Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2011, Az. 4 StR 659/10

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 9439

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 659/10 vom 15. Februar 2011 in der Strafsache gegen wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung hier: Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat am 15. Februar 2011 beschlos-sen: Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Die Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstörens eines der Wohnung von Menschen dienenden Gebäudes gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist bei der Brandlegung in einem einheitlichen, teils gewerblich, teils zu Wohnzwecken genutz-ten Gebäude erst vollendet, wenn ein zum [X.] selbständiger Teil des Gebäudes durch die Brandlegung für Wohnzwecke unbrauchbar geworden ist. Der Senat fragt daher beim 2. Strafsenat an, ob an dem [X.] vom 19. Juli 2007 - 2 StR 266/07 festgehalten wird. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Mona-ten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. 1 [X.] Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte in angemieteten Räum-lichkeiten im Erdgeschoß des [X.], in welchem sich im Erdgeschoß verschiedene Geschäftslokale und im Obergeschoß fünf genutzte Wohnungen befanden, ein Sonnenstudio. Da die Einkünfte des Angeklagten nicht [X.] - 3 - ten, um seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, fasste er den Entschluss, das Inventar des Sonnenstudios durch Dritte in Brand setzen zu lassen, um gegenüber der [X.] vermeintliche Versicherungsansprüche betrügerisch geltend zu machen. Mit der Brandlegung beauftragte der Ange-klagte ihm bekannte Personen, die nicht ermittelt werden konnten. Der Ange-klagte hielt es für möglich und nahm billigend in Kauf, dass sich das Feuer auch auf das bewohnte Obergeschoß ausweiten konnte. Nicht ausschließbar [X.] er aber darauf, dass Menschen dadurch weder verletzt noch getötet werden. Am 24. Januar 2009 zwischen 2.30 und 4.20 Uhr gelangten die vom [X.] beauftragten Täter mit einem vom Angeklagten überlassenen Schlüssel in das Sonnenstudio. Sie entzündeten im Eingangsbereich in der [X.] der dortigen Empfangstheke befindliche Gegenstände, wofür sie etwas Ben-zin aus einem mitgebrachten 5-Liter-Kanister verwendeten, den sie mit geöffne-tem Verschluss im Sonnenstudio zurückließen. Das Feuer, das Gebäudeteile nicht erfasste, führte dazu, dass die Einrichtungen des Sonnenstudios, vor [X.] die Trennwände im Bereich der Empfangstheke und in ihrer Nähe in größe-rem Umfang verrußt bzw. verkohlt und - ebenso wie die Akustikdecke - durch die Hitzeeinwirkung zerstört wurden. Beim Eintreffen der um 6.55 Uhr alarmier-ten Feuerwehr war das Feuer bis auf noch vorhandene Glutnester erloschen. In Folge des [X.], durch den niemand verletzt wurde, war das vom Angeklag-ten angemietete Geschäftslokal bis zu dessen Instandsetzung nicht mehr nutz-bar. Hätte sich aus der Brandlegung ein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwartender Vollbrand des Sonnenstudios entwickelt, wäre mit einem Über-greifen des Feuers auf das Obergeschoß und einer Gefährdung der Bewohner zu rechnen gewesen. 3 I[X.] - 4 - 1. Der Senat beabsichtigt, den Schuldspruch des angefochtenen Urteils dahin zu ändern, dass sich der Angeklagte der Anstiftung zur versuchten [X.] schweren Brandstiftung in Tateinheit mit Brandstiftung gemäß § 26 StGB i.V.m. § 306b Abs. 2 Nr. 2, § 306a Abs. 1 Nr. 1, § 22, § 306 Abs. 1 Nr. 1, § 52 StGB schuldig gemacht hat. Die von den unbekannten Tätern begangene schwere Brandstiftung ist nicht über das Versuchsstadium hinaus verwirklicht worden. 