Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2017, Az. 4 StR 574/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 13106

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:300317B4STR574.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 574/16

vom
30. März
2017
in der Strafsache
gegen

wegen
bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat auf Antrag
des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 30.
März
2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des
Angeklagten wird
das Urteil des Land-gerichts Halle
vom 27.
Juli
2016
mit den zugehörigen [X.] aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall

und im weiteren Fall
in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und unerlaubtem Umgang mit explosionsgefähr-lichen Stoffen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Mona-ten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung [X.]
-
3
-
lichen Rechts rügt, hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisions-rechtfertigung
hat zum Schuld-
und Strafausspruch einen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler nicht ergeben.
Soweit das [X.] den Angeklagten jeweils wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat, entnimmt der Se-nat dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass auch unter Berück-sichtigung des im angefochtenen Urteil jeweils festgestellten Eigenkonsums die Überschreitung des Grenzwerts zur nicht geringen Menge, bezogen
auf den zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmten Teil der Betäubungsmittel,
nicht in Frage gestellt wird. Dass der Angeklagte
hinsichtlich des
zum Eigen-konsum vorgehaltenen Teils des [X.] nicht auch wegen Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, beschwert ihn nicht.
2.
Der Rechtsfolgenausspruch unterliegt jedoch insoweit der Aufhebung, als das [X.] keine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklag-ten in einer Entziehungsanstalt gemäß §
64 StGB getroffen hat.
a)
Der [X.] hat dazu ausgeführt:

Nach den Feststellungen konsumiert
der Angeklagte seit dem [X.] Drogen, zunächst [X.] und Kokain,
schließlich wechselte er aus-schließlich zu [X.] (Methamphetamin), von dem er bis zu seiner Inhaf-tierung immer mehr einnahm. Im [X.] geriet die Ehe in eine Krise, weil die Ehefrau eine starke Veränderung der Persönlichkeit ihres Mannes feststellte, die sie auf dessen Drogenkonsum zurückführte ([X.] S.
4). Die am 8.
Oktober 2015 in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Drogen waren zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt, um seine eigene Drogenabhängigkeit zu finanzieren (Fall
II.
1., [X.] S.
8). Vom
2
3
4
5
-
4
-
8.
auf den 9.
Februar 2016 nahm der Angeklagte Amphetamin und Meth-amphetamin zu sich, was die durchgeführten Tests zeigten ([X.] S.
9). Was die im Fahrzeug bei dem Angeklagten aufgefundenen Drogen
(Methamphetamin) anbelangt (Fall
II.
2.),
hat die [X.] [X.], dass der Angeklagte durch den Verkauf der Drogen den eigenen Erwerb von [X.] finanzieren wollte ([X.] S.
11). Bei der Strafzumes-sung hat das Gericht den Eigenbedarf des Angeklagten (Konsum von [X.]) strafmildernd berücksichtigt ([X.] S.
15,
17). Im Rahmen der [X.] einer Zurückstellung der Strafvollstreckung im Sinne von §
35 BtMG hat die [X.] ausgeführt, dass der Angeklagte selbst Kon-sument von [X.] ist und mit
Hilfe des Drogenhandels seine
Rausch-mittelabhängigkeit finanzieren wollte, damit hat er die Taten aufgrund seiner Drogensucht begangen. Der Angeklagte hat versichert, er wolle eine Langzeittherapie zur Bekämpfung seiner Abhängigkeit absolvieren ([X.] S.
18).
Diese Ausführungen hätten die [X.] zu der Prüfung drängen müssen, ob bei dem Angeklagten die Voraussetzungen der Unterbrin-gung in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Dass sie von zuneh-mendem Drogenkonsum seit 2010 bis zu seiner Inhaftierung ausgegan-gen ist, machte die Auseinandersetzung damit erforderlich, ob bei dem Angeklagten ein Hang im Sinne von §
64 StGB vorliegt. Es liegt zudem nahe, dass auch ein symptomatischer Zusammenhang zwischen einem gegebenenfalls anzunehmenden Hang und der Begehung des [X.] mit Betäubungsmitteln gegeben ist, zumal der Angeklagte die Straftaten zur Finanzierung seines Drogenkonsums beging. Deshalb ist auch die konkrete Gefahr, dass der Täter künftig suchtbedingt
erhebliche Straftaten begehen wird, nicht fernliegend. Dass der Angeklagte, der bis-lang keine Therapie absolviert hat, auch eine Langzeittherapie durchfüh-ren möchte, spricht für eine Erfolgsaussicht einer
Anordnung des [X.] im Sinne des §
64 StGB.
Die von der [X.] angekündigte Zustimmung
zur Zurückstellung der Vollstreckung der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe gemäß §
35 BtMG ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn die Unterbringung nach §
64 StGB geht dieser dem Vollstreckungsverfahren vorbehaltenen Maß-nahme vor; von der Anordnung der Unterbringung darf daher nicht abge-sehen werden, weil eine Entscheidung nach §
35 BtMG ins Auge gefasst ist (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 10.
März 2010

2
StR
34/10

-
5
-
b)
Dem tritt der
Senat bei. Er hebt allerdings über den Antrag des [X.] hinaus auch die zugehörigen Feststellungen auf (§
353 Abs.
2 StPO), um dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Tatrichter insoweit

unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§
246a StPO)

in sich wider-spruchsfreie
Feststellungen zu ermöglichen.
Der Umstand, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§
358 Abs.
2 Satz
3 StPO); er hat die Nichtanwendung des §
64 StGB nicht von seinem Rechtsmit-telangriff ausgenommen (vgl. Fischer, StGB, 64.
Aufl., §
64 Rn.
29 mwN).
In Übereinstimmung mit dem [X.] schließt der Senat aus, dass das [X.]

im Falle der Anordnung einer Maßregel nach §
64 StGB

eine mildere Strafe verhängt hätte.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke

Bender
Feilcke
6
7
8

Meta

4 StR 574/16

30.03.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2017, Az. 4 StR 574/16 (REWIS RS 2017, 13106)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13106

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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