Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.10.2020, Az. II R 4/19

2. Senat | REWIS RS 2020, 3668

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Gegenstand

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 14.10.2020 II R 27/18 - Einheitsbewertung eines SB-Markts (Beitrittsgebiet))


Leitsatz

1. Für die Ermittlung der Gebäudenormalherstellungskosten eines SB-Markts im Beitrittsgebiet ist der Raum unterhalb der Traufe voll anzurechnen.

2. Befinden sich unterhalb der Traufe Versorgungsleitungen, die mittels einer abgehängten Decke der Sicht entzogen sind, steht dies der Vollanrechnung nicht entgegen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 12.12.2018 - 3 K 3323/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Eigentümerin eines Grundstücks in dem in Art. 3 des [X.] ([X.]) benannten Gebiet, auf dem im Jahre 1995 ein Gebäude als Lebensmittelmarkt errichtet worden war. Durch im Jahre 2012 fertiggestellte Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen, die zu einer Vergrößerung der Kubatur führten, baute sie das Gebäude in einen modernen Selbstbedienungsmarkt ([X.]) um.

2

Das Dach ist ein Walmdach mit einem Pultdach im Eingangsbereich. Die obere Kante des Ringankers des Gebäudes, die dem oberen Abschluss der Außenmauern in Höhe der Unterkante des [X.] entspricht, befindet sich in einer Höhe von 4 m ab Bodenplatte. Darunter sind in Höhen zwischen 2,75 m und ca. 3,25 m nicht belastbare und nicht begehbare abgehängte Decken eingezogen. Darüber befinden sich Versorgungseinrichtungen für Licht und Klimatisierung.

3

Nach einem Schätzungsbescheid vom 29.09.2014 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) im Rahmen der Einspruchsentscheidung vom 25.11.2015 den Einheitswert --Wertfortschreibung-- für das Geschäftsgrundstück auf den 01.01.2014 in der Weise fest, dass es beim Gebäudewert des Hauptgebäudes das Raumvolumen bis zur Unterkante des [X.] von 7 736 m³ zu je 24 DM/m³ (als Warenhaus mittlerer Ausstattung) ansetzte. Mit der Klage begehrte die Klägerin, nur das Raumvolumen bis zu den abgehängten Decken von 6 507 m³ anzusetzen. Die weiteren Grundlagen der Bewertung sowie die gesonderte Bewertung einzelner Bauteile stehen nicht im Streit.

4

Das Finanzgericht ([X.]) hat die Klage abgewiesen. Die Vorschriften zur Einheitsbewertung seien nach dem Urteil des [X.] ([X.]) vom 10.04.2018 - 1 BvL 11/14 u.a. ([X.]E 148, 147, [X.] 2018, 531) weiter anwendbar. Danach sei für die Abgrenzung des Dachraums vom übrigen Baukörper die Unterkante des [X.] (Ringanker) maßgebend. Über § 129 des Bewertungsgesetzes ([X.]) i.V.m. den §§ 10, 11 Abs. 1 und 2 und Abs. 3 Satz 2, §§ 50 bis 53 des Bewertungsgesetzes der [X.] --[X.]-- ([X.] [X.]) i.d.F. vom 18.09.1970 ([X.], Sonderdruck Nr. 674) und § 3a Abs. 1, §§ 32 bis 46 der Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz (RBewDV) vom 02.02.1935 ([X.], 81) sei gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 RBewDV das Geschäftsgrundstück mit dem gemeinen Wert i.S. des § 10 Abs. 1 [X.] [X.] zu bewerten. Für die Wertrückrechnung auf den 01.01.1935 böten die gleichlautenden Ländererlasse vom [X.] zur Bewertung von Warenhausgrundstücken, Einkaufszentren sowie Grundstücken mit Großmärkten, [X.], Verbrauchermärkten und Messehallen im Beitrittsgebiet ab 01.01.1991 (BStBl I 1993, 528) in der Fassung der Änderung durch die gleichlautenden Ländererlasse vom 16.02.2011 (BStBl I 2011, 283) eine sachgerechte Schätzungsmethode. Nach deren [X.]. 4.2.1 sowie der Zeichnung 4 der Anlage 1 (bildliche Erläuterungen der hier maßgeblichen [X.] 277 (1934) --abgeleitet--) sei der Raum zwischen abgehängter Decke und [X.] durch die Auflagepunkte des Dachs kein "nicht ausgebauter Dachraum", sondern gehöre vollumfänglich zur Kubatur. Abschn. 37 Abs. 1 Sätze 3 und 4 der [X.] über die Richtlinien für die Bewertung des [X.] ([X.]) sei im Beitrittsgebiet nicht anwendbar. Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2019, 754 veröffentlicht.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von §§ 129 bis 133 [X.] i.V.m. §§ 32 Abs. 1 Nr. 2, 33 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 RBewDV und § 10 Abs. 1 [X.] [X.], der [X.]. 4.2.1 i.V.m. Anlage 1 der gleichlautenden Erlasse in BStBl I 1993, 528, sowie der [X.] 277 (Ausgabe 1934) sowie von Abschn. 37 Abs. 1 Sätze 3 bis 5 [X.]. Diese Vorschriften verlangten allein nach einem nicht ausgebauten Dachraum, nicht aber danach, dass alle oder nahezu alle den Dachraum umschließenden Flächen Dachflächen sein müssten. Daran fehle es schon bei Satteldächern (zwei senkrechte Mauerflächen zur Umschließung), aber auch bei [X.], namentlich solchen mit trapezförmigem Querschnitt (vier senkrechte Mauerflächen zur Umschließung). Die den gleichlautenden Ländererlassen beigegebenen Zeichnungen seien zum einen zu vergröbernd und zum anderen eine fehlerhafte Interpretation von Abschn. 37 Abs. 1 Sätze 3 bis 5 [X.]. Hinsichtlich des fehlenden Ausbaus unterscheide sich der Raum zwischen der abgehängten Decke und der Unterkante der Dachkonstruktion nicht von dem darüber liegenden Dachraum. Ein solcher Dachraum könne nicht Teil eines ausgebauten und unter der abgehängten Decke befindlichen Vollgeschosses sein.

