Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2019, Az. AnwZ (Brfg) 44/19

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2019, 2988

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2019:021019BANWZ.BRFG.44.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 44/19
vom

2. Oktober 2019

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-

2

-

Der Bundesgerichtshof, [X.], hat durch [X.] [X.], die Richterinnen [X.] und Dr.
Liebert sowie die Rechtsanwältin Schäfer
und den Rechtsanwalt Prof. Dr. Schmittmann

am
2. Oktober 2019
beschlossen:

Der Antrag der Klägerin
auf Zulassung der Berufung gegen das
Urteil des 1. Senats des
[X.]s des
Landes
Nord-rhein-Westfalen
vom 22.
März
2019
wird abgelehnt.

Die
Klägerin
trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000

Gründe:

I.

Die 1968
geborene Klägerin
ist seit 1997
zur Rechtsanwaltschaft [X.]. Mit Bescheid vom 15. März
2018 widerrief die Beklagte die Zulassung der Klägerin
wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr.
7 [X.]). Die hierge-gen gerichtete Klage hat der [X.] abgewiesen. Die
Klägerin
be-antragt nunmehr die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsge-richtshofs.

1
-

3

-

II.

Der Antrag ist nach § 112e Satz
2 [X.], §
124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Ein [X.] nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 [X.], §
124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils beste-hen nicht (§
112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulas-sungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senat, Beschluss vom 4. März 2019 -
AnwZ ([X.]) 47/18, juris Rn. 3). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststel-lungen füllen den [X.] dann nicht aus, wenn sie nicht die Richtig-keit des Ergebnisses erfassen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 7. März 2019 -
AnwZ ([X.]) 66/18, juris Rn. 5).

Entsprechende Zweifel vermag die
Klägerin
nicht darzulegen.
Das Urteil des [X.]s steht im Einklang mit der Rechtsprechung des erken-nenden Senats.

a) Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des be-hördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbe-scheids oder -
wenn das Vorverfahren entbehrlich ist -
auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwick-lungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (vgl. nur Senat, [X.] vom 4. März 2019 -
AnwZ ([X.]) 47/18, juris Rn. 4 und vom 7. De-zember 2018 -
AnwZ ([X.]) 55/18, juris Rn. 5; jeweils mwN).
2
3
4
5
-

4

-

b) Im maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] befand sich die
Klägerin
in Vermögensverfall.

Sie
war zu diesem Zeitpunkt in mehreren
Fällen in dem vom [X.] zu führenden Verzeichnis eingetragen (§ 882b ZPO). Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] wird der Vermögensverfall des Rechtsanwalts dann wi-derlegbar vermutet. Zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung hat der Rechtsanwalt ein auf den maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] be-zogenes vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und seiner Verbindlichkeiten vorzulegen und konkret darzulegen, dass seine Vermögens-
und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet waren (vgl. nur Senat, [X.] vom 21. Dezember 2018 -
AnwZ ([X.]) 33/18, juris Rn. 10 und vom 30.
Januar
2017
-
AnwZ ([X.]) 61/16, juris Rn. 4).
An einer solchen umfassen-den und schlüssigen Darlegung fehlt es. Der ihre Vermögens-
und Einkom-mensverhältnisse betreffende
Vortrag der Klägerin bezieht
sich auf Entwicklun-gen nach Erlass des [X.] und
ist deshalb unerheblich. Dies gilt sowohl für das Vorbringen, dass ein Großteil der damals
unstreitig
offenen [X.] zwischenzeitlich beglichen sei,
als auch für die von der Klägerin [X.] Entwicklungen der Einkommenssituation sowie den erfolgten Verkauf ihres Hauses.
Auch
das bereits im Zeitpunkt des [X.] existie-rende Immobilienvermögen
kann nicht berücksichtigt werden. Vermögenswerte
können
nur dann von Bedeutung sein, wenn sie liquide sind (vgl. nur Senat, Beschluss
vom
4.
März
2019 -
AnwZ ([X.]) 47/18, juris Rn. 6).
Immobilienver-mögen ist dementsprechend nur von Relevanz, wenn es dem Betroffenen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs als liquider Vermögenswert zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden hat (vgl. Senat,
Beschluss
vom
29.
April
2019 -
AnwZ ([X.]) 21/19, juris Rn. 8). Dies ist nicht 6
7
-

5

-

ersichtlich, zumal
die Klägerin selbst erklärt, es sei trotz aller [X.] ab dem [X.] nicht kurzfristig möglich gewesen, das [X.] Wohnhaus zu verkaufen.

c) Der Vermögensverfall der Klägerin gefährdet die Interessen der Rechtsuchenden.

Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grund-sätzlich eine Gefährdung der Interessen der
Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorlie-gen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzli-chen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Aus-nahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Feststel-lungslast trifft. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt mindestens voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnah-men verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Selbst auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall geratenen [X.] sind dagegen grundsätzlich nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2018
-
AnwZ ([X.]) 65/18, juris Rn.
7). Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Gefährdung zum maßgeblichen Zeitpunkt der [X.] ausnahmsweise nicht bestand, sind weder vorgetragen noch sonst er-sichtlich.
Nicht ausreichend ist insbesondere, dass die Klägerin nach ihrem Vorbringen neben der telefonischen Rechtsberatung für eine Rechtschutzversi-cherung derzeit nur eine einzige eigene Mandantin betreut
und keine Fremd-8
9
-

6

-

gelder einnimmt (vgl. Senat, Beschluss vom 4.
März 2019 -
AnwZ ([X.]) 82/18, juris Rn. 6 ff.).

2.
Weitere Zulassungsgründe hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

Kayser

[X.]

Liebert

Schäfer
Schmittmann
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 22.03.2019 -
1 AGH 18/18 -

10
11

Meta

AnwZ (Brfg) 44/19

02.10.2019

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2019, Az. AnwZ (Brfg) 44/19 (REWIS RS 2019, 2988)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2988

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

AnwZ (Brfg) 6/20 (Bundesgerichtshof)

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft: Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall bei hohen Steuerrückstande und Kontopfändung


AnwZ (Brfg) 36/20 (Bundesgerichtshof)

Widerruf der Rechtsanwaltszulassung: Vermutung des Vermögensverfalls bei laufendem Insolvenzverfahren


AnwZ (Brfg) 4/23 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (Brfg) 29/21 (Bundesgerichtshof)

Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls: COVID-19-Pandemie als Grund des Vermögensverfalls; Berücksichtigung einer selbst …


AnwZ (Brfg) 21/20 (Bundesgerichtshof)

Widerruf der Rechtsanwaltszulassung: Übertragung der Widerrufsentscheidung auf ein Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer; Vermögensverfall bei Zwangsvollstreckung wegen …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.