Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.08.2006, Az. XII ZR 138/04

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2037

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 30. August 2006 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1, 1606 Abs. 3 Satz 2, 1610 Abs. 1 und 2 a) Schuldet ein Elternteil nach dem Tod des anderen Elternteils seinem aus-wärts untergebrachten minderjährigen Kind neben dem Barunterhalt auch Betreuungsunterhalt, so ist der Betreuungsunterhalt grundsätzlich pauschal in Höhe des [X.] zu bemessen. Für einen davon abweichenden Betreuungsbedarf trägt derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich darauf beruft. b) Von dem dann insgesamt geschuldeten Bar- und Betreuungsunterhalt sind die Halbwaisenrente und das Kindergeld in voller Höhe als bedarfsdeckend abzuziehen. [X.], Urteil vom 30. August 2006 - [X.]/04 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren nach [X.] bis zum 26. Juli 2006 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], [X.] Ahlt, die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.]n gegen das Urteil des [X.] des [X.] vom 26. Mai 2004 wird zurückgewiesen. Auf die Revision der Klägerin wird das vorgenannte Urteil aufge-hoben und das [X.] des Amtsge-richts - Familiengericht - [X.] vom 15. Oktober 2003 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der [X.] wird verurteilt, an die Klägerin für die [X.] von August 2001 bis Juli 2003 monatlichen Unterhalt in Höhe von 181 • zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits hat der [X.] zu tragen. Streitwert: 3.772 • Von Rechts wegen
- 3 - Tatbestand: 1 Die Parteien streiten um Kindesunterhalt für die [X.] von August 2001 bis Juli 2003. 2 Der [X.] ist der Vater der am 24. Mai 1988 geborenen Klägerin. Nach dem Tod der Mutter wohnte die Klägerin zunächst mit ihren beiden Ge-schwistern M., geboren am 7. April 1984, und [X.], geboren am 1. August 1990, im Haushalt ihres [X.]. In der [X.] von August 2000 bis Juli 2003 wohnte die Klägerin mit Einverständnis des [X.]n im Haushalt ihrer Großeltern, von denen sie auch betreut wurde. Ende Januar 2003 zog auch die Schwester [X.] bei dem [X.]n aus. Die Klägerin erhält seit dem Tod ihrer Mutter eine Halbwaisenrente in Höhe von monatlich 175,61 •. Diese und das volle Kindergeld leitete der [X.] in der hier relevanten [X.] von August 2001 bis Juli 2003 an die Großel-tern weiter. 3 Der [X.] verfügt über ein bereinigtes Nettoeinkommen, von dem ihm nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts 490,25 • monatlich verbleiben. 4 Die Klägerin begehrt von dem [X.]n Unterhalt in Höhe von monatlich 181 •, wovon dieser einen Teilbetrag in Höhe von monatlich 34,38 • anerkannt hat. Das Amtsgericht hat den [X.]n zur Zahlung des anerkannten Betrages verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] den [X.]n unter Zurückweisung der weiterge-henden Klage und Berufung verurteilt, an sie für die [X.] von August 2001 bis Juni 2003 Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 90 • zu zahlen. Dagegen rich-ten sich die - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revisionen beider Parteien. 5 - 4 - Entscheidungsgründe: 6 Die Revision des [X.]n ist unbegründet. Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Verur-teilung des [X.]n in dem von der Klägerin beantragten Umfang. [X.] Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 535 veröf-fentlicht ist, hat der Klage in Höhe eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 90 • stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Der [X.] schulde der Klägerin Barunterhalt jedenfalls in Höhe des [X.], der sich auf monat-lich 269 • belaufe. Daneben schulde er der Klägerin weiteren Betreuungsunter-halt, der mit monatlich 150 • zu bemessen sei. Zwar werde in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass ein geschuldeter Betreuungsunter-halt pauschal in gleicher Höhe wie der Barunterhalt zu monetarisieren sei. [X.] sei es aber, den Betreuungsunterhalt konkret beziffern zu lassen, zumal ein Unterhaltspflichtiger nach der Rechtsprechung des [X.] für die Betreuung eines bei ihm lebenden Kindes einen [X.] in Anspruch nehmen könne, wenn die Betreuung nur unter besonderen Erschwernissen zu bewerkstelligen sei. Der Betreuungsaufwand für die Klägerin sei nach dem erstmals in der Berufungsinstanz konkretisierten Vortrag mit einem Mindestbe-trag von 150 • pro Monat zu bemessen. Denn die Klägerin sei in der hier rele-vanten [X.] 13 bis 15 Jahre alt gewesen, und die Großeltern hätten ihren Wohnbedarf gedeckt, den Haushalt versorgt, ihre Wäsche gewaschen, sie mit allem ausgestattet, was sie für die Schule und ihre sonstigen Bedürfnisse [X.] - tigt habe, sie bei den Hausaufgaben unterstützt und ihr als vertraute Person zur Seite gestanden. Der Betrag entspreche dem [X.], der regelmä-ßig einem [X.]pflichtigen gewährt werde, der selbst Kinder dieses [X.] betreue, auch wenn keine Besonderheiten in der Betreuungssituation [X.]. 8 Auf den Gesamtbedarf der Klägerin in Höhe von 419 • (269 • + 150 •) seien die Halbwaisenrente und das volle Kindergeld anzurechnen. § 1612 b BGB sei auf den vorliegenden Fall anzuwenden, weil die Vorschrift die unter-haltsrechtlichen Auswirkungen der Zahlung von Kindergeld abschließend rege-le. Die Grenze des § 1612 b Abs. 5 BGB für eine Anrechnung des Kindergeldes sei nicht erreicht, zumal der [X.] einschließlich des [X.] einen einheitlichen Barunterhalt in Höhe von 419 • monatlich schulde, der 135 % des Regelbedarfs übersteige. § 1612 b Abs. 5 BGB könne nicht dahin ausgelegt werden, dass wegen der Verpflichtung zur Zahlung von Bar- und Betreuungsunterhalt zweimal 135 % des [X.] gesichert sein müss-ten. Der [X.] sei in Höhe des verbleibenden [X.] von [X.] 90 • monatlich (419 • - 175,61 • - 154 •) leistungsfähig. Das gelte auch dann, wenn man ihm für die [X.] der Betreuung der Schwester [X.] einen Betreu-ungsbonus in Höhe von 150 • zurechne. 9 I[X.] Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision des [X.]n zwar stand. Die Revision der Klägerin hat hingegen in vollem Umfang Erfolg. 10 - 6 - 1. Der [X.] schuldete der Klägerin für die hier relevante [X.] sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt. Nach § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der [X.] den gesamten Lebensbedarf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung. Zwar erfüllt ein Elternteil mit der Betreuung ei-nes minderjährigen unverheirateten Kindes seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des [X.]. Hat der Unterhaltspflichtige - wie hier - das Kind aber nicht selbst erzogen, bleibt es bei seiner Unterhaltspflicht für den gesamten Lebensbedarf des [X.]. Nach §§ 1601, 1610 BGB haftet zwar regelmäßig auch der andere Eltern-teil für den Unterhalt des Kindes, was nach § 1606 Abs. 3 BGB wegen der an-teiligen Haftung bzw. der Übernahme der Betreuung des Kindes zu einer Ent-lastung des barunterhaltspflichtigen Elternteils führt. Ist der andere Elternteil aber verstorben, bleibt es grundsätzlich bei der alleinigen Haftung des überle-benden Elternteils. 11 2. Streitig ist in Rechtsprechung und Literatur allerdings, wie der neben dem Barunterhalt geschuldete Betreuungsunterhalt zu bemessen ist, wenn das Kind nicht im Haushalt des [X.] wohnt, sondern anderweit [X.] ist. 12 a) Teilweise wird vertreten, dass der geschuldete Betreuungsunterhalt wegen der Gleichwertigkeit mit dem Barunterhalt pauschal in dessen Höhe zu monetarisieren sei (OLG [X.] [12. [X.]] FamRZ 2001, 1023; [X.] FamRZ 1992, 1219, 1220; OLG [X.] [8. Senat für Familien-sachen] FamRZ 1991, 107; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familien-richterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 [X.]. 11, 13, 287 f.; [X.]/[X.]/[X.] Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. [X.]