Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.01.2014, Az. XI ZR 42/13

11. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8369

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Gegenstand

Bankenhaftung aus Anlageberatung: Anrechnung steuerlicher Vorteile auf einen gegen die beratende Bank gerichteten Schadensersatzanspruch; Berechnung des Gegenstandswerts bei zu Unrecht angenommener Steuervorteilein der Vorinstanz


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 20. Dezember 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Ziffer 1 in Höhe von 7.507,96 € nebst Zinsen und in Ziffer 5 in Höhe von 119,12 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist. Das Urteil wird in diesen Ziffern wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 66.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Mai 2010 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.880,20 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Mai 2010 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 37 des [X.] vom 20. Juni 2011 wird zurückgewiesen. Die Hilfswiderklage der Beklagten bleibt abgewiesen.

Die weitergehende Revision des [X.] wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung seiner Beteiligung an der                  [X.] (im Folgenden: [X.]) in Anspruch. Zwischen den Parteien steht nur noch im Streit, ob sich der Kläger auf den ihm zustehenden Schadensersatzanspruch steuerliche Vorteile anrechnen lassen muss.

2

Der Kläger zeichnete am 12. Dezember 2002 nach vorheriger Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten eine Beteiligung an [X.] im Nennwert von 120.000 € zuzüglich eines Agios in Höhe von 3.600 €. Hiervon zahlte er entsprechend dem Fondskonzept nur 55% der Nominaleinlage, d.h. 66.000 €, und das Agio ein, wobei ihm dieses später zurückerstattet wurde. Der Rest der Einlage sollte nach § 4 Ziff. 4 des [X.]svertrags "aus erwirtschafteten Gewinnen der [X.] nach näherer Bestimmung durch die Komplementärin geleistet werden, wobei sich der auf die Kommanditeinlage zu leistende Betrag nach dem dem jeweiligen Kommanditisten gemäß § 15 Ziff. 1 zuzuweisenden Gewinn abzüglich der hierauf entfallenden persönlichen Einkommensteuer [X.] Solidaritätszuschlag" bestimmen sollte; nach § 15 Ziff. 2 haben die Kommanditisten "Anspruch auf Ausschüttung eines Betrages, der erforderlich ist, um die auf ihre Beteiligung an der [X.] entfallende persönliche Einkommensteuer [X.] Solidaritätszuschlag zu bezahlen, sofern … liquide Mittel vorhanden sind". Abweichend hiervon kann die Komplementärin die noch ausstehende Kommanditeinlage auch sofort verlangen, wenn "dies nach ihrem Ermessen aufgrund von Liquiditätsengpässen oder Zahlungsschwierigkeiten der [X.] erforderlich" gewesen wäre.

3

In den folgenden Jahren wurden der Einkommensbesteuerung des [X.] in Bezug auf [X.] für die Jahre 2002 und 2003 anteilige Verluste in Höhe von 106.817 € und 1.447 € sowie für die Jahre 2004 bis 2008 anteilige Gewinne in Höhe von insgesamt 42.015,88 € zugrunde gelegt.

4

Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Beklagten unter Berufung auf mehrere Aufklärungs- und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Übertragung der Beteiligung an [X.], Rückzahlung des investierten Kapitals in Höhe von 66.000 € zuzüglich entgangenen Zinsgewinns und Verzugszinsen sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen weiteren steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen aus der Beteiligung an [X.] freizustellen. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten hinsichtlich der Übertragung der Beteiligung an [X.] sowie den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.429,58 € nebst [X.]. Das [X.] hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben und die von der Beklagten erhobene Hilfswiderklage auf Feststellung, dass der Kläger verpflichtet ist, an sie alle von ihm im Zusammenhang mit der Fondsbeteiligung erzielten steuerlichen Vorteile herauszugeben, abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage in Höhe anzurechnender Steuervorteile von 7.507,96 € und hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.668,50 € abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision ist im Wesentlichen begründet und führt bis auf einen Teil der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ([X.], 1177), soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

7

Dem Kläger stehe gegen die Beklagte zwar ein Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung der Fondsbeteiligung zu, weil diese ihre vertragliche Pflicht zur Aufklärung über eine erhaltene Vertriebsprovision schuldhaft verletzt habe. Auf diesen Anspruch müsse er sich aber die von ihm erzielten Steuervorteile aus der Beteiligung an [X.] anrechnen lassen.

