Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2002, Az. III ZR 147/02

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 807

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:7. November 2002F r e i t a gJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]:[X.]:ja [X.] § 22Zur Haftung des Betreibers einer Kläranlage, wenn das geklärte Abwassereinen Sauerstoffmangel im Gewässer verursacht (Ergänzung zu [X.] 62,351).BGH, Urteil vom 7. November 2002 - [X.]/02 -OLG [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und [X.], [X.], Dr. [X.] und Dörrfür Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 11. Zivilsenatsdes Oberlandesgerichts [X.] vom 28. März 2002 aufgehoben.Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.Von Rechts [X.] klagende Fischereiverein ist Pächter des [X.] an einemTeilstück der [X.]. Innerhalb dieses Abschnitts betreibt der beklagte [X.] eine Sammelkläranlage, in der die Abwässer des [X.] gereinigt und anschließend in die [X.] geleitet wer-den.Am 15. August 1998 und am 9. Oktober 1999 kam es unterhalb [X.] jeweils zu einem Fischsterben, für das der Kläger den [X.] -verantwortlich macht. Er hat das Fischsterben in beiden Fällen darauf zurück-geführt, daß der [X.] über seine Kläranlage Schadstoffe in die [X.] ein-geleitet habe, die den Sauerstoffgehalt des Wassers stark reduziert und imGewässer einen Sauerstoffmangel verursacht hätten. Die auf Leistung vonSchadensersatz in Höhe von 19.589,02 DM gerichtete Klage ist in beiden [X.] erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Klä-ger seine Klageforderung weiter.[X.] Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das [X.] Berufungsgericht legt aufgrund des Klagevorbringens folgendenSachverhalt zugrunde: Wegen anhaltend trockener Witterung im August 1998wie auch im Oktober 1999 habe die [X.] relativ wenig eigenes Wasser ge-führt. Dadurch habe sich das Mischungsverhältnis zwischen geklärtem [X.] und [X.] gegenüber den sonst üblichen Verhältnissen verschoben.Der [X.] geklärten Abwassers habe nichtausgereicht, um die für Fische zum Überleben notwendige Sauerstoffkonzen-tration zu gewährleisten. Das Niedrigwasser der [X.] sei mit einem saisonalbedingten hohen Ausstoß an Abwässern durch die örtliche Landwirtschaft, ins-besondere den Weinbau, zusammengefallen. Im Spätsommer und [X.] wür-den die [X.] und [X.] gereinigt. Diese Betriebe leiteten ihre [X.] über das öffentliche Kanalnetz, teilweise auch direkt, in die [X.] ein.- 4 -2.Auf dieser Grundlage ist für die Revisionsinstanz davon auszugehen,daß der [X.] im Sinne des § 22 Abs. 1 [X.] Stoffe in die [X.] eingeleitethat, die deren Wasserqualität verschlechtert und - im Zusammenwirken mitanderen Ursachen, insbesondere dem niedrigen Wasserstand des Flusses -zum Ersticken der Fische geführt haben. [X.] hat der [X.], [X.] als in anderen Fällen der Abwasserbeseitigung, das Abwasser alsGanzes (vgl. Senatsurteile [X.] 55, 180, 184; 62, 351, 355; 103, 129, 134 f.;[X.], [X.], 7. Aufl., § 22 Rn. 10). Dieses Wasser war zwar gereinigt;das Berufungsgericht hat für eine Betriebsstörung der Anlage keinen Anhaltgefunden. Es war jedoch deutlich sauerstoffärmer als das natürliche Gewässer,in das es eingeleitet wurde, und bewirkte darin nach den vom Berufungsgerichtzugrunde gelegten Ausführungen des Sachverständigen Dr. K. durchweitere Zehrungen ein hohes Sauerstoffdefizit, nämlich einen Abfall des [X.] von 9,2 mg/l oberhalb des [X.] bis zu 2,5 mg/l am 15. [X.] bzw. 1,4 mg/l am 9. Oktober 1999 unterhalb. Der Tatbestand des § 22Abs. 1 [X.] erfordert nicht, daß isolierbare Giftstoffe wie Öl oder [X.] das Gewässer geleitet werden. [X.] ist nach Wortlaut [X.] vielmehr jede nachteilige Veränderung der physi-kalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Wassers, wie [X.] die Einwirkung bestehen würde (Senatsurteil [X.] 103, 129, 136 ff.). [X.] dieser Art gehört auch eine Verminderung des [X.] innerhalb des Gewässers ([X.], § 22 Rn. 20).Die Ursächlichkeit der Abwassereinleitung für die Verschlechterung [X.] wird durch ein Mitwirken anderer Ursachen ebensowenig in [X.] 5 -3.a) Der Senat hat in [X.] 62, 351, 359 f. allerdings bei einer am Geset-zeszweck