Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2015, Az. 3 StR 444/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 1895

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:241115B3STR444.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 444/15
vom
24. November 2015
in der Strafsache
gegen

1.
2.

wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
hier:
Revision des Angeklagten H.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 24.
November
2015
gemäß
§
349 Abs. 2
und 4, §
357 Satz 1
StPO einstimmig beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten H.

wird -
unter [X.] der Feststellungen -
das Urteil des [X.] vom 8.
April 2015 aufgehoben,
a)
soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II.
3. und 4. der Urteilsgründe sowie im [X.] über die Gesamtstrafe,
b)
soweit es den Mitangeklagten K.

betrifft, im Ausspruch über die Einzelstrafe im [X.] sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine allgemeine Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
2.
Die weitergehende Revision des Angeklagten H.

wird verworfen.

-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten H.

-
unter Freispruch im Üb-rigen -
wegen gefährlicher Körperverletzung, Beihilfe zur gefährlichen Körper-verletzung sowie Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jah-ren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen den Mitangeklagten K.

hat es wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen unter Einbeziehung von zwei Einzelstrafen aus einem früheren Urteil auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten erkannt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Ange-klagten H.

hat den aus der [X.] ersichtlichen -
teilweise auch zugunsten des Mitangeklagten K.

wirkenden -
Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§
349 Abs.
2 StPO).
I. Soweit für die Entscheidung von Bedeutung, hat das [X.] fol-gende Feststellungen getroffen:
Mit dem Ziel der Rache machte sich am 17.
Mai 2014 der Nebenkläger [X.]

, [X.] am Vortag von den Angeklagten durch Messerstiche verletzt
worden war, mit Freunden auf die Suche nach diesen. Als beide [X.] aufeinandertrafen, schlug der Nebenkläger mit einer Holzlatte in Richtung der Angeklagten, traf jedoch lediglich eine Hauswand, wodurch die Latte zer-brach und zu Boden fiel. Als die Angeklagten sowie der Nichtrevident F.

ihre mitgeführten Messer zogen, ergriff die Gruppe um den Nebenkläger die Flucht; der Nebenkläger kam dabei zu Sturz. Nunmehr versetzte ihm der Angeklagte K.

mit bedingtem Tötungsvorsatz einen Messerstich in den
Unterbauch. [X.] fühlte er sich "durch die Anwesenheit der ebenfalls [...] bewaffneten [X.] [...] unterstützt, da er davon ausging, dass die Mitangeklagten jeder-1
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-
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zeit eingreifen und eine eventuelle Gegenwehr des Opfers unterbinden würden. Die Angeklagten F.

und H.

hatten sich ihrerseits bewusst in die Nähe des Geschehens begeben und billigten, dass der Angeklagte K.

den Neben-kläger mit dem Messer traktierte und sich hierbei von ihnen bestärkt fühlte. Sie rechneten jedoch nicht
damit, dass der Angeklagte K.

dem Geschädigten nach dem Leben trachten würde und waren hiermit auch nicht einverstanden. Die genaue Stichführung konnten beide Mitangeklagten nicht sehen, da sie unmittelbar hinter dem Angeklagten K.

standen und die
Einzelheiten des Geschehens vom Körper des Angeklagten K.

verdeckt wurden" (Fall II. 3. der Urteilsgründe).
Nachdem ein Freund dem Geschädigten zunächst zu Hilfe gekommen war und die Angeklagten vertrieben hatte, setzten diese dem Nebenkläger, der
nach etwa 100 m aufgrund der erlittenen Stichverletzung erneut zusammenge-brochen war, abermals nach. Während der Angeklagte K.

und der Nichtrevi-dent auf den Geschädigten einschlugen, stach der [X.] mit einem Küchenmesser auf ihn ein. Dabei handelte er "in der Absicht, den Nebenkläger mit Hilfe des Messers zu verletzen, und nahm dabei billigend in Kauf, dass dem Nebenkläger durch dessen Abwehrbewegungen mit Armen und Beinen eben-falls Schnittverletzungen zugefügt werden könnten". Tatsächlich erlitt der Ge-schädigte eine Schnittverletzung am linken Daumen sowie eine Stichverletzung am rechten Knie ([X.]).
II. Diese -
rechtsfehlerfrei getroffenen -
Feststellungen tragen die Verur-teilung des Angeklagten H.