8

Eine Anrechnung von Steuervorteilen im Wege der Vorteilsausgleichung komme zwar grundsätzlich nicht in Betracht, wenn die Rückabwicklung des [X.] zu einer Besteuerung führe, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nehme. Etwas anderes gelte nach der Rechtsprechung des [X.] aber dann, wenn der Schädiger Umstände darlege, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung außergewöhnlich hohe Steuervorteile verblieben oder er gar [X.] erhalten habe, die über seine Einlageleistung hinausgegangen seien. So liege der Fall hier. Die Schadensersatzleistung sei zwar als Betriebseinnahme zu versteuern. Aufgrund der Konstruktion des Fonds habe der Kläger aber für das [X.] eine Verlustzuweisung in Höhe von 92% der Nominaleinlage erhalten, während als Anlagebetrag nur 55% der Nominaleinlage zuzüglich 3% Agio zu leisten gewesen seien. Damit müsse nach der Rechtsprechung des [X.] von außergewöhnlichen Steuervorteilen gesprochen werden. Dies sei auch konsequent, beruhe doch die Rechtsprechung des [X.] auf der Grundannahme, dass sich die das zu versteuernde Einkommen senkenden [X.] und die das zu versteuernde Einkommen erhöhende Schadensersatzleistung in etwa die Waage hielten. Überschritten die [X.] bezogen auf den Anlagebetrag jedoch die 100%-Grenze, sei diese Annahme erschüttert. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Nachschusspflicht gemäß § 4 Ziff. 4 des Gesellschaftsvertrags, weil diese nur im Falle von [X.] des Fonds eingreife.

9

Seien - wie hier - Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Geschädigte außergewöhnliche Steuervorteile erlangt habe, sei eine konkrete Berechnung vorzunehmen. Diese beinhalte eine Gegenüberstellung der erzielten Steuervorteile und der zu erwartenden Steuernachteile. Die Darlegungs- und Beweislast für die vom Geschädigten erzielten Vorteile trage die Beklagte. Den Anleger treffe lediglich eine sekundäre Behauptungslast, der der Kläger durch Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2008 nachgekommen sei. Demgegenüber habe er für seine von der Beklagten bestrittene Behauptung, im Jahr 2009 eine weitere Gewinnzuweisung von 1.128,53 € erhalten und aufgrund dessen eine Steuernachzahlung von 522,55 € geleistet zu haben, keine Unterlagen vorgelegt, so dass dieses Vorbringen nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden könne. Unter Zugrundelegung der mitgeteilten Gewinn- und [X.] und der aus den vorgelegten Steuerbescheiden ersichtlichen Spitzensteuersätze ergebe sich für die Jahre 2002 bis 2008 ein saldierter Steuervorteil von 34.162,78 €. [X.] man diesen Steuervorteil im Wege der Vorteilsausgleichung von der Klageforderung von 66.000 € ab, errechne sich ein Betrag von 31.837,22 €. Da der Kläger den ausgeurteilten Betrag zu versteuern habe, ihm aber nach Abzug der Steuern der Betrag von 31.837,22 € verbleiben müsse, belaufe sich der [X.] im Hinblick auf seine steuerliche Gesamtbelastung aus Einkommensteuersatz, [X.] und Kirchensteuer von insgesamt 45,57% auf 58.492,04 €. Der weitergehende Anspruch sei daher unbegründet.

Daneben stehe dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten als Verzugsschaden zu. Hierfür sei jedoch nur ein Gegenstandswert von bis zu 65.000 € maßgebend, so dass er nur einen Betrag von 1.761,08 € verlangen könne.

Die [X.] sei nur für den Fall erhoben, dass keine Anrechnung von Steuervorteilen erfolge, so dass darüber nicht mehr zu entscheiden sei.

