Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2012, Az. XII ZB 344/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1416

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII [X.] 344/12
vom
14. November 2012
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§
26, 280 Abs.
3 Nr.
5, 286 Abs.
3
Die gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen über die voraussichtli-che Dauer der Maßnahme (§
280 Abs.
3 Nr.
5 FamFG) ist wesentlicher An-haltspunkt für die Bestimmung der [X.] für die angeordnete Be-treuung (§
286 Abs.
3 FamFG). Weicht der Tatrichter von der gutachterlichen Stellungnahme ab, indem er die [X.] zum Nachteil des Betroffe-nen über die vom Sachverständigen als erforderlich bezeichnete Dauer der Maßnahme hinaus ausdehnt, muss er die hierfür tragenden Gründe in dem Be-schluss darlegen.
[X.], Beschluss vom 14. November 2012 -
XII [X.] 344/12 -
LG [X.]

[X.]
-
2
-

Der XII. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat am 14.
November
2012
durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose, die Richterin Dr.
Vézina
und [X.],
Dr.
Nedden-Boeger
und Dr.
Botur
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des
Betroffenen wird der Beschluss der 4.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 18.
Mai
2012
auf-gehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das [X.] zu-rückverwiesen.
Verfahrenswert: 3.000

Gründe:
I.
Der 74
Jahre alte Betroffene leidet
an einer langjährig
bestehenden schi-zoaffektiven Störung, wegen derer das Amtsgericht eine rechtliche Betreuung eingerichtet hat. Mit Beschluss vom 7.
September 2011 hat das Amtsgericht den bisherigen Betreuer entlassen, unter Erweiterung der [X.] und Anordnung eines [X.] einen neuen Betreuer bestellt
und die erneute Überprüfung der Notwendigkeit der Betreuung spätestens bis zum 7.
September 2018 angeordnet.

1
-
3
-

Der Betroffene hat
dagegen
Beschwerde eingelegt. Das [X.] hat den Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung sowie die Anordnung des [X.] für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge entfal-len lassen und die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen
richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen.

II.
Die nach §
70 Abs.
3 Nr.
1 FamFG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
1. Soweit es um die Aufrechterhaltung der angeordneten Betreuung in den vom [X.] bestätigten [X.]n
geht, ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden und hält den
Angriffen der Rechtsbe-schwerde stand.
Der [X.] hat auch die gerügten Verfahrensmängel geprüft, die [X.] aber nicht für durchgreifend erachtet (§
74 Abs.
3 Satz
4 FamFG i.V.m. §
564 ZPO). Von einer weiteren Begründung wird insoweit abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Be-deutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§
74 Abs.
7 FamFG).
2. Die angefochtene Entscheidung des [X.]s hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde jedoch nicht stand, soweit mit ihr die vom Amtsgericht weiter
getroffene
Anordnung
bestätigt wird, dass eine erneute Überprüfung der Notwendigkeit der Betreuung erst
zum 7.
September 2018 vorzunehmen
sei.

2
3
4
5
-
4
-

a) Gemäß §
286 Abs.
3 FamFG ist der Zeitpunkt, bis zu dem das Gericht über die Aufhebung oder
Verlängerung einer Maßnahme nach Absatz
1 oder Absatz
2 zu entscheiden hat, in der [X.] zu bezeichnen.

