Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2016, Az. 3 StR 329/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 3817

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:181016B3STR329.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 329/16
vom
18. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen

wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 18.
Oktober 2016 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 [X.] einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 31. Mai 2016 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen
aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall [X.] der Urteilsgründe ver-urteilt worden ist;
b) im gesamten Strafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus 1
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der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].

1. Im Fall [X.] der Urteilsgründe hält die Verurteilung wegen [X.] in nicht geringer Menge [X.] Nachprüfung nicht stand.

a) Nach den hierzu getroffenen Feststellungen lagerte der Angeklagte zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs in seiner Wohnung an mehreren Stellen Betäubungsmittel. Im [X.] des im Schlafzimmer be-findlichen Kleiderschranks verwahrte er 62,11 g Marihuana; zwei Beutel mit insgesamt 56,11 g Marihuana hatte er unter ein Kissen auf dem Hochbett ge-legt und in der Küche weitere 1,41 g Marihuana versteckt. Die Wirkstoffmenge des [X.] betrug "insgesamt 11,3 % Tetrahydrocannabinol". Daneben verfügte er zum Zwecke des Weiterverkaufs in seiner Wohnung über "psycho-gene Pilze" und etwa 5 g Haschisch; hinsichtlich dieser Betäubungsmittel hat das [X.] lediglich festgestellt, dass deren Wirkstoffgehalt die Grenze zur nicht geringen Menge nicht überschritt. Nach dem Erwerb der Drogen ent-schloss sich der Angeklagte, von dem gelagerten Vorrat für seinen eigenen Bedarf geringe Mengen Marihuana und gelegentlich auch Pilze abzuzweigen. Die [X.] hat nicht zu klären vermocht, wann der Angeklagte die [X.] Betäubungsmittel erworben hatte. Sie ist deshalb zu dessen Gunsten da-von ausgegangen, dass er sich die gesamte Rauschmittelmenge bei einem Ankauf beschaffte.

b) Diese Feststellungen und Wertungen tragen den Schuldspruch wegen einer einheitlichen Tat
des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht ge-ringer Menge nicht.
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aa) Die [X.] hat die von ihr zugrunde gelegte [X.] nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Der Schluss, der Angeklagte habe sich erst nach dem Erwerb des [X.] dazu entschieden, aus dieser Menge auch seinen Eigenkonsum zu bestreiten, entbehrt einer ihn tragenden Beweiswürdi-gung. Nach §
267 Abs. 1 Sätze 1 und 2 [X.] müssen die Urteilsgründe zwar lediglich die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzli-chen Merkmale der Straftat gefunden werden, und gegebenenfalls die beweis-erheblichen Indiztatsachen benennen; der Tatrichter hat indes aus sachlich-rechtlichen Gründen auch die seiner Überzeugung zugrundeliegende Beweis-würdigung in den Urteilsgründen darzustellen, um dem Revisionsgericht die Nachprüfung der Entscheidung auf Rechtsfehler zu ermöglichen ([X.],
Beschluss vom 31. Januar 2012 -
3 [X.], [X.], 315, 316;
[X.], [X.], 7. Aufl., § 267 Rn. 12 mwN). Hieran fehlt es. Die Urteils-gründe beschränken sich insoweit auf die pauschale Angabe, die [X.] zur subjektiven Tatseite beruhten auf den objektiven Umständen. Dies ge-nügt hier nicht, um den Schluss des [X.]s nachzuvollziehen. Auf der Grundlage der Urteilsgründe liegt
es nicht nahe, dass der Angeklagte bei Er-werb des [X.] ausschließlich dessen gewinnbringenden Weiterverkauf im Blick hatte. Nach den zu seiner Person getroffenen Feststellungen konsu-mierte er seit seinem 16.
Lebensjahr regelmäßig Cannabis, wobei er in den Jahren 2009 bis 2014 abends regelmäßig ein halbes bis ein Gramm Marihuana rauchte. Für den Tatzeitpunkt fehlen zwar ausdrückliche Feststellungen zum Konsumverhalten des Angeklagten, indes ergibt sich aus den Ausführungen der [X.] zu dessen Schuldfähigkeit und der Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, dass sie auch insoweit noch von einem regelmäßigen Rauschmittelgenuss im Sinne eines schädlichen Gebrauchs ausgegangen ist. Gründe, weshalb der Angeklagte vor diesem Hintergrund gleichwohl zunächst 5
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die gesamte Erwerbsmenge zum Weiterverkauf vorgesehen haben sollte, sind nicht erkennbar.

Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Schuldspruchs. Der Gesamt-wirkstoffgehalt des aufgefundenen [X.] betrug 13,5
g Tetrahydrocan-nabinol
und damit das etwa 1,8-fache des Grenzwertes zur nicht geringen Menge. Angesichts dieser verhältnismäßig geringen Überschreitung des Grenzwertes ist auf Grundlage der bisherigen Urteilsgründe nicht auszuschlie-ßen, dass sich der Angeklagte -
einen einheitlichen Erwerb der Drogen unter-stellt -
(lediglich) wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Men-ge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln strafbar gemacht hat [X.], BtMG, 4.
Aufl., §
[X.] Rn.
189 mwN). Dass der Angeklagte seinem [X.] nach den Urteilsgründen lediglich "geringe Mengen" zum eigenen Konsum entnehmen wollte, führt angesichts der [X.] die-ser Angabe zu keinem anderen Ergebnis; zudem fehlt es auch hinsichtlich des angenommenen Umfangs des Eigenbedarfsanteils -
auf Grundlage der rechtli-chen Würdigung der [X.] konsequent -
an einer den Schluss des [X.]s tragenden Beweiswürdigung.

bb) Der Schuldspruch erweist sich aber auch ausgehend von der [X.], dass sämtliche erworbenen Betäubungsmittel zunächst für den Betäu-bungsmittelhandel des Angeklagten vorgesehen waren, als rechtsfehlerhaft. Die [X.] ist in Anwendung des [X.] davon ausgegangen, der Angeklagte habe sich sämtliche zum Weiterverkauf vorgesehenen Drogen
durch ein Ankaufgeschäft verschafft. Dabei hat sie nicht bedacht, dass schon bei Annahme von nur zwei getrennten Erwerbsgeschäften hinsichtlich der 62,11 g Marihuana einerseits und der restlichen [X.] Marihuana an-dererseits der Grenzwert zur nicht
geringen Menge -
auf Grundlage des im Ur-6
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teil lediglich hinsichtlich der Gesamtmenge mitgeteilten [X.] von 11,3% Tetrahydrocannabinol -
jeweils nicht überschritten worden wäre. In [X.] träten zu dem einheitlichen Besitz von Betäubungsmitteln in nicht ge-ringer Menge (§
[X.] Abs. 1 Nr.
2 BtMG) tateinheitlich zwei Fälle des [X.] (§ 29 Abs. 1 Nr.
1 BtMG) hinzu (vgl. [X.], Urteil vom 13. August 2009 -
3 [X.], juris Rn.
39).

2. [X.] unterliegt insgesamt der Aufhebung.

a) Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 1 der Urteilsgründe führt zum Wegfall der insoweit verhängten [X.] (zum strafzumessungsrecht-lichen Bedeutungsgehalt des Handeltreibens und der Höhe der jeweiligen Han-delsmenge
gegenüber anderen Begehungsvarianten des §
[X.] Abs.
1 Nr.
2 BtMG vgl. auch [X.], Beschluss vom 23. November 1999 -
5 StR 316/99, [X.]R StGB §
46 Abs.
3 Handeltreiben 4; [X.], BtMG, 4.
Aufl., Vor §§ 29 ff.
Rn. 877 ff.).

b) Auch die im Fall 2 der Urteilsgründe (Tat vom 26. Januar 2016) fest-gesetzte [X.] hat keinen Bestand. Die [X.] hat straferschwe-rend gewertet, dass der Angeklagte zur Tatzeit unter laufender Bewährung stand. Diese Erwägung ist anhand der hierzu getroffenen Feststellungen nicht nachvollziehbar. Danach ist der Angeklagte zwar am 22.
April 2013 zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden; jedoch fehlen Angaben zur Dauer der Bewährungszeit. Anders als im Fall 1 der Urteilsgründe ergibt sich aus der gesetzlichen Mindestdauer der vom Gericht festzusetzenden Bewäh-rungszeit (§ 56a Abs. 1 Satz 2 StGB) nicht, dass diese im Tatzeitpunkt noch lief. Sollte der Angeklagte die Taten nach Erlass der Strafe begangen haben, erwiese sich die strafschärfende Berücksichtigung eines
Bewährungsbruchs als 8
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ebenso rechtsfehlerhaft wie in dem Fall, dass die Bewährungszeit im Tatzeit-punkt bereits abgelaufen war und lediglich der Beschluss über den Erlass der Strafe noch ausstand (vgl. [X.], Beschluss vom 6. September 2016 -
3 [X.], juris Rn. 3 mwN).

Das Urteil beruht auf diesem Rechtsfehler. Der [X.] kann nicht aus-schließen, dass sich die nicht belegte Annahme des Bewährungsbruches bei der Zumessung der [X.] zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat.

c) Die Aufhebung
der [X.]n entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.

d) Im Fall 2 der Urteilsgründe werden die bislang getroffenen [X.] [X.] zwar nicht berührt. Um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zum Strafausspruch zu ermöglichen, hat der [X.] indes auch die insoweit zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

[X.]Schäfer Gericke

Tiemann Berg
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Meta

3 StR 329/16

18.10.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2016, Az. 3 StR 329/16 (REWIS RS 2016, 3817)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3817

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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