Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2017, Az. 1 StR 33/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 6235

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:230817B1STR33.17.0

BUN[X.]SGERICHT[X.]OF

BESCHLUSS
1
StR 33/17

vom
23. August
2017
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen Steuerhinterziehung

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 23.
August
2017 gemäß §
349 Abs.
4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24.
Oktober 2016 mit den Feststel-lungen aufgehoben.
2.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirt-schaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten jeweils wegen Steuerhinterzie-hung
in sechs tateinheitlichen Fällen schuldig gesprochen. Den Angeklagten B.

hat es deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Den Angeklagten S.

hat es unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer anderweitigen Verurteilung zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von drei Jahren verurteilt, von der zwei Monate als vollstreckt gelten. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel ha-ben in vollem Umfang Erfolg.
1
-
3
-
I.
Nach den Feststellungen
handelte es sich bei den Angeklagten um den Generaldirektor (B.

) und den Einkaufsleiter (S.

) der in den [X.] ansässigen Firma P.

. Ende des Jahres 2009 nahmen die Angeklagten Kontakt zu dem Zeugen R.

auf,
der wie sie seit Jahren in der
Altmetall-
und Schrotthandelsbranche tätig war und in [X.] lebte. R.

hatte gute Kontakte zu Mitarbeitern von [X.] Großabnehmern, die Altmetallbestände aufkauften. Um Umsatzsteuer hinterziehen zu können, ver-einbarten die Angeklagten mit R.

Die Angeklagten wollten in [X.] über die Firma P.

Kupfer in großen Mengen kaufen und an einen Großabnehmer in [X.] veräußern. Ein direkter Verkauf in [X.] kam für sie nicht in Betracht, weil die Marktpreise für Kupfer in [X.] höher lagen als die Nettoeinkaufspreise in [X.]. Das Kupfer sollte daher zum Schein zunächst an ein Unternehmen in [X.] verkauft werden. Der Geschäfts-

nach den [X.] und preislichen Vorgaben der Angeklagten

an einen [X.] Groß-abnehmer herantreten und das Kupfer im Namen des Scheinunternehmens verkaufen. Dieser [X.] sollte vorgeschoben werden, damit der Großabnehmer nicht nur die Nettopreise, sondern

wie bei jedem [X.] Handelsgeschäft

auch die Umsatzsteuer ausbezahlt. Die Angeklagten und der Zeuge R.

wussten, dass die von dem Großabnehmer ausbezahl-ten Nettopreise zuzüglich Umsatzsteuer höher lagen als die Einkaufspreise in eine ordnungsgemäße Versteuerung der Umsätze und Abführung der Umsatz-steuer nicht erfolgten. Denn die Angeklagten benötigten einen Teil der Umsatz-2
3
-
4
-
steuer, um die Kosten des Einkaufs des Kupfers in [X.] zu [X.], weil der Einkaufspreis über dem Nettoeinkaufspreis des Erwerbers in [X.] lag. R.

und einen Strohmann kümmern; die Geschäfte dieses Unternehmens wollten die Angeklagten und R.

dann gemeinsam, aber arbeitsteilig lenken. Über die Aufteilung der [X.], die vom Großabnehmer in [X.] ge-zahlt wurden, trafen
die Angeklagten mit R.

folgende Vereinbarung: [X.] und zwei Drittel des auf die Umsatzsteuer entfallenden [X.] sollten an die Angeklagten zurückfließen, um den Einkauf des Kupfers in [X.] finanzieren zu können. Das
restliche Drittel der ausbezahlten Umsatzsteuer sollte unter den Angeklagten einerseits und R.

andererseits hälftig aufgeteilt werden.
In Umsetzung dieses Modells fanden von Februar bis Mai 2010 zunächst Kupferlieferungen über die

St.

GmbH (im Folgenden:
[X.]. GmbH) an die T.

GmbH statt. Die im September 2009 gegründete [X.].
GmbH übte keine Geschäftstätigkeit mehr aus. R.

gewann den [X.] der [X.].