4 Da das [X.] ein Übergreifen des Feuers auf Gebäudeteile in der Weise, dass deren Fortbrennen aus [X.] möglich war (vgl. [X.], Urteil vom 20. Juni 1986 - 1 [X.], [X.]St 34, 115, 117), nicht hat feststellen können, fehlt es an einem vollendeten Inbrandsetzen. Nach Ansicht des Senats liegen entgegen der Annahme der Strafkammer auch die Voraussetzungen der Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstörens eines der Wohnung von Men-schen dienenden Gebäudes nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht vor. 5 Schutzobjekt des durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. [X.]) vom 26. Januar 1998 ([X.]) neu gefassten § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist jede Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient. [X.] ist die Wohnstätte des Menschen als der örtliche Mittelpunkt menschli-chen Lebens (vgl. [X.], Urteil vom 24. April 1975 - 4 StR 120/75, [X.]St 26, 121, 123). Aus dem auf das Wohnen bezogenen Schutzzweck des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB folgt, dass die Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstö-rens eines Wohngebäudes bei einer Brandlegung in einem einheitlichen, teils gewerblich, teils als Wohnung genutzten Gebäude erst dann verwirklicht ist, wenn (zumindest) ein zum selbständigen Gebrauch bestimmter Teil des [X.], d.h. eine zum Wohnen bestimmte abgeschlossene Untereinheit, durch die Brandlegung für Wohnzwecke unbrauchbar geworden ist (vgl. [X.], 6 - 5 - Urteil vom 12. September 2002 - 4 [X.], [X.]St 48, 14, 18, 20; [X.] vom 24. Oktober 2006 - 3 [X.], [X.], 78; Beschluss vom 10. Januar 2007 - 5 [X.], [X.], 270, 271; Beschluss vom 6. Mai 2008 - 4 StR 20/08, [X.], 519; Beschluss vom 14. Juli 2009 - 3 [X.], [X.], 151, 152; Beschluss vom 26. Januar 2010 - 3 [X.], [X.], 452; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 306a Rn. 8a; anders noch [X.], Beschluss vom 29. September 1999 - 3 [X.], [X.], 197). Dass das Feuer auf zu Wohnzwecken genutzte Teile des Gebäudes hätte übergreifen können, ändert nichts am fehlenden Eintritt des in § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB tatbestandlich vorausgesetzten Erfolgs und vermag daher die An-nahme einer vollendeten schweren Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 StGB nicht zu begründen (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Januar 2010 - 3 [X.] aaO). Da die Inbrandsetzung des Inventars des Sonnenstudios lediglich zu [X.] des Sonnenstudios dienenden [X.] führte, ist die von den unbekannt gebliebenen Tätern verübte schwere Brand-stiftung nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB im Versuchsstadium stecken geblieben. 2. Der beabsichtigten Entscheidung steht der Beschluss des [X.] vom 19. Juli 2007 - 2 StR 266/07 entgegen. In dieser Entscheidung hat der 2. Strafsenat bei einer Brandlegung in einem teils gewerblich, teils zu [X.] genutzten Gebäude, die zur zeitweisen Unbrauchbarkeit eines Laden-geschäfts als abgrenzbarer Teil des Gebäudes führte, ohne nähere [X.] die Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstörens eines Wohngebäu-des als vollendet angesehen. Die Ausführungen in dem Urteil des [X.] vom 17. November 2010 - 2 StR 399/10 (zur Veröffentlichung in [X.]St bestimmt) sprechen zwar dafür, dass nunmehr auch der 2. Strafsenat davon ausgeht, dass für die Vollendung des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Tatbe-standsalternative des teilweisen Zerstörens erforderlich ist, dass Wohnräume 7 - 6 - von der Zerstörungswirkung der Brandlegung betroffen sind. Eine eindeutige Aufgabe des Beschlusses vom 19. Juli 2007 - 2 StR 266/07 ist ihnen indes nicht zu entnehmen. 3. Der Senat fragt daher gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei dem 2. Strafsenat an, ob an der dem Beschluss vom 19. Juli 2007 zu Grunde lie-genden Rechtsauffassung festgehalten wird. 8 [X.]Mutzbauer Bender

Meta

4 StR 659/10

15.02.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2011, Az. 4 StR 659/10 (REWIS RS 2011, 9439)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9439

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