Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.06.2011, Az. 1 StR 191/11

1. Strafsenat | REWIS RS 2011, 5346

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Gegenstand

Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Wiederholte Einbeziehung einer Einzelstrafe; Verweisung des Tatrichters auf Entscheidung im Beschlussweg nach Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 26. November 2010 im Gesamtstrafausspruch mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

3. [X.] hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen zweier Fälle des gewerbsmäßigen [X.] (§§ 263 Abs. 1, Abs. 5 StGB), davon in einem Fall in Tateinheit mit Verabredung zu einem weiteren gewerbsmäßigen [X.] (§ 30 Abs. 2 StGB) zu fünf Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. In diese hat es eine gegen den Angeklagten durch Urteil des [X.] vom 13. Juli 2010 verhängte Strafe einbezogen, die bereits in ein anderes, allerdings nicht rechtskräftiges Urteil einbezogen worden war.

2

Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des [X.], im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

3

1. Der Gesamtstrafausspruch ist rechtsfehlerhaft und daher aufzuheben. Es ist nicht zulässig, Einzelstrafen (auch für sich genommen rechtskräftige), die schon zur Bildung einer Gesamtstrafe in einem nicht rechtskräftigen Urteil gedient hatten, in eine Gesamtstrafe einzubeziehen, da dies die Gefahr einer verbotenen Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) begründen würde ([X.], Beschluss vom 8. Juli 2005 - 2 [X.], [X.]St 50, 188 mwN). Der [X.] kann nicht ausschließen, dass die Gesamtfreiheitsstrafe ohne die fehlerhaft einbezogene Strafe - wenn vielleicht auch nur geringfügig - milder ausgefallen wäre.

4

Der [X.] macht von der Möglichkeit Gebrauch, gemäß § 354 Abs. 1b StPO zu entscheiden, der bei [X.], die ausschließlich die Bildung einer Gesamtstrafe betreffen, die Möglichkeit eröffnet, den Tatrichter auf eine Entscheidung im [X.] nach §§ 460, 462 StPO zu verweisen. Er ist hieran nicht dadurch gehindert, dass der - für eine Entscheidung nach § 354 Abs. 1b StPO ohnehin nicht erforderliche - Antrag des [X.] darauf nicht ausdrücklich abstellt. Der Antrag auf Aufhebung des [X.] und Zurückverweisung insoweit ist jedenfalls - der Sache nach - auf das gleiche Ziel gerichtet (vgl. [X.], [X.] 2005, [X.], 492). „Echte Zumessungsfehler“ (hierzu vgl. [X.], Beschluss vom 17. August 2005 - 2 StR 6/05, [X.], 374) liegen nicht vor. Die Entscheidung über die neu zu bildende Gesamtstrafe obliegt nunmehr dem nach § 462a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 5 [X.], [X.], 3788).

5

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils über den Gesamtstrafausspruch hinaus keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des [X.] nimmt der [X.] Bezug.

6

Die wenig nahe liegende Annahme der [X.], die Schwelle von [X.] zu strafbarem Versuch sei hier nicht schon mit den tatplangemäßen Telefonanrufen, die zu einer Täuschung geführt haben, sondern erst mit unmittelbarem Beginn der von den [X.] jeweils intendierten Geldübergabe der Angerufenen überschritten, kann den Angeklagten jedenfalls nicht beschweren.  

7

3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Kostenentscheidung muss nicht - was möglich wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 9. November 2004 - 4 [X.], [X.], 187) - dem Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorbehalten bleiben, weil sicher abzusehen ist, dass das Rechtsmittel des Angeklagten, der seine Verurteilung insgesamt angegriffen hat, nur einen geringfügigen Teilerfolg haben kann, so dass der [X.] die Kostenentscheidung gemäß § 473 Abs. 1 und 4 StPO selbst treffen kann (vgl.[X.], Beschluss vom 10. Mai 2011 - 4 StR 144/11; [X.], Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 5 [X.]).

Wahl                                  [X.]                                  [X.]

                   Elf                                           Jäger

Meta

1 StR 191/11

29.06.2011

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bamberg, 26. November 2010, Az: 2 KLs 110 Js 5031/09, Urteil

Art 103 Abs 3 GG, § 55 StGB, § 354 Abs 1b StPO, § 460 StPO, § 462 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.06.2011, Az. 1 StR 191/11 (REWIS RS 2011, 5346)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5346

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 178/13

3 RVs 90/14

Zitiert

4 StR 144/11

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