GmbH, den Zeugen [X.]

, der keine Kenntnisse im [X.] hatte, sich als Strohmann an dem Geschäftsmodell zu beteiligen. dem Zeugen R.

liegen sollte, kam dem Zeugen [X.]

die Aufgabe zu, bei der Anlieferung von Kupfer die Geldbeträge an der Kasse der T.

GmbH entgegenzunehmen. Die Geschäfte wurden wie folgt abgewickelt: Die Angeklagten kauften bei [X.] Lieferanten in großem Umfang [X.] ein. Mit R.

standen sie in ständigem telefonischen Kontakt, um die Ein-
und Verkaufspreise abzustimmen. Sie erstellten dann Rechnungsunterlagen für die Firma P.

in [X.], wonach sie das Kupfer an die [X.].

GmbH verkauften. Tatsächlich fanden ein Verkauf und eine Lieferung an 4
-
5
-
die
[X.].
GmbH nicht statt. Vielmehr wurde das Kupfer, nachdem R.

mit dem Chefeinkäufer der T.

GmbH, dem Zeugen [X.]

, die [X.] verhandelt hatte, auf Veranlassung der Angeklagten durch nieder-ländische Speditionen direkt zur T.

GmbH geliefert. [X.]

ging dabei davon aus, dass die [X.].
GmbH Vertragspartner der T.

GmbH wurde.
Da es den Angeklagten wegen der Höhe der hinterzogenen [X.] zu riskant wurde, weitere Kupferlieferungen über die [X.].

GmbH abzuwi-ckeln, wurden im Zeitraum Juni und Juli 2010 weitere in gleicher Weise durch-geführte Kupfergeschäfte unter Einschaltung des neuen Strohmanns
[X.]

vorgenommen. [X.]

, der ebenfalls keine Erfahrung im Altmetallhandel hatte, war bereit, sein Einzelunternehmen gegen eine [X.] er die Führung seines Unternehmens den Angeklagten und dem Zeugen R.

überließ, trat er jedenfalls bei der Anlieferung des Kupfers an der Kasse der T.

GmbH als Inhaber seines Einzelunternehmens auf.
Insgesamt erwarb die T.

GmbH im Zeitraum von Februar bis Juli 2010

GmbH und [X.]

Kupfer zum Nettopreis von insgesamt 2.962.627,85
Euro zuzüglich 562.899,30
Euro Umsatzsteuer. Die T.

GmbH zahlte nach jeder Einzellieferung die [X.] und die Umsatzsteuer in bar aus, wobei
jeweils die Strohmänner [X.]

bzw. [X.]

das Bargeld an der Kasse für ihr Unternehmen in Empfang nahmen. Sie leiteten jeweils das Geld ungeprüft an R.

weiter, der bereits vor Ort auf sie wartete. Dieser traf sich umgehend mit den Angeklag-ten, die ebenfalls vor Ort warteten, um die Aufteilung des Geldes zu überwa-chen. Weder die Angeklagten noch R.

noch die Strohmänner [X.]

und
[X.]

.
GmbH und 5
6
-
6
-
[X.]

erzielten Umsätze Umsatzsteuervoranmeldungen oder eine Umsatzsteuerjahreserklärung ab.
II.
Die Revisionen der Angeklagten haben bereits mit der Sachrüge Erfolg; auf die von den Beschwerdeführern erhobenen Verfahrensrügen kommt es nicht mehr an.
1.
Das [X.] hat die Angeklagten als Mittäter einer Steuerhinter-ziehung durch Unterlassen (§
370 Abs.
1 Nr.
2 [X.], §
25 Abs.
2 StGB) angese-

GmbH und [X.]

in den Voranmeldungszeiträumen Februar bis Juli 2010 keine Umsatzsteuer-voranmeldungen über die von diesen
Unternehmen getätigten Umsätze
abga--

