ort der Ver-sammlung setzt aber die rechtliche Verfügungsbefugnis über den Versamm-lungsort voraus, begründet also kein [X.], das nicht schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen besteht (vgl. [X.], 135, 138). 14 (2) Die Klägerin kann auch nichts daraus herleiten, dass es der [X.] - sollte sie einer unmittelbaren [X.] unterliegen - mögli-cherweise nicht völlig freisteht, über Anträge auf Nutzung des [X.] jenseits seines Bestimmungszwecks nach Belieben zu entscheiden, son-dern dass sie gehalten sein könnte, hierbei auch das Interesse des jeweiligen Antragstellers an der Wahrnehmung seiner Grundrechte auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit gebührend zu berücksichtigen (vgl. allgemein: [X.], 135, 139 f.; für einen öffentlich zugänglichen Parkplatz auf dem Gelände der Beklagten: [X.] NVwZ 2003, 874; siehe ferner [X.]/[X.]/[X.], Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, 14. Aufl., § 1 [X.]. 52; [X.], NVwZ 2004, 788, 791). Eine hieraus folgende Duldungspflicht käme nämlich nur in Betracht, wenn die bestimmungsgemäße Nutzung des 15 - 9 - [X.]s durch die Demonstration nicht oder allenfalls ganz geringfügig be-einträchtigt würde und die Beklagte gegen ihre Durchführung deshalb keine sachlichen Erwägungen anführen könnte. Versammlungen, die geeignet sind, den [X.] zu stören, muss die Beklagte jedenfalls auch unter Be-rücksichtigung von Art. 8 [X.] nicht hinnehmen. Solche, die Abwicklung des Flugverkehrs störende Versammlungen strebt die Klägerin indessen an. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann sich die Beklagte auf ein berechtigtes Interesse an der Erteilung des [X.] berufen, weil der Vorfall vom 11. März 2003 zu einer Betriebsstörung ge-führt hat. Diese Einschätzung greift die Revision im Ergebnis ohne Erfolg an. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen jedenfalls die Annahme, dass die [X.] - wären Mitarbeiter der Beklagten und Beamte des Bundesgrenzschutzes nicht eingeschritten - zu einer Störung des [X.] hätte führen können. Zwar beschränkte sich die Klägerin bei dem ersten Vorfall darauf, Flugblätter mit Angaben zu der Person, die mit dem Flug LH 3492 abgeschoben werden sollte, zu verteilen und die Information zu verbrei-ten, dass die Abschiebung gegen den Willen des Betroffenen durchgeführt wer-den sollte. Angesichts der Zielrichtung dieser Handlungen war eine durch sie verursachte Betriebsstörung aber konkret zu besorgen. Das folgt daraus, dass sich die Klägerin zu dem für den Flug LH 3492 zuständigen Abfertigungsschal-ter begeben hatte, also nicht etwa beliebige Besucher des [X.]s, sondern - wovon auch die Revision ausgeht - gerade die mitreisenden Passagiere über die während ihres Fluges stattfindende Abschiebung informieren wollte. Das rechtfertigt den Schluss, dass es der Klägerin darauf ankam, Solidarisierungsef-fekte, jedenfalls aber Verunsicherung, unter den Passagieren zu erzielen, [X.] im Vorfeld des Fluges zu Nachfragen oder Protesten und damit mindestens zu einer Verzögerung des Abflugs führen würde. Hierfür spricht auch die von 16 - 10 - der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat abgegebene Erklä-rung, nach der eine vergleichbare [X.] zur Folge hatte, dass sich der über die Abschiebung informierte Pilot weigerte, die betroffene Person mitfliegen zu [X.], womit eine nicht unerhebliche Startverzögerung einhergegangen sein dürf-te. Gestützt wird die Annahme, die [X.] vom 11. März 2003 sei auf die Herbeiführung einer Betriebsstörung gerichtet gewesen, ferner durch den [X.] vom 17. Juni 2004, bei dem die Klägerin Flugblätter mit der Überschrift —Zei-gen Sie Zivilcourage - [X.] verteilte. Hierin war unter anderem der Hinweis enthalten, Passagiere könnten sich weigern, ihre Handys im Flugzeug auszuschalten, und so den Start der Maschine und damit die Abschiebung verhindern oder verzögern. Der Berücksichtigung dieser zwei-ten [X.] steht nicht entgegen, dass sie mehr als ein Jahr nach Erteilung des streitgegenständlichen [X.] stattgefunden hat. Ein Hausverbot hat kei-nen Sanktionscharakter, denn es dient nicht dazu, eine gegenwärtige Verlet-zung des Hausrechts zu beenden - hierzu genügt ein Hausverweis -, sondern hat in erster Linie den Zweck, künftige Verletzungen des Hausrechts zu verhin-dern (vgl. [X.], NJW 2002, 1063, 1065 für das Hausrecht des [X.]). Die Beurteilung der Wirksamkeit eines [X.] hängt deshalb auch davon ab, inwieweit weitere Verstöße gegen das Hausrecht zu besorgen sind. Das rechtfertigt es, nach Erteilung des [X.] bekannt gewordene Umstände zu berücksichtigen, wenn sie - wie hier - deutlich ma-chen, dass ein auf die Herbeiführung von Betriebsstörungen gerichtetes Nut-zungsrecht in Anspruch genommen wird. 17 bb) Die Beklagte ist auch nicht im Hinblick auf das Grundrecht der Kläge-rin aus Art. 5 Abs. 1 [X.] verpflichtet, das Hausverbot (teilweise) aufzuheben. 