6

Die i.S. des Abschn. 37 Abs. 1 Satz 4 [X.] "unterhalb des Daches aufgehängte (Staub-)decke" müsse notwendig unter der Dachkonstruktion, ferner unter den Versorgungsleitungen liegen, da diese nicht durch die Dachkonstruktion geführt werden könnten. [X.] die Untergrenze des Dachraums auf Höhe des Schnittpunkts zwischen Dach und Außenwand, liefe Abschn. 37 Abs. 1 Satz 4 [X.] leer. Die Zeichnungen zu Abschn. 37 [X.] enthielten keine abgehängten Decken und sagten dazu nichts aus. Abschn. 37 [X.] sei auch im Beitrittsgebiet anwendbar. Diese Auffassung vertrete die Finanzverwaltung selbst, was sich an deren Formblatt EW 316/35 (das für die [X.] nach den [X.] 01.01.1935 im Sachwertverfahren auch neue Berechnungen nach der für die Einheitsbewertung 1964 im Altbundesgebiet maßgebenden [X.] 277 in der Fassung 1950 zulasse) zeige. Dem entsprechend seien die Grundsätze ohne Weiteres anwendbar, die der [X.] ([X.]) in seinem Urteil vom [X.] ([X.]/NV 2010, 1244) aufgestellt habe und mit dem er eine Konstellation wie die vorliegende bereits entschieden habe.

7

Soweit das [X.] meine, der fehlende Ausbau und die darauf beruhenden geringeren Herstellungskosten seien wegen der typisierenden Betrachtung unerheblich, widerspreche das dem vorgeschriebenen Ansatz des gemeinen Werts. Im Übrigen habe die Finanzverwaltung seit Inkrafttreten des § 129 [X.] die beantragte Ermittlung der Kubatur bis auf wenige Ausnahmefälle akzeptiert.

8

Mit der Aussage, Abschn. 37 [X.] sei nicht anwendbar, liege eine Überraschungsentscheidung vor. Die entsprechende Ansicht des [X.] sei in der mündlichen Verhandlung nicht thematisiert worden.