[X.] verpflichtet gewesen seien. Diese Würdigung wird von den Urteilsfeststellungen nicht getragen. Zwar ist das [X.] rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass diese Unternehmen Umsätze aus-führen konnten, obwohl sie als inländische Unternehmen nur deshalb zwi-schengeschaltet worden waren, weil innergemeinschaftliche Erwerbe gemäß §
1
Abs. 1
Nr.
5 [X.]. §
13a Abs.
1 Nr.
2 UStG vom Leistungsempfänger zu versteuern sind, sodass an den Leistenden keine Umsatzsteuerbeträge ausbe-zahlt werden (nachfolgend
a). Die Urteilsfeststellungen belegen jedoch nicht, dass die Angeklagten als Verfügungsbefugte im Sinne von §
[X.] die steuer-lichen Erklärungspflichten der Unternehmen [X.].

GmbH und [X.]

zu erfüllen hatten (nachfolgend
b).
7
8
-
7
-
a)
Im Ergebnis rechtsfehlerfrei ist das [X.] davon ausgegangen, n, tatsächlich aber existierenden Unter-nehmen [X.].
GmbH und [X.]

als Leistende der Kupferlieferungen an die Firma T.

GmbH anzusehen waren.
aa)
Wer bei einem Umsatz als [X.] anzusehen ist, ergibt sich nach der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] regel-mäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen (vgl. [X.], Urteile
vom 16.
August 2001

V
R
67/00, [X.] 2002, 213
und
vom 26.
Juni 2003

V
R
22/02, [X.] 2004, 153; [X.], Urteil vom 9.
April 2013

1
[X.], [X.]St 58, 218, 233). [X.] ist damit in der Regel derjenige, der die Liefe-rungen oder sonstigen
Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem ande-ren selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei [X.] entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (vgl.
[X.], Urteil vom 12.
Mai 2011

V
R

n-ternehmer und [X.] im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein. Er ist nicht deswegen nicht selbständig im Sinne des §
2 Abs.
1 Satz
1 UStG, weil er im Innenverhältnis den Weisungen eines Auftraggebers verpflichtet ist. Ohne Be-deutung für die Beurteilung der Leistungsbeziehungen im Verhältnis zu Dritten r-
Erscheinung treten will (vgl. [X.], Urteil vom 9.
April 2013

1
StR
586/12, [X.]St 58, 218, 233 mwN).
9
10
-
8
-
bb)

dann, wenn es nur zum Schein
abgeschlossen wird, d.h. wenn beide Vertrags-parteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen Ihnen, sondern zwi-l. §
41 Abs.
2 [X.]; [X.], Urteil vom 9.
April 2013

1
StR
586/12, [X.]St 58, 218, 233
f.
mwN).
cc)
So verhielt es sich nach den Feststellungen hier jedoch nicht. Die Angeklagten wollten durch die Zwischenschaltung der [X.].

GmbH und des Einzelunternehmens
[X.]

erreichen, dass eine steuerpflichtige Inlandslieferung (§
1
Abs. 1
Nr.
1 UStG) und nicht eine steuerbefreite innerge-meinschaftliche Lieferung vorliegt, bei der der Erwerb vom Leistungsempfänger zu versteuern ist (§
1 Abs. 1 Nr.
5 [X.]. §
13a Abs.
1 Nr.
2 UStG). Da deshalb diese Unternehmen und nicht die Angeklagten oder das [X.] Unter-nehmen P.

gegenüber der T.

GmbH als Lieferanten auf-traten und nach den Feststellungen auch für den Chefeinkäufer dieser Firma, den Zeugen [X.]

, keine Anhaltspunkte bestanden, dass dies nicht zutraf, [X.] sie bei den Kupferlieferungen an die T.

GmbH als leistende [X.] anzusehen. Bei den Anlieferungen war jeweils der Geschäftsführer der [X.].

GmbH bzw. der Inhaber des Einzelunternehmens [X.]

vor Ort und nahm den Verkaufserlös entgegen. Auch wenn die [X.].
GmbH und das Einzelunternehmen [X.]

waren sie in der Lage und befugt, der T.