aa) Durch die Bezeichnung
der Frist wird festgelegt, wann eine erneute Überprüfung der Notwendigkeit von Amts wegen erfolgt. Dies
begründet
einen Anspruch des Betroffenen, mit
Ablauf der Frist über die Aufhebung oder [X.] wegen
unter erneuter Durchführung tat-sächlicher Ermittlungen (§
26 FamFG) zu entscheiden.
bb)
Die Anordnung einer zu lang bemessenen [X.] beein-trächtigt den Betroffenen
in seinen Rechten.
Zwar steht es dem
Betroffenen frei, jederzeit
vor Ablauf der Überprü-fungsfrist eine
Aufhebung der Betreuung zu beantragen (§
1908
d Abs.
1 BGB).
Für die Durchführung tatsächlicher
Ermittlungen in einem solchen Aufhebungs-verfahren bedarf
es jedoch greifbarer Anhaltspunkte für eine Veränderung der der Betreuerbestellung zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände, die -
wenn sie dem Gericht nicht bereits auf anderem Wege bekannt gemacht worden sind
-
namentlich vom Betroffenen vorzubringen sind
([X.]sbeschluss vom 2.
Februar 2011 -
XII
[X.]
467/10
-
FamRZ
2011, 556).
Daher vermittelt
die Mög-lichkeit, einen Aufhebungsantrag nach §
1908
d Abs.
1 BGB zu stellen, keine
Rechtsposition, die mit der von Amts
wegen nach Fristablauf vorzunehmenden Überprüfung
gleichwertig wäre.
cc) Die konkrete Bemessung der [X.] wird von der [X.] der Maßnahme (§
1896 Abs.
2 BGB) nach den Umständen des Einzel-falls bestimmt
([X.]/[X.] FamFG 17.
Aufl. §
286 Rn.
8).
Diese Umstände hat der Tatrichter von Amts wegen zu ermitteln

26 FamFG).
Gemäß §
280 Abs.
3 Nr.
5 FamFG hat
sich das über die Notwendigkeit der Betreuung einzu-6
7
8
9
10
-
5
-

holende Gutachten auch auf die voraussichtliche Dauer der Maßnahme zu erstrecken. Die gutachterliche Stellungnahme über die voraussichtliche Dauer der Maßnahme ist wesentlicher Anhaltspunkt für die Bestimmung der Überprü-fungsfrist (Schulte-Bunert/Weinreich/Rausch FamFG 3.
Aufl. §
286 Rn.
8; [X.]/Prütting/[X.] FamFG 2.
Aufl. §
286 Rn.
19). Will
der Tatrichter von
der gutachterlichen Stellungnahme abweichen, indem er die nach §
286 Abs.
3 FamFG festzusetzende [X.] zum Nachteil des Betroffenen über die vom Sachverständigen als erforderlich bezeichnete Dauer der Maßnahme hinaus ausdehnt, muss er die hierfür tragenden Gründe in dem Beschluss dar-legen.
b) Diesen Anforderungen
wird die angegriffene Entscheidung nicht ge-recht. Das Beschwerdegericht verhält sich zu den Voraussetzungen, unter de-nen es die vom Amtsgericht angeordnete
siebenjährige [X.]
be-stätigt hat,
nicht.
Zwar hatte der Sachverständige in seinem ersten, vom Amtsgericht ein-geholten Gutachten eine Verlängerung der Betreuung für den längst möglichen Zeitraum empfohlen. Darauf fußend hat das Amtsgericht die gesetzliche Höchstdauer der [X.] ausgeschöpft. Mit seinem weiteren, im Be-schwerdeverfahren eingeholten Gutachten vom 29.
März 2012 hat der [X.] jedoch eine Besserung sowohl des körperlichen als auch des [X.] Zustands
des
Betroffenen
attestiert und
-
in Abweichung von seiner früheren Stellungnahme
-
eine Fortführung der Betreuung nunmehr für einen Zeitraum von zunächst zwei Jahren für erforderlich gehalten. Mit dieser Neube-wertung der erforderlichen Dauer der Maßnahme durch den Sachverständigen waren die tatsächlichen Grundlagen, auf die
das Amtsgericht
seine Anordnung der siebenjährigen
[X.] gestützt hat,
überholt oder wenigstens
in Frage gestellt. Das [X.] hätte
deshalb
die vom Amtsgericht angeordnete 11
12
-
6
-

siebenjährige [X.] nicht bestätigen dürfen, ohne sich mit der ver-änderten Einschätzung des Sachverständigen über die erforderliche Dauer der Maßnahme in den Entscheidungsgründen auseinanderzusetzen.
Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben.
Die Sache ist an das [X.]
zurückzuverweisen, da der [X.] die tatrichterli-che Ermessensentscheidung über die anzuordnende [X.] nicht ersetzen kann.

Dose

Vézina

Schilling

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.09.2011 -
37 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 18.05.2012 -
4 [X.] -

13

Meta

XII ZB 344/12

14.11.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2012, Az. XII ZB 344/12 (REWIS RS 2012, 1416)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1416

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