Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2012, Az. V ZR 99/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4742

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 99/12
vom

12. Juli 2012

in dem Rechtsstreit

-

2

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 12. Juli 2012 durch den [X.] Richter Prof.
Dr.
[X.], die Richter Dr.
Lemke und Prof.
Dr.
Schmidtsch und die Richterinnen Dr. [X.] und Weinland

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten, ihr Prozesskostenhilfe für das Revisi-onsverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr.
Schott zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.
Die Parteien sind Eigentümer
aneinandergrenzender, mit Reihenhäusern bebauter Grundstücke, die im Jahr 1957 infolge Aufteilung eines ursprünglich mit Siedlungsgebäuden bebauten Gesamtgrundstücks entstanden. Seit der [X.] liegt ein von der Beklagten als Schlafzimmer genutztes [X.] im [X.] mit einem Fenster zum Grundstück der Klägerin vollständig auf deren Grundstück und somit innerhalb des Baukörpers des Reihenhauses der Kläge-rin. Die Zugangstür befindet sich auf der Grundstücksgrenze.
Mit der Behauptung, der Zugang zu
dem [X.] sei früher von ihrem heutigen Haus aus erfolgt und erst später

unter Herstellung des Zugangs von dem Haus der Beklagten

zugemauert worden, hat die Klägerin die Herausga-be des [X.]s und die Beseitigung eines Verschlags in dem über dem Zim-mer befindlichen Speicher sowie die Erstattung von 489,45

Rechtsanwaltskosten verlangt. Das Amtsgericht hat die Beklagte zum Abbau 1
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des Verschlags verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Beru-fung der Klägerin hat das [X.] auch der [X.] stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 489,45

von dem [X.] zugelassene Revision der Beklagten. Diese beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren.

II.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klägerin Eigentümerin des [X.]s. Das folge aus dem Grundsatz der vertikalen Teilung, weil sich das [X.] mit den Wänden und dem Boden vollständig auf dem Grundstück der Klägerin befinde. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Eigengrenzüberbau seien deshalb nicht anzuwenden. Allerdings führte die An-wendung dieser Grundsätze zu demselben Ergebnis. Der Herausgabeanspruch sei weder verjährt noch verwirkt.

III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Es wird nach §
552a ZPO zurückzuweisen sein.
1. Die Zulassung der Revision in dem Berufungsurteil ist rechtswidrig, weil keiner der in §
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO genannten Zulassungsgründe vor-liegt.
2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Die Beklagte ist nach §
985 BGB zur Herausgabe des [X.]s ver-pflichtet.
aa) Zu Recht hält das Berufungsgericht die zum Eigengrenzüberbau entwickelten Grundsätze für nicht anwendbar. Denn es geht hier nicht

wir dort

um den Fall, dass der Eigentümer zweier aneinandergrenzender [X.]e mit dem Bau auf einem derselben die Grenze überschreitet und die Grundstücke später in das Eigentum verschiedener Personen gelangen (vgl. Senat, Urteil vom 23.
Februar 1990

V
ZR 231/88, BGHZ
110, 298, 300), oder dass
ein Grundstück in der Weise aufgeteilt wird, dass aus einem aufstehenden Gebäude zwei selbständige Gebäude entstehen und ein Teil eines Gebäudes in das Nachbargrundstück hineinragt (vgl. Senat, Urteil vom 4.
Dezember 1987

V
ZR 274/86, BGHZ
102, 311, 313
ff.).
bb) Auch die

von dem Berufungsgericht nicht erwogenen

Grundsätze der Eigentumszuordnung bei verschachtelter Bauweise kommen nicht zur An-wendung. Sie gelten dann, wenn zwei nebeneinander liegende Grundstücke in der Weise bebaut wurden, dass einzelne Geschosse der beiden aufstehenden Gebäude zum Teil in das jeweilige Nachbargrundstück hineinragen (Senat, Ur-teil vom 15.
Februar 2008

V
ZR 222/06, BGHZ
175, 253, 259
f. Rn.
15
f.).
cc) Die Grundstückssituation und die bauliche Situation stellen sich hier so dar, dass mit der Teilung des ursprünglichen Grundstücks die Entstehung der Reihenhäuser als wirtschaftlich selbständige Einheiten einherging, ohne dass ein Teil des einen Gebäudes in das Nachbargrundstück hineinragte.
Das streitige [X.] befindet sich mit Wänden und Boden, also insgesamt auf dem der Klägerin gehörenden Grundstück; es ragt deshalb nicht von dem [X.] der Beklagten dort hinein. In einem solchen Fall ist nach dem Grundsatz der vertikalen Teilung entsprechend dem
Gedanken der Regelung in §
94 Abs.
1 BGB jeder Gebäudeteil eigentumsrechtlich dem Grundstück zuzuordnen, 7
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auf dem er steht (Senat, Urteil vom 10.
Oktober 2003

V
ZR 96/03, WM
2004, 1340, 1341). Demnach ist die Klägerin Eigentümerin des sich vollständig auf ihrem Grundstück befindenden [X.]s.
b)
Ob die Ansicht des Berufungsgerichts zutrifft, dass
bei der Anwendung der zum Eigengrenzüberbau entwickelten Grundsätze die eigentumsrechtliche Zuordnung des [X.]s nicht anders wäre, kann somit offenbleiben.
c)
Ebenfalls zu Recht sieht das Berufungsgericht den Herausgabean-spruch als unverjährbar an (Senat, Urteil vom 16.
März 2007

V
ZR 190/06, NJW
2007, 2183).
d)
Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Ansicht des Berufungsge-richts, der Herausgabeanspruch sei nicht verwirkt. Es hat seiner Entscheidung die allgemeinen Grundsätze der Verwirkung und die Besonderheiten bei der Verwirkung eines Herausgabeanspruchs nach §
985 BGB, die der Senat in sei-

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nem Urteil vom 16.
März 2007 dargestellt und herausgearbeitet hat (V
ZR 190/06, NJW
2007, 2183
f.),
zugrunde gelegt und ist zu dem von dem [X.] gelangt, dass sich für die Beklagte die Herausgabepflicht nicht als schlechthin unerträglich darstellt.

[X.] [X.]Schmidt-Räntsch

[X.] Weinland
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.02.2011 -
26 [X.] (11) -

LG [X.], Entscheidung vom 23.03.2012 -
5 S 9/12 -

Meta

V ZR 99/12

12.07.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2012, Az. V ZR 99/12 (REWIS RS 2012, 4742)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4742

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