. 903; ähnlich [X.], [X.], 923, 927, der den gesamten Unterhaltsbedarf nach den [X.] der [X.] Tabelle bemessen will, was bei der aktuellen 13 - 7 - [X.] Tabelle ([X.], 1300) exakt dem doppelten Regelbetrag entspricht). 14 b) Andere Stimmen in Literatur und Rechtsprechung vertreten die [X.], dass der Betreuungsunterhalt grundsätzlich konkret darzulegen und zu beziffern sei (so wie das Berufungsgericht [X.] FamRZ 2001, 1241; OLG [X.] [11. [X.]] NJW-RR 2004, 152; [X.], 70, 73 f.; [X.]/[X.]/[X.] Unterhaltsrecht 8. Aufl. [X.]. 1561; [X.]/[X.] Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. [X.]. 3172 a). c) Der Senat schließt sich der zuerst genannten Auffassung an, denn nur diese trägt der vom Gesetz vorgegebenen Gleichwertigkeit des [X.] mit dem Betreuungsunterhalt Rechnung. 15 aa) Nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB erfüllt der Elternteil eines minderjäh-rigen unverheirateten Kindes, bei dem dieses lebt, seine Unterhaltsverpflichtung in der Regel durch dessen Pflege und Erziehung. Die Vorschrift stellt klar, dass diese Betreuungsleistungen und die Barleistungen des anderen Elternteils grundsätzlich gleichwertig sind. Damit wird das Gesetz nicht nur der gerade für das Unterhaltsrecht unabweisbaren Notwendigkeit gerecht, die Bemessung der anteilig zu erbringenden Leistungen zu erleichtern. Es trägt auch der Tatsache Rechnung, dass eine auf den Einzelfall abstellende rechnerische Bewertung des Betreuungsaufwands zumindest unzulänglich bliebe. Insbesondere [X.] Bedenken, den Geldwert der Betreuung, ähnlich wie im Schadensersatz-recht beim Ausfall von Leistungen der Hausfrau und Mutter, durch den Ansatz der Aufwendungen, die für die Besorgung vergleichbarer Dienste durch Hilfs-kräfte erforderlich sind, oder durch ähnliche Schätzungen zu ermitteln (vgl. [X.] vom 4. November 1987 - [X.] - FamRZ 1988, 159, 161). 16 - 8 - Denn gerade im Unterhaltsrecht ist eine Pauschalierung dringender erforderlich als im Schadensersatzrecht, weil es sich hier um ein Massenphänomen handelt und deswegen schon aus Gründen der Praktikabilität erleichterte Berechnungs-regeln für die gerichtliche Praxis notwendig sind. Die aus § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB abgeleitete Regel der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt gilt dabei für jedes Kindesalter bis hin zum Erreichen der Volljährigkeit. Letztlich hat sich auch das Berufungsgericht der von ihm verlangten kon-kreten Bemessung des [X.] verschlossen. Denn die [X.] sind aus mehreren Gründen für eine konkrete Bemessung des [X.] ungeeignet. Zum einen stellt das Berufungsgericht zu Unrecht darauf ab, dass die Großeltern den Wohnbedarf der Klägerin gedeckt haben. Darauf durfte es bei der Bemessung des [X.] schon deswegen nicht abstellen, weil der Wohnbedarf des Kindes nach ständiger Rechtsprechung des Senats von dem Barunterhalt nach der [X.] Ta-belle abgedeckt ist (Senatsurteil vom 26. Oktober 2005 - [X.] ZR 34/03 - [X.], 99, 101 m.w.N.). Außerdem hat das Berufungsgericht auch keine Fest-stellungen zum Umfang der weiteren Betreuungsleistungen der Großeltern ge-troffen, die eine konkrete Bewertung dieser Leistungen ermöglichen könnten. Stattdessen hat auch das Berufungsgericht letztlich einen pauschalen Ansatz gewählt, indem es von einem in seinen Leitlinien festgelegten Mindestbetrag für einen [X.] ausgegangen ist. 17 [X.]) Wegen der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt ent-lasten eigene Einkünfte des minderjährigen Kindes, z.B. durch Ausbildungsver-gütung, grundsätzlich beide Eltern zur Hälfte. Die Einkünfte des minderjährigen Kindes sind also - nach Abzug eines ausbildungsbedingten Mehrbedarfs - nur zur Hälfte auf den Barunterhalt zu verrechnen, während die andere Hälfte als 18 - 9 - Ausgleich für die Betreuungsleistungen des anderen Elternteils dient (Senatsur-teil vom 4. November 1987 aaO, 162; [X.]