Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.09.2015, Az. XII ZB 624/14

12. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 4960

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Gegenstand

Voraussetzungen der Bestellung eines Kontrollbetreuers mit dem Aufgabenkreis eines Vollmachtswiderrufs


Leitsatz

Zu den Voraussetzungen einer Kontrollbetreuung und der Übertragung des Aufgabenkreises des Widerrufs einer Vorsorgevollmacht.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 21. Oktober 2014 aufgehoben.

Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss des [X.] vom 10. Juni 2014 aufgehoben, soweit die Betreuung die Befugnis zum Vollmachtwiderruf enthält.

Im Übrigen wird die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Die Betroffene wendet sich gegen die Anordnung einer [X.].

2

Die Betroffene, die unter fortgeschrittener Demenz leidet, erteilte mit notarieller Urkunde vom 3. November 2011 dem Beteiligten zu 1, ihrem Neffen, eine Generalvollmacht zur Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten. Seit Februar 2012 lebt sie in einem Seniorenheim. Auf Anregung eines Rechtsanwalts, den die Betroffene über Bekannte gebeten hatte, sie in dem Seniorenheim aufzusuchen, hat das Amtsgericht ein Verfahren zur Prüfung der Einrichtung einer [X.] eingeleitet. Nach Anhörung der Betroffenen und Einholung verschiedener Stellungnahmen hat der zunächst zuständige Betreuungsrichter die Einrichtung einer [X.] abgelehnt.

3

Nach einem Richterwechsel hat das Amtsgericht unter Bezugnahme auf ein fachärztliches Gutachten vom 15. Januar 2013 am 10. Juni 2014 einen Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Bevollmächtigten, insbesondere Widerruf der [X.] vom 3. November 2011 im Bereich der Vermögensangelegenheiten, bestellt und bestimmt, dass das Gericht spätestens bis zum 9. Juni 2021 über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung beschließen wird. Das [X.] hat die vom Amtsgericht festgesetzte Überprüfungsfrist verkürzt und im Übrigen die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

5

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

6

Die dem Beteiligten zu 1 erteilte [X.] sei als wirksam anzusehen, weil eine Geschäftsunfähigkeit der Betroffenen zum [X.]punkt der [X.]erteilung nicht sicher festgestellt werden könne. Aufgrund ihrer Erkrankung sei die Betroffene jedoch nicht mehr in der Lage, den Bevollmächtigten zu überwachen und die [X.] gegebenenfalls zu widerrufen.

7

Eine [X.] dürfe zwar wie jede andere Betreuung nur errichtet werden, wenn sie erforderlich sei. Dazu reiche es nicht aus, dass der [X.]geber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage sei, den Bevollmächtigten zu überwachen. Es müssten weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer [X.] erforderlich machten. Notwendig sei der konkrete, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der [X.] dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan werde. Gemessen hieran lägen die Voraussetzungen für eine [X.] aber vor.

8

Entgegen der Auffassung der Betreuungsbehörde sei eine [X.] allerdings nicht wegen der angeblich komplexen Vermögenslage der Betroffenen geboten. Die Betroffene sei zwar im Besitz diverser Aktien und Eigentümerin eines Hauses. Außerdem verfüge sie neben Renteneinkünften von mehr als 2.000 € auch über Mieteinnahmen. Damit seien aber eher geordnete wirtschaftliche Verhältnisse beschrieben, die keinen Anlass für die Einrichtung einer [X.] gäben.

9

Die Erforderlichkeit einer [X.] ergebe sich jedoch aus dem Umstand, dass die Betroffene selbst einen Rechtsanwalt eingeschaltet habe, um die Umstände ihrer Unterbringung klären zu lassen. Dies lasse darauf schließen, dass die Betroffene mit der Ausübung der [X.] durch den Bevollmächtigten nicht in jeder Hinsicht zufrieden sei. Anhaltspunkte dafür, dass diese Unzufriedenheit nicht allein der Demenzerkrankung der Betroffenen geschuldet sei, ergäben sich daraus, dass die Betroffene ohne persönliche Gegenstände und in [X.] untergebracht sei, obwohl sie sich angesichts ihrer Vermögenslage eine angenehmere Unterbringung leisten könne.

