Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.04.2015, Az. VII ZR 18/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 12197

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 18/13

vom

23. April 2015

in dem Rechtsstreit

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Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am 23.
April
2015
durch den Vorsitzenden
Richter Dr.
Eick, [X.], Dr.
Kartzke, Prof.
Dr.
Jurgeleit und die Richterin Sacher
beschlossen:
Der Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben.
Das Urteil des 21.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts
[X.] vom 18.
Dezember 2012 wird gemäß §
544 Abs.
7 ZPO aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten beider
Nichtzulassungsbeschwerde-verfahren, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Der Kläger verlangt restliches Honorar für Architekten-
und Ingenieurleis-tungen im Zusammenhang mit der Erweiterung und dem Umbau eines
M.-Marktes.
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Die Beklagte zu 1, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der die [X.] zu 2 bis 5 als Gesellschafter beteiligt sind, beabsichtigte im [X.], ein als Baumarkt genutztes Gebäude zu einem M.-Markt umzubauen und zu erweitern. Die Genehmigungsplanung ließ die Beklagte zu 1 von einem ande-ren Architekten erstellen. Der Kläger bot am 19. Mai 2000 die Ausführung von Architektenleistungen für den Umbau und den Erweiterungsbau sowie für die technische Ausrüstung an. Die Beklagte zu 1 erteilte ihm mündlich einen Auf-trag. Dieser umfasste unstreitig die
Leistungsphasen 6 bis 8 gem. §
15 [X.] (1996) bezüglich Umbau und Erweiterungsbau; im Übrigen ist der
Auftragsum-fang zwischen den Parteien streitig. Nach Leistungserbringung übersandte der Kläger der Beklagten zu 1 mit Schreiben vom 23. Januar 2003 acht als Schluss-rechnungen bezeichnete [X.] vom 17.
Dezember
2002 nebst [X.] des sich daraus ergebenden Honorars.
Auf dieser Grundlage hat der Kläger nach Abzug von [X.] zunächst einen restlichen Honoraranspruch in Höhe von insgesamt

Das [X.] hat die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht mit Urteil vom 27.
Juni 2006 die Beklagten

die Beklagte zu 1 und die Beklagten zu 2 bis 5 wie Gesamtschuldner und die Beklagten zu 2 bis 5 untereinander als Gesamt-schuldner

verurteilt, an den Kläger

die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Beklagten und des [X.] hat der Senat mit Beschluss vom 11.
Oktober 2007 -
VII ZR 143/06, [X.], 66
das Urteil des Berufungsgerichts wegen Verletzung des Anspruchs auf 2
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rechtliches
Gehör insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt und als die Berufung des [X.] wegen eines weitergehenden Honoraran-enat hat zur Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ausgeführt, dass das [X.] von der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Höhe der anrechenbaren Kosten für den auf die Objektplanung des [X.] und des Erweiterungsbaus entfallenden Honoraranteils abgesehen habe und ferner ohne hinreichende Feststellungen zu einem Vertragsschluss über die Leistungsphasen 1 und 3 des [X.] Ausrüstung der Gewerke Heizung und Sanitär einen diesbezüglichen Honoraranspruch bejaht habe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Senats vom [X.] 2007 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 18. Dezember 2012 hat das Berufungsgericht nach [X.] eines Sachverständigengutachtens und ergänzenden Zeugenvernehmun-gen die Beklagten

die Beklagten zu 1 und die Beklagten zu 2 bis 5 wie [X.] und die Beklagten zu 2 bis 5 untereinander als Gesamtschuld-ner

i-tergehende Berufung des [X.] zurückgewiesen.
Die Beklagten wenden sich erneut gegen die Nichtzulassung der Revisi-on
in diesem Urteil.

II.
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision hat Erfolg. Das Berufungsurteil beruht in zwei Punkten auf einer Verletzung
des 7
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Anspruchs auf rechtliches Gehör, Art.
103 Abs.
1 GG. Dies führt zur Aufhebung und Zurückverweisung
der Sache gemäß § 544 Abs. 7 ZPO
an einen anderen Senat des Berufungsgerichts, § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
1. Das Berufungsgericht hat für die Architektenleistungen bei dem [X.] und dem Erweiterungsbau (Baukonstruktion) vor Abzug der [X.] einen Honoraranspruch in Höhe von insgesamt 68.745,25