/[X.] aaO § 2 [X.]. 96 ff.). 19 cc) Im Einklang damit sieht § 1612 b Abs. 1 BGB bei minderjährigen [X.] eine hälftige Aufteilung des Kindergeldes auf den barunterhaltspflichtigen und den betreuenden Elternteil vor. Das staatliche Kindergeld nach den [X.] des [X.] und den §§ 62 ff. [X.] dient dem allgemeinen [X.]. Es ist eine öffentliche Sozialleistung, die den Eltern gewährt wird, um ihnen die [X.] gegenüber den Kindern zu erleichtern. Da mit dem Kindergeld die [X.] im Ganzen, also die [X.] aller [X.]spflichtigen, erleichtert werden soll, muss es unterhaltsrechtlich, wenn mehrere Personen zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, ohne Rücksicht darauf, wer öffentlich-rechtlich als [X.] bestimmt ist und wem das Kindergeld ausbezahlt wird, allen Unterhaltspflichtigen zugute kommen. Deswegen muss, wenn das Kindergeld an einen von mehreren Berechtigten gezahlt wird, unter mehreren Unterhaltspflichtigen ein Ausgleich stattfinden, wobei dieser entsprechend den Anteilen der Unterhaltspflichtigen an der Erfül-lung der Unterhaltspflicht vorzunehmen ist (Senatsurteil vom 26. Oktober 2005 - [X.] ZR 34/03 - [X.], 99, 101). Soweit das Gesetz in § 1612 b Abs. 1 BGB für minderjährige Kinder einen pauschal hälftigen Ausgleich des [X.] vorgesehen hat, geht es ebenfalls von einer Gleichwertigkeit des [X.] mit dem Betreuungsunterhalt aus. [X.]) Zwar sind auch in Fällen auswärtiger Unterbringung Ausnahmen von der Gleichwertigkeit des [X.] und des [X.] denkbar, etwa wenn [X.] ein besonders hoher Betreuungsbedarf be-steht oder wenn der Betreuungsbedarf im Einzelfall durch die Höhe der [X.] konkret feststeht. Dafür trägt aber derjenige Elternteil die [X.] und Beweislast, der sich auf einen solchen Ausnahmefall beruft 20 - 10 - ([X.]/[X.] aaO § 2 [X.]. 22; [X.]/[X.] aaO [X.]. 903; Göppin-ger/[X.]/[X.] aaO [X.]. 1546 ff., 1563). 21 3. Auf den gesamten Unterhaltsbedarf der Klägerin sind ihre Halbwaisen-rente und das Kindergeld in vollem Umfang anzurechnen. 22 a) Der Anspruch auf Verwandtenunterhalt setzt nach § 1602 Abs. 1 BGB die [X.] des Berechtigten voraus. Dieser Grundsatz ist für minderjährige unverheiratete Kinder durch § 1602 Abs. 2 BGB dahin einge-schränkt, dass sie den Stamm ihres Vermögens nicht anzugreifen brauchen. Eigenes Einkommen des Kindes mindert jedoch dessen [X.] und damit auch seinen Unterhaltsanspruch. Das gilt grundsätzlich für Einkom-men jeder Art, einschließlich der nicht subsidiären Sozialleistungen. [X.] ist auch die der Klägerin zustehende Halbwaisenrente in vollem Umfang auf ihren gesamten Unterhaltsbedarf anzurechnen (Senatsurteil vom 17. Sep-tember 1980 - [X.] - FamRZ 1980, 1109, 1111; [X.]/ [X.] aaO § 1 [X.]. 440). b) Daneben ist auf den vollen Unterhaltsbedarf der Klägerin auch ihr ge-samtes Kindergeld anrechenbar. Denn das Kindergeld wird als öffentliche Sozi-alleistung gewährt, um den Eltern die [X.] gegenüber ihren Kindern zu erleichtern. Ist nach dem Tode eines Elternteils der andere in vollem Umfang unterhaltspflichtig, dient das Kindergeld folglich allein seiner Entlastung, so dass es dann grundsätzlich in vollem Umfang auf den geschuldeten gesamten Unterhaltsbedarf anzurechnen ist. 23 Darauf, ob § 1612 b Abs. 5 BGB hier einer vollen Anrechnung des [X.] entgegensteht, soweit der [X.] nicht in der Lage ist, 135 % des [X.] zu leisten, kommt es nicht an. Denn selbst nach Abzug des [X.] Kindergeldes verbleibt ein Unterhaltsbedarf der Klägerin in Höhe von 24 - 11 - 208,39 • (538 • - 175,61 • - 154 •), der den beantragten monatlichen Unterhalt von 181 • sogar übersteigt. 