Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.05.2010, Az. V B 90/09

5. Senat | REWIS RS 2010, 6367

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Gegenstand

Billigkeitserlass der Umsatzsteuer


Leitsatz

NV: Ein Billigkeitserlass der Umsatzsteuer kommt nur in Betracht, wenn die Steuerfestsetzung eindeutig und offensichtlich unrichtig ist und es dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar war, sich im Festsetzungsverfahren rechtzeitig zu wehren.

Tatbestand

1

I. Strittig ist, ob dem Kläger und [X.]eschwerdeführer (Kläger) ein Anspruch auf [X.]illigkeitserlass zusteht.

2

Der Kläger erteilte einer Kommanditgesellschaft ([X.]) zwei Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis, die er jeweils am 31. Dezember 1982 ausstellte. Das für die [X.] zuständige Finanzamt [X.] erkundigte sich bei dem für die [X.]esteuerung des Klägers zuständigen [X.]eklagten und [X.]eschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--), ob der Kläger umsatzsteuerrechtlich geführt werde. Da das nicht der Fall war, setzte das [X.] Umsatzsteuer für 1982 durch [X.]escheid vom 14. Oktober 1983 fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, mit dem er geltend machte, dass auf die beiden Rechnungen noch keine Zahlungen geleistet worden seien und er, der Kläger, Antrag auf [X.]esteuerung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG) gestellt habe. Nachdem zunächst der Einspruch und dann die Klage gegen die Versagung der [X.]esteuerung nach vereinnahmten Entgelten erfolglos blieben, nahm der Kläger seinen Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 1982 mit Schreiben vom 27. Januar 1993 zurück.

3

Im [X.] an eine Steuerfahndungsprüfung ging das [X.] weiter davon aus, dass der Steuerausweis in den beiden Rechnungen zu einer Steuerschuld nach § 14 Abs. 3 UStG führt. Da das [X.] unterstellte, dass die Rechnungen der [X.] erst 1983 zugegangen seien, setzte es die Steuer nach § 14 Abs. 3 UStG mit [X.]escheid vom 31. Oktober 1991 für 1983 fest. Nach Zurückweisung des hiergegen eingelegten Einspruchs hob das [X.] während des Klage-verfahrens gegen den Umsatzsteuerbescheid 1983 diesen auf Vorschlag des Finanzgerichts (FG) mit [X.]escheid vom 6. Oktober 1997 auf.

4

Mit Schreiben vom 23. April 2007 beantragte der Kläger den Erlass der Umsatzsteuer 1982 aus sachlichen [X.]illigkeitsgründen nach § 227 der Abgabenordnung ([X.]) ab Fälligkeit. Nach Auffassung der Finanzverwaltung liege ein unberechtigter Steuerausweis vor. Da die [X.] keinen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen habe, sei die Steuerschuld zu berichtigen. Das [X.] lehnte den Antrag mit [X.]escheid vom 26. September 2007 ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe

5

II. Die auf grundsätzliche Bedeutung und Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

6

1. Entgegen der Auffassung des [X.] ist es nicht von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Grundsätze des Urteils der [X.] (seit 1. Dezember 2009: [X.] --[X.]--) vom 19. September 2000 [X.]/98, [X.] (Slg. 2000, [X.]) auch dann anwendbar sind, wenn "der nach § 14 Abs. 3 UStG a.[X.] erlassene Umsatzsteuerbescheid (hier: Umsatzsteuer 1983) unter der Bedingung aufgehoben wurde, dass die Steuerfestsetzung bezüglich desselben Sachverhalts (hier die streitgegenständlichen Rechnungen) in einem andern, nicht auf § 14 Abs. 3 UStG a.[X.] beruhenden Umsatzsteuerbescheid (hier: Umsatzsteuer 1982), der inhaltlich nicht mehr berichtigt werden kann, Bestand hat und für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich/steuerlich dasselbe Ergebnis eintritt, wie wenn nach wie vor die Umsatzsteuerfestsetzung auf § 14 Abs. 3 UStG a.[X.] beruhte". Denn nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) setzt der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung voraus, dass sich die Bedeutung der Rechtssache nicht in der Entscheidung des konkreten Einzelfalls erschöpft, sondern eine Vielzahl gleichartiger Fälle betrifft und einer Verallgemeinerung zugänglich ist (vgl. z.B. [X.]-Beschlüsse vom 28. Juni 2006 III [X.], [X.]/NV 2006, 1844, und vom 28. September 2009 [X.], [X.]/NV 2010, 73). Hieran fehlt es. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage zielt auf die Anwendung der Rechtsprechung des [X.] in einem Einzelfall ab. Daher kommt es für die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht darauf an, ob die Klägerin den Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 1982 bei Kenntnis des [X.]-Urteils [X.] in Slg. 2000, [X.] nicht zurückgenommen hätte.

7

2. Es liegt auch kein zur Revisionszulassung führender Verfahrensfehler vor. Das [X.] hat entgegen der Auffassung des [X.] weder [X.] den Vortrag des [X.] unberücksichtigt gelassen noch [X.] den Sachverhalt unaufgeklärt gelassen. Der Kläger macht insoweit insbesondere geltend, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass das [X.] den Umsatzsteuerbescheid 1983 erst aufgehoben habe, als feststand, dass die [X.] nicht mehr abänderbar waren. Das [X.] habe weiter nicht aufgeklärt, ob der Kläger Leistungen an die [X.] erbracht habe und ob für die [X.] ein Vorsteuerabzug in Betracht komme.

8

Der Kläger berücksichtigt insoweit nicht, dass es für das Vorliegen eines Verfahrensfehlers auf die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des [X.] ankommt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 14. Oktober 2009 [X.]/09, [X.]/NV 2010, 222). Das [X.] hat sein Urteil ausdrücklich darauf gestützt, dass ein [X.] nur in Betracht kommt, wenn die Steuerfestsetzung eindeutig und offensichtlich unrichtig ist und es dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar war, sich im Festsetzungsverfahren rechtzeitig zu wehren, wofür sich das [X.] zu Recht auf das [X.]-Urteil vom 14. November 2007 II R 3/06 ([X.]/NV 2008, 574) gestützt hat. Daher kommt nach der Rechtsauffassung des [X.] ein [X.] der Umsatzsteuer 1982 nicht in Betracht, da im Streitfall die Steuerfestsetzung nicht eindeutig und offensichtlich fehlerhaft war, der Kläger vielmehr selbst einen unberechtigten Steuerausweis mit eingeräumt habe. Seine nunmehr im Erlassverfahren geltend gemachten Einwendungen, insbesondere das Nichtvorliegen einer vom Kläger erbrachten Leistung, hätte er im Übrigen bereits im Einspruchsverfahren rügen können und müssen. Da das [X.] die auf § 14 Abs. 3 UStG beruhende Steuerfestsetzung aufgehoben hat, kommt es im Übrigen auf die vom Kläger im Zusammenhang mit der Frage der Rechnungsberichtigung erhobenen Verfahrensrügen nicht an.

Meta

V B 90/09

25.05.2010

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 10. Juni 2009, Az: 6 K 1135/09, Urteil

§ 14 Abs 3 UStG 1980, § 227 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.05.2010, Az. V B 90/09 (REWIS RS 2010, 6367)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6367

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