ausgerichteten, wertenden Betrachtung die Haftung des [X.] nach § 22 Abs. 1 oder 2 [X.] gegenüber dem [X.] eingeschränkt. Der Zweck der Vorschrift, denjenigen, der eine schadens-stiftende Wasserverschlechterung verursacht, zur Haftung für den entstande-nen Schaden heranzuziehen, rechtfertige es nicht, den Inhaber einer Einrich-tung, die dazu bestimmt sei, den [X.] zu verbessern, auch dannhaften zu lassen, wenn die Einrichtung ordnungsgemäß arbeite und lediglichdie ihr zugeführten Abwässer weiterleite. Dem lag eine Fallgestaltung [X.], in der aus einem Metallveredelungsbetrieb eine giftige Zyanidlösung aus-gelaufen und in die Kanalisation der [X.] geflossen war, von der sie übereinen Klärteich des [X.] in die [X.] gelangte.b) Diese Erwägungen, die auch im Schrifttum Zustimmung gefunden ha-ben ([X.], Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl. Rn. 792; [X.], § 22 Rn. 12, 19, 44; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]und AbwAG, § 22 [X.] Rn. 19 a, 22) und an denen festzuhalten ist, hat [X.] jedoch zu Unrecht undifferenziert auf den [X.]. An einem haftungsbegründenden Einleiten des - geklärten, aber [X.] das Gewässer belastenden - Abwassers fehlt es nach der [X.] Senats, wenn die Kläranlage die ihr zugeführten Schadstoffe, zu derenBeseitigung sie weder bestimmt noch geeignet ist, lediglich weiterleitet. [X.] gibt es keinen hinreichenden Grund für eine entsprechende [X.], wenn das Klärwerk zwar in bestimmter Hinsicht seinenZweck erfüllt und insoweit die Wasserqualität verbessert, es das Wasser aberzugleich in anderer Beziehung verschlechtert ([X.], § 22 Rn. 19 a.E.;[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], § 22 Rn. 19 a). Insoweit ist die [X.] 6 -fahrerhöhung vielmehr allein auf die Tätigkeit der Kläranlage zurückzuführen,deren Betreiber hierfür haftungsrechtlich auch selbst die Verantwortung trägt.Allenfalls dann, wenn aus technischen Gründen eine im Verhältnis geringfügi-ge Verschlechterung der Wassergüte in dieser Richtung unvermeidlich mit demordnungsgemäßen Betrieb der Kläranlage verbunden sein sollte, könnte eineandere Beurteilung angebracht sein.c) Für den Streitfall folgt daraus: Liegt die Ursache der Sauerstoffredu-zierung in der [X.] aufgrund des vom [X.]n eingeleiteten Abwassersausschließlich oder zumindest ganz überwiegend im Bereich der dem [X.] zugeführten Abwässer und konnte der [X.] bei einem ord-nungsgemäßen Betrieb seiner Anlage die Verminderung des [X.] Gewässer nicht verhindern, scheidet eine Haftung nach § 22 [X.] aus.Hingegen wäre eine Ersatzpflicht zu bejahen, wenn - wie es der Kläger in [X.] mindestens auch behauptet hat und worauf sich [X.] Revision in erster Linie stützt - für den Sauerstoffmangel des [X.] im Klärwerk des [X.]n verantwortlich wä-re. Unter diesen Umständen wäre es auch unerheblich, ob die Anlage im übri-gen ordnungsgemäß gearbeitet [X.] Ausschluß aller Schadensersatzansprüche gegen den beklagtenVerband wegen nachteiliger Wirkungen einer bewilligten Benutzung nach § 11[X.], für den die Revisionserwiderung eintritt, kommt lediglich bei wasser-rechtlichen Bewilligungen gemäß § 8 [X.] in Betracht ([X.] 103, 129, 134;[X.], § 22 Rn. 25 f.). Eine solche Bewilligung ist hier nach § 8 Abs. 2Satz 2 [X.] ausgeschlossen. Dem [X.]n ist dementsprechend auch le-- 7 -diglich eine wasserrechtliche Erlaubnis (§ 7 [X.]) zur Einleitung seiner [X.] in die [X.] erteilt worden.5.Über die Ursachen der [X.] in der [X.] enthält das Beru-fungsurteil keine nähere Feststellung. Es ist aufzuheben. Die [X.] gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, den Sachverhalt unter [X.] - gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag - weiteraufzuklären. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, daß für das Vorliegen ei-nes Ausnahmetatbestands, bei dem nach den obigen Ausführungen die Haf-tung des Betreibers einer Kläranlage entfällt, die Darlegungs- und Beweislastden [X.]n trifft.RinneStreck[X.][X.]Dörr

Meta

III ZR 147/02

07.11.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2002, Az. III ZR 147/02 (REWIS RS 2002, 807)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 807

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