Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2011, Az. V ZB 13/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2384

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 13/11

vom

13. Oktober 2011

in der Abschiebungshaftsache

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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Oktober 2011
durch [X.] Prof.
Dr.
Krüger, [X.] Dr. Schmidt-Räntsch und
Dr. [X.] und die Richterinnen Dr. [X.] und Weinland

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss der 8. Zivilkammer des [X.] vom 7. Januar 2011 und der Beschluss des [X.] vom 5. Januar 2011 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur zweckentsprechen-den Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen werden dem [X.] auferlegt.
Der Gegenstandswert
des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3000

Gründe:

I.

Der Betroffene, ein [X.] Staatsangehöriger [X.] Volkszuge-hörigkeit, stellte am 18. März 2002 bei der Zweigstelle [X.] des [X.] für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge einen Asylantrag, den er wenige Tage später zurücknahm. Mit Bescheid vom 27. März 2002, [X.] seit 8. April 2002, wurde das Asylverfahren eingestellt und die 1
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Abschiebung angedroht. Die für die landesinterne Verteilung zuständige Zent-rale Anlaufstelle für Asylbewerber des [X.] wies den Be-troffenen einer Unterkunft zu, die im Bezirk der beteiligten Behörde liegt. Sie teilte dies der Gemeinschaftsunterkunft in [X.] mit Schreiben vom 8.
Mai 2002 mit. Die schriftliche Zuweisungsentscheidung vom gleichen Tag wurde dem Betroffenen nicht zugestellt, weil sein Aufenthalt unbekannt war. Am 28. November 2010 wurde er am [X.] festgenommen. Das Amtsgericht hat auf den Haftantrag der beteiligten Behörde hin zunächst eine einstweilige Anordnung getroffen und mit Beschluss vom 5. Januar 2011 Siche-rungshaft bis zum 17. Januar 2011 angeordnet. Die dagegen gerichtete Be-schwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene die Rechtswidrigkeit der in dem Hauptsacheverfahren erlasse-nen Beschlüsse feststellen lassen, nachdem er am 10. Januar 2011 abgescho-ben worden ist.
II.
Das Beschwerdegericht meint, die beteiligte Behörde sei zuständig für die Stellung des [X.]. Auf die Zustellung der Zuweisungsentscheidung an den Betroffenen komme es nicht an. Es sei ausreichend, dass der beteiligte [X.] im Rahmen einer Unterkunftszuweisung zur zuständigen [X.] bestimmt worden sei.
III.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Betroffene ist durch die Haftanordnung und die Beschwerdeentscheidung in seinen Rechten ver-letzt, weil die beteiligte Behörde nicht zuständig für die Stellung des [X.] war.
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1. Die Haft darf gemäß § 417 Abs. 1 FamFG nur auf Antrag der zustän-digen Verwaltungsbehörde angeordnet werden. Fehlt es an der Zuständigkeit, ist der Haftantrag unzulässig. Das Vorliegen eines zulässigen Antrags ist in je-der Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss vom 18. März 2010 -
V [X.], [X.] 2010, 156 Rn. 11 mwN). Sachlich zuständig ist gemäß §
71 Abs. 1 [X.] die Ausländerbehörde. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus den jeweiligen Landesgesetzen ([X.]/[X.], NVwZ 2011, 527, 528). Gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG ist bei natürlichen Personen der gewöhnliche Aufenthalt, hilfsweise der letzte gewöhnliche Aufenthalt maßgeblich.
[X.] sich ein Asylbewerber in dem ihm gemäß § 50 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG zugewiesenen Bezirk auf, so bleibt die dortige Ausländerbehörde auch dann zuständig, wenn er sich unerlaubt aus dem Bezirk entfernt, um sich einer angedrohten Abschiebung zu entziehen. Grund hierfür ist, dass er wegen der Aufenthaltsbeschränkung an einem anderen Ort nicht bleiben kann (Senat,
[X.] vom 18. März 2010 -
V [X.], [X.] 2010, 156 Rn. 13 f. mwN). Ist dem Ausländer dagegen die Zuweisungsentscheidung nicht zugestellt [X.] und hat er auch keinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem zugewiesenen Be-zirk begründet, ist die Zuständigkeit der örtlichen Ausländerbehörde nicht [X.] worden. Allerdings ermöglicht §
10 AsylVfG im Regelfall eine verein-fachte Zustellung der Zuweisungsentscheidung.
Hier hat das Beschwerdegericht für den Senat bindend festgestellt, dass eine wirksame Zustellung nicht erfolgt ist. Die Zuweisungsentscheidung ist nicht -
wie das Beschwerdegericht meint -
eine bloße verwaltungsinterne Abgabe, sondern ein Verwaltungsakt, der gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. §
43 Abs.
1 Satz 1 VwVfG erst mit der Bekanntgabe an
den Betroffenen wirksam wird. Diese hat gemäß §
50 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG durch Zustellung an den 4
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Ausländer selbst zu erfolgen. Sie hat zur Folge, dass er sich unverzüglich zu der in der Zuweisungsverfügung angegebenen Stelle begeben muss, § 50 Abs.
6 AsylVfG, und sich andernfalls strafbar macht, § 85 Nr. 1 [X.] Auch steht ihm die Verpflichtungsklage hinsichtlich der Zuweisungsentscheidung of-fen (HK-AuslR/[X.], § 50 AsylVfG Rn. 37). Ist die Zuweisung mangels Zustel-lung nicht wirksam geworden, bleibt die bis dahin zuständige Ausländerbehörde zuständig.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs.
2, §
430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 [X.] analog, § 128c Abs. 3 Satz 2 KostO. [X.] [X.] folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. §
30 Abs. 2 KostO.
Krüger

Schmidt-Räntsch

[X.]

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.01.2011 -
44 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 07.01.2011 -
8 T 5/11 -

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Meta

V ZB 13/11

13.10.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2011, Az. V ZB 13/11 (REWIS RS 2011, 2384)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2384

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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