Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.04.2013, Az. 5 StR 58/13

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 6874

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5 StR 58/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom
9. April 2013
in der Strafsache
gegen

wegen räuberischen Diebstahls u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 9. April 2013
beschlossen:

Auf die Revision des
Angeklagten wird
das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 24. Oktober 2012 nach § 349 Abs. 4
StPO mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.]s
zurückverwiesen.

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheits-strafe von sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem
psy-chiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur umfassenden Aufhebung des Urteils.

1. Nach den Feststellungen entwendete
der im Zeitpunkt der [X.] 38-jährige Angeklagte im Juli 2009 in einem Supermarkt in S.

eine Flasche
Alkohol, die er unter seiner Kleidung
versteckte. Als er das Geschäft ohne Bezahlung der Flasche verließ, wurde er von der [X.] verfolgt und aufgefordert, die Flasche zu bezahlen. Ohne darauf
zu erwidern, schlug der Angeklagte ihr mit der Faust ins Gesicht und entfernte sich unter Mitnahme der Flasche vom [X.].

Das [X.] ist

sachverständig beraten

zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem bereits seit September 1995 mit zwei kurzen Unter-brechungen im Maßregelvollzug nach § 63 StGB untergebrachten Angeklag-1
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ten neben einer leichten Intelligenzminderung eine Alkoholabhängigkeit vor-liegt, die bereits zu
alkoholbedingten Persönlichkeits-
und Verhaltensverän-derungen geführt hat. Am Tattag war der Angeklagte aus dem geschlosse-nen Wohnbereich eines Heimes in W.

entwichen und hatte sich nach S.

begeben. Mit dem Sachverständigen geht das [X.] sein vorde

12). Es gelangt zu dem Schluss, dass zur Tatzeit seine Steuerungsfähigkeit erheb-lich vermindert gewesen und er aufgrund der Kombination aus fortbestehen-der Alkoholabhängigkeit, der dadurch eingetretenen Veränderung seiner Persönlichkeit sowie seiner leichten intellektuellen Minderbegabung auch weiterhin gefährlich sei. Aus diesem Grund hat das [X.] erneut in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.

2. Die Beweiswürdigung des [X.]s
trägt bereits nicht die An-nahme der [X.]chaft des Angeklagten.

Das Urteil verhält sich nicht ausdrücklich dazu, aufgrund welcher Indi-zien sich das [X.] von der [X.]chaft des Angeklagten überzeugt hat. Insoweit kommt in erster Linie sein Wiedererkennen durch die als Zeugin vernommene Geschädigte in
Frage. Indes bleibt offen, unter welchen Um-ständen
und in welcher Situation
dieses Wiedererkennen erfolgt ist. [X.] dessen ist es für den Senat nicht überprüfbar, ob der [X.] eine verstärkte Suggestibilität innewohnte, der das [X.] in seiner Beweiswürdigung hätte Rechnung tragen müssen (vgl. [X.], [X.] vom 25.
September 2012

5 [X.], [X.], 381,
und vom 25. Januar
2006

5 StR 593/05, [X.], 212). Diese ist insbe-sondere bei einem Wiedererkennen in der Hauptverhandlung zu berücksich-tigen, die nach der Darstellung im Urteil nahe liegt.
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Dass der Angeklagte rund fünf Stunden nach der Tat in S.

volltrunken als hilflose Person von der
Polizei aufgegriffen
wurde, ist für sich genommen kein hinreichendes Indiz für seine [X.]chaft. Das Urteil lässt insoweit offen, wann und aufgrund welcher Umstände ihm
die Tat zugeord-net wurde. Insbesondere ist nicht ersichtlich, ob die Geschädigte und die wei-tere Tatzeugin, die den Angeklagten
indes nicht wiedererkannt hat, eine [X.] des [X.] abgegeben hatten und inwieweit diese gegebenenfalls mit dem Erscheinungsbild des Angeklagten korrespondierte. Dem Urteil lässt sich auch nicht entnehmen,
welche Art von Alkohol der Angeklagte entwen-det haben soll und ob bei ihm eine Flasche gefunden wurde, die als Beute-gegenstand in
Frage kommt.

Dem Umstand, dass der Angeklagte den Tatvorwurf nicht in Abrede gestellt

hat, kommt hier kein
Beweiswert zu. Nach seinen Angaben kann er sich an die Tat nicht mehr erinnern und auch nicht mehr sagen, wie er von W.

nach S.

gekommen ist. Ob es sich hierbei um eine
Schutzbehauptung handelt, ist aus dem Urteil nicht ersichtlich. Dagegen spricht die
wiedergegebene

zurückzuführen sei
([X.]). Angesichts dessen kann der Einlassung des Angeklagten nicht mehr
entnommen werden,
als dass er sich selbst die Tat zutraut.

3. Sollte die neue Verhandlung zum Nachweis einer [X.]chaft des Angeklagten führen, wird die Beutesicherungsabsicht im Sinne des § 252 StGB zu
prüfen und zu belegen sein.
Bei der Entscheidung über die Anord-nung einer Maßregel nach § 63 