Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.03.2019, Az. 3 StR 413/18

3. Strafsenat | REWIS RS 2019, 9658

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Gegenstand

Strafbarkeit des Bereitstellens wirtschaftlicher Ressourcen mit Eignung zur Herstellung von Kernwaffen


Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 16. April 2018 werden verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]der gewerbsmäßigen Zuwiderhandlung gegen ein Bereitstellungsverbot eines unmittelbar geltenden [X.], welcher der Durchführung einer vom [X.] im Bereich der [X.] beschlossenen Sanktionsmaßnahme diente, den Angeklagten   S.    der Beihilfe hierzu schuldig gesprochen. Das [X.] hat gegen beide Angeklagte Freiheitsstrafen verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, und festgestellt, dass das Verfahren für die Dauer von insgesamt drei Jahren rechtsstaatswidrig verzögert worden war. Gegen den Angeklagten   S.    hat es darüber hinaus die Einziehung von [X.] angeordnet. Die Revision des Angeklagten [X.]beanstandet das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte   S.    erhebt mit seiner Revision formal allein die Sachbeschwerde. Beide Rechtsmittel sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.].

I.

2

1. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen forcierte der [X.] seit den 1990er Jahren die Entwicklung von ballistischen Raketen mit einer Reichweite von über 2.000 Kilometern, die als Trägersysteme für nukleare Massenvernichtungswaffen geeignet sind. Die Trägerraketen werden mit [X.] (sog. "Jet Vans") gelenkt, zu deren Herstellung unter anderem [X.] eingesetzt werden, um diese im heißen [X.] angebrachten Bauteile mit hitzebeständigen Beschichtungen zu versehen.

3

Als zentrale staatliche Beschaffungsstelle für das [X.] [X.] diente die dem [X.] nachgeordnete "[X.]" (abgekürzt: [X.]). Eine der wichtigsten Unterorganisationen war die [X.] (nachfolgend: [X.]), die für die Auftragsvergabe sowie die Endmontage der Raketen und deren Übergabe an die [X.] zuständig war. Die [X.] trat an den anderweitig verfolgten A.     heran, der sich bereit erklärte, zu ihren Gunsten die zur Produktion von [X.] notwendigen Anlagen verdeckt zu beschaffen und hiermit Strahlruder herzustellen, um diese anschließend der [X.] für das [X.] auszuhändigen. Die in [X.] ansässige Firma [X.]          , deren alleiniger Geschäftsführer der Angeklagte [X.]war und an der er sämtliche Anteile hielt, stellte [X.] her und vertrieb sie weltweit.

4

Am 13. März 2007 einigte sich [X.]für die Firma [X.]           mit A.     , der für die von ihm beherrschte Firma [X.]          (im Folgenden: Firma E.  ) mit Sitz in [X.] auftrat, in Anwesenheit des Angeklagten   S.    auf die Lieferung einer Sinterofenanlage zum Preis von 850.000 €. Am 20. April 2007 trat die Verordnung ([X.]) Nr. 423/2007 des [X.] vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen [X.] ([X.]-Embargo-Verordnung; fortan: [X.] ([X.]) Nr. 423/2007) in [X.], in deren [X.] die [X.] als eine - der [X.] unterstehende - Einrichtung aufgeführt war, der nach Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung keine wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden durften.

5

Nach dem Inkrafttreten der [X.] ([X.]) Nr. 423/2007 veranlasste [X.]den Transport der Einzelteile der Sinterofenanlage nach [X.], wo sie am 25. Juli 2007 entladen wurden. Auf [X.]   s Aufforderung holte   S.    gegen Provision bei der Firma [X.]Informationen ein, die für die Montage und den Betrieb des Ofens notwendig waren. [X.]entsandte zwei Techniker der Firma [X.]            in den [X.], die dort vom 3. März bis zum 14. März 2008 die Anlage aufstellten. Zwar war der Sinterofen danach infolge von Transportschäden und fehlender Software noch nicht unmittelbar verwendungsbereit; er konnte aber mit vergleichsweise einfachen Mitteln in einen solchen Zustand versetzt werden, ohne dass weitere Tätigkeiten oder spezifische Kenntnisse von Mitarbeitern der Firma [X.]           notwendig gewesen wären. Eine vollständige Fertigstellung der Installation unterblieb, nachdem das [X.] die Genehmigung der Lieferung von Ersatzteilen abgelehnt hatte.

