Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2020, Az. 3 StR 567/19

3. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11923

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:210120B3STR567.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3
StR 567/19

vom
21. Januar
2020
in der Strafsache
gegen

wegen Betruges u.a.

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der Beschwer-deführerin und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 21.
Januar 2020 gemäß §
349 Abs.
2 und
4 [X.] einstimmig beschlossen:

1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 10.
Mai 2019, soweit es sie betrifft, im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.
Im Umfang der
Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen Betruges in 17
Fällen und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Zudem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen und die Ange-klagte von weiteren Tatvorwürfen freigesprochen. Die Angeklagte wendet
sich mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision gegen ihre Verurteilung. Das Rechtsmittel hat lediglich in Bezug auf die
1
-
3
-
Gesamtstrafenbildung Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].
1.
Die [X.] hat aus den Einzelstrafen für die 18
festgestellten Straftaten, welche die Angeklagte zwischen dem 11.
September 2013 und dem 17.
Februar 2017 beging, eine Gesamtstrafe gebildet. Einem Urteil des [X.] vom 30.
Dezember 2015 hat
sie keine zäsurbildende Wirkung beigemessen und von der Festsetzung zweier Gesamtstrafen abgesehen. Zur Begründung hat sie darauf abgestellt, dass die Angeklagte zwar einen Rest der Geldstrafe aus dem Urteil des [X.] in Höhe von 20

nicht gezahlt habe. Allerdings habe die Staatsanwaltschaft [X.] diesen noch offe-nen Strafrest "niedergeschlagen", da er unter dem ausgeurteilten Tagessatz von 30

waltschaft weise als "