II.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht Steuervorteile in Höhe von 7.507,96 € anspruchsmindernd berücksichtigt.

a) Im Ansatzpunkt zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ersparte Steuern grundsätzlich im Rahmen der Vorteilsausgleichung auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen sind, eine solche Anrechnung aber nicht in Betracht kommt, wenn die Schadensersatzleistung ihrerseits zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt (vgl. nur [X.], Urteile vom 18. Dezember 1969 - [X.], [X.]Z 53, 132, 134; vom 22. März 1979 - [X.], [X.]Z 74, 103, 114; vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 35 f. und vom 1. März 2011 - [X.], [X.], 740 Rn. 8; jeweils mwN). Da das Gericht über die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu entscheiden hat (§ 287 Abs. 1 ZPO) und eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit der hypothetischen Vermögenslage angesichts der vielfältigen Besonderheiten der konkreten Besteuerung häufig einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, müssen in der Regel keine Feststellungen dazu getroffen werden, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der Schadensersatzleistung auswirkt ([X.], Urteile vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 36 f. und vom 1. März 2011 - [X.], [X.], 740 Rn. 8; jeweils mwN). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schädiger Umstände darlegt, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung derart außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen (st. Rspr., vgl. nur [X.], Urteile vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 36 f., 45 f.; vom 1. März 2011 - [X.], [X.], 740 Rn. 9 und vom 23. April 2012 - [X.], [X.], 1293 Rn. 43). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen anrechenbarer außergewöhnlicher Steuervorteile trägt der Schädiger ([X.], Urteile vom 31. Mai 2010 - [X.], [X.], 1310 Rn. 26; vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 45 und vom 23. April 2012 - [X.], [X.], 1293 Rn. 44).

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] gelten für die Anrechnung von Steuervorteilen auf einen Schadensersatzanspruch des Weiteren auch die übrigen allgemeinen Grundsätze der Vorteilsausgleichung. Danach sind nur solche Vorteile schadensmindernd zu berücksichtigen, die in einem adäquat-ursächlichen Zusammenhang mit dem Schadensereignis stehen und deren Anrechnung dem Zweck des Schadensersatzes entspricht sowie weder den Geschädigten unzumutbar belasten noch den Schädiger unbillig entlasten (vgl. nur [X.], Urteile vom 22. März 1979 - [X.], [X.]Z 74, 103, 113 f.; vom 19. Juni 2008 - [X.], [X.], 1757 Rn. 6 f. und vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 35 mwN). Eine Vorteilsanrechnung ist daher nicht mit dem Zweck des Schadensersatzes vereinbar, soweit die unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung verbleibenden Steuervorteile ihre Ursache in einer Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 oder Abs. 3 [X.] haben. Die Tarifermäßigung wird vielmehr dem Steuerpflichtigen aus besonderem Anlass gewährt und darf den Schädiger nicht entlasten ([X.], Urteile vom 22. März 1979 - [X.], [X.]Z 74, 103, 114, 116; vom 27. Juni 1984 - [X.], [X.], 1075, 1078 und vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 52 mwN). Soweit Steuervorteile aus einer Absenkung des allgemeinen (Spitzen-)Steuersatzes resultieren, sind ebenfalls keine Gründe ersichtlich, weshalb diese - nach dem Willen des Gesetzgebers allen Steuerpflichtigen gleichermaßen zugutekommende - Vergünstigung den Schädiger entlasten soll ([X.], Urteile vom 31. Mai 2010 - [X.], [X.], 1310 Rn. 28 ff.; vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 53 und vom 18. Dezember 2012 - [X.], [X.], 211 Rn. 10). Schließlich weisen Steuervorteile, die ihren Grund in einem gesunkenen persönlichen Steuertarif aufgrund einer veränderten Einkommenssituation des Geschädigten haben, keinen inneren Bezug zu der in Rede stehenden Schädigungshandlung auf und können den Schädiger daher ebenfalls nicht entlasten ([X.], Urteil vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 40, 54).