(134.454,02
DM = 49.601,48 DM + 84.852,54 DM) für gerechtfertigt gehalten. Es hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe bei seiner Schlussrechnung die von der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure
vorgegebenen Ab-rechnungsparameter, insbesondere auch §
23 [X.] (1996), beachtet. [X.] der anrechenbaren Kosten für den Umbau und den Erweiterungsbau könne das überzeugende Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen S. zugrunde gelegt werden.
Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet insofern mit Recht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör.
a) Nach § 23 Abs. 1 [X.] (1996) sind bei gleichzeitiger Durchführung von Leistungen bei Umbauten und Erweiterungsbauten an einem Gebäude die anrechenbaren Kosten für die jeweiligen Leistungen gesondert festzustellen und das Honorar danach getrennt zu berechnen. Der Umbauzuschlag gemäß
§
24 Abs.
1 [X.] (1996) kann in einem solchen Fall grundsätzlich nur für das den Umbau betreffende Honorar in Ansatz gebracht werden.
Eine getrennte Abrechnung nach § 23 Abs. 1 [X.] (1996) setzt [X.] voraus, dass die Architektenleistungen für die
Leistungsbereiche Umbau und Erweiterungsbau tatsächlich voneinander trennbar sind, so dass eine Zu-ordnung der Leistungen und eine getrennte Ermittlung der jeweiligen anrechen-10
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baren Kosten möglich
sind. Welche Kriterien im Einzelnen für die Beurteilung der [X.] der Leistungen maßgebend sein können (vgl. z.B. [X.],
[X.], 1029, 1033 f. = NZBau 2014, 637; [X.], Urteil vom 21.
September 2004 -
17 [X.], juris Rn. 46, 67; [X.],
[X.], 1799, 1769 f. = NZBau 2006, 584; [X.],
[X.], 708, 710 f.; Koeble in
Locher/Koeble/Frik, [X.], 9.
Aufl., §
23 Rn.
3; [X.],
ibr-online
2010, 1186), bedarf hier keiner abschließenden Klärung. Denn beide Parteien gehen für das vorliegende Projekt übereinstimmend von einer grundsätzlich möglichen Trennung der Leistungen hinsichtlich des Umbaus und des [X.] aus. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung daher im [X.] zu Recht eine getrennte Honorarberechnung gemäß §
23 Abs.
1 [X.] (1996) zugrunde gelegt. Dies wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht beanstandet.
b) Dagegen beruhen die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es die anrechenbaren Kosten den Leistungen bei dem Umbau und dem Erwei-terungsbau zugeordnet hat, auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör.
Ein Verstoß gegen den Anspruch auf die Gewährung rechtlichen Gehörs ist gegeben, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Parteivorbringen nicht zur Kenntnis nimmt. So liegt der Fall hier.
Das Berufungsgericht hat seine Feststellungen zu den anrechenbaren Kosten für Leistungen bei dem Umbau einerseits und dem Erweiterungsbau andererseits auf die vom Kläger in der Schlussrechnung vorgenommene Zu-ordnung gestützt und sich dabei auf das vom Gericht eingeholte Gutachten be-rufen. Darin liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör der Be-14
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klagten, da diese die Angaben des insoweit darlegungs-
und beweispflichtigen [X.] zur Zuordnung der anrechenbaren Kosten als nicht nachvollziehbar bestritten haben und das eingeholte Gutachten keine Klärung gebracht hat. An-gesichts der teilweise unterschiedlichen Einordnungen in der Planskizze des [X.] und in dem von den Beklagten vorgelegten Gutachten des privaten Sachverständigen [X.] fehlen bereits Feststellungen dazu, in welchem Umfang die Baumaßnahme als Umbau und als Erweiterungsbau zu qualifizieren ist. Darüber hinaus hat der gerichtliche Sachverständige
S.
in seinem Gutachten mehrfach erklärt, dass die vom Kläger vorgenommene Zuordnung der anre-chenbaren Kosten zu dem Umbau
und dem Erweiterungsbau mangels einer Erläuterung und hinreichend aussagekräftiger Unterlagen in weiten Teilen nicht nachvollziehbar sei. In der vom Berufungsgericht gesetzten Frist zur Stellung-nahme zu dem Gutachten haben die Beklagten ausdrücklich beanstandet, dass diese Streitfrage offen geblieben sei, und die Angaben des [X.] weiterhin bestritten. Indem das Berufungsgericht ohne jegliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten und ohne weitere Klärung die streitigen Angaben des [X.] zur Zuordnung der anrechenbaren Kosten zugrunde gelegt hat, hat es das zent-rale Verteidigungsvorbringen der Beklagten zu diesem Punkt nicht zur Kenntnis genommen.
2. Die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es von einer kon-kludenten Beauftragung des [X.] mit
den Leistungen der Leistungsphasen 1 und 3 des [X.] Ausrüstung, Gewerke Sanitär und Hei-zung, ausgegangen ist und hierfür ein Honorar in Höhe von 6.245,97

(12.216,05 DM) für gerechtfertigt gehalten hat, beruhen ebenfalls auf einer [X.] des Anspruchs auf rechtliches
Gehör
der Beklagten.