GmbH die Verfügungsmacht r-r-kens ihres Geschäftsführers bzw. Inhabers mit den Angeklagten ohne [X.] Verhalten nicht als Unternehmer anzusehen waren (vgl. [X.], Be-11
12
-
9
-
schluss vom 8.
Februar 2011

1
StR
24/10, [X.]R UStG §
15 Abs.
1 [X.]
1; Urteil vom 9.
April 2013

1
StR
586/12, [X.]St 58, 218, 234; jeweils mwN), ist insoweit ohne Bedeutung.
dd)
Der Umstand, dass die gegenüber der T.

GmbH persönlich auftretenden Leitungspersonen der Unternehmen [X.].
GmbH und [X.]

ebenso wie die Angeklagten von Anfang an beabsichtigten, für die [X.]lieferungen keine Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben, sondern die Umsatzsteuern zu hinterziehen, steht der Annahme steuerbarer und steuer-pflichtiger Ausgangsumsätze (Lieferungen) dieser Unternehmen nicht entgegen (vgl. [X.], Urteil vom 9.
April 2013

1
StR
586/12, [X.]St 58, 218, 234
f.
mwN).
b)
Täter

auch Mittäter

einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§
370 Abs.
1 Nr.
2 [X.]) kann nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist ([X.], Urteil vom 9.
April 2013

1
StR
586/12, [X.]St 58, 218). Zwar trifft auch einen Verfü-gungsberechtigten im Sinne des §
[X.] eine Rechtspflicht zur Aufklärung über steuerlich erhebliche Tatsachen. Die vom [X.] festgestellten tatsäch-lichen Umstände belegen jedoch für die Angeklagten keine den Voraussetzun-gen des §
[X.] entsprechende Stellung.
aa)
Nach §
[X.] hat derjenige, der als [X.] im eige-nen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§
34 Abs.
1 [X.]), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann. Zu den von einem Verfügungsberechtigten zu erfüllenden Pflichten gehören insbeson-dere diejenigen
zur Abgabe von Steuererklärungen und zur Entrichtung der Steuern
aus vorhandenen Mitteln.
13
14
15
-
10
-
bb)
[X.] im Sinne des §
[X.] ist jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (vgl. [X.], Urteil vom 5.
August 2010

V
R
13/09, [X.]/NV 2011, 81). Nicht ausreichend ist eine rein tatsächliche Verfügungsmacht, etwa die Mög-lichkeit,
über wirtschaftlichen Druck auf die Verfügungen des Steuerpflichtigen Einfluss zu nehmen; vielmehr muss die Verfügungsmöglichkeit rechtlich einge-räumt worden sein, sodass der Verfügungsberechtigte aufgrund bürgerlich-rechtlicher Verfügungsmacht im Außenverhältnis wirksam handeln kann. [X.] für die Pflichtenstellung des §
[X.] ist, dass der Verfügungsbe-rechtigte durch die Übertragung der rechtlichen Verfügungsbefugnis in die Lage versetzt worden ist, am Rechtsverkehr wirksam teilzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 9.
April 2013

1
[X.], [X.]St 58, 218, 236 mwN).
Eine mittelbare rechtliche Verfügungsbefugnis genügt. Verfügungsbe-rechtigt im
Sinne des §
[X.] ist daher auch, wer aufgrund seiner Stellung die Pflichten des gesetzlichen Vertreters erfüllen oder durch die Bestellung ent-sprechender Organe erfüllen lassen kann. Gleiches gilt für denjenigen, der [X.] und über seine Mittel verfü-gen kann. Steuerliche Pflichten sind dabei auch dann rechtlich und tatsächlich erfüllbar, wenn zwar keine unmittelbare Vertretungsbefugnis besteht, die recht-liche Stellung jedoch eine verbindliche Weisung an den Vertretenen ermöglicht ([X.], Urteil vom 9.
April 2013