Weitere Verdachtsmomente für einen konkreten Überwachungsbedarf des Bevollmächtigten ergäben sich aus den Berichten der Betreuungsbehörde. Diese habe bereits in einem Schreiben vom 23. Oktober 2012 davon berichtet, dass sich Spannungen zwischen dem Bevollmächtigten und der Familie M. zu Lasten der Betroffenen ausgewirkt hätten, die deswegen keinen Umgang mehr mit der Familie M., die ihr sehr am Herzen liege, habe. Zudem habe der Bevollmächtigte angegeben, dass er sich mit der [X.] überfordert fühle. Er habe gegenüber der Betreuungsbehörde zunächst die Auffassung vertreten, dass die Betroffene über keinerlei Rechte mehr verfüge und es sei ihm nicht nachvollziehbar gewesen, dass es auch genehmigungspflichtige Maßnahmen gebe. In einem weiteren Schreiben vom 17. September 2014 habe die Betreuungsbehörde ausgeführt, dass der Bevollmächtigte der Überzeugung gewesen sei, die Betroffene habe "ihre Rechte abgetreten" und er es ausdrücklich abgelehnt habe, den Wunsch der Betroffenen nach Kontakt zu der Familie M. zu beachten.

Schließlich erscheine auch der Umgang des Bevollmächtigten mit dem [X.], insbesondere wegen der fehlenden Vermietung, problematisch. Der Bevollmächtigte habe zwar vortragen lassen, dass es sinnvoll sei, wenn er selbst im [X.] wohne, weil so Hotelkosten bei seinen Besuchen gespart werden könnten. Er habe aber selbst ausgeführt, dass eine Vermietung sinnvoll sei. Unter diesen Umständen sei das Unterlassen der Vermietung für 18 Monate zumindest aufklärungsbedürftig.

Unabhängig davon, ob diese Verdachtsmomente der Wahrheit entsprächen, sei damit ein konkreter Überwachungsbedarf zu bejahen. Denn die Einrichtung einer [X.] setze im Interesse des Betreuten lediglich den Verdacht eines Überwachungsbedarfs voraus. Die vollständige Gewissheit, dass es zu Unregelmäßigkeiten bei der Ausübung der Generalvollmacht komme, sei nicht erforderlich. Jedenfalls ein Verdacht, der sich auf konkrete Anhaltspunkte stütze, liege vor, möge sich dieser auch im Nachhinein als falsch herausstellen.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Nach § 1896 Abs. 3 BGB kann ein Betreuer auch zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt werden. Mit dieser so genannten [X.] kann im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden, wenn der [X.]geber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen und gegebenenfalls die [X.] zu widerrufen ([X.]sbeschluss vom 16. Juli 2014 - [X.] 142/14 - FamRZ 2014, 1693 Rn. 9).

Eine [X.] darf jedoch wie jede andere Betreuung (vgl. § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB) nur dann eingerichtet werden, wenn sie erforderlich ist. Da der [X.]geber die Vorsorgevollmacht gerade für den Fall bestellt hat, dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, um eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden, kann das Bedürfnis nach einer [X.] nicht allein damit begründet werden, dass der [X.]geber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen. Denn der Wille des [X.]gebers ist auch bei der Frage der Errichtung einer [X.] zu beachten (vgl. § 1896 Abs. 1 a BGB). Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer [X.] erforderlich machen. Notwendig ist der konkrete, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der [X.] dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird ([X.]sbeschluss vom 16. Juli 2014 - [X.] 142/14 - FamRZ 2014, 1693 Rn. 11 mwN).

Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen [X.]gebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist, oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Ein Missbrauch der [X.] oder ein entsprechender Verdacht ist nicht erforderlich. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des [X.]gebers handelt (vgl. [X.]sbeschluss vom 16. Juli 2014 - [X.] 142/14 - FamRZ 2014, 1693 Rn. 12).

Soll dem [X.] auch der Aufgabenkreis [X.]widerruf übertragen werden, setzt dies tragfähige Feststellungen voraus, dass das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls des Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt. Sind behebbare Mängel bei der [X.]ausübung festzustellen, erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich zunächst den Versuch, durch einen zu bestellenden ([X.] auf den Bevollmächtigten positiv einzuwirken, insbesondere durch Verlangen nach Auskunft und Rechenschaftslegung (§ 666 BGB) sowie die Ausübung bestehender Weisungsrechte. Nur wenn diese Maßnahmen fehlschlagen oder es aufgrund feststehender Tatsachen mit hinreichender Sicherheit als ungeeignet erscheint, drohende Schäden auf diese Weise abzuwenden, ist die Ermächtigung zum [X.]widerruf, der die ultima ratio darstellt, verhältnismäßig ([X.]sbeschluss vom 28. Juli 2015 - [X.] 674/14 - FamRZ 2015, 1702 Rn. 33 ff.).

b) Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen kommt die Ermächtigung zum Widerruf der Vorsorgevollmacht gegenwärtig nicht in Betracht. Die vom Beschwerdegericht zur Begründung der Erforderlichkeit einer [X.] herangezogenen Umstände tragen schon nicht den Schluss, dass der Bevollmächtigte die ihm erteilte Vorsorgevollmacht zukünftig in einer Weise ausübt, die eine erhebliche Verletzung des Wohls des Betroffenen befürchten lässt. Zudem hat das Beschwerdegericht keine Feststellungen dazu getroffen, dass den angenommenen Mängeln der [X.]ausübung nur durch einen Widerruf der [X.] begegnet werden kann.

c) Das Beschwerdegericht hat auch zu Unrecht die Voraussetzungen für die Errichtung einer [X.] bejaht. Denn aus den getroffenen Feststellungen ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass mit der [X.] dem Betreuungsbedarf der Betroffenen nicht Genüge getan wird oder der Bevollmächtigte die [X.] nicht zum Wohle der Betroffenen ausübt. Außerdem beruhen die Feststellungen - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - auf einem nicht hinreichend ermittelten Sachverhalt und sind demnach [X.]. Das Beschwerdegericht hat entscheidungserhebliches Vorbringen des Bevollmächtigten, das Anlass zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts gegeben hätte, übergangen. Damit hat es dessen Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt und gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) verstoßen.

aa) Gemäß § 26 FamFG hat das Gericht von Amts wegen alle zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. Dabei entscheidet der Tatrichter über Art und Umfang seiner Ermittlungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Dem Rechtsbeschwerdegericht obliegt lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler, insbesondere die Prüfung, ob die Tatsachengerichte alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen haben und die Würdigung auf einer ausreichenden Sachaufklärung beruht ([X.]sbeschlüsse [X.], 272 = FamRZ 2010, 1060 Rn. 29 mwN; vom 15. Dezember 2010 - [X.] 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 13 und vom 13. April 2011 - [X.] 584/10 - FamRZ 2011, 964 Rn. 16).

bb) Diesen Anforderungen ist das Beschwerdegericht nicht ausreichend nachgekommen.

(1) Die Erforderlichkeit einer [X.] lässt sich nicht aus dem vom Beschwerdegericht zunächst herangezogenen Umstand herleiten, dass die Betroffene einen Rechtsanwalt beauftragt hat, um die Umstände ihrer Unterbringung in einem Seniorenwohnheim klären zu lassen. Unabhängig davon, ob sich allein hieraus Anhaltspunkte für ein unredliches Verhalten des Bevollmächtigten ergeben, die eine [X.] erforderlich machen könnten, hat sich das Beschwerdegericht nicht mit dem Vortrag des Bevollmächtigten beschäftigt, dass die Beauftragung des Rechtsanwalts auf Veranlassung der Familie M. erfolgte, der durch ein an das Amtsgericht gerichtetes Schreiben des Rechtsanwalts vom 27. April 2012 bestätigt wird, in dem dieser selbst mitteilt, dass die Betroffene ihn über Bekannte gebeten habe, sie in dem Seniorenheim zu besuchen. Da dieses Vorbringen des Bevollmächtigten geeignet ist, die Schlussfolgerung des [X.], die Betroffene sei mit der Ausübung der [X.] unzufrieden, in Frage zu stellen, wäre es im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) geboten gewesen, die Umstände der Mandatierung des Rechtsanwalts weiter aufzuklären.

(2) Auch mit der derzeitigen Wohnsituation der Betroffenen lässt sich eine [X.] nicht rechtfertigen. Der Bevollmächtigte hat während des Verfahrens mehrfach vorgetragen, dass eine Unterbringung der Betroffenen in [X.] allein daran gescheitert sei, dass die Betroffene Wert auf [X.] mit eigenem Bad gelegt habe und [X.] in dem Seniorenheim nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Betroffene sei aber von Anfang an für [X.] mit eigenem Bad angemeldet gewesen. Hierzu hat der Bevollmächtigte zusätzlich noch ein Schreiben des [X.] vorgelegt, in dem mitgeteilt wird, dass derzeit [X.] mit eigenem Bad nicht zur Verfügung gestellt werden könne, obwohl der Bevollmächtigte die Unterbringung der Betroffenen in einem größeren Appartement bereits bei deren Einzug in das Seniorenheim habe vormerken lassen. Weiter hat der Bevollmächtigte vorgetragen, dass es die Betroffene stets abgelehnt habe, eigene Möbel in dem Seniorenheim aufzustellen.

