Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2011, Az. AnwZ (Brfg) 25/11

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2011, 2599

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 25/11

vom

6. Oktober 2011

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
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Der [X.], [X.], hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterinnen Roggenbuck und [X.] sowie die Rechtsanwälte Dr. Frey und Dr. Braeuer

am
6. Oktober 2011
beschlossen:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Brandenburgischen [X.]s vom 9.
Mai 2011 wird abgelehnt.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000

t-gesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine Diplomjuristin, die bisher nicht als Rechtsanwältin [X.] war, beantragte im Juli 2004 die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Mit Bescheid vom 10.
März 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil eine der Voraussetzungen für die Zulassung einer Diplomjuristin zur Anwaltschaft -
eine mindestens zweijährige
juristische Praxis in der Rechtspflege oder in ei-nem rechtsberatenden Beruf (vgl. §
4 [X.] vom 13.
September 1990)
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nicht erfüllt sei. Die Klägerin stellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Am 30.
Juni 2009 hob die Beklagte den ablehnenden Bescheid vom 10.
März 2008 auf. Das Verfahren vor dem [X.] wurde übereinstimmend für er-ledigt erklärt.
Mit Beschluss vom 16.
November 2009 legte der [X.] der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf.

Am 11.
November 2009 beschloss die Beklagte, das Zulassungsverfah-ren gemäß §
10 [X.]
auszusetzen. Gegen die Klägerin war ein Strafverfahren wegen falscher Versicherung an Eides statt anhängig; das zuständige Amtsge-richt hatte mit Beschluss vom 30.
September
2009 die Einholung eines Sach-verständigengutachtens zu der Frage angeordnet, ob bei ihr zur Tatzeit eine krankhafte seelische Störung, eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung oder Schwachsinn oder eine schwere andere seelische Abartigkeit vorlag und sie deshalb vollständig oder teilweise unfähig war, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Mit Schreiben vom 19.
November 2009, beim [X.] einge-gangen am 24.
November 2009, hat die Klägerin persönlich Untätigkeitsklage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Zulassungsantrag nunmehr zeitnah zu entscheiden.
Der [X.] hat die Klägerin [X.] hingewiesen, dass sie sich durch einen Rechtsanwalt oder einen [X.] an einer [X.] Hochschule mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen müsse.
Mit Gerichtsbescheid vom 20.
Juli 2010 hat der [X.] die Klage als unzulässig abgewiesen. Gegen den ihr am 23.
Juli 2010 zu-gestellten Bescheid hat die Klägerin, vertreten durch Rechtsanwalt [X.]

, am 20.
August 2010 "Rechtsmittel"
eingelegt und die Zulassung der Berufung [X.]. Am 28.
September 2010 hat die Klägerin, wiederum vertreten durch Rechtsanwalt [X.]

, "Verlängerung der Frist für die Berufungsbegründung"
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beantragt.
Am 27.
Oktober 2010 hat sich Rechtsanwalt Go.

für die Klägerin gemeldet und beantragt, unter Abänderung des [X.] die [X.] zu verurteilen, den Zulassungsantrag der Klägerin zu bescheiden. Er hat die Ansicht vertreten, es gelte altes Recht, weil die Klägerin den früheren [X.] habe fortsetzen wollen; überdies habe sie rechtzeitig mündliche Verhand-lung beantragt. Der [X.] hat den Schriftsatz vom 20.
August 2010 als Antrag auf mündliche Verhandlung ausgelegt und die Sache an den [X.] zurückgegeben. Nach mündlicher Verhand-lung
am 18.
April 2011
hat der [X.] die Klage auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zurückgewiesen.
Das Urteil ist der Klägerin persönlich am 12. Mai 2011 und Rechtsanwalt Go.

am 13.
Mai 2011 zugestellt worden.

Am 13.
Juni 2011 ist beim [X.] ein Schriftsatz vom 10.
Juni 2011 eingegangen, mit dem Rechtsanwalt [X.]

für die Klägerin "[X.]"
eingelegt hat. Nachdem Rechtsanwalt [X.]

darauf hingewiesen worden war, dass der Antrag auf Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung beim [X.] hätte [X.] werden müssen, hat er mit Schriftsatz vom 27.
Juli 2011 erklärt, er ziehe sein Schreiben zurück. Zwischenzeitlich, am 9.
Juli 2011, hat Rechtsanwalt T.

namens und in Vollmacht der Klägerin "den Antrag auf Zulassung der Be-4.
Juli 2011 begründet".

Am 11.
August 2011 hat sich wiederum Rechtsanwalt Go.

für die Klä-gerin gemeldet und "Gegenvorstellung"
erhoben; hilfsweise hat er "Wiederein-setzung in den vorigen Stand wegen Zulassung der Berufung"
beantragt. In diesem Schriftsatz heißt es, die Klägerin habe
am 12.
Juni 2011 den von Rechtsanwalt [X.]

unterzeichneten Schriftsatz
per Email und Telefax an den 4
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[X.] und an den [X.] übersandt (Beweis: Zeuge H.

Ke.

, der diesen Vorgang erforderlichenfalls an Eides statt [X.] werde). Die Rücknahme des Rechtsmittels durch Rechtsanwalt [X.]

sei als nicht erfolgt anzusehen, weil dieser sich infolge des Hinweises des Bundes-gerichtshofs in einem Irrtum über das zulässige Rechtsmittel befunden habe, die Klägerin nicht habe
kontaktieren können
und dieser nicht bewusst habe Schaden zufügen wollen. Dem [X.] sei die Sache infolge mehr-facher Befassung bereits bekannt; deshalb sei die Einlegung des Rechtsmittels bei dem falschen Gericht unschädlich. Ebenfalls am 11.
August 2011 hat Rechtsanwalt Go.

beim [X.]
Wiedereinsetzung und Zulassung der Berufung
beantragt.