1
StR
586/12, [X.]St 58, 218, 238 mwN). Auch wenn ein Geschäftsherr einem Dritten für einen bestimmten Geschäftsbe-reich völlig freie Hand lässt, so kann dieser nach den Umständen des Einzel-falls für den Geschäftsbereich, den er übernommen hat, als [X.] im Sinne des §
[X.] anzusehen sein ([X.], Urteil vom 9. April 2013

1 [X.], [X.]St 58, 218, 236
f.).
16
17
-
11
-
cc)
Allerdings kann [X.] im Sinne des §
[X.] nur derjenige sein, der auch als solcher nach außen auftritt. Auftreten bedeutet die Teilnahme am Wirtschafts-
und Rechtsverkehr, die über die Beziehungen zum Rechtsinhaber hinausgeht. Nicht vorausgesetzt
ist ein Auftreten gerade gegen-über den Finanzbehörden oder in
steuerlichen Angelegenheiten. Die Teilnahme muss auch nicht in einer Disposition über fremdes Vermögen bestehen. [X.] reicht es aus, wenn der Verfügungsberechtigte sich nach außen so [X.], als könne er über fremdes Vermögen verfügen. Nimmt etwa eine Person Geschäftsführungsaufgaben tatsächlich wahr, so reicht es aus, wenn sie ledig-
e-meinen Öffentlichder faktisch Leitende selbst im Hintergrund und bedient er sich zur Ausübung seiner Verfügungsbefugnis der Unterstützung weisungsgebundener Personen, wird er nach §
[X.] nur verpflichtet, wenn die Weisungsabhängigkeit auch nach außen

erkennbar wird. Diese Grundsätze gelten für Einzelunternehmen entsprechend ([X.], Urteil vom 9.
April 2013

1
StR
586/12, [X.]St 58, 218, 237
f.; [X.], Urteil vom 5.
August 2010

V
R
13/09, [X.]/NV 2011, 81; jeweils mwN).
dd)
Zwar hat das [X.] hier festgestellt, dass die Angeklagten die
einzelnen Geschäfte und die Preisgestaltung vorgegeben haben
und der Geschäftsführer der [X.].

GmbH sowie der Inhaber der Einzelfirma [X.]

als Strohmänner lediglich die ihnen gegebenen Vorgaben ausführten. Diese Stellung der Angeklagten allein genügt jedoch für die Annahme einer Verfügungsbefugnis im Sinne des §
[X.] nicht. Vielmehr belegen die vom
[X.] getroffenen Feststellungen nicht das erforderliche Auftreten als Verfügungsbefugte dieser Unternehmen nach außen, auch nicht gegenüber 18
19
-
12
-

die Abwicklung der einzelnen Geschäfte und die Preisgestaltung aufgrund ihrer starken Stellung vorgaben. Um ihre Verbindung zu den zwischengeschalteten Firmen nicht aufzudecken, vermieden sie sogar bewusst ein Auftreten für diese Unternehmen nach außen. Nach den Urteilsfeststellungen traten sie nicht [X.] mit den Strohleuten persönlich in Kontakt, sondern überließen dies dem Zeugen R.

. Sie selbst blieben im Hintergrund und traten auch gegenüber der Leistungsempfängerin, der T.

GmbH, nicht als Vertreter der zwi-schengeschalteten Firmen auf. Vor Ort ließen sie den Geschäftsführer bzw. Inhaber des jeweils leistenden Unternehmens auftreten und den Verkaufserlös entgegennehmen. Sie hielten sich zwar in der Nähe auf, ließen sich aber die erhaltenen Geldbeträge erst indirekt unter Einschaltung des Zeugen R.

übergeben (UA S.
30). Mithin belegen die Urteilsfeststellungen nicht nur kein Auftreten der Angeklagten als Verfügungsbefugte für die [X.].