Auch mit diesem Vorbringen des Bevollmächtigten zu den Gründen der derzeitigen Wohnsituation der Betroffenen, das geeignet ist, den Verdacht zu widerlegen, der Bevollmächtigte habe bei Unterbringung der Betroffenen nicht zu deren Wohl gehandelt, hat sich das Beschwerdegericht nicht auseinandergesetzt.

(3) Das Beschwerdegericht hat ebenfalls nicht hinreichend aufgeklärt, ob zwischen dem Bevollmächtigten und der Familie M. tatsächlich Spannungen bestehen, die dazu führen, dass die erteilte [X.] nicht zum Wohl der Betroffenen ausgeübt wird. Das Beschwerdegericht stützt sich insoweit allein auf ein Schreiben der Betreuungsbehörde vom 23. Oktober 2012, in dem von einem sehr angespannten Verhältnis des Bevollmächtigten zu der Familie M. die Rede ist. In diesem Schreiben teilt die Betreuungsbehörde aber auch mit, dass die Betroffene nun Ausflüge mit der Familie M. machen dürfe. Der Bevollmächtigte hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die Heimleiterin Frau M. gebeten habe, von weiteren Besuchen Abstand zu nehmen und daher die Einschränkung der Besuche von Frau M. bei der Betroffenen nicht von ihm, sondern von der Heimleitung veranlasst worden sei. Auch mit diesen Gesichtspunkten setzt sich das Beschwerdegericht nicht auseinander. Im Rahmen der Amtsermittlungspflicht wäre es zudem gehalten gewesen, durch weitere Ermittlungen zu klären, ob und gegebenenfalls inwieweit das Verhältnis des Bevollmächtigten zu der Familie M. tatsächlich konkrete Auswirkungen auf die Ausübung der [X.] hat, bevor es aus diesem Umstand auf die Erforderlichkeit einer [X.] schließt. Im Übrigen hat das Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang entscheidungserhebliches Vorbringen des Bevollmächtigten [X.] übergangen. Denn dieser hat mit Schreiben vom 14. August 2013 mitgeteilt, dass zwischenzeitlich wieder Kontakt zwischen der Betroffenen und der Familie M. bestehe.

(4) Schließlich ergeben sich auch aus den Feststellungen des [X.] zum Umgang des Bevollmächtigten mit dem Wohnanwesen der Betroffenen keine konkreten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer [X.]. Das Beschwerdegericht meint zwar, die unterlassene Vermietung des Wohnhauses über einen [X.]raum von 18 Monaten sei aufklärungsbedürftig und begründe daher einen konkreten Kontrollbedarf. Der Bevollmächtigte hat hierzu jedoch mit Schreiben vom 7. April 2013 erklärt, dass eine Veräußerung des Hauses derzeit nicht sinnvoll sei. Er beabsichtige aber, die Wohnung der Betroffenen zu renovieren und zu vermieten, um weitere Einnahmen zu erzielen. Außerdem hat er in der Beschwerdebegründung ausgeführt, dass er während der [X.] seiner Besuche bei der Betroffenen kostenfrei in der Wohnung leben könne und damit die Kosten für eine Hotelunterbringung eingespart werden könnten. Zudem wolle er vor einer Vermietung abwarten, ob sich die Betroffene in dem Heim einlebe. Obwohl der Bevollmächtigte damit nachvollziehbare Gründe für die unterbliebene Vermietung der Wohnung benannt hat, bezieht das Beschwerdegericht diese nicht in der gebotenen Weise in seine Würdigung ein.

Sonstige konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte die Vermögensinteressen der Betroffenen nicht angemessen wahrnimmt, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt.

3. Danach kann die angegriffene Entscheidung keinen Bestand haben. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Der [X.] kann hinsichtlich der Befugnis zum [X.]widerruf gemäß § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG in der Sache abschließend entscheiden, weil deren Voraussetzungen nicht vorliegen. Im Übrigen ist die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG.

Dose                            [X.]                            Günter

                 Botur                                      Guhling

Meta

XII ZB 624/14

23.09.2015

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Bremen, 21. Oktober 2014, Az: 5 T 391/14

§ 666 BGB, § 1896 Abs 3 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.09.2015, Az. XII ZB 624/14 (REWIS RS 2015, 4960)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 3657 REWIS RS 2015, 4960

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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