wegen
gefährlicher Körperverletzung ([X.]) bzw. der Beihilfe hierzu (Fall II. 3. der Urteilsgründe) nach §
224 Abs.
1 Nr.
5 StGB
nicht.
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5
-
In [X.] ist bereits die Erfüllung des objektiven Tat-bestandes nicht belegt. Dieser verlangt, dass die Behandlung nach den Um-ständen des Einzelfalles generell dazu geeignet ist, das Leben des Verletzten zu gefährden ([X.] Rspr.,
siehe nur
[X.], Urteil vom 31.
Juli 2013 -
2 StR 38/13, [X.], 342). Trotz der generell hohen Gefährlichkeit eines [X.] versteht sich dies nicht von selb[X.] Deshalb hätte das [X.] mittei-len müssen, auf welche Körperregionen der Angeklagte H.

zielte. Auch hinsichtlich der diesem zurechenbaren (§
25 Abs.
2 StGB) Schläge des Ange-klagten K.

sowie des Nichtrevidenten verhält sich das Urteil nicht dazu, auf welche Körperstellen des Geschädigten diese mit welcher Intensität einwirkten. Eine abstrakte Lebensgefährlichkeit der Behandlung ist damit nicht dargetan.
Diese folgt in
Fall II. 3.
der Urteilsgründe zwar ohne weiteres aus der konkret dargestellten Stichführung durch den Angeklagten K.

. Die [X.] setzt sich indes nicht damit auseinander, ob beim Angeklagten H.

insoweit auch der erforderliche Gehilfenvorsatz gegeben war, der sich nicht nur auf die Unterstützungshandlung, sondern auch auf die Vollendung der Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen beziehen muss ([X.], Urteil vom 30.
Juni 1982
-
1 StR 757/81, NJW 1982, 2453, 2454). Letzteres ist indes nicht selbstverständlich. Dies gilt umso mehr, als die Strafkammer ausdrücklich fest-gestellt hat, dass der Angeklagte H.

die Einzelheiten des Geschehens nicht sehen konnte.
[X.] Die aufgezeigten Fehler lassen zwar den Schuldspruch unberührt, da die Feststellungen die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung bzw. der Beihilfe hierzu gemäß §
224 Abs.
1 Nr. 2 und 4 StGB tragen. Demgegen-über können die in beiden Fällen verhängten Einzelstrafen keinen Bestand ha-ben, da das [X.] die Verwirklichung von drei Alternativen des §
224 Abs.
1 StGB jeweils ausdrücklich zu Lasten des Angeklagten H.

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-
schärfend berücksichtigt hat. Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhe-bung der Gesamtstrafe nach sich.
Dieselbe rechtsfehlerhafte Erwägung führt gemäß §
357 Satz 1 StPO zur Aufhebung der in [X.] gegen den Angeklagten K.

verhängten Einzelstrafe und damit auch der Gesamtstrafe. Demgegenüber kann der Senat hinsichtlich des Angeklagten F.

ausschließen, dass die ge-gen diesen verhängte, vornehmlich an erzieherischen Aspekten orientierte [X.] auf dem Fehler beruht.
[X.] Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung der neuen [X.] und Entscheidung. Nachdem sich das Verfahren nunmehr nur noch
gegen Erwachsene richtet, verweist der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück (§
354 Abs.
3 StPO analog). Einer Aufhebung der ge-9
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troffenen Feststellungen bedurfte es nicht, da es sich um einen reinen Wer-tungsfehler handelt (vgl. §
353 Abs.
2 StPO). Weitergehende Feststellungen, die zu den bislang getroffenen nicht in Widerspruch stehen, sind möglich.
[X.] [X.] Mayer

Gericke Spaniol

Meta

3 StR 444/15

24.11.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2015, Az. 3 StR 444/15 (REWIS RS 2015, 1895)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1895

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 38/13

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