Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2007, Az. I ZR 192/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 980

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 192/06 Verkündet am: 8. November 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 8. November 2007 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Die Revision gegen das [X.]eil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 21. September 2006 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Beklagte betreibt [X.]. Sie ließ im "S.

Boten" am 27. September 2005 folgende Werbeanzeige veröffentlichen: 1 - 3 - 2 Die Klägerin, ein [X.]verband, hält die Werbung mit dem ange-kündigten Preisnachlass für wettbewerbswidrig. Es handele sich um eine unan-gemessene unsachliche Beeinflussung, da der angesprochene Verkehr davon abgehalten werde, sich mit den Angeboten der Mitbewerber zu befassen. Die Aktion diene vor allem dazu, eine etwaige Selbstbeteiligung im Rahmen einer Kaskoversicherung zu umgehen und dem Kunden auf Kosten des Versicherers einen Vorteil zu verschaffen. Die Klägerin hat beantragt, 3 die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren- oder Dienst-leistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens [X.], "Mit dieser Anzeige erhalten Sie bei [X.] 150,- [X.] in [X.]* *Kasko-Abwicklung ab 1.000,- [X.] Schaden" und/oder solchermaßen beworbene Aktionen durchzuführen.
Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, der Versicherer werde bei entsprechenden Reparaturen nicht über die Höhe des vom Versicherungs-nehmer aufzubringenden Betrags getäuscht. Bei Hagelschäden werde der [X.] anders als bei Schäden an der Windschutzscheibe durch einen vom Versicherer beauftragten Sachverständigen begutachtet. Der Versicherer kenne daher die erforderlichen Kosten, die die Beklagte damit nicht überschrei-ten könne. Außerdem erließen einzelne Versicherer von sich aus die Selbstbe-teiligung, wenn ihre Kunden den Hagelschaden bei einer von ihnen vorgeschla-genen Werkstatt beseitigen ließen. Der Wettbewerb werde daher nicht [X.] - 4 - trächtigt, wenn andere Werkstätten den Versicherten eine Barvergütung in [X.] des Selbstbehalts aus ihrem Gewinn bezahlten. 5 Das [X.] hat der Klage stattgegeben. 6 Die Berufung der [X.] ist ohne Erfolg geblieben ([X.], [X.]. v. 21.9.2006 - 4 U 86/06, juris). Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision verfolgt die [X.] ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. 7 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat den [X.] für begründet erachtet und hierzu ausgeführt: 8 Die Beklagte beteilige sich durch die Werbung und die anschließende Durchführung der Aktion an einem Betrug i.S. des § 263 StGB zu Lasten der Kaskoversicherer. Gemäß § 13 Abs. 5 [X.] ersetze der Versicherer die zur Wiederherstellung erforderlichen Kosten. Erforderlich sei der Reparaturaufwand in einer Fachwerkstatt. Wegen des dem Versicherten gewährten Rabatts sei dieser Aufwand aber um 150 • niedriger als nach der Mitteilung gegenüber dem Versicherer. Wenn die Mitteilung korrekt erfolgte, wäre die Leistung des [X.] entsprechend geringer. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass der Versicherer vor der Reparatur eines Hagelschadens einen Schadensgutachter einschalte. Das Gutachten lege den Reparaturaufwand 9 - 5 - nicht fest. Wenn die Kosten tatsächlich niedriger als vom Gutachter angenom-men seien, schulde der Versicherer nur den geringeren Betrag. 10 Die Vorschrift des § 263 StGB stelle eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar. Der Versicherer sei hier geschützter Marktteilnehmer, weil er bei der Kaskoversicherung hinsichtlich der Preisgestaltung in die Rolle eines Kunden rücke. Unerheblich sei, dass einzelne Versicherer dadurch in den Wettbewerb eingriffen, dass sie den Erlass einer Selbstbeteiligung anböten, wenn die Reparatur in einer bestimmten Werkstätte durchgeführt werde. Selbst wenn ein solches Verhalten unzulässig wäre, rechtfertigte dies nicht ein [X.] Verhalten. Das versprochene Verhalten selbst sei ebenfalls wettbewerbswidrig. 11 I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die streitgegenständliche Werbung im Ergebnis zu Recht als wettbewerbswidrig angesehen. 12 1. Die streitgegenständliche Werbung verstößt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allerdings nicht gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 263 StGB. Sie stellt allenfalls eine versuchte Anstiftung zum Betrug dar, die als sol-che nicht strafbar ist. Der [X.] setzt demgegenüber die Erfül-lung aller Merkmale des Tatbestandes der das Marktverhalten regelnden ge-setzlichen Vorschrift voraus (vgl. [X.] in Hefermehl/[X.]/[X.], [X.], 25. Aufl., § 4 UWG [X.] 11.50; [X.].UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 [X.] 81). 13 2. Die streitgegenständliche Werbung verstößt aber gegen §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, da sie geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen [X.] - 6 - kehrskreise unangemessen unsachlich zu beeinflussen (vgl. auch [X.] in Hefermehl/[X.]/[X.] aaO § 4 UWG [X.] 1.39a). 