Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.07.2015, Az. 3 StR 195/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 8602

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Gegenstand

Notwendige Begründung der Verhängung einer Jugendstrafe: Annahme schädlicher Neigungen; Schuldschwere


Tenor

1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. Februar 2015 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zur Jugendstrafe von zehn Monaten mit Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die auf die Sachbeschwerde gebotene umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.

3

2. [X.] kann allerdings nicht bestehen bleiben. Das [X.] hat auf die zur Tatzeit 19 Jahre und sieben Monate alte Angeklagte zwar rechtsfehlerfrei Jugendstrafrecht angewandt (§ 105 Abs. 1 Nr. 1 [X.]), indes die Annahme, die Verhängung von Jugendstrafe sei wegen der bei der Angeklagten vorhandenen schädlichen Neigungen und der Schwere ihrer Schuld erforderlich im Sinne von § 17 Abs. 2 [X.], nicht rechtsfehlerfrei begründet.

4

a) Das [X.] hat bei der zu beiden Alternativen des § 17 Abs. 2 [X.] vorzunehmenden Gesamtwürdigung nicht berücksichtigt, dass die Angeklagte nach den Feststellungen eine komplexe Persönlichkeitsstörung mit histrionischen und [X.] aufweist. Dies gilt gleichermaßen dafür, dass die Tat im Zusammenhang mit einer längeren, konfliktbeladenen Liebesbeziehung zu dem Geschädigten stand und dieser durch seine Äußerung in einem Telefonat mit einer anderen Frau der Angeklagten aktuell Anlass zur Eifersucht gab, die nach den Feststellungen zur Tat führte.

5

b) Im Übrigen hat das [X.] zur Begründung der Annahme, die Angeklagte weise schädliche Neigungen auf, auch eine Körperverletzung zum Nachteil einer Mitschülerin herangezogen, von deren Verfolgung im Januar 2013, mithin rund zwei Jahre vor der Hauptverhandlung in der vorliegenden Sache, gemäß § 45 [X.] abgesehen worden ist. Insofern hat es - bis auf die objektive Tathandlung - keine näheren Umstände dieser Tat mitgeteilt und damit nicht belegt, dass aus dieser auf schädliche Neigungen der Angeklagten geschlossen werden kann.

6

[X.] hat das [X.] unter anderem damit begründet, dass die Angeklagte auch ein spitzes, scharfes Messer verwendet und dann weit größeren Schaden angerichtet hätte, sofern ein solches am [X.] vorhanden gewesen wäre. Diese rein hypothetische Erwägung kann hier zur Begründung der Schuldschwere im Sinne von § 17 Abs. 2 Alt. 2 [X.], die sich aus dem Gewicht der konkreten Tat und der persönlichkeitsbegründeten Beziehung des [X.] zu dieser bemisst (vgl. [X.]/Dölling, [X.], 12. Aufl., § 17 Rn. 14), nicht herangezogen werden.

7

c) Das Urteil beruht auf den festgestellten [X.]; denn es ist nicht auszuschließen, dass das [X.] andernfalls auf eine mildere Rechtsfolge erkannt hätte.

8

Die Sache bedarf daher zum Strafausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung.

[X.]                        [X.]

                 [X.][X.]

Meta

3 StR 195/15

07.07.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Kleve, 24. Februar 2015, Az: 170 KLs 13/14

§ 17 Abs 2 Alt 2 JGG, § 45 JGG, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.07.2015, Az. 3 StR 195/15 (REWIS RS 2015, 8602)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8602

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