Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.12.2013, Az. III R 2/12

3. Senat | REWIS RS 2013, 520

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Gegenstand

Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache - Klägerseitige Kostenauferlegung trotz materieller Begründetheit der Klage - Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses bei begehrter Änderung des Lohnsteuerabzugs von eingetragenen Lebenspartnerinnen


Leitsatz

NV: Wird mit einer von eingetragenen Lebenspartnern im Juni 2011 erhobenen Klage die Änderung ihrer auf der Lohnsteuerkarte 2010 eingetragenen Lohnsteuerklassen begehrt, so hat diese keine Aussichten auf Erfolg, weil die Änderung des Lohnsteuerabzugs für 2010 nach Ablauf des Monats März 2011 nicht mehr möglich ist. Erklären die Beteiligten die Erledigung der Hauptsache, nachdem das FA infolge der einkommensteuerlichen Gleichstellung von Lebenspartnern und Lebenspartnerschaften mit Ehegatten und Ehen durch § 2 Abs. 8 EStG den aktuellen Lohnsteuerabzug entsprechend geändert hat, so haben gleichwohl die Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen .

Gründe

1

1. Aufgrund der übereinstimmenden Erklärungen der Klägerinnen und Revisionsklägerinnen (Klägerinnen) und des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Das Urteil des Finanzgerichts ([X.]) ist damit einschließlich der darin enthaltenen Kostenentscheidung gegenstandslos geworden (Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 29. August 2012 X R 5/12, [X.], 53). Gemäß § 143 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) hat der [X.] durch Beschluss nur noch über die Kosten zu entscheiden.

2

2. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes sind die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen gemäß § 138 Abs. 1 [X.]O den Klägerinnen aufzuerlegen.

3

a) Die Klägerinnen, die seit März 2008 nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz miteinander verpartnert sind, beantragten im November 2010, die Lohnsteuerkarten dergestalt zu ändern, dass die Klägerin zu 1. von der Steuerklasse I in die Steuerklasse V und die Klägerin zu 2. von der Steuerklasse I in die [X.] eingereiht wird. Das [X.] lehnte den Antrag im Dezember 2010 ab. Am 23. Mai 2011 wies es den Einspruch der Klägerin zu 2. als unbegründet zurück und verwarf den Einspruch der Klägerin zu 1. als unzulässig.

4

Das [X.] wies die Klage, mit der das [X.] verpflichtet werden sollte, die auf der Lohnsteuerkarte 2010 eingetragene Lohnsteuerklasse der Klägerin zu 2. von I in [X.] zu ändern, mit Urteil vom 27. Oktober 2011 ab. Während des Revisionsverfahrens, mit dem die Klägerinnen ihren Antrag, "die auf der Lohnsteuerkarte 2010 eingetragene Lohnsteuerklasse" der Klägerin zu 2. von I in [X.] zu ändern, weiter verfolgten, teilte der [X.]svorsitzende den Klägerinnen mit, dass das [X.] ([X.]) mit Beschluss vom 7. Mai 2013  2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07 ([X.] 2013, 1647) entschieden habe, dass der Ausschluss eingetragener Lebenspartner vom Ehegattensplitting verfassungswidrig sei und Entsprechendes für den [X.] gelte, so dass eingetragene Lebenspartner wie Ehegatten für einen von ihnen die Steuerklasse [X.] und für den anderen die Steuerklasse V wählen könnten. Dem Erfolg der Revision stehe aber entgegen, dass in einem Verfahren wegen [X.]s spätestens drei Monate nach Ende des Kalenderjahres das Rechtsschutzbedürfnis entfalle, weil der [X.] dann nicht mehr geändert werden könne.

5

Da die Klägerinnen zunächst keine Erledigungserklärung abgaben, erging im September 2013 ein die Revision der Klägerinnen zurückweisender Gerichtsbescheid, der wegen des rechtzeitigen Antrags der Klägerinnen auf Durchführung der mündlichen Verhandlung als nicht ergangen gilt (§ 90a Abs. 3 i.V.m. § 121 [X.]O).