GmbH und das Einzelunternehmen [X.]

nach außen, sondern zeigen im Gegen-teil, dass die Angeklagten ihre Verbindung zu diesen Unternehmen sogar [X.] verheimlichten. Der Umstand allein, dass die Angeklagten niederländi-sche Speditionen im Namen der zwischengeschalteten Unternehmen mit dem Transport des Kupfers beauftragten (UA S.
39), genügt für ein Auftreten als Verfügungsbefugter dieser Firmen gegenüber einer

nicht.
ee)
[X.] ist insoweit, ob der Zeuge R.

, der für die [X.].
GmbH und das Einzelunternehmen [X.]

auch nach außen auftrat, die Stellung eines Verfügungsbefugten im Sinne des §
[X.] innehatte. Zwar spricht für das Vorliegen einer solchen Stellung, dass R.

im Namen dieser Firmen mit dem Chefeinkäufer der T.

GmbH, dem Zeugen [X.]

, die Preisverhandlungen führte (UA S.
23, 27). Gleichwohl genügt dies nicht, auch 20
-
13
-
für die Angeklagten die Voraussetzungen des §
[X.] zu bejahen. Vielmehr sind diese
für jeden Beteiligten gesondert festzustellen. Eine Zurechnung des Auftretens anderer nach außen nach den strafrechtlichen Grundsätzen der [X.] findet hinsichtlich der Voraussetzungen des §
[X.] nicht statt. [X.] rechtfertigt allein der Umstand, dass ein gemeinsamer Tatplan [X.] und die Angeklagten zusammen mit dem Zeugen R.

entschieden, zu welchen Preisen die Kupferbestände an-
und verkauft werden (UA S.
23), eine solche Zurechnung nicht. Auch das Merkmal pflichtwidrig in §
370 Abs.
1 Nr.
2 [X.] bezieht sich allein auf das Verhalten des [X.], nicht auf das eines ande-ren Tatbeteiligten. Damit kommt eine Zurechnung fremder Pflichtverletzungen

hier etwa des
Zeugen R.

im Rahmen einer
Steuerhinterziehung durch Unterlassen auch dann nicht in Betracht, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen Mittäterschaft vorliegen würde.
2.
Die Sache bedarf daher insgesamt neuer tatrichterlicher Verhandlung und Entscheidung. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf [X.] hin:
a)
Im Hinblick darauf, dass es sich nach den bisherigen Feststellungen bei den von den Angeklagten veranlassten Kupfertransporten aus den [X.] nach [X.] weder um steuerbefreite innergemeinschaftliche Lie-ferungen an die [X.].
GmbH bzw.
die Einzelfirma [X.]

noch an die T.

GmbH handelte, wird das [X.] in Abhängigkeit von den neu zu treffenden
Feststellungen gegebenenfalls auch die Möglichkeit eines steuer-pflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerbs durch die Angeklagten im Sinne von §
1 Abs.
1 Nr.
5 UStG in die Prüfung der steuerlichen
Verhältnisse einbe-ziehen können. Denn gemäß §
1a Abs.
2 Satz
1 UStG gilt als [X.] Erwerb gegen Entgelt auch das Verbringen eines Gegenstands des 21
22
-
14
-
Unternehmens aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer
nur
vorübergehen-den Verwendung. Der Unternehmer gilt in einem solchen Fall als Erwerber (§
1a Abs.
2 Satz
2 UStG) und wird Steuerschuldner (§
13a Abs.
1 Nr.
2 UStG).
b)
Sollten sich keine weitergehenden Anhaltspunkte für ein Auftreten der Angeklagten nach außen als Verfügungsbefugte der [X.].
GmbH bzw. der Ein-zelfirma [X.]

ergeben, wird das [X.] auch eine mögliche Strafbarkeit der Angeklagten wegen Anstiftung zur Steuerhinterziehung in den Blick
nehmen können.
Raum
Graf
Jäger

Cirener
Bär
23

Meta

1 StR 33/17

23.08.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2017, Az. 1 StR 33/17 (REWIS RS 2017, 6235)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6235

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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