Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.11.2014, Az. V ZB 40/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1448

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.]

vom

12. November
2014

in der Abschiebungshaftsache

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 12.
November 2014
durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin
Prof.
Dr. Schmidt-Räntsch, [X.] Czub, die Richterin Weinland und den Richter
Dr. Kazele
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 6. Januar 2011 und der Beschluss der 28. Zivilkammer des [X.] vom 26. Januar 2011 die Betroffene in ihren Rechten verletzt haben.
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Betroffenen in allen Instanzen werden dem [X.] auf-erlegt.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000

Gründe:
I.
Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht am 6.
Januar
2011 gegen die Betroffene Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum 17.
Februar 2011 angeordnet. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist von 1
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dem [X.] am 26. Januar 2011 zurückgewiesen worden.
Die [X.] wurde in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen.
Die Betroffene, die am 2.
Februar 2011 aus der Haft entlassen worden ist, will
mit der Rechtsbeschwerde die Feststellung erreichen, dass die Be-schlüsse des Amts-
und des [X.]s
sie in ihren Rechten verletzt haben.
Der Senat hat mit Beschluss vom 11. Juli 2013 das Verfahren ausgesetzt und dem [X.] die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob sich aus Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/[X.] auch dann die Verpflichtung eines Mitgliedstaats ergibt, Abschiebungshaft grundsätzlich nur in speziellen Hafteinrichtungen zu vollziehen, wenn solche Einrichtungen nur in einem Teil der föderalen Untergliederungen dieses Mitgliedstaates vorhanden sind, in anderen aber nicht.

II.
Das Beschwerdegericht meint, die Rüge der Betroffenen, sie sei in einer gewöhnlichen Haftanstalt
untergebracht gewesen, stehe der Rechtmäßigkeit der Haftanordnung nicht entgegen. Im Rahmen der Beschwerde gegen
die Haftanordnung werde nur geprüft, ob Haft anzuordnen sei, nicht hingegen, wo die Haft vollzogen werde. Im Übrigen ergebe sich aus Art.
16 Abs.
1 Satz
2 der Richtlinie 2008/115/[X.], dass eine Unterbringung in einer Haftanstalt mit Straf-gefangenen ausnahmsweise zulässig sein könne.
III.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Haftanordnung des Amtsgerichts und deren Aufrechterhaltung durch das [X.] stehen mit 2
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Art. 16 der Richtlinie 2008/115/[X.] nicht in Einklang und haben die Betroffene daher in ihren Rechten verletzt.
1. a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist die Unterbringung von [X.]n in einer Justizvollzugsan-stalt nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/[X.] in [X.] unzulässig. Die in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 dieser Richtlinie enthaltene Ausnahme ist nicht ein-schlägig, weil in mehreren [X.] Bundesländern spezielle Hafteinrichtun-gen für [X.] vorhanden sind ([X.], Urteil vom 17. Juli 2014

[X.]/13 u. [X.]/13, [X.] 2014, 347). Das Gebot der Trennung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger von gewöhnlichen Strafgefangenen stellt eine materielle Voraussetzung für die Unterbringung von Drittstaatsangehörigen dar ([X.], Urteil vom 17. Juli 2014

C-474/13, [X.] 2014, 348 Rn.
21). Im Hinblick auf das Gebot einer möglichst wirksamen Anwendung des Rechts der [X.] muss der Haftrichter die Anordnung von [X.] daher ablehnen, wenn absehbar ist, dass der Betroffene rechtswidrig unterge-bracht
werden wird (Senat, Vorlagebeschluss vom 11. Juli 2013

V
ZB 40/11, juris Rn. 20
[insoweit in NVwZ 2014, 166 nicht abgedruckt]; Beschluss vom 25.
Juli 2014

[X.], [X.] 2014, 230 Rn. 5).
b) So lag es hier. Dem Amtsgericht musste bekannt sein,
dass die [X.] in Justizvollzugsanstalten vollzogen wurde, weil es in [X.] keine gesonderte Einrichtung für [X.] gab. In der Beschwer-deinstanz ist die Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt ausdrücklich ge-rügt worden.
2. Die Betroffene kann sich unmittelbar auf Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/[X.] berufen, weil die in Art. 20 Abs.
1 auf den 24. Dezember 2010 festgelegte Frist für die Umsetzung der Richtlinie im Zeitpunkt der Haftanord-5
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nung abgelaufen war, eine solche in [X.] aber noch ausstand (vgl. nä-her Senat, Vorlagebeschluss vom 11. Juli 2013

[X.], NVwZ 2014, 166 Rn.
7
ff.).
IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 u. 2, § 83 Abs.
2, §
430 FamFG, §
128c Abs. 3 Satz 2 [X.], Art. 5 Abs. 2 u. 5 [X.] analog. Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 128c Abs. 2, § 30 Abs.
2 [X.].

Stresemann

Schmidt-Räntsch

Czub

Weinland

Kazele
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.01.2011 -
934 [X.] 6/11 B -

LG [X.], Entscheidung vom 26.01.2011 -
2-28 T 3/11 -

8

Meta

V ZB 40/11

12.11.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.11.2014, Az. V ZB 40/11 (REWIS RS 2014, 1448)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1448

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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