6

Beide Angeklagten hielten es für möglich und billigten es, dass die Sinterofenanlage zur Herstellung von Bauteilen für das [X.] [X.] zumindest mittelbar durch eine im Rahmen des [X.]-Embargos gelistete Einrichtung eingesetzt werde. Ferner wollten sie weitere vergleichbare gewinnbringende Geschäfte unter Inkaufnahme von Verstößen gegen das [X.]-Embargo tätigen.

7

2. Das [X.] hat die Feststellungen dahin gewertet, dass der Angeklagte [X.]dem [X.]. 7 Abs. 3 [X.] ([X.]) Nr. 423/2007 gewerbsmäßig zuwidergehandelt und sich somit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 7 Nr. 2 Alternative 1 [X.] - dem gegenüber § 34 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 6 Nr. 2 Alternative 1 [X.] aF milderen Gesetz - strafbar gemacht habe. Durch die Veranlassung der Ausfuhr der Sinterofenanlage und deren Aufbau in der [X.]er Produktionshalle der Firma [X.]habe er über A.     der - in Abschnitt A. Nr. 10 des [X.] zur [X.] ([X.]) Nr. 423/2007 gelisteten - [X.] eine wirtschaftliche Ressource mittelbar zur Verfügung gestellt. Der - ebenfalls gewerbsmäßig handelnde (§ 28 Abs. 2 StGB) - Angeklagte    S.    habe zu dieser Tat im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB Hilfe geleistet, indem er bei der Firma [X.]für die Montage und den Betrieb der Anlage notwendige Informationen eingeholt habe.

II.

8

1. Die vom Angeklagten [X.]erhobene Verfahrensrüge dringt aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen nicht durch. Soweit der Angeklagte   S.    mit der Sachbeschwerde geltend macht, das [X.] habe im Rahmen der Entscheidung über die Kompensation der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung die zugrundeliegenden Zeitspannen fehlerhaft festgestellt, bleibt dieser Beanstandung, wie vom [X.] ausgeführt, auch dann der Erfolg versagt, wenn das Vorbringen als eine - von Rechts wegen erforderliche (vgl. [X.], StGB, 66. Aufl., § 46 Rn. 127 mwN) - Verfahrensrüge ausgelegt oder in eine solche umgedeutet wird (s. hierzu KK-Gericke, [X.], 8. Aufl., § 344 Rn. 20 mwN).

9

2. Die auf die Sachrügen der Angeklagten gebotene materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils hat keinen ihnen nachteiligen Rechtsfehler ergeben. Der Erörterung bedürfen lediglich die zwei folgenden den Schuldspruch betreffenden Rechtsfragen:

a) Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat das [X.] zutreffend angenommen, dass der Angeklagte [X.]gegen das in Art. 7 Abs. 3 [X.] ([X.]) Nr. 423/2007 geregelte (s. zur identischen Bedeutung von Bereitstellen und Zurverfügungstellen [X.], Beschluss vom 23. April 2010 - [X.], [X.]St 55, 94 Rn. 15 ff.; MüKoStGB/[X.], 2. Aufl., § 18 [X.] Rn. 22), gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a [X.] strafbewehrte Bereitstellungsverbot verstieß, indem er der - im [X.] Abschnitt A. Nr. 10 zur [X.] ([X.]) Nr. 423/2007 gelisteten - [X.] den Sinterofen als wirtschaftliche Ressource (Art. 1 Buchst. i [X.] ([X.]) Nr. 423/2007) mittelbar zur Verfügung stellte.

aa) Der [X.] hat auf die vom [X.] im gegenständlichen Verfahren beschlossene Vorlage entschieden, Art. 7 Abs. 3 [X.] ([X.]) Nr. 423/2007 sei dahin auszulegen, dass das Verbot des mittelbaren Bereitstellens einer wirtschaftlichen Ressource Handlungen umfasst, welche die Lieferung eines funktionstüchtigen, jedoch noch nicht verwendungsbereiten Sinterofens in den [X.] und seine Aufstellung dort zugunsten eines [X.] betreffen, der im Namen, unter der Kontrolle oder auf Weisung einer in den [X.] und V der [X.] ([X.]) Nr. 423/2007 genannten Person, Organisation oder Einrichtung handelt und beabsichtigt, den Ofen zu nutzen, um zugunsten einer solchen Person, Organisation oder Einrichtung Produkte herzustellen, die zur Verbreitung von Kernwaffen in diesem Staat beitragen können (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2011 - [X.], juris Rn. 57). Dieses Verständnis des vom [X.] Verordnungsgeber angeordneten Bereitstellungsverbots ist auch für die nationale Strafvorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a [X.] maßgebend. Die Auslegung der blankettausfüllenden europarechtlichen Norm (vgl. MüKoStGB/[X.], 2. Aufl., Vor §§ 17 ff. [X.] Rn. 29 f., § 18 [X.] Rn. 13) hält sich innerhalb der Grenzen des [X.], sodass sie nicht zu einer Strafbarkeit im Wege einer unzulässigen Analogie (Art. 103 Abs. 2 GG) führen kann.

