Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2016, Az. 3 StR 138/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 10799

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:310516B3STR138.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 138/16
vom
31. Mai 2016
in der Strafsache
gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 31. Mai 2016 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 7. Januar 2016 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a)
im Schuldspruch, soweit der Angeklagte in den Fällen 1
und 3 der Urteilsgründe wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist;

b) im gesamten Strafausspruch.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in einem Fall in [X.] mit Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verur-1
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teilt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die all-gemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von §
349 Abs. 2 StPO.

Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen entschloss sich der Angeklagte Anfang des Jahres 2015, Rauschgift zu erwerben, um dieses gewinnbringend weiter zu veräußern. Aus diesem Grunde kaufte er zunächst 500 [X.]-Tabletten (Fall 1), sodann 700 g Marihuana (Fall 2), später erneut 500 [X.]-Tabletten (Fall 3) und zuletzt 3 kg Amphetamin (Fall 4). Den Wirk-stoffgehalt der Rauschmittel hat das [X.] nicht zahlenmäßig bestimmt, sondern diese nur als von "ordentlicher Qualität" beschrieben. Von dem [X.] verkaufte der Angeklagte ein Gramm an einen 15jährigen Jugendlichen.

1. Diese Feststellungen tragen nicht den Schluss, der Angeklagte habe in vier Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben. Die [X.] hat es verabsäumt, den Wirkstoffgehalt und die Wirkstoff-menge der jeweils gehandelten Drogen konkret festzustellen. Das Unrecht [X.] und die Schuld des [X.] werden durch diese Faktoren jedoch maßgeblich bestimmt, weshalb hierzu regelmäßig konkrete Feststellungen zu treffen sind ([X.] Rspr.;
vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 6.
August 2013 -
3 [X.], [X.], 703; vom 7. Juli 2015 -
3 [X.], juris Rn. 2; [X.], BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff.
Rn. 914 ff.). Stehen die tat-gegenständlichen Betäubungsmittel für eine Untersuchung nicht mehr zur [X.], so muss das Gericht unter Berücksichtigung anderer sicher feststellba-rer Umstände (Herkunft, Preis, Handelsstufe, Begutachtungen in Parallelverfah-ren etc.) die Wirkstoffkonzentration -
gegebenenfalls unter Anwendung des Zweifelssatzes -
schätzen ([X.] Rspr.;
vgl. etwa [X.], Urteil vom 4. März 2010
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3 StR 559/09, juris Rn. 23; Beschluss vom 6. August 2013 -
3 [X.], aaO).

a) Dieser Rechtsfehler führt in den Fällen 1 und 3 der Urteilsgründe zur Aufhebung des Urteils, da bei diesen Taten nicht belegt ist, dass der [X.] eine nicht geringe Menge [X.] im Sinne des §
29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zum Zwecke des Handeltreibens kaufte. Allein aus der im Urteil mitgeteilten Anzahl der erworbenen Tabletten lassen sich keine Rückschlüsse auf den Wirkstoffgehalt ziehen, da die [X.] und -kombinationen der
als [X.] vertriebenen Mittel in der Praxis schwanken (vgl. [X.], Urteil vom 9. Oktober 1996 -
3 [X.], [X.]St 42, 255, 267; Beschlüsse vom 15.
März 2001 -
3 StR 21/01, [X.], 381; vom 5. August 2010 -
2 StR 296/10, [X.], 472; [X.], BtMG,
4. Aufl., §
29a Rn.
104 ff., 114; zur Zulässigkeit der Schätzung des [X.] von [X.] vgl. auch [X.], Urteil vom 11. Februar 1999 -
4 [X.], [X.]R BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Menge 7). Entgegen der Ansicht des [X.] kann der [X.] mangels konkreter Feststellungen zum Gewicht der erworbenen [X.]-Tabletten auch mit Blick auf die Feststellungen zum Kaufpreis und der Quali-tätsbezeichnung als "ordentlich" den Urteilsgründen im Gesamtzusammenhang nicht hinreichend sicher entnehmen, dass der Angeklagte jeweils [X.] in einer nicht geringen Menge erwarb.

b) In den [X.] kann der Schuldspruch indes bestehen bleiben, da sich aus den vom Angeklagten erworbenen Mengen von 700
g Marihuana (Fall 2) und 3 kg Amphetamin (Fall 4) zweifelsfrei ergibt, dass dieser mit nicht geringen Mengen im Sinne von §
29a Abs. 1 Nr.
2 BtMG handelte. Jedoch
können die für diese Fälle verhängten Einzelstrafen von einem Jahr und sechs Monaten (Fall 2) sowie zwei Jahren (Fall 4) keinen Bestand haben, weil der 4
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Schuldgehalt dieser Taten mangels Feststellungen zum Wirkstoffgehalt und zur Wirkstoffmenge der gehandelten Drogen nicht belegt i[X.] Der [X.] kann nicht ausschließen, dass das [X.] bei konkreten Feststellungen zu Wirkstoff-gehalt und Wirkstoffmenge der Drogen niedrigere Einzelstrafen zugemessen hätte, sodass der Strafausspruch insgesamt aufzuheben i[X.]

2. Für die neue Hauptverhandlung weist der [X.] auf folgendes hin:

Die von der [X.] in die Strafzumessung zu Lasten des Ange-klagten eingestellte Erwägung, dieser habe allein aus Geldgier gehandelt, [X.] im Hinblick auf das [X.] (§
46 Abs. 3 StGB) Be-denken. Das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens setzt stets voraus, dass der Täter nach Gewinn strebt, weshalb eine ausschließlich gewinnorientierte Motivation regelmäßig keinen Strafschärfungsgrund darstellt ([X.], Beschlüsse vom 24. September 2009 -
3 [X.], [X.], 24, 25; vom 20. April 2010 -
4 [X.], [X.], 255; [X.], BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff.
Rn. 857, 883). Dass bei Begehung der Taten ein den Rahmen des Tatbe-standsmäßigen deutlich übersteigerndes Gewinnstreben
des Angeklagten ge-geben war (vgl. [X.], Beschlüsse vom 17. September 2009 -
5 [X.], [X.], 25; vom 24. September 2009 -
3 [X.], aaO), belegen die

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Feststellungen nicht. Rechtlich bedenklich erscheint auch die im Rahmen der Strafzumessung zu Fall 3 pauschale strafschärfende Berücksichtigung des Umstandes, der Angeklagte habe weitere Betäubungsmittel gekauft, obwohl er noch im Besitz der Betäubungsmittel von Fall 1 gewesen sei.

[X.] Ri[X.] [X.] befindet sich Gericke

im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

[X.]

Spaniol Tiemann

Meta

3 StR 138/16

31.05.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2016, Az. 3 StR 138/16 (REWIS RS 2016, 10799)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10799

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3 StR 138/16

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