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Bereits im Urteil vom 27.
Juni 2006 hat das Berufungsgericht dem Kläger dieses Honorar zugesprochen. Auf die damalige Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der Senat das Urteil mit Beschluss vom 11. Oktober 2007 insoweit aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückver-wiesen. Zur Begründung hat er damals Folgendes ausgeführt:
"Auf einem Verfahrensfehler, der zugleich einen Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1
GG zu Lasten der Beklagten darstellt, beruhen auch die Überlegungen, mit denen das Berufungsgericht aufgrund des Vortrags des [X.] einen Honoraranspruch für die [X.] 1 und 3 des [X.] Ausrüstung der Gewerke Heizung und Sanitär für gerechtfertigt gehalten hat.
Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Annahme nicht, der Kläger sei auch hinsichtlich der Gewerke Sa-nitär und Heizung mit den Leistungsphasen 1 und 3 beauftragt worden. Ein Architektenvertrag kann auch konkludent dadurch [X.] werden, dass der Auftraggeber Architekten-
oder Inge-nieurleistungen entgegennimmt oder verwertet. Ob ein Auftrag er-teilt worden ist, ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln.
Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Kläger mit Willen der Beklagten zu 1 Leistungen dieser Leistungsphasen erbracht hat. Die Begründung des Berufungsge-richts, der Beklagte zu 2, der Ansprechpartner des [X.] gewe-sen sei, habe aufgrund des Angebots des [X.] vom 19.
Mai
2000 gewusst, dass dieser für Leistungen der Leistungs-phasen 1 bis
3 der Gewerke Sanitär und Heizung die Fa. [X.] hin-18
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zuziehen würde, wenn insoweit ein Auftrag erteilt würde, betrifft lediglich Modalitäten der Auftragsausführung für den Fall, dass dem Kläger ein Auftrag erteilt würde. Die Beklagten beanstanden zu Recht, dass das Berufungsgericht ihren gegenteiligen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen hat, wonach die Beklagte zu 1 dem Kläger insoweit keinen Auftrag erteilt und auch von der Fa. [X.] er-teilten Aufträgen keine Kenntnis hatte. Das Berufungsgericht [X.] keine weiteren Indizien dafür, dass die Beklagte zu 1 mit der Leistungserbringung durch die Fa. [X.] einverstanden gewesen ist."
Obwohl das Berufungsgericht nach Aufhebung und Zurückverweisung zu diesem Komplex keine weiteren Feststellungen getroffen hat, hat es in dem nunmehr angefochtenen Urteil

mit wortgleicher Begründung

erneut einen Honoraranspruch des [X.] in Höhe von 6.245,97

s-tungsphasen 1 und 3 des [X.] Ausrüstung, Gewerke Sanitär und Heizung, aufgrund eines konkludenten Vertragsschlusses bejaht.
Die im Beschluss vom 11.
Oktober
2007 aufgeführten Gründe gelten damit unverändert. Die Beklagten haben
erneut mit ihrem Verteidigungsvorbrin-gen bei dem Berufungsgericht kein Gehör gefunden.
3. Die Verstöße gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör sind ent-scheidungserheblich. Die Berechnung des Honorars für Leistungen bei dem Umbau und dem Erweiterungsbau (Baukonstruktion) sowie für Leistungen der

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Leistungsphasen 1 und 3 des [X.] Ausrüstung der [X.] beruhen hierauf. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Honoraranspruch des [X.] nach ergänzenden Fest-stellungen verringert.
Eick
[X.]
Kartzke

Jurgeleit

Sacher

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.01.2005 -
7 [X.]/03 -

[X.], Entscheidung vom 18.12.2012 -
I-21 [X.] -

Meta

VII ZR 18/13

23.04.2015

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.04.2015, Az. VII ZR 18/13 (REWIS RS 2015, 12197)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12197

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VII ZR 18/13

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