6

b) Die nach Erledigung der Hauptsache zu treffende Kostenentscheidung richtet sich nach § 138 Abs. 1 [X.]O. Das [X.] hat dem Klagebegehren mithin nicht abgeholfen, so dass die Kosten nicht nach § 138 Abs. 2 [X.]O dem [X.] auferlegt werden konnten. Denn die Erledigung der Hauptsache ist nicht dadurch eingetreten, dass das [X.] --wie im Schriftsatz der Klägerinnen vom 4. November 2013 dargelegt-- "nun endlich die Lohnsteuerklassen ... geändert" habe. Die Änderung ist vielmehr, wie das [X.] mit Schriftsatz vom 22. November 2013 dargelegt hat, mit Wirkung von August 2012 --gemeint ist möglicherweise 2013-- vorgenommen worden und betraf somit nicht den Streitgegenstand dieses Verfahrens. Die Erledigung der Hauptsache trat jedoch dadurch ein, dass der [X.] für 2010, der den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildete, seit April 2011 nicht mehr geändert werden konnte und somit das Rechtsschutzbedürfnis entfiel. Der Rechtsstreit bezweckte --entgegen der Ansicht des [X.]-- nicht die Änderung des [X.]s für 2011; dies ergibt sich aus dem vom [X.] protokollierten und im Urteil wiedergegebenen Antrag und dem im klägerischen Schriftsatz vom 29. Dezember 2011 gestellten Antrag.

7

c) Die am 3. Juni 2011 erhobene Klage auf Änderung der Lohnsteuerkarte für 2010 hatte, da der Monat März 2011 bereits abgelaufen war und eine Änderung des [X.]s deshalb nicht mehr in Betracht kam, zu keinem Zeitpunkt Aussichten auf Erfolg. Der [X.] verkennt dabei nicht, dass die Klage sich aufgrund des [X.]-Beschlusses in [X.] 2013, 1647 als materiell begründet erwiesen hat. Die Klägerinnen waren jedoch durch die Besonderheiten des [X.] nicht rechtlos gestellt: Sie hätten lediglich die Einkommensteuerveranlagung für 2010 aufgrund der nach § 149 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) bis Ende Mai 2011 abzugebenden Erklärungen abwarten müssen, gegen die sie sodann mit Einspruch und Klage hätten vorgehen können; einstweiliger Rechtsschutz hätte nach § 361 [X.] und § 69 [X.]O (vgl. z.B. [X.]sbeschluss vom 5. März 2012 [X.] B 6/12, [X.]/NV 2012, 1144) beantragt werden können.

8

d) Der vom Prozessbevollmächtigten in einem Parallelverfahren vorgelegte Kostenbeschluss des [X.] Düsseldorf vom 15. November 2011 ist nicht geeignet, seinem Antrag, die Kosten dem [X.] aufzuerlegen, zum Erfolg zu verhelfen. Denn er betraf ein Verfahren wegen Einkommensteuer 2008 --nicht [X.], das durch Abhilfe des [X.] erledigt wurde. Die Entscheidung beruht dementsprechend auch nicht auf § 138 Abs. 1 [X.]O, sondern befasst sich mit der Frage, ob der dortige Kläger die Kosten nach § 137 Satz 2 [X.]O tragen musste, weil er nach § 363 Abs. 2 [X.] die Fortsetzung seines [X.] beantragt hatte, obwohl beim [X.] ein Verfahren anhängig war.

Meta

III R 2/12

06.12.2013

Bundesfinanzhof 3. Senat

Beschluss

vorgehend FG Düsseldorf, 27. Oktober 2011, Az: 14 K 1890/11 E, Urteil

§ 138 Abs 1 FGO, § 138 Abs 2 FGO, § 38b EStG 2009, § 143 Abs 1 FGO, § 2 Abs 8 EStG 2009 vom 15.07.2013, § 38b Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst a EStG 2009, § 38b Abs 2 S 1 Nr 5 EStG 2009, LPartG, § 26b EStG 2009, EStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.12.2013, Az. III R 2/12 (REWIS RS 2013, 520)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 520

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