2.
Die Begründung, mit der das [X.] die vom Amtsgericht ver-hängte Strafe im Ergebnis als vollständig vollstreckt bewertet und auf die [X.] zweier Gesamtfreiheitsstrafen verzichtet hat, hält der rechtlichen Nachprü-fung nicht stand.
Gemäß §
55 Abs.
1 Satz
1 StGB ist die durch das Amtsgericht ausge-sprochene Strafe für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung von Bedeutung, soweit sie nicht vollstreckt, verjährt oder erlassen ist. Eine derartige Erledigung ist durch die "Niederschlagung" der Reststrafe nicht eingetreten. Die Strafe ist insbesondere nach den Urteilsfeststellungen bislang nicht vollständig vollstreckt worden.
2
3
4
-
4
-
a)
Eine abschließende Vollstreckung ist nicht darin zu sehen, dass die Vollstreckung des noch
offenen Strafrests im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe gemäß §
459e Abs.
3 [X.] ausgeschlossen ist. Dies lässt nämlich die Möglich-keit einer weiteren Beitreibung nach §
459 [X.], §
1 Abs.
1 Nr.
1 Alternative
1 JBeitrG unberührt (vgl. §
50 Abs.
2 Satz
2 [X.]; [X.]/[X.], [X.], 9.
Aufl., §
50 Rn.
6).
b)
Unterbleibt eine Vollstreckung in das Vermögen wegen zu erwartender Erfolglosigkeit im Sinne des §
459c Abs.
2 [X.], steht dies einer weiteren Bei-treibung der Strafe bis zum Eintritt der Vollstreckungsverjährung ebenfalls nicht entgegen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 62.
Aufl., §
459c Rn.
6). Ein [X.] -
teils als Niederschlagung bezeichnetes (vgl. entsprechend zu §
95 Abs.
2 OWiG KK/Mitsch, OWiG, 5.
Aufl., §
95 Rn.
12)
-
Vorgehen hat
mithin keine Auswirkung auf Bestand und Vollstreckbarkeit der Strafe.
Dies gilt auch, soweit die Staatsanwaltschaft [X.] von keiner offenen Forderung mehr ausgeht. Mangels einer gesetzlichen Grundlage dafür, durch eine Niederschlagung die Vollstreckbarkeit einer rechtskräftigen Geldstrafe auf-zuheben, handelt es sich hierbei lediglich um einen verwaltungsinternen [X.], nach dem ersichtlich von weiteren Vollstreckungsbemühungen abgese-hen werden soll und eine Wiedervorlage der Akten zur weiteren Vollstreckung unterbleibt (vgl. VwV-SäHO Nr.
2.1, 2.4, 2.5, 6.3 zu §
59; s. auch §
11 Abs.
1 [X.]; [X.]/[X.], 28.
Ed., [X.] §
11 Rn.
1
f.; zum [X.], Beschluss vom 29.
September 2017 -
B
13
SF
2/17
S, juris Rn.
9 mwN).
c)
Ist aus den dargelegten Gründen die Geldstrafe noch nicht vollständig vollstreckt -
und im Übrigen nicht verjährt oder erlassen
-, besteht kein Anlass, 5
6
7
8
-
5
-
sie im Rahmen des §
55 StGB wie eine insgesamt erledigte Strafe zu [X.].
Die vom [X.] herangezogene Erwägung, ein Verurteilter könnte sich durch nicht vollständige Zahlung einer Geldstrafe bewusst die Möglichkeit einer gespaltenen Gesamtstrafenbildung offenhalten, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen ist die Vollstreckungsbehörde, wie dargelegt, weiter in der Lage, die Vollstreckung in das Vermögen zu betreiben. Zum anderen hängt es jeweils von den -
im Vorhinein kaum absehbaren -
Besonderheiten der [X.] im Einzelfall ab, ob aus Sicht des Betroffenen eine einzige Gesamtstra-fe oder mehrere Gesamtstrafen vorzugswürdig erscheinen. Im Übrigen handelt es sich um die Konsequenzen der Gesetzeslage.
3.
Die rechtsfehlerhafte Entscheidung über den [X.] hat dessen Aufhebung zur Folge. Es ist nach den konkreten Umständen nicht auszuschließen, dass die Angeklagte durch die Festsetzung lediglich einer Ge-samtfreiheitsstrafe beschwert ist. Da das [X.] auf mehrere Einzelfrei-heitsstrafen von neun Monaten und einem Jahr sowie in einem Fall von einem Jahr und sechs Monaten erkannt hat, kommt in Betracht, dass bei zwei [X.] deren Dauer jeweils zwei Jahre nicht überstiege und mithin eine Strafaussetzung zur Bewährung (§
56 StGB) zu prüfen wäre.
Die zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben (§
353 Abs.
2 [X.]), weil sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind. Das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, so-weit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
9
10
11
-
6
-
4.
Bei der neuerlichen Gesamtstrafenbildung wird die [X.] zu beachten haben, dass hinsichtlich der Vorverurteilung der [X.] zum Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils (10.
Mai 2019) maß-gebend ist und eine Zäsurwirkung des amtsgerichtlichen Urteils durch eine mögliche Entscheidung nach §
53 Abs.
2 Satz
2, §
55 Abs.
1 Satz
1 StGB nicht entfiele (s. [X.], Beschluss vom 6.
März 2018 -
3
StR
530/17, StV
2018, 489, 490 mwN). Zudem führt das Verbot der Schlechterstellung (§
358 Abs.
2 Satz
1 [X.]) dazu, dass die Summe mehrerer neu gebildeter Gesamtstrafen die [X.] verhängte Gesamtstrafe zuzüglich der einzubeziehenden Strafe nicht über-steigen darf.
5.
Ergänzend bemerkt der Senat, dass die [X.] die Anklage in-soweit nicht erschöpft hat, als sie bei Fall
18 der Anklage lediglich über die be-trügerisch erlangte Zahlung von 850

unterlag jedoch auch die weitere in der Anklage genannte Zahlung von 1.800

unabhängig davon, dass diese laut Anklageschrift "zu einem nicht näher fest-stellbaren Zeitpunkt im November 2016", nach Überzeugung des [X.] indes "gegen Ende Oktober 2016" geleistet wurde. Eine Veränderung des [X.] hebt die Identität zwischen Anklage und abgeurteilter Tat nicht ohne Weiteres auf. Eine solche Identität besteht hier trotz veränderter zeitlicher Ein-ordnung, da die in der Anklage beschriebene Tat unabhängig von der genauen Tatzeit nach anderen Merkmalen -
Höhe des Geldbetrags, Person des Geschä-digten, Mitteilung über Geldbedarf für eine neue Wohnung
-
individualisiert und
12
13
-
7
-
dadurch weiterhin als einmaliges, unverwechselbares Geschehen gekenn-zeichnet ist (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Februar 2016 -
3
StR
454/15, juris Rn.
13 mwN).
Schäfer
Spaniol
Tiemann

Berg
Anstötz

Vorinstanz:
[X.], [X.], [X.] -
527 [X.]/16 2 KLs 3/18

Meta

3 StR 567/19

21.01.2020

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2020, Az. 3 StR 567/19 (REWIS RS 2020, 11923)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11923

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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