25 4. Der [X.] ist in Höhe des von der Klägerin begehrten Unterhalts von monatlich 181 • auch leistungsfähig. Denn sein bereinigtes Einkommen belief sich nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts auf 490,25 • monatlich und reichte damit aus, um alle gleichrangigen Unterhaltsansprüche zu erfüllen. a) Von diesem verteilungsfähigen Einkommen sind im Rahmen des hier geschuldeten Kindesunterhalts neben den gleichrangigen Ansprüchen auf [X.] nur die Beträge abzuziehen, die der [X.] zusätzlich in monetärer Form schuldet. Das gilt allein für den Betreuungsunterhalt der Klägerin, den der [X.] - wie ausgeführt - neben dem Barunterhalt und in gleicher Höhe schuldet. Die persönliche Betreuung der Tochter [X.] wirkt sich auf die Berech-nung des Kindesunterhalts hingegen nicht aus, weil sie nicht in monetärer Form geschuldet ist. Insoweit wäre auch der Ansatz eines [X.] verfehlt, zumal der [X.] im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB verpflichtet ist, alle verfügbaren Mittel zu seinem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Soweit einem Unterhaltspflichtigen nach der Rechtsprechung des Senats wegen einer überobligationsmäßigen Erwerbstätigkeit neben der Kindeserziehung zusätzlich zu seinem Selbstbehalt ein bestimmter [X.] belassen werden kann (Senatsurteil vom 13. April 2005 - [X.] ZR 273/02 - [X.], 1154, 1156), beschränkt sich dieses auf die Bemessung des [X.]. 26 b) Von dem verfügbaren Betrag in Höhe von monatlich 490,25 • schulde-te der [X.] neben der Klägerin auch der weiteren Tochter [X.] und dem [X.] M. Unterhalt. Der ([X.] des [X.]es M. belief sich wegen des-sen eigener Einkünfte allerdings lediglich auf 22,50 • monatlich. Weil der [X.] 27 - 12 - außerdem im April 2002 volljährig geworden ist, war dieser Anspruch fortan nach § 1609 Abs. 1 BGB nachrangig und nicht mehr im Rahmen der [X.] gegenüber der Klägerin zu berücksichtigen. Der ([X.] der weiteren minderjährigen Tochter [X.] belief sich zunächst auf monatlich 151 • (Regelbetrag von 228 • abzüglich hälftigen Kindergeldes von 77 •) und ist erst zum August 2002 auf monatlich 192 • (Regelbetrag von 269 • abzüglich 77 •) angestiegen. Unter Berücksichtigung des von der Klägerin begehrten monatlichen [X.]s in Höhe von 181 • verblieben dem [X.]n nach Abzug des [X.] und aller finanziell zu erbringenden Unterhaltsleistungen sogar monat-lich für die [X.] bis April 2002 135,75 • (490,25 • - 22,50 • - 151 • - 181 •), für die [X.] von Mai bis Juli 2002 158,25 • (490,25 • - 151 • - 181 •) und für die [X.] ab August 2002 117,25 • (490,25 • - 192 • - 181 •). Damit reicht das ver-teilungsfähige Einkommen des [X.]n aus, um den Barunterhalt aller gleich-rangigen Unterhaltsberechtigten und den zusätzlich monetär geschuldeten Betreuungsunterhalt für die Klägerin zu erfüllen. 28 5. Entgegen der Auffassung des [X.]n belastet der pauschal nach der Höhe des [X.] bemessene Betreuungsunterhalt ihn auch nicht in unzumutbarer Weise. Seit dem Tod seiner Ehefrau schuldete der [X.] der Klägerin zwar zusätzlich Betreuungsunterhalt, der hier [X.] wie der Barunterhalt - in Höhe des [X.] von 269 • monatlich zu bemessen ist. Auf diesen zusätzlichen Unterhaltsbedarf ist aber die Halbwaisenrente von monatlich 175,61 • anrechenbar, die der Klägerin seit dem Tod ihrer Mutter zusteht ([X.] vom 17. September 1980 aaO). Zieht man von dem Bedarf auf Betreuungsunterhalt zusätzlich das hälftige Kindergeld mit monatlich 77 • ab, verbleibt eine zusätzliche Unterhaltspflicht des [X.]n von lediglich 16,39 • (269 • - 175,61 • - 77 •) monatlich. Nur diesen Betrag hat der [X.] infolge 29 - 13 - des Todes seiner geschiedenen Ehefrau zusätzlich zu dem von ihm geschulde-ten und um das hälftige Kindergeld geminderten Barunterhalt aufzubringen. [X.] [X.] Bundesrichter [X.] ist

urlaubsbedingt an der

Unterschrift verhindert.

[X.] Vézina [X.]
Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 15.10.2003 - 33 F 7/03 - OLG [X.], Entscheidung vom 26.05.2004 - 11 UF 183/03 -

Meta

XII ZR 138/04

30.08.2006

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.08.2006, Az. XII ZR 138/04 (REWIS RS 2006, 2037)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2037

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