9

Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Vorentscheidung den Bescheid vom 25.11.2014 über den Einheitswert (Wertfortschreibung) auf den 01.01.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.11.2015 dahin zu ändern, dass das Raumvolumen mit 6 507 m³ statt mit 7 736 m³ angesetzt wird.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Das [X.] habe dem Grunde nach und im Ergebnis zutreffend die Regelungen zur Einheitsbewertung 1935 einschließlich der [X.] 277 (1934) angewandt. Die [X.] seien nicht anwendbar, da sie nur die Hauptfeststellung 1964 beträfen. Das Formblatt EW 316/35 ermögliche zwar zu Vereinfachungszwecken die Berechnungen nach Maßgabe der Einheitsbewertung 1964 im Altbundesgebiet, teile aber weiter mit, dass das jeweilige [X.] daraus den umbauten Raum ableiten werde. Es treffe im Übrigen nicht zu, dass die Finanzverwaltung die beantragte Ermittlung der Kubatur stets akzeptiert habe. Vielmehr wolle die Klägerin von der bisherigen Verwaltungspraxis abweichen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen. Das [X.] hat zu Recht erkannt, dass bei der Berechnung des [X.] das Raumvolumen zwischen der abgehängten Decke, den Außenwänden und [X.], die durch den tiefsten Schnittpunkt zwischen Gebäudewand und Dach verläuft, einzubeziehen ist.

1. Der [X.] wendet § 129 [X.] einschließlich der in § 129 Abs. 2 [X.] enthaltenen Bezugnahmen an. Er vermag sich keine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit dieser Vorschriften zu bilden.

a) Das [X.] hat bisher über die Frage der Verfassungskonformität dieser Vorschriften nicht entschieden. Die durch [X.]-Urteil in [X.]E 148, 147, [X.], 531 entschiedenen Verfahren betrafen ausschließlich das außerhalb des Art. 3 [X.] genannte Gebiet. Das [X.] hat ausdrücklich die Normenkontrolle nicht auf die Bewertung von Grundvermögen im Beitrittsgebiet erstreckt.

b) Der [X.] ist nicht von der Verfassungswidrigkeit der angewandten Normen des materiellen Rechts überzeugt, so dass eine Vorlage an das [X.] nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 13 Nr. 11 des [X.] ([X.]G) und § 80 [X.]G nicht in Betracht kommt. Er hält es schon für zweifelhaft, ob die Regeln für die Einheitsbewertung im Beitrittsgebiet verfassungswidrig wären, wenn sie auf Dauer Geltung beanspruchten. Jedenfalls laufen sie mittlerweile in zulässiger Weise aus (vgl. zur Begründung im Einzelnen [X.]-Urteil vom 27.05.2020 - II R 38/18, [X.], 352, Rz 50 bis 60).

2. Der Wert kann nicht berechnet werden, sondern ist in Anlehnung an die hierfür erlassenen gleichlautenden Erlasse in BStBl I 1993, 528 als Verwaltungsanweisungen der Länder zu schätzen.

a) Es ist § 129 [X.] in der aktuell noch geltenden Fassung des [X.] anzuwenden. Das durch das Grundsteuer-Reformgesetz vom [X.] ([X.], 1794 --GrStRefG--) geänderte Bewertungsrecht, in dem u.a. §§ 129 bis 133 [X.] weggefallen sind (vgl. Art. 2 Nr. 1 Buchst. v GrStRefG), findet nach dem neuen § 266 [X.] erst vom Jahre 2022 ([X.]) bzw. 2025 (Hauptveranlagung) an Anwendung.

b) Nach § 129 Abs. 1 [X.] gelten für die im Beitrittsgebiet liegenden wirtschaftlichen Einheiten des [X.] und für [X.] die festgestellten oder noch festzustellenden Einheitswerte nach den [X.] zum 01.01.1935 weiter. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift werden --vorbehaltlich der §§ 129a bis 131 [X.]-- für die Ermittlung der Einheitswerte 1935 statt der §§ 27, 68 bis 94 [X.] u.a. im Einzelnen genannte Bestimmungen des [X.] DDR und der [X.] mit späteren Änderungen weiter angewandt.

aa) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] DDR ist bei Bewertungen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der Preis anzusetzen, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 [X.] DDR sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen.

bb) § 52 Abs. 1 [X.] DDR verweist für die Bewertung der bebauten und der im Bau befindlichen Grundstücke auf die durch den Minister der Finanzen zu erlassenden Rechtsvorschriften. Nach § 3a Abs. 1 [X.] sind bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen der Einheitswerte für Grundbesitz der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes vom Fortschreibungs-/Nachfeststellungszeitpunkt und die Wertverhältnisse vom 01.01.1935 zugrunde zu legen. § 32 Abs. 1 [X.] unterscheidet fünf verschiedene Grundstückshauptgruppen, zu denen nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 [X.] die [X.] zählen. Das sind bebaute Grundstücke, die zu mehr als 80 % unmittelbar eigenen oder fremden gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienen.