Aufgrund dessen scheidet auch die Berücksichtigung der Vorteile einer Anwendung von § 16 Abs. 4 [X.] aus, der bei einer Veräußerung des Betriebs ab Erreichen einer bestimmten Altersgrenze und im Falle der Berufsunfähigkeit eine Steuervergünstigung vorsieht. Der Freibetrag des § 16 Abs. 4 [X.] bezweckt, Gewinne aus der Veräußerung kleinerer Betriebe aus [X.] Gründen steuerlich zu entlasten ([X.]. 303/83, [X.]; [X.], [X.] 1976, 360, 362; Gänger in [X.]/[X.], [X.], Stand Juli 2008, § 16 Rn. 244a; [X.]/Wacker, [X.], 32. Aufl., § 16 Rn. 577). Diese Steuervergünstigung wird dem Steuerpflichtigen daher aus besonderen persönlichen Gründen gewährt, was dem Schädiger nicht zugutekommen kann. Zudem wird diese Steuervergünstigung dem Berechtigten nur einmalig eingeräumt. Dem Vorteil aus dem Freibetrag stünde daher der Nachteil aus dem Verlust dieser Steuervergünstigung für andere in Zukunft gegebenenfalls anfallende Veräußerungs- oder [X.] gegenüber. Eine Obliegenheit des Geschädigten, diesen Vorteil zugunsten des Schädigers endgültig aufzugeben, besteht nicht (vgl. [X.], Urteil vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 52 zu § 34 Abs. 3 [X.]). Dagegen spricht auch die Wertung des § 249 Abs. 1 BGB. Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution hat der Geschädigte Anspruch auf Herstellung des Zustands, der ohne das schädigende Ereignis bestünde. Dem geschädigten Anleger muss daher die Möglichkeit, von § 16 Abs. 4 [X.] Gebrauch zu machen, erhalten bleiben (so auch [X.], [X.], 1601, 1605; [X.], Urteil vom 20. Juli 2012 - 23 U 135/11, Umdruck S. 15, n.v.; [X.], Urteil vom 26. März 2012 - 17 U 3089/11, Umdruck S. 12 f., n.v. und Beschluss vom 26. Juni 2012 - 19 U 1048/12, Umdruck S. 5, n.v.; [X.], DStR 1981, 366, 369).

c) Hat der geschädigte Anleger [X.] steuermindernd geltend gemacht, sind nach der Rechtsprechung des [X.], unabhängig von deren Höhe, außergewöhnliche Steuervorteile zu verneinen, wenn der Anleger in Folge der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung dieselben Beträge zu versteuern hat, auf deren Grundlage er zuvor Steuervorteile erlangt hat ([X.], Urteil vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 55). Zu berücksichtigen sind insoweit nicht lediglich die erstmalige Verlustzuweisung einerseits und die Besteuerung der Rückabwicklung andererseits, sondern darüber hinaus auch sämtliche weiteren steuerwirksamen Gewinn- und Verlustanteile des Anlegers während der Dauer seiner Beteiligung ([X.], Urteil vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 50). Dazu gehören auch steuerliche Nachteile, die dem geschädigten Anleger im Zusammenhang mit der Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung vorgesehenen Übertragung der Kapitalanlage entstehen (vgl. [X.], Urteile vom 22. März 1979 - [X.], [X.]Z 74, 103, 114; vom 6. November 1989 - [X.], [X.], 1925 f.; vom 17. November 2005 - [X.], [X.], 174, 175 und vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 36; jeweils mwN). Solche Nachteile können insbesondere durch die - mit der Übertragung der Fondsbeteiligung verbundene - "Übernahme" eines negativen [X.] durch den Schädiger entstehen, weil der Anleger hierdurch einen Gewinn erzielt, den er versteuern muss (vgl. [X.], Urteile vom 22. März 1979 - [X.], [X.]Z 74, 103, 114; vom 9. Dezember 1987 - [X.], [X.], 220, 221 und vom 6. November 1989 - [X.], [X.], 1925 f.; jeweils mwN; vgl. auch [X.]E 132, 244, 255 f.; [X.], [X.] 1981, 795, 798).

