Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2017, Az. 4 StR 235/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 4727

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:270917B4STR235.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 235/17

vom
27. September
2017
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 27.
September 2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 26.
Januar 2017
a)
in den [X.] dahin geändert, dass die Ange-klagten jeweils der gefährlichen Körperverletzung in [X.] mit Bedrohung und versuchter Nötigung schuldig sind,
b)
in den [X.] mit den zugehörigen [X.] aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der [X.], an das [X.]

Strafrichter

zu-rückverwiesen.
2.
Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten unter Teileinstellung des [X.]s und [X.] in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Bedrohung, gemein-1
-
3
-
schaftlicher Freiheitsberaubung und versuchter gemeinschaftlicher Nötigung sowie wegen gemeinschaftlicher Bedrohung in Tateinheit mit gemeinschaftli-Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung sachlichen Rechts, der Angeklagte H.

O.

beanstandet darüber hinaus das Verfah-
ren. Beide Rechtsmittel haben jeweils mit der Sachrüge den aus der Beschluss-formel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
I.
Die vom Angeklagten H.

O.

erhobene Rüge der Verletzung der
Aufklärungspflicht (§
244 Abs.
2 StPO) hat aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des [X.] vom 2.
Juni 2017 keinen Erfolg.
II.
1.
Die Schuldsprüche des angefochtenen Urteils begegnen in zweifacher Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken, was gemäß §
354 Abs.
1 StPO analog zu ihrer vom [X.] beantragten Änderung durch den [X.] führt.
a)
Die tateinheitliche Verurteilung der Angeklagten wegen Freiheitsbe-raubung wird von den Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht getragen.
2
3
4
5
-
4
-
Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] tritt die [X.] im Sinne des §
239 Abs.
1 StGB im Wege der Gesetzeskon-kurrenz zurück, wenn sie nur das Mittel zur Begehung einer anderen Straftat ist,
die regelmäßig mit der Beraubung der Freiheit des Opfers einhergeht (vgl. nur [X.]sbeschlüsse vom 1.
Oktober 1998

4
StR
347/98, [X.], 83; und vom 21.
Januar 2003

4
StR
414/02, [X.], 168; SSW-StGB/
Schluckebier, 3.
Aufl., §
239 Rn.
16). So liegt der Fall hier. Die beiden Ange-klagten zerrten die Nebenklägerin in den Toilettenraum des [X.]es und hielten sie dort fest, um sie am weiteren Schreien zu hindern, bis die Mutter der Nebenklägerin hinzukam. Die Freiheitsberaubung diente danach als Nöti-gungsmittel und entfaltete keine darüber hinausgehende Wirkung.
Die tateinheitliche Verurteilung wegen Freiheitsberaubung hat daher zu entfallen (§
354 Abs.
1 StPO).
b)
Auch die Annahme von Tatmehrheit (§
53 StGB) zwischen den Hand-lungsabschnitten im [X.] und im Badezimmer hält rechtlicher Nachprü-fung nicht stand. Der [X.] hat dazu in seiner Antragsschrift das Folgende ausgeführt:

m natürli-chen Sinne zu einer Einheit im Rechtssinne verbinden kann, liegt vor, wenn zwischen einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zu-sammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des [X.] objektiv auch für einen [X.] als [X.], und wenn die einzelnen [X.] durch ein gemeinsa-mes subjektives Element miteinander verbunden sind ([X.], Urteil vom 10.
Februar 2015

1
StR
488/14, zit. nach juris Rn.
48 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Die Geschehnisse im Toilettenraum des [X.] und im Badezimmer stehen in einem unmittelbaren zeitlichen und räumlichen 6
7
8
-
5
-
Zusammenhang. Die Nebenklägerin rannte, nachdem die Angeklagten sie losgelassen hatten, in das Bad der angrenzenden Wohnung, sperrte sich dort ein und rief die Polizei. Somit stellt der Vorfall im Badezimmer lediglich eine Fortsetzung des bedrohenden und nötigenden Verhaltens der Angeklagten gegenüber der Nebenklägerin im [X.] dar.
Der [X.] kann den Schuldspruch entsprechend ändern, §
354 Abs.
1

Dem kann sich der [X.] nicht verschließen.
c)
Im Übrigen werden die Schuldsprüche von den rechtsfehlerfrei ge-troffenen Feststellungen getragen. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat insoweit, wie der [X.] in seiner Antragsschrift im Einzel-nen ausgeführt hat, auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens kei-nen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
2.
Die Änderung des [X.] bedingt die Aufhebung der betroffenen Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafen. Letztere hätten aber auch deswegen nicht bestehen bleiben können, weil sie entgegen §
54 Abs.
3 Satz
1 StGB jeweils die Summe der Einzelstrafen erreichen.
3.
Der [X.] verweist die Sache zu neuer Verhandlung und Entschei-dung an das [X.]

Strafrichter

zurück, da dessen Strafgewalt ausreicht (§
354 Abs.
3 StPO).
Der neue Tatrichter wird die zu Gunsten beider Angeklagten
ergangene Kompensationsentscheidung, die von der Aufhebung der [X.] nicht erfasst wird ([X.], Urteil vom 27.
August 2009

3
StR
250/09, [X.]St 54, 135), in die Urteilsformel aufnehmen müssen (vgl. [X.], Beschluss vom 17.
Januar 9
10
11
12
13
-
6
-
2008

GSSt
1/07, [X.]St 52, 124, 141). Die gemeinschaftliche Tatbegehung gehört hingegen nicht in die Urteilsformel (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 12.
Oktober 1977

2
StR
410/77, [X.]St 27, 287, 289).
Sost-Scheible
Ri[X.] Cierniak ist im Urlaub und deshalb gehindert zu
unter-schreiben.
Sost-Scheible
Franke
Bender
Quentin

Meta

4 StR 235/17

27.09.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2017, Az. 4 StR 235/17 (REWIS RS 2017, 4727)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4727

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 235/17 (Bundesgerichtshof)

Konkurrenzverhältnis: Freiheitsberaubung als Mittel zur Begehung einer anderen Straftat


6 StR 275/22 (Bundesgerichtshof)

Gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung: Verwirklichung durch Unterlassen


5 StR 143/23 (Bundesgerichtshof)

Zurücktreten von Freiheitsberaubung hinter Vergewaltigung


5 StR 422/14 (Bundesgerichtshof)

Besonders schwerer sexueller Missbrauch von Kindern: Schmerzhafte anale Penetration als körperlich schwere Misshandlung


4 StR 153/23 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

4 StR 235/17

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.