cc) § 33 Abs. 2 Satz 1 [X.] schreibt vor, dass alle übrigen bebauten Grundstücke (§ 33 Abs. 1 [X.] nennt [X.] und gemischtgenutzte Grundstücke) mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind. Lässt sich die [X.] in der Regel unschwer ermitteln oder schätzen, ermöglicht § 33 Abs. 2 Satz 2 [X.] die Bestimmung des Werts über ein durch die Oberfinanzpräsidenten bestimmtes Vielfaches der [X.]. Lässt sich hingegen ausnahmsweise die Rohmiete nur schwer ermitteln oder schätzen, ist das Grundstück nach § 33 Abs. 3 [X.] mit dem gemeinen Wert zu bewerten.

dd) [X.] ist dort nicht definiert. Indes enthielt bereits § 138 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung vom 13.12.1919 ([X.], 1993) eine Bestimmung des gemeinen Werts, die ihrerseits im Wesentlichen wortgleich mit § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] DDR (wie auch mit § 9 Abs. 2 [X.]) ist. Insofern führt § 33 Abs. 3 [X.] auf den Maßstab des § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] DDR zurück.

c) Fehlt eine Rohmiete und fehlen auch Verkäufe auf den Stichtag 01.01.1935, kann der maßgebende gemeine Wert nach § 162 der Abgabenordnung ([X.]) geschätzt werden (vgl. [X.]-Urteile vom 28.10.1998 - II R 37/97, [X.], 99, BStBl II 1999, 51; vom [X.], [X.]NV 2004, 1626, unter [X.], m.w.N.; vom 24.05.2005 - II R 2/03, [X.]NV 2006, 29, und vom 02.04.2008 - II R 59/06, [X.], 482, BStBl II 2009, 983, unter [X.]b, m.w.N.).

d) Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die Schätzung auf die nach dem 03.10.1990 ergangenen gleichlautenden [X.] (hier: gleichlautende Erlasse in BStBl I 1993, 528 und [X.], 283) zu stützen ist.

aa) Für die Schätzung eines Grundstückswerts ist auf die Grundzüge des Sachwertverfahrens in Anlehnung an die Regelungen der §§ 83 ff. [X.] zurückzugreifen, die jedoch gemäß § 129 Abs. 2 [X.] nicht unmittelbar anwendbar sind ([X.]-Urteil in [X.], 482, BStBl II 2009, 983, unter [X.]c, m.w.N.).

bb) Zur Durchführung der Bewertung im Beitrittsgebiet sind nach dem 03.10.1990 eine Reihe gleichlautender [X.] ergangen. Für das Grundvermögen zählen darunter u.a. die gleichlautenden Erlasse in BStBl I 1993, 528.

cc) Der [X.] hat die den gleichlautenden Erlassen in BStBl I 1993, 528 zugrundeliegende Schätzungsmethode für die Ermittlung des gemeinen Werts von bebauten Grundstücken auf der Grundlage des [X.], des [X.] und des Werts der Außenanlagen nicht beanstandet ([X.]-Urteil in [X.], 99, BStBl II 1999, 51; ebenso [X.]-Urteil in [X.]NV 2004, 1626, für die parallel aufgebauten gleichlautenden Erlasse betreffend die Bewertung von Fabrikgrundstücken, Lagerhausgrundstücken, Grundstücken mit Werkstätten und vergleichbaren Grundstücken (Gewerbegrundstücken) im Beitrittsgebiet ab 01.01.1991 vom 21.05.1993, BStBl I 1993, 467; ebenso [X.]-Urteil in [X.]NV 2006, 29, für beide Erlasse).