Soweit sich der Senat mit dem im hiesigen Verfahren ergangenen Beschluss vom 23. April 2010 ([X.], [X.]St 55, 94) zum mittelbaren Bereitstellen gemäß Art. 7 Abs. 3 [X.] ([X.]) Nr. 423/2007 verhalten hat (dort Rn. 20), hat sich dies auf den - dem damaligen Stand der Ermittlungen entsprechenden - Fall bezogen, dass die wirtschaftliche Ressource an einen Zwischenhändler geliefert wird. Es kann dahinstehen, inwieweit für einen solchen Fall daran festzuhalten ist, dass ein Verstoß gegen das Bereitstellungsverbot nur dann vorliegt, wenn es im Belieben der gelisteten Person, Organisation oder Einrichtung steht, auf diesen Vermögenswert zuzugreifen.

bb) Die vom [X.] formulierten Anforderungen sind hier erfüllt.

(1) Der an A.     gelieferte Sinterofen war funktionstüchtig, weil er mit vergleichsweise einfachen Mitteln in einen verwendungsbereiten Zustand versetzt werden konnte, ohne dass weitere Tätigkeiten oder spezifische Kenntnisse von Mitarbeitern der Firma [X.]           notwendig gewesen wären. Nach seiner grundsätzlichen Konfiguration konnte der Ofen bei der Produktion von hitzebeständigen [X.] für Trägerraketen eingesetzt werden, die zum Transport von Atomsprengköpfen geeignet waren. A.     beabsichtigte, ihn zu nutzen, um zugunsten der [X.] solche Strahlruder herzustellen.

(2) Der [X.]     handelte auch "auf Weisung" der gelisteten Einrichtung. Denn er war von ihr mit der Beschaffung der wirtschaftlichen Ressource beauftragt. Nach den Urteilsfeststellungen hatte er sich bereit erklärt, die verdeckte Beschaffung der zur Produktion von hitzebeständigen [X.] notwendigen Anlagen zu übernehmen und selbst die Strahlruder herzustellen, um diese anschließend der [X.] für das [X.] [X.] des [X.] zu überlassen.

Um der [X.] die Verfügungsgewalt des in ihrem Lager stehenden A.     zuzurechnen, genügt dessen festgestellte auftragsgemäße Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt eines Handelns "auf Weisung" auch dann, wenn er in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu dieser gelisteten Einrichtung gestanden, ein eigenes erwerbswirtschaftliches Interesse an der Lieferung sowie der Produktion gehabt und das unternehmerische Risiko hierfür getragen haben sollte. Anders als die Revision des Angeklagten [X.]geltend macht, ist es deshalb unschädlich, dass das [X.] keine weitergehenden Feststellungen zu A.     s Einbindung in das Beschaffungssystem des [X.] getroffen hat. Es trifft nicht zu, dass der [X.] die Merkmale "im Namen", "unter Kontrolle" und "auf Weisung" als Beschreibungen verschiedener rechtlicher oder tatsächlicher Grundlagen eines - von allen drei Merkmalen gleichermaßen vorausgesetzten - Herrschafts- oder [X.] konzipiert hat.

Dass der [X.] das Merkmal "auf Weisung" in dem hier zugrunde gelegten weiten Sinne verstanden hat, ergibt sich aus Folgendem:

(a) Bereits der herkömmliche Sprachsinn spricht für ein Verständnis dieses Merkmals, wonach es nicht zur Voraussetzung hat, dass der Weisungsgeber den Angewiesenen beherrscht oder dieser von jenem abhängig ist. Im allgemeinen [X.] Sprachgebrauch hat das Wort "Weisung" ein relativ weites Bedeutungsspektrum. Es wird nicht nur gleichgesetzt mit "Anordnung", "Befehl" oder "Gebot" (s. Brockhaus/[X.], [X.], Band 6; [X.], Das große Wörterbuch der [X.] Sprache, Band 10, 3. Aufl.), sondern auch mit "Auftrag" (vgl. [X.], [X.], Band 1, 27. Aufl.; [X.], [X.], Band 14).

