Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2014, Az. II ZR 273/12

II. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8022

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
II ZR
273/12
Verkündet am:

11. Februar 2014

Stoll

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 249 Ba
Die Ursächlichkeit einer Verletzung der Aufklärungspflicht für den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds wird vermutet.

[X.], Urteil vom 11. Februar 2014 -
II ZR 273/12 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11.
Februar 2014 durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Bergmann, [X.] Dr. Strohn, die Richterinnen [X.] und [X.] sowie den Richter Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 31. Juli 2012 aufgeho-ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne. Er beteiligte sich im Jahr 1997 mit 250.000 DM nebst 5 % Agio über ei-nen Treuhandkommanditisten an dem geschlossenen Immobilienfonds D.

GmbH & Co.

M.

und Be.

, R.

straße

KG (im Folgenden: Fonds). Unter Berufung auf verschiedene Prospekt-mängel begehrt er von der [X.] zu 1) als Gründungskomplementärin und der [X.] zu 2) als Gründungskommanditistin des Fonds im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung der Beteiligung.
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Mit seiner Klage hat der Kläger Zahverlangt Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungsrechte an dem Fonds. Weiter hat er beantragt festzustellen, dass die [X.] im Annahmeverzug seien und dass sie verpflichtet seien, ihm allen künftigen Schaden aus der [X.] zu ersetzen.
Das [X.] hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Das [X.] hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des [X.].

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[X.] Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Ob der verwendete Prospekt fehlerhaft gewesen sei, könne ebenso offen bleiben wie die Höhe eines möglichen Schadens und die Frage der Verjährung. Denn der Kläger habe jedenfalls nicht nachgewiesen, dass etwaige Prospekt-fehler und eine möglicherweise unzutreffende Beratung durch den Mitarbeiter der die Anlage vermittelnden B.

, S.

, ursächlich für den [X.] geworden seien. Der Kläger habe bei seiner Anhörung zwar ausgesagt, dass er sich mit der Beteiligung eine Altersversorgung habe schaffen wollen und den Prospekt mit S.

durchgegangen sei und ihn ausführlich studiert habe. Ergänzend habe der Kläger vorgetragen, dass mindestens drei Bera-tungsgespräche mit S.

stattgefunden hätten, wovon zwei in Gegenwart sei-nes Steuerberaters geführt worden seien, und dass S.

dabei
die Anlage als 2
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hervorragende Zusatzversorgung im Alter herausgestellt habe. Dem stehe aber die ebenso glaubhafte Aussage des Zeugen S.

gegenüber, wonach dem Kläger im Rahmen von regelmäßigen gemeinsamen Mittagessen der Prospekt übergeben worden sei, ohne dass Beratungsgespräche geführt worden seien. Angesichts dessen könne nicht festgestellt werden, welche Kenntnisse sich der Kläger über den Fonds verschafft habe und welche Motive ihn zu dem Erwerb der Beteiligung geleitet hätten. Es könne durchaus sein, dass die gerügten [X.] auf die Anlageentscheidung keinen Einfluss gehabt hätten.
I[X.] Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat die Frage offen gelassen, ob die [X.] mittels der Verwendung eines inhaltlich falschen, irreführenden oder unvoll-ständigen Prospekts ihre Aufklärungspflicht aus dem Vertragsanbahnungsver-hältnis mit dem Kläger verletzt haben. Für das Revisionsverfahren ist ein Auf-klärungsfehler somit zu unterstellen. Dass die Haftung der [X.] aus Verschulden bei Vertragsschluss im Streitfall auch den Kläger [X.] unabhängig davon, dass er sich nicht als Kommanditist, sondern als [X.] über einen Treuhandkommanditisten beteiligen wollte, hat
das [X.] zutreffend ausgeführt.
2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht dagegen in seiner Ansicht, die Klage sei unbegründet, weil sich anhand der durchgeführten Be-weisaufnahme einschließlich der Anhörung des [X.] nicht feststellen lasse, welche Motive für den Kläger bei seiner Anlageentscheidung ausschlaggebend gewesen seien, ob also die behaupteten [X.] ursächlich für die Anla-geentscheidung gewesen seien. Damit hat das Berufungsgericht, wie die Revi-7
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sion zu Recht rügt,
die für eine Anlageentscheidung geltenden Beweisgrund-sätze verkannt.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] besteht bei einer unrichtigen oder unvollständigen Darstellung von für die [X.] wesentlichen Umständen eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die mangelhafte Prospektdarstellung für die Anlageentscheidung ursächlich war ([X.], Urteil vom 6. Oktober 1980 -
II
ZR
60/80, [X.]Z 79, 337, 346; Urteil vom 15. Dezember 2003 -
II
ZR
244/01, [X.], 312, 313; Urteil vom 2. März 2009 -
II
ZR
266/07, [X.], 764 Rn.
6; Urteil vom 31.
Mai 2010 -
II
ZR
30/09, [X.], 1397 Rn.
17
f.; Urteil vom 8.
Mai 2012 -
[X.]
ZR
262/10, [X.], 1335 Rn.
28 ff.; Urteil vom 21.
Februar 2013 -
III
ZR
139/12, [X.], 935 Rn.
15). Durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts wird in das Recht des Anlegers eingegriffen, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Projekt investieren will [X.] nicht. Das Bestehen von [X.] ist nicht geeignet, diese auf der Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung der Ursächlichkeit feh-lerhafter Prospektdarstellungen für die Anlageentscheidung bei Immobilien zu entkräften, bei denen es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz geht ([X.], Urteil vom 31.
Mai 2010 -
II
ZR
30/09, [X.], 1397 Rn.
17
f.). Nach der Auffassung des X[X.] Zivilsenats des [X.] handelt es sich dabei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr füh-rende widerlegliche Vermutung ([X.], Urteil vom 8.
Mai 2012 -
[X.]
ZR
262/10, [X.]Z 193, 159 Rn.
28
ff.; Urteil vom 26.
Februar 2013 -
[X.]
ZR
318/10, [X.], 212 Rn.
18 f.).
b) Danach geht das non liquet im vorliegenden Fall zu Lasten der [X.]. Dabei kann offen bleiben, ob die Grundsätze des Anscheinsbeweises 10
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anzuwenden oder eine Beweislastumkehr anzunehmen ist. Die [X.] ha-ben die auf der Lebenserfahrung beruhende Vermutung nicht widerlegen [X.], dass die behaupteten [X.] für die Anlageentscheidung des [X.] ursächlich waren. Aufgrund der übereinstimmenden Bekundungen des [X.] und des Zeugen S.

steht lediglich fest, dass der Prospekt [X.] vor der Anlageentscheidung dem Kläger übergeben worden ist. Auf die [X.], ob und unter welchen Voraussetzungen ein fehlerhafter Prospekt auch ohne Übergabe zu einem Aufklärungsmangel führt (s. [X.], Urteil vom 3. Dezember 2007 -
II
ZR
21/06, [X.], 412 Rn.
17; Urteil vom 13.
Dezember 2012 -
III
ZR
70/12, juris Rn. 11; Urteil vom 23. April 2013, -
[X.] ZR 405/11, [X.], 280 Rn. 27), kommt es mithin nicht an.
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II[X.] Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Die [X.] ist zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht die noch fehlenden Feststellungen treffen kann.

Bergmann

Strohn

[X.]

Reichart

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.09.2011 -
27 [X.]/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 31.07.2012 -
13 U 3995/11 -

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Meta

II ZR 273/12

11.02.2014

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2014, Az. II ZR 273/12 (REWIS RS 2014, 8022)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8022

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZR 273/12

XI ZR 405/11

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