dd) Der [X.] hält an dieser Einschätzung fest. Die gleichlautenden Erlasse in BStBl I 1993, 528 setzen den von § 10 Abs. 1 [X.] DDR erteilten generellen Schätzungsauftrag in zulässiger Weise im Interesse der Einheitlichkeit und Praktikabilität um. Es ist nicht nur vertretbar, sondern im Regelfall geboten, diese auch anzuwenden. Abweichungen kommen nur unter engen Voraussetzungen in Betracht, da andernfalls die Verwaltungsvorschriften ihrer Aufgabe nicht nachkommen könnten, eine möglichst gleichmäßige Besteuerung sowie Rechtssicherheit zu gewährleisten und die im allseitigen Interesse liegende Praktikabilität des Bewertungsverfahrens sicherzustellen. Abweichungen sind daher nur möglich, wenn der sich ergebende Grundstückswert außerhalb jeder noch vertretbaren Toleranz liegt. Es besteht ein Korridor zulässiger Werte (so für den [X.] [X.] vom 22.12.1994 [X.]-Urteil in [X.], 482, BStBl II 2009, 983, unter II.2.c).

e) Im Streitfall sind die gleichlautenden Erlasse in BStBl I 1993, 528, sachlich einschlägig. Zu deren Anwendungsbereich gehören seit der Änderung in [X.]. 2.1.1 durch die gleichlautenden [X.] in BStBl I 2011, 283, auch [X.] (Discounter) und Verbrauchermärkte.

aa) Für die Ermittlung des im Streitfall allein streitigen [X.] ist nach [X.]. 4.2 der Erlasse von dem Gebäudenormalherstellungswert auszugehen, der sich aus dem nach [X.]. 4.2.1 ermittelten umbauten Raum und den unter [X.]. 4.2.2 aufgeführten durchschnittlichen Raummeterpreisen und [X.] ermittelt. Der umbaute Raum ist gemäß [X.]. 4.2.1 nach Anlage 1 zu ermitteln.

bb) Anlage 1 zu den gleichlautenden Erlassen in BStBl I 1993, 528, schreibt die "Berechnung des umbauten Raums nach [X.] 277 (1934) - abgeleitet -" vor. Der [X.] stellt klar, dass er nicht die in BStBl I 1993, 534, 535, abgedruckte, offenkundig die [X.] 277 (1934) unvollständig enthaltende Version der Anlage 1 (Bruch zwischen S. 534 und S. 535) anwendet, sondern sich für den Inhalt der [X.] 277 (1934) auf die vollständige Anlage 2 zu den gleichlautenden [X.]n vom 09.11.1992 betr. die Bewertung von [X.] im Beitrittsgebiet ab 01.01.1991 (BStBl I 1992, 712) stützt, die ebenfalls die "Berechnung des umbauten Raums nach [X.] 277 (1934) - abgeleitet -" enthält. Allein diese nimmt als sachgerechte Schätzungsgrundlage an der Bindungswirkung der [X.] in dem geschilderten Umfange teil.

f) Die [X.] 277 (1934) enthält Zeichnungen, die u.a. durch unterschiedliche Schraffuren den voll anzurechnenden umbauten Raum sowie den nicht hinzuzurechnenden umbauten Raum ausweisen. Neben die Zeichnungen sind Berechnungsanweisungen in Textform gestellt. Ein Rangverhältnis zwischen Beschreibungen und Zeichnungen ist dem nicht zu entnehmen.

aa) Danach ist voll anzurechnen der umbaute Raum eines Gebäudes, der umschlossen wird u.a. seitlich von den Außenflächen der Umfassungen sowie oben bei nicht ausgebautem Dachgeschoss von der Oberfläche des Fußbodens über dem obersten Vollgeschoss, bei nicht ausgebautem Dachgeschoss mit Drempel von der Traufe. Bei ausgebautem Dachgeschoss und bei [X.] ist die Ermittlung des voll anzurechnenden umbauten Raums näher beschrieben. Bei Dachdecken, die gleichzeitig die Decke des obersten [X.] bilden, und bei Gebäuden oder Bauteilen ohne Geschossdecken ist die Traufe maßgebend. Nicht anzusetzen ist u.a. der umbaute Raum der Dachaufbauten. Die untere Umschließung ist im Streitfall unproblematisch.

bb) Die beigefügten Zeichnungen zeigen Querschnitte mit verschiedenen Dachformen.