II.

Der Zulassungsantrag ist aus mehreren Gründen unzulässig.

1. Das Verfahren unterliegt neuem Verfahrensrecht. Nach §
215 Abs.
1
[X.] werden die vor dem 1.
September 2009 eingeleiteten Verwaltungsver-fahren in [X.] in der Lage, in der sie sich an diesem Tag befinden, nach der Bundesrechtsanwaltsordnung in der ab diesem Tag geltenden [X.] fortgeführt, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die Zulässigkeit von Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen, die vor dem 1.
September 2009 ergan-gen sind, bestimmt sich zwar ebenso wie das weitere Verfahren nach dem bis zu diesem Tag geltenden Recht (§
215 Abs.
2 [X.]). Der Antrag der Klägerin vom 19.
November 2009, der das vorliegende Verfahren eingeleitet hat, ist [X.] nicht auf Fortsetzung des vorangegangenen Verfahrens gerichtet. Dieses hat vielmehr durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Partei-6
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en und die Kostenentscheidung des [X.]s vom 16. November 2009 seinen Abschluss gefunden. Die Klägerin beanstandet gerade, dass ihr Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft noch nicht beschieden worden ist.

2. Entgegen §
112e [X.], §
124a Abs.
4 [X.] hat die Klägerin den Antrag auf Zulassung der Berufung nicht innerhalb eines Monats nach Zustel-lung des vollständigen Urteils beim [X.] angebracht. Der Antrag ist beim [X.] eingereicht worden, nicht beim [X.]. Der Behauptung der Klägerin, sie habe die von Rechtsanwalt [X.]

unterzeich-nete Berufungsschrift vom 10.
Juni 2011 am 12.
Juni 2011 per Fax und per Email an den [X.] geschickt, geht der Senat nicht nach. Fax und Email sind nicht zu den Akten gelangt. Der von
der Klägerin geschilderte Ge-schehensablauf
lässt sich mit der Aktenlage
nicht in Einklang bringen. Die [X.]sschrift kann
nicht, wie die Klägerin
behauptet, am 10.
Juni 2011, in ihrem Beisein per Fax an den [X.] übersandt worden
sein.
Das ent-sprechende Fax ist erst am 13.
Juni 2011 beim [X.] eingegan-gen. Das Original kann auch nicht, wie sie weiter behauptet, am 10.
Juni 2011 der Klägerin ausgehändigt worden sein. Es ist vielmehr am 17.
Juni 2011 beim [X.] eingegangen und befindet sich bei den Akten. Unabhängig hiervon genügte die Übersendung einer Faxkopie
eines Anwaltsschriftsatzes
ohne Wissen des Rechtsanwalts
an einen anderen als den angegebenen Ad-ressaten
nicht den Anforderungen an eine dem Anwaltszwang unterliegende Rechtsmitteleinlegung.

3. Überdies fehlt es auch an der nach §
112e [X.], §
124a Abs.
4 Satz
4 VwGO erforderlichen Begründung.
Die Begründung eines [X.] gemäß §
124a Abs.
4 Satz
4 VwGO unterliegt dem Anwaltszwang. Die 8
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Begründung, die als Anlage des Schriftsatzes vom 9.
Juli 2011 zu den Akten gereicht worden ist, ist von der Klägerin persönlich verfasst und unterschrieben worden.
Rechtsanwalt T.

hat
im Schriftsatz vom 9.
Juli 2011 zwar auf dieses Begründungsschreiben Bezug genommen. Er hat jedoch nicht zum Ausdruck gebracht, dass er es inhaltlich überprüft hat und aufgrund der Prüfung die volle Verantwortung übernimmt (vgl. [X.], Beschluss vom 24.
Januar 2008 -
IX
ZB 258/05, [X.], 1311 Rn.
5).
Ein inhaltlicher Vergleich beider Schreiben zeigt, dass eine inhaltliche Prüfung nicht stattgefunden haben kann. Im Schrift-satz des Rechtsanwalts T.

ist von einem Antrag auf Zulassung der Berufung die Rede. Die Klägerin selbst spricht dagegen nur von einer "Berufungsbegrün-dung"; sie kündigt
Berufungsanträge
an, keinen Zulassungsantrag.

4.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist
schließlich
mit Anwalts-schriftsatz vom 27.
Juli 2011 zurückgenommen worden. Die Rücknahme ist wirksam. Rechtsanwalt [X.]

ist auch nicht, wie die Klägerin
behauptet, durch einen unzutreffenden gerichtlichen Hinweis zur Rücknahme des Rechtsmittels veranlasst worden. Der Hinweis darauf, dass der Zulassungsantrag beim [X.] anzubringen gewesen wäre und die Frist des §
112e [X.], §
124a Abs.
2 VwGO
verstrichen war, traf zu.

5. Der Antrag auf Wiedereinsetzung bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Gemäß §
112e [X.], §
32 VwGO wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ge-währt, wenn jemand ohne sein Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Die Klägerin hat die Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung nicht ohne ihr Verschulden versäumt. Das Verschulden ihres Vertre-ters, des Rechtsanwalts [X.]

, wird ihr gemäß §
32 Abs.
1 Satz
2 VwGO zuge-

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rechnet.
Abgesehen davon würde eine Wiedereinsetzung nichts daran ändern, dass der Zulassungsantrag zurückgenommen worden ist.

Kessal-Wulf
Roggenbuck
[X.]

Frey
Braeuer

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 09.05.2011 -
AGH I 12/09 -

Meta

AnwZ (Brfg) 25/11

06.10.2011

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2011, Az. AnwZ (Brfg) 25/11 (REWIS RS 2011, 2599)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2599

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