15 a) [X.] ist nach der Aufhebung des [X.] allerdings wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig. Entsprechen-de Angebote unterliegen seither nur einer Missbrauchskontrolle. Ein Preisnach-lass ist danach u.a. dann wettbewerbswidrig, wenn von der Vergünstigung eine derart starke Anziehungskraft ausgeht, dass die Rationalität der Nachfrageent-scheidung auch bei einem verständigen Verbraucher vollständig in den Hinter-grund tritt (vgl. [X.], [X.]. v. 22.5.2003 - I ZR 8/01, [X.], 1057 = [X.], 1428 - Einkaufsgutschein; [X.]. [X.] - I ZR 187/02, [X.], 960 = [X.], 1359 - 500 DM-Gutschein für Autokauf). Da die Anlockwir-kung, die von einer besonders günstigen Preisgestaltung ausgeht, gewollte Folge des [X.] ist ([X.] [X.], 1057 - Einkaufsgutschein; [X.], 960 - 500 DM-Gutschein für Autokauf; [X.], [X.]. v. 22.9.2005 - I ZR 28/03, [X.], 161 [X.]. 17 = [X.], 69 - Zeitschrift mit Sonnen-brille), kann der Umstand allein, dass mit einem Rabatt geworben wird, die [X.] nicht begründen. b) Eine unangemessene unsachliche Beeinflussung kommt aber dann in Betracht, wenn der angesprochene Verkehr bei Entscheidungen, die er zu tref-fen hat, auch die Interessen dritter Personen zu wahren hat. Soweit ein [X.] die Interessen des Versicherers wahrzunehmen hat, kann das Versprechen eines Vorteils zu seinen Gunsten gegen § 4 Nr. 1 UWG versto-ßen, wenn der Versicherungsnehmer dadurch veranlasst werden kann, auf das Angebot einzugehen, ohne den Vorteil an den Versicherer weiterzuleiten. Der Streitfall ist insoweit mit den den Senatsentscheidungen "Kleidersack" ([X.]. v. 30.1.2003 - I ZR 142/00, [X.], 624, 626 = [X.], 886) und "Quer-subventionierung von [X.]" ([X.]. v. 21.4.2005 - I ZR 201/02, 16 - 7 - GRUR 2005, 1059, 1060 = [X.], 1508) zugrunde liegenden Sachverhal-ten vergleichbar (vgl. auch [X.] in Hefermehl/[X.]/[X.] aaO § 4 UWG [X.] 1.84; Seichter in [X.], jurisPK-UWG, § 4 Nr. 1 [X.] 71; Münch-Komm.UWG/[X.], § 4 Nr. 1 [X.] 197 ff.). 17 aa) Die beanstandete Werbung spricht nach den getroffenen Feststellun-gen die Halter von Kraftfahrzeugen an, für die eine Kaskoversicherung besteht. Diese erhalten den Rabatt für den Abschluss eines Vertrags, für dessen Kosten sie selbst nur in Höhe des Selbstbehalts und im Übrigen die Versicherer [X.] müssen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 [X.] sind sie gehalten, alles zu tun, was der Minderung des Schadens dienen kann. Dies schließt neben der Ver-pflichtung, die Kosten für die Reparatur niedrigzuhalten (vgl. dazu Stiefel/ [X.], Kraftfahrtversicherung, 17. Auf., § 13 [X.] [X.] 51; [X.] in [X.]/[X.]/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 2. Aufl., § 13 [X.] [X.] 33), auch ein, dass dem Versicherer gegenüber zutreffende Angaben zu den Kosten der Reparatur gemacht werden. Die nach dem Versicherungsvertrag gebotene objektive Entscheidung wird durch die von der [X.] versprochene Barver-gütung eines Teils des Selbstbehalts beeinträchtigt. Der Kunde hat in der Regel durch die Beauftragung einer günstigeren Werkstatt keine wirtschaftlichen Vor-teile. Demgegenüber profitiert er von dem von der [X.] versprochenen Rabatt unmittelbar, wenn er bereit ist, diesen seinem Versicherer zu verschwei-gen. [X.]) Das Angebot der [X.] kann den angesprochenen Verbraucher somit veranlassen, die Beklagte unter Verletzung seiner Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag und gegebenenfalls insbesondere unter Ausschlagung eines gleichwertigen oder günstigeren Angebots eines Mitbewerbers allein des-halb zu beauftragen, weil er den von der [X.] versprochenen Vorteil er-langen möchte. Von der zugesagten Einsparung in Höhe von 150 • geht, da es 18 - 8 - sich dabei um einen nicht ganz unerheblichen Betrag handelt, ein hinreichen-des Maß an Einflussnahme aus. Zwar wird ein Teil der Marktteilnehmer bei der Schadensabwicklung seine vertraglichen Verpflichtungen aus dem Versiche-rungsvertrag beachten und daher den ihm von der [X.] in Aussicht ge-stellten Vorteil an den Versicherer weiterleiten. Nach der Lebenserfahrung [X.] jedoch bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung die Bereit-schaft, die Interessen der Versicherer im Blick auf den eigenen Vorteil nicht hin-reichend zu wahren. cc) Eine andere Beurteilung wäre allerdings dann geboten, wenn die [X.] nur an Kunden von Versicherern heranträte, die über die Art der Abrech-nung informiert und mit ihr einverstanden wären. In solchen Fällen wird der Kunde nicht unangemessen unsachlich beeinflusst, da er aufgrund des Einver-ständnisses des Versicherers nicht dessen Interessen zuwiderhandelt (vgl. auch [X.], [X.]. v. 8.11.2007 - I ZR 121/06, unter [X.] b der [X.]). Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht jedoch nicht ge-troffen. Die Revision erhebt in dieser Hinsicht auch keine [X.]. 19 3. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Ankündigung der Aktion in dem vom Berufungsgericht zuge-sprochenen Umfang gegeben. Das Verbot erfasst allein die Fälle, in denen der Rabatt beliebigen Kunden versprochen wird, die bei unterschiedlichen Versi-cherern versichert sind. 20 - 9 - II[X.] Danach ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO [X.]. 21 [X.] Pokrant Schaffert
Bergmann Koch Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 06.04.2006 - 8 O 10/06 - [X.], Entscheidung vom 21.09.2006 - 4 U 86/06 -

Meta

I ZR 192/06

08.11.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2007, Az. I ZR 192/06 (REWIS RS 2007, 980)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 980

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