Der Rauminhalt, der sich unterhalb des tiefsten Schnittpunkts zwischen Dach und Gebäudewand befindet, ist durchgehend voll anzurechnen. Das gilt sowohl dann, wenn an diesem Schnittpunkt Zwischendecken eingezogen sind, als auch dann, wenn Zwischendecken fehlen (Zeichnung 1 zum nicht ausgebauten Dachgeschoss mit Drempel --S. 718--; Zeichnung 1, möglicherweise 3 [undeutlich] zu Dachdecken, die gleichzeitig die Decke des obersten [X.] bilden --S. 719--; Zeichnungen 4, 5, möglicherweise 6 [undeutlich] zu Gebäuden oder Bauteilen ohne Geschossdecken --S. 720--, und Zeichnung zu Dachaufbauten), und zwar auch dann, wenn dieser Raum durch eine Dachkonstruktion durchzogen ist (Zeichnung 4 zu Gebäuden oder Bauteilen ohne Geschossdecken --S. 720--). Es gilt weiter dort, wo Zwischendecken vorhanden sind, aber unter einem nur minimal geneigten Dach ersichtlich keine Benutzung durch Betreten zulassen (Zeichnung 2 zum nicht ausgebauten Dachgeschoss mit Drempel --S. 718--, und Zeichnungen 1, 3 zu Gebäuden oder Bauteilen ohne Geschossdecken --S. 719 f.--).

Der darüber befindliche Rauminhalt ist --mit einer Berechnungsvereinfachung bei einer durch Dachschrägen bedingten variablen [X.] in den Fällen voll anzurechnen, in denen durch zusätzliche Zwischendecken oder Seitenwände ein Ausbau des [X.] verdeutlicht ist (alle Zeichnungen zum ausgebauten und zum teilausgebauten Dachgeschoss).

g) Demgegenüber sind weder §§ 27, 68 bis 94 [X.] noch die [X.] auf die Einheitsbewertung im Beitrittsgebiet anwendbar. § 129 Abs. 2 [X.] ordnet die Nichtanwendung der §§ 27, 68 bis 94 [X.] ausdrücklich an (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 482, BStBl II 2009, 983, unter [X.]c, m.w.N.). Dementsprechend sind auch die [X.], namentlich Abschn. 37, auf den sich die Klägerin beruft, nicht anwendbar. Sie interpretieren lediglich die Vorschriften des [X.] und haben deshalb keinen verselbständigten Geltungsanspruch.

Aus dem Formblatt EW 316/35, das die Finanzverwaltung herausgibt, ergibt sich nichts anderes. Wie sich aus den beigefügten Erläuterungen ergibt, wendet die Finanzverwaltung die [X.] nicht an, sondern rechnet die Angaben des Steuerpflichtigen zur Kubatur selbständig auf die Anforderungen des [X.] um. Das Formblatt eröffnet zwar eine Ermittlung der Kubatur in Anlehnung an die [X.] 1950, erachtet diese jedoch nicht abschließend für maßgebend. Vielmehr heißt es dort, dass das [X.] "aus Ihren Angaben zum umbauten Raum nach der [X.] 277 (Fassung 1950) den umbauten Raum für die Ermittlung des Einheitswerts nach den [X.] vom 1. Januar 1935 ableiten" werde. Folgerichtig wird der Steuerpflichtige in dem [X.] zu den [X.] jeweils aufgefordert, die kleinsten Höhen bzw. die [X.] kenntlich zu machen. Sind keine Zwischendecken vorhanden, spielen diese Daten für die Bewertung im Altbundesgebiet keine Rolle, da unterschiedliche Bewertungsansätze dort bauliche Abtrennungen voraussetzen. Sie werden nur für die Bewertung im Beitrittsgebiet benötigt.

3. Zu dem nicht zu bewertenden Dachraum gehört derjenige Teil des [X.], der auf Höhe des tiefsten Schnittpunkts zwischen Außenwand und Dach beginnt. Er entspricht dem Traufpunkt. Ein auf allen Seiten von den Außenflächen der baulich untrennbar zum Gebäudekörper gehörenden [X.] umschlossener Raum ist voll anzurechnen.

a) Die Maßgeblichkeit der Traufhöhe ergibt sich aus Text und Zeichnungen der [X.] 277 (1934).