Ein negatives Kapitalkonto entsteht bei [X.] der vorliegenden Art, bei denen die Anleger Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen und damit der Einkommensbesteuerung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] unterliegen (vgl. [X.], Urteile vom 22. März 1979 - [X.], [X.]Z 74, 103, 114 f.; vom 9. Dezember 1987 - [X.], [X.], 220, 221; vom 6. November 1989 - [X.], [X.], 1925, 1926; vom 14. Januar 2002 - [X.]/00, [X.], 813, 815 und vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 50; vgl. auch [X.], [X.] 1993, 96, 97, [X.] 1994, 564, 565 und [X.] 2000, 424, 428), in erster Linie durch die anfänglichen [X.]. Es kann sich durch weitere im laufenden Geschäftsbetrieb anfallende Verluste weiter erhöhen, aber auch - wie nach der vorliegenden Fondskonzeption - durch nicht ausgeschüttete Gewinne wieder verringern und sogar positiv werden.

Die Übertragung des Fondsanteils ist für den geschädigten Anleger ein steuerbarer Vorgang, der im Fall eines negativen [X.] zu einem Gewinn führt, den er versteuern muss. Denn für den Anleger ergibt sich ein - zu versteuernder - Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] in Höhe des Betrages, um den der Veräußerungspreis (nach Abzug der Veräußerungskosten) den Buchwert übersteigt. Im Ergebnis ist dies hier die vom Schädiger zu zahlende Schadensersatzleistung zuzüglich des von diesem übernommenen negativen [X.] (vgl. [X.], [X.] 1989, 563, 564; [X.] 2010, 631 Rn. 33; [X.], [X.], 1837, 1838; [X.], [X.], 6, 9; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.] und [X.], Stand Februar 2013, § 16 [X.] Rn. 412, 425; [X.] in Kirchhof, [X.], 12. Aufl., § 16 Rn. 154; [X.]/Wacker, [X.], 32. Aufl., § 15a Rn. 215 f.; zum Buchwert des [X.] siehe auch [X.]/N[X.]007, 37, 38; [X.]/N[X.]010, 2056 Rn. 48; [X.], [X.], 1837 f.; [X.], [X.], 622, 623; zur Berücksichtigung des [X.] als Anschaffungskosten siehe [X.], [X.] 1980, 499, 500; [X.] 2001, 24, 26; [X.] 2006, 847, 850; Finanzgericht des [X.], Urteil vom 13. Februar 1981 - I 432/78, juris Rn. 24; Bundesminister der Finanzen, [X.], 283). Die Besteuerung des negativen [X.] im Rahmen der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung ist Folge der früheren Verlustzurechnung (vgl. [X.], [X.] 1981, 795, 798; [X.]/N[X.]006, 11 f.; vgl. auch [X.], Urteil vom 9. Dezember 1987 - [X.], [X.], 220, 221). Der dem Anleger ursprünglich zugeflossene Steuervorteil wird dadurch gleichsam wieder rückgängig gemacht ([X.], Urteil vom 22. März 1979 - [X.], [X.]Z 74, 103, 114).

Ist dagegen das Kapitalkonto des Anlegers trotz der anfänglichen [X.] bei Übertragung des Fondsanteils nicht mehr negativ, weil dort in der Zwischenzeit nicht ausgeschüttete Gewinne angefallen sind, haben diese Gewinne in den betreffenden [X.] bei dem Anleger einkommenserhöhend gewirkt und die zuvor steuerrechtlich einkommensmindernd angesetzten Verluste insoweit kompensiert (vgl. [X.], Urteil vom 9. Dezember 1987 - [X.], [X.], 220, 221). Für eine Anrechnung der Steuervorteile aus den [X.] bleibt dann kein Raum. Im Fall eines positiven [X.] hat der Anleger nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] die Schadensersatzleistung zwar nur unter Abzug des (positiven) [X.] des übertragenen Fondsanteils zu versteuern (vgl. [X.], Urteil vom 6. November 1989 - [X.], [X.], 1925, 1926; [X.]/Wacker, [X.], 32. Aufl., § 16 Rn. 310, 463 mwN); auch dadurch erlangt der Anleger aber in schadensrechtlicher Hinsicht aus der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung keinen Vorteil, weil er zuvor die Gewinne versteuern musste.

d) Nach diesen Maßgaben hat das Berufungsgericht hier zu Unrecht anrechenbare außergewöhnliche Steuervorteile angenommen.

aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann für die Frage des Vorliegens eines außergewöhnlichen Steuervorteils nicht isoliert auf einen Vergleich zwischen der Verlustzuweisung für 2002, die sich nach seinen Feststellungen auf 92% des Nominalwerts des [X.] belief, und der tatsächlichen Einlageleistung von 55% zuzüglich 3% Agio abgestellt werden, so dass die Verlustzuweisung unter Berücksichtigung des [X.] rechnerisch mehr als 158% der Eigenleistung und ohne Berücksichtigung des hier zurückerstatteten [X.] sogar 164% der Eigenleistung betragen würde. Vielmehr ist - wie oben dargelegt - eine Gesamtbetrachtung sämtlicher steuer- und schadensrechtlich relevanter Zahlungsströme vorzunehmen.

Danach unterliegt die von der Beklagten geschuldete Schadensersatzleistung beim Kläger der Einkommensbesteuerung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], weil er aus der Beteiligung an [X.], einem Medienfonds, Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Ob die Rückabwicklung der Fondsbeteiligung die Voraussetzungen einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. Abs. 3 Satz 1 [X.] erfüllt, kann dahinstehen. Die Steuerbarkeit der Ersatzleistung ergibt sich bereits aus den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften; § 16 [X.] hat insoweit lediglich klarstellende Funktion ([X.], [X.] 1989, 543, 544; [X.]/Wacker, [X.], 32. Aufl., § 16 Rn. 6).

Daneben stellt auch die im Rahmen der Rückabwicklung der Fondsbeteiligung erfolgende "Übernahme" eines - etwaigen - negativen [X.] durch die Beklagte einen steuerpflichtigen Gewinn nach § 16 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 [X.] dar, wodurch der dem Kläger insoweit ursprünglich zugeflossene Steuervorteil aus den [X.] wieder rückgängig gemacht wird. Ob und in welcher Höhe vorliegend (noch) ein negatives Kapitalkonto besteht, hat das Berufungsgericht zwar nicht festgestellt und lässt sich auch dem Vorbringen der Parteien nicht entnehmen. Darauf kommt es aber - wie oben dargelegt - nicht an. Umstände, aus denen sich vorliegend ausnahmsweise etwas anderes ergeben könnte, hat die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht vorgetragen. Insbesondere ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung nichts anderes aus dem Umstand, dass die [X.] in den Jahren 2002 und 2003 von insgesamt 108.264 € die Einlageleistung des [X.] in Höhe von 66.000 € erheblich übersteigen. Ein dadurch entstandener und gegebenenfalls noch bestehender negativer Kapitalsaldo des [X.] unterläge, wie die Revision zu Recht geltend macht, als Teil des Veräußerungsgewinns der Besteuerung, wodurch der (noch bestehende) steuerliche Vorteil aus den [X.] kompensiert würde.

bb) Soweit sich das Berufungsgericht auf Entscheidungen des [X.] stützt, in denen ein außergewöhnlicher Steuervorteil jedenfalls dann in Betracht gezogen worden ist, wenn die Verlustzuweisung über die Einlageleistung hinausgeht, d.h. 100% der Einlageleistung übersteigt (vgl. [X.], Urteile vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 55 und vom 1. März 2011 - [X.], [X.], 740 Rn. 9; siehe ferner [X.], Urteile vom 27. Juni 1984 - [X.], [X.], 1075, 1078 und vom 12. Februar 1986 - [X.], [X.], 517, 520), sind diese Entscheidungen vorliegend nicht einschlägig. Dort hat sich der [X.] nicht damit befasst, ob und inwieweit ein - aufgrund einer nicht vollständigen Einzahlung der Einlage und einer damit einhergehenden über der tatsächlichen Einzahlung liegenden Verlustzuweisung entstandenes - negatives Kapitalkonto zu berücksichtigen ist (vgl. etwa [X.], Urteile vom 27. Juni 1984 - [X.], [X.], 1075, 1078 und vom 12. Februar 1986 - [X.], [X.], 517, 520). Dies ist indes - wie oben ausgeführt - hier zu bejahen.

2. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten hat die Revision nur teilweise Erfolg. Der dem Grunde nach außer Streit stehende Anspruch des [X.] aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB besteht nur in Höhe von 1.880,20 €. Der für die Berechnung der Anwaltskosten maßgebliche Gegenstandswert ist um die vom Berufungsgericht zu Unrecht angerechneten Steuervorteile zu erhöhen und beträgt damit - auch unter Berücksichtigung der weiteren geltend gemachten Ansprüche, soweit sie für den Gegenstandswert von Bedeutung sind - bis zu 80.000 €. Soweit das Berufungsgericht eine 1,3-fache Gebühr angesetzt hat, ist dies nicht zu beanstanden und von der Revision auch nicht angegriffen worden.

3. Die [X.], über die das Berufungsgericht aus seiner Sicht folgerichtig nicht entschieden hat, ist vom [X.] zu Recht abgewiesen worden.

Nach der Rechtsprechung des [X.] kommt zwar ein Anspruch des Schädigers auf Herausgabe der dem Geschädigten zukünftig zufließenden anrechenbaren Vorteile, die bei der Bemessung des [X.] noch nicht berücksichtigt werden konnten, in Betracht ([X.], Urteil vom 23. April 2012 - [X.], [X.], 1293 Rn. 41 f.). Ein solcher Anspruch steht der Beklagten hier jedoch nicht zu. Aufgrund der pauschalierenden Betrachtungsweise bei der Bemessung des [X.] scheidet eine "Herausgabe" steuerlicher Vorteile, die der Anleger aus seiner Beteiligung an einem Filmfonds erlangt hat, aus, wenn die entsprechende Ersatzleistung - wie hier - ihrerseits der Besteuerung unterworfen ist (vgl. [X.], Urteil vom 23. April 2012 - [X.], [X.], 1293 Rn. 43). Weitergehende Ansprüche der einen oder der anderen Partei des Abwicklungsschuldverhältnisses bestehen auch dann nicht, wenn und sobald eine endgültige Gegenüberstellung der steuerlichen Vor- und Nachteile möglich ist, weil es sich insoweit um einzelne Elemente des einheitlich zu behandelnden Rückabwicklungsanspruchs des [X.] handelt, über deren Bestehen oder Nichtbestehen bereits mit der Klage zu entscheiden ist (vgl. [X.], Urteil vom 23. April 2012 - [X.], [X.], 1293 Rn. 40). Die gegenteilige Auffassung würde dem Zweck der pauschalisierenden Betrachtungsweise, dem Zivilgericht unter Außerachtlassung der vielfältigen Besonderheiten der konkreten Besteuerung zu ermöglichen, einmalig und abschließend über den Ersatzanspruch zu entscheiden (vgl. [X.], Urteil vom 15. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 205 Rn. 36 f., 39), zuwiderlaufen. Die Herausgabe dieser Vorteile durch den Anleger hätte insbesondere steuerrechtliche Auswirkungen, die wiederum zivilrechtlich nachvollzogen werden müssten (vgl. [X.], Urteil vom 18. Dezember 1969 - [X.], [X.]Z 53, 132, 138). Damit zwangsläufig einhergehende Unschärfen sind im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO hinzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 16. Dezember 1963 - [X.], [X.], 589). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger in Zukunft noch derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielen wird, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen (vgl. [X.], Urteil vom 23. April 2012 - [X.], [X.], 1293 Rn. 43 f. mwN). Die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat indes - wie oben dargelegt - keinen dahingehenden Vortrag gehalten.

III.

Das Berufungsurteil ist demnach - unter Zurückweisung der weitergehenden Revision - in Höhe der vom Berufungsgericht angerechneten Steuervorteile und in Höhe weiterer 119,12 € ersatzfähiger vorgerichtlicher Anwaltskosten aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). In Höhe der genannten Beträge ist die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen und das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Die [X.] bleibt abgewiesen.

[X.]                    [X.]                    Maihold

                Matthias                       Menges

Meta

XI ZR 42/13

28.01.2014

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 20. Dezember 2012, Az: 8 U 148/11, Urteil

§ 249 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 280 Abs 2 BGB, § 286 BGB, § 15 EStG, § 16 Abs 4 EStG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.01.2014, Az. XI ZR 42/13 (REWIS RS 2014, 8369)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8369

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