18 - 11 - Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist nicht vorbehaltlos, sondern nur in den Schranken der allgemeinen Gesetze gewährleistet. Dabei ist das [X.] seinerseits im Lichte der Bedeutung der Meinungsfreiheit auszule-gen und in seiner das Grundrecht einschränkenden Wirkung zu begrenzen (vgl. [X.]E 7, 198, 208), um sicherzustellen, dass das für eine freiheitliche demo-kratische Staatsordnung unverzichtbare Recht der freien Meinungsäußerung nur durch hinreichend gewichtige Gemeinwohlbelange oder schutzwürdige Rechte und Interessen Dritter eingeschränkt wird (vgl. [X.]E 107, 275, 281). Die Einschränkung, die die Meinungsfreiheit der Klägerin durch das Hausverbot erfährt, beruht auf dem Hausrecht der Beklagten (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB). Dieses dient der Wahrung der äußeren Ordnung in dem Gebäude oder der Örtlichkeit, auf die sich das Hausrecht erstreckt (vgl. [X.], Urt. v. 8. November 2005, [X.], Umdruck S. 11), und damit zugleich der Sicher-stellung des von dem Eigentümer vorgegebenen Benutzungszwecks (vgl. [X.] NJW 1977, 261). Das Hausrecht eines [X.]betreibers schützt [X.] die Funktionsfähigkeit des [X.]s und gewährleistet so die Erfüllung des - in der Betriebspflicht des § 45 Abs. 1 Satz 1 [X.] zum Ausdruck kommenden - gesetzlichen Auftrags, die dem Flugverkehr dienenden Anlagen gebrauchsfähig zu erhalten und vor Störungen zu schützen (vgl. Schwenk/[X.], Handbuch des Luftverkehrsrechts, 3. Aufl., S. 563 f.). Die Gewährleistung eines reibungslosen Flugverkehrs stellt ebenso wie die Sicher-heit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs (vgl. BVerwGE 56, 63, 67) einen ge-wichtigen Gemeinwohlbelang dar. Dient die Ausübung des Hausrechts des [X.]betreibers - wie hier - der Verhinderung konkret drohender Betriebs-störungen, ist die damit verbundene Einschränkung der Meinungsfreiheit des-halb hinzunehmen. 19 - 12 - c) Das Hausverbot ist im Lichte von Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 [X.] schließ-lich auch seinem Umfang nach nicht unverhältnismäßig. 20 Der Beklagten stand kein milderes Mittel als das Hausverbot zur Verfü-gung, um die Klägerin zur Beachtung der zulässigen [X.] anzuhal-ten. Insbesondere musste sie sich nicht auf einen Hausverweis beschränken, also darauf, die Klägerin am 11. März 2003 unter Hinweis auf die [X.]be-nutzungsordnung zum Verlassen des [X.]s aufzufordern. Die Beklagte durfte mittels des - nur die unberechtigte Nutzung des [X.] - [X.] vielmehr klarstellen, dass sie vergleichbare [X.]en der Klägerin auch künftig nicht dulden und als Verletzung ihres Hausrechts ansehen werde. 21 Die Klägerin ist auch nicht für alle Zukunft und ungeachtet veränderter Umstände gehindert, sich gegenüber der Beklagten auf ihre Grundrechte zu berufen. Ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 7. November 2003 beschränkt sich das Hausverbot auf eine der [X.]benutzungsordnung zu-widerlaufende Nutzung, insbesondere mit der Beklagten nicht abgestimmte Demonstrationen. Die Beklagte hat damit zu erkennen gegeben, dass sie grundsätzlich bereit ist, im Einzelfall über die Erlaubnis, eine Versammlung auf dem [X.] durchzuführen, zu entscheiden. Für die Verteilung von [X.]n ergibt sich dies aus Nr. 4.2. der [X.]benutzungsordnung, wonach das Verteilen von Flugblättern mit Einwilligung der Beklagten möglich ist. Durch die Beschränkung des [X.] auf die unberechtigte Nutzung des [X.]s hat die Beklagte zu erkennen gegeben, dass die Klägerin von dieser Nutzung nicht ausgeschlossen ist, dass also eine Entscheidung über einen Antrag der Klägerin, Flugblätter verteilen zu dürfen, nicht unter Hinweis auf das Hausverbot unterbleiben wird. 22 - 13 - II[X.] Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 23 [X.] Lemke [X.]t-Räntsch Stresemann Czub Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.12.2004 - 31 C 2799/04-23 - [X.], Entscheidung vom 20.05.2005 - 2/1 S 9/05 -

Meta

V ZR 134/05

20.01.2006

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2006, Az. V ZR 134/05 (REWIS RS 2006, 5491)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5491

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