aa) Bereits der Text lässt erkennen, dass ausnahmslos die Höhe der Traufe [X.] ist, an der das nicht hinzuzurechnende Raumvolumen des Dachs beginnt. Das gilt auch dann, wenn unterhalb der Traufe eine abgehängte Decke eingezogen ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Raum zwischen einer derartigen Decke und dem Dach als "Dachgeschoss" i.S. der [X.] 277 (1934) bezeichnet werden kann. Handelt es sich um ein Dachgeschoss, ist nach Maßgabe der Zeichnung 1 "bei nicht ausgebautem Dachgeschoss mit Drempel von der Traufe" der Raum bis zur Traufe anzurechnen. Handelt es sich nicht um ein Dachgeschoss, wäre die abgehängte Decke auch keine Geschossdecke, so dass nach Maßgabe der Zeichnung 4 "bei Gebäuden oder Bauteilen ohne Geschossdecken von der Traufe" ebenfalls die Traufe maßgebend wäre.

bb) Die beigefügten Zeichnungen zeigen ebenfalls, dass sich ein nicht [X.] umbauter Raum ausschließlich oberhalb des tiefsten [X.] befinden kann. Teile des umbauten Raums, die nach allen Seiten von Außenwänden des Gebäudes eingeschlossen sind, sind unabhängig von der inneren baulichen Gestaltung des Gebäudes stets voll anzurechnen. Soweit die Klägerin demgegenüber auf das Pultdach trapezförmigen Querschnitts verweist, geht der Einwand fehl. Das [X.] weist in seiner Standardform zwei nicht parallele Schenkel auf. Ein derartiges Dach verfügt einerseits über einen Flachdachbereich, andererseits über zwei Schrägen mit entsprechenden Traufpunkten. Wie ein solches Dach zu beurteilen wäre, ist im Streitfall nicht zu entscheiden.

b) Soweit sich das [X.]-Urteil in [X.]NV 2010, 1244 auf Rechtsvorschriften bezieht, die im Beitrittsgebiet nicht anwendbar sind, sind die dort entwickelten Grundsätze auch nicht anwendbar. Das betrifft das Verständnis des Abschn. 37 [X.]. Im Übrigen hatte sich der [X.] zu Raumteilen, die allseitig von [X.] umschlossen sind, auch nicht geäußert.

c) Die tatsächliche Nutzung des zwischen der abgehängten Decke und [X.] durch den Traufpunkt befindlichen [X.] ist nicht erheblich.

d) Dieses Ergebnis ist schließlich auch mit Blick darauf systemgerecht, dass Ausgangsgröße des Sachwertverfahrens nach den gleichlautenden [X.]n in BStBl I 1993, 528 die [X.] sind. Zum einen spielen die tatsächlichen Herstellungskosten keine Rolle. Zum anderen sind die Herstellungskosten des umbauten Raums nicht deshalb niedriger, weil zusätzlich eine abgehängte Decke eingezogen wurde, um technische Installationen zu verbergen. Die Klägerin vergleicht zu Unrecht die Herstellungskosten einer abgehängten Decke mit denen einer begehbaren Geschossdecke. Inwieweit die Finanzverwaltung in anderen vergleichbaren Fällen das Raumvolumen oberhalb der abgehängten Decke nicht hinzugerechnet hat, entzieht sich der Kenntnis des [X.]s und ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auch nicht erheblich. Die Selbstbindung der Verwaltung bezieht sich auf die gleichlautenden [X.] in BStBl I 1993, 528, einschließlich ihrer zutreffenden Anlagen, nicht hingegen auf Entscheidungen in Einzelfällen.

4. Nach diesen Maßstäben hat das [X.] zu Recht den Raum zwischen den abgehängten Decken und dem tiefsten Schnittpunkt zwischen Außenwand und Dach bei der Bewertung berücksichtigt und lediglich den darüber befindlichen Dachraum ausgeklammert. Weitere Parameter der Bewertung stehen nicht im Streit.

5. Eine Überraschungsentscheidung und damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 119 Nr. 3 [X.]O liegt nicht vor. Die Nichtanwendung der für die Einheitsbewertung in den [X.] geltenden Regeln ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz und war auch tatsächlich im Verfahren thematisiert worden.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 4/19

14.10.2020

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 12. Dezember 2018, Az: 3 K 3323/15, Urteil

§ 9 Abs 2 BewG 1991, § 129 BewG 1991, § 10 BewG DDR, § 52 BewG DDR, § 3a BewDV, § 32 BewDV, § 33 BewDV, § 162 AO, Abschn 37 BewRGr, Art 100 Abs 1 GG, § 80 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.10.2020, Az. II R 4/19 (REWIS RS 2020, 3668)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3668

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