Im Zivilrecht wird der Begriff dementsprechend auch außerhalb von Herrschafts- oder Abhängigkeitsverhältnissen verwendet. Ihm kommt dort die Bedeutung einer Anleitung im Einzelfall zu. So hat etwa ein Rechtsanwalt nach § 665 i.V.m. § 675 Abs. 1 BGB - unabhängig davon, ob das zu ihm bestehende Vertragsverhältnis als ein Dienstvertrag (etwa im Fall der Prozessvertretung) oder Werkvertrag (etwa im Fall der Gutachtenerstattung) zu qualifizieren ist - grundsätzlich Weisungen seines Mandanten zu befolgen (vgl. [X.], 7. Aufl., § 675 Rn. 28 f.).

(b) Auch die vom [X.] zur Auslegung des Art. 7 Abs. 3 [X.] ([X.]) Nr. 423/2007 herangezogenen Quellen legen ein derartiges Verständnis nahe.

Der [X.] hat das Merkmal "auf Weisung" ebenso wie die Merkmale "im Namen" und "unter Kontrolle" der Ziffer 12 der Resolution 1737 (2006) des Sicherheitsrates der [X.] vom 23. Dezember 2006 sowie dem - gleichlautenden - Erwägungsgrund 9 des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/[X.] des [X.] vom 27. Februar 2007 über restriktive Maßnahmen gegen [X.] entnommen (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2011 - [X.], juris Rn. 51). In diesen Rechtstexten ist bestimmt, dass sich das Verbot des Zurverfügungstellens von wirtschaftlichen Ressourcen nicht nur auf Personen oder Einrichtungen bezieht, die nach Feststellung der [X.] an proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten im [X.] und an der dortigen Entwicklung von [X.] für Kernwaffen beteiligt sind, sondern auch auf solche Personen oder Einrichtungen, die in ihrem Namen oder auf ihre Weisung handeln, oder solche Einrichtungen, die in ihrem Eigentum oder unter ihrer Kontrolle stehen ("persons or entities acting on their behalf or at their direction, or ... entities owned or controlled by them").

Diese Kriterien sind nicht bloß Ausformungen eines einheitlich zu bestimmenden Herrschafts- bzw. [X.] auf rechtlicher oder tatsächlicher Grundlage. Zwar meint die Wendung "unter Kontrolle stehen", die ausschließlich Einrichtungen betrifft, ersichtlich eine - vom Eigentum zu trennende - rechtliche oder tatsächliche Beherrschung. Die Formulierung "im Namen handeln", die für Personen und Einrichtungen gilt und an deren Tätigkeit knüpft, erfordert jedoch gerade kein Herrschafts- bzw. Abhängigkeitsverhältnis. Denn das Handeln im Namen eines anderen setzt ein derartiges Verhältnis nicht voraus. In fremdem Namen kann der selbständig beauftragte [X.] ebenso auftreten wie derjenige, der keine Vertretungsmacht hat; es bedarf noch nicht einmal der Kenntnis des vermeintlich Vertretenen. Gerade vor diesem Hintergrund deutet auch die Wendung "auf Weisung handeln", die ebenfalls für Personen und Einrichtungen gilt und an deren Tätigkeit knüpft, nicht auf ein derartiges Herrschafts- bzw. Abhängigkeitsverhältnis hin. Vielmehr ist sie naheliegend dahin zu verstehen, dass die Tätigkeit der Person oder Einrichtung auf maßgebliche Veranlassung der von dem Verbot betroffenen Person oder Einrichtung ausgeführt wird.

Eingedenk dessen ist der Revision des Angeklagten [X.]nicht darin zu folgen, dass sich Abweichendes aus den im Ratsdokument 9068/2013 vom 30. April 2013 formulierten Leitlinien zur Umsetzung und Evaluierung restriktiver Maßnahmen (Sanktionen) im Rahmen der [X.] der [X.] ergebe. Diese Leitlinien sind ausschließlich zu den Merkmalen "Eigentum" und "Kontrolle" ergangen (s. auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], 56. EL, § 18 [X.] Rn. 38 [für "Tochtergesellschaften gelisteter Organisationen"]). Demgemäß weist Punkt II. 5. der Anlage zum Ratsdokument 9068/2013 ausdrücklich darauf hin, "dass die indirekte Zurverfügungstellung von ... wirtschaftlichen Ressourcen an gelistete Personen und Organisationen auch deren Zurverfügungstellung an Personen und Organisationen, die nicht im Eigentum oder unter der Kontrolle von gelisteten Organisationen stehen, umfassen kann". So liegt es im - hier gegebenen - Fall des Handelns "auf Weisung".

(c) Für ein solches Verständnis streitet zudem der Umstand, dass der [X.] die Vorabentscheidung auf der Grundlage des angeklagten Sachverhalts während des vor dem [X.] anhängigen Zwischenverfahrens getroffen hat. In der Vorabentscheidung ist der [X.] dahin wiedergegeben, A.     habe den Sinterofen im Auftrag der [X.] beschafft, die [X.] allerdings selbst bei der Firma [X.]zu sintern beabsichtigt und habe bei dem Geschäft auf eigene Rechnung zum Zweck der Gewinnerzielung gehandelt (s. Urteil vom 21. Dezember 2011 - [X.], juris Rn. 21, 23). Die Rechtsansicht der Revision des Angeklagten [X.]als zutreffend unterstellt, wäre auf der Grundlage dieses [X.]es die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen gewesen; dann hätte es bei Zugrundelegung des Ermittlungsergebnisses der vom [X.] angemahnten Prüfung, ob A.     tatsächlich im Namen der [X.] handelte (aaO Rn. 53), nicht bedurft. Hätte der [X.] bereits den nach Abschluss der Ermittlungen angeklagten Sachverhalt mangels Herrschafts- bzw. [X.] als nicht ausreichend erachtet, um einen Verstoß gegen das [X.]. 7 Abs. 3 [X.] ([X.]) Nr. 423/2007 zu begründen, wäre - da dies aus Sicht sämtlicher Verfahrensbeteiligter ersichtlich von entscheidender Bedeutung war - in seinem Urteil ein entsprechender Hinweis zu erwarten gewesen.

(d) Schließlich hat der [X.] in der Vorabentscheidung herausgestellt, sowohl der mit der [X.] ([X.]) Nr. 423/2007 verfolgte Zweck, proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten im [X.] zu verhindern, als auch die Notwendigkeit, die praktische Wirksamkeit (sog. effet utile) der Bekämpfung dieser Tätigkeiten zu gewährleisten, geböten ein weites Verständnis des in Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung geregelten Bereitstellungsverbots (s. Urteil vom 21. Dezember 2011 - [X.], juris Rn. 40, 44 f., 54). Der [X.] hat deshalb den Kreis der Lieferungsempfänger, über die ein mittelbares Zurverfügungstellen an gelistete Personen, Organisationen und Einrichtungen bewirkt werden kann, in objektiver Hinsicht bewusst weit gezogen. Ein Korrektiv hat er auf [X.] geschaffen. Er hat das Bereitstellungsverbot hinsichtlich nicht gelisteter Lieferungsempfänger dadurch eingeschränkt, dass allein bei ihnen - über den Wortlaut von Art. 7 Abs. 3 i.V.m. Art. 1 Buchst. i [X.] ([X.]) Nr. 423/2007 hinaus - eine spezifische auf die Verbreitung von Kernwaffen bezogene Absicht vorhanden sein muss. Wäre dagegen der Sinterofen direkt an die [X.] geliefert worden, wäre es auf Feststellungen zu einer beabsichtigten Nutzung im Rahmen des [X.]n [X.]s nicht angekommen (zum Begriff der wirtschaftlichen Ressource s. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 56. EL, § 18 [X.] Rn. 36).

b) Auf der Grundlage der Feststellungen hat das [X.] ebenso zutreffend ein gewerbsmäßiges Handeln beider Angeklagten im Sinne des § 18 Abs. 7 Nr. 2 Alternative 1 [X.] angenommen.

Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen will (st. Rspr.; s. etwa [X.], Beschluss vom 28. November 2017 - 3 [X.], juris Rn. 11). Erforderlich ist stets eine Eigennützigkeit und damit ein vom Tatbeteiligten erstrebter Zufluss von [X.] an sich selbst (vgl. [X.], Beschluss vom 3. Juli 2015 - 3 StR 518/14, [X.], 341, 343; [X.], StGB, 66. Aufl., Vor § 52 Rn. 61a mwN). Der erstmalige Verstoß kann ausreichend sein, auch wenn es entgegen der Intention des Beteiligten nicht zu weiteren entsprechenden Straftaten kommt; freilich muss sich seine Vorstellung gerade auf die nicht nur vorübergehende Einnahmequelle aus solchen Taten beziehen (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 [X.], [X.], 106, 107; ferner [X.] in [X.]/[X.], [X.], 56. EL, Vor §§ 17, 18 [X.] Rn. 115, § 18 [X.] Rn. 102; MüKoStGB/[X.], 2. Aufl., § 17 [X.] Rn. 43, § 18 [X.] Rn. 128). Dabei genügt die Absicht der Tatbegehung bei sich bietender günstiger Gelegenheit (s. RG, Urteil vom 27. November 1923 - [X.], [X.], 19, 20; [X.], Urteil vom 10. August 1992 - [X.], wistra 1993, 34, 35; [X.] in [X.]/[X.]/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 263 StGB Rn. 131).

Diese Voraussetzungen für ein gewerbsmäßiges Handeln hat das [X.] für beide Angeklagten festgestellt: Der Angeklagte [X.]hatte die Absicht, weitere für ihn persönlich wirtschaftlich vorteilhafte Geschäfte abzuschließen und abzuwickeln, und war bereit, auch zukünftig mögliche Verstöße gegen ein Bereitstellungsverbot in Kauf zu nehmen. Der Angeklagte   S.    beabsichtigte, durch vergleichbare "Projekte" weiterhin Provisionen zu erzielen; er hielt es für möglich und fand sich damit ab, mit solchen Vorhaben hinter A.     stehenden, vom [X.]-Embargo erfassten Begünstigten wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Entgegen der Ansicht der Revision des Angeklagten [X.]steht der Gewerbsmäßigkeit nicht entgegen, dass sich der zielgerichtete Wille beider Angeklagten allein auf künftige Vermögensvorteile bezog, während sie weitere Verstöße gegen ein Bereitstellungsverbot in ihre jeweilige Vorstellung nur als mögliche Folgen der Umsetzung dieses Willens aufnahmen. [X.] Handeln wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der mit Gewinnerzielungsabsicht handelnde Täter lediglich damit rechnet, auch weiterhin dasselbe Strafgesetz zu verletzen. Neben dem zielgerichteten Willen zu wiederkehrenden Einnahmen genügt hinsichtlich der übrigen Deliktsvoraussetzungen bedingter Vorsatz (vgl. BayObLG, Urteil vom 19. September 1951 - III 316/51, BayObLGSt 1949-51, 502; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], StGB, 30. Aufl., [X.]. zu §§ 52 ff. Rn. 96). Denn auch in solchen Fällen ist - ebenso wie in Fällen der Absicht der Tatbegehung bei sich bietender günstiger Gelegenheit - eine deutlich erhöhte Wiederholungsgefahr gegeben, welche die Anwendung des schärferen Strafrahmens rechtfertigt (zur Legitimation und dem Zweck des Merkmals der Gewerbsmäßigkeit als persönlicher Strafschärfungsgrund s. [X.], [X.], 97, 99 mwN). Diese Auslegung steht zudem im Einklang mit der in einigen [X.] normierten Bereicherungsabsicht (etwa § 253 Abs. 1, § 263 Abs. 1 StGB), die auch in Fällen einer nur bedingt vorsätzlichen Verwirklichung der objektiven Tatbestandsmerkmale ohne weiteres vorliegen kann.

Schäfer     

        

Gericke     

        

Spaniol

        

Wimmer     

        

Berg     

        

Meta

3 StR 413/18

05.03.2019

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend OLG Düsseldorf, 16. April 2018, Az: 3 StE 3/10 - 1 geh III 6 StS 1/14

§ 18 Abs 1 Nr 1 Buchst a AWG, § 18 Abs 7 Nr 2 AWG, Art 7 Abs 3 EGV 423/2007

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.03.2019, Az. 3 StR 413/18 (REWIS RS 2019, 9658)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9658

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Referenzen
Wird zitiert von

AK 20/20

3 StR 268/20

AK 52/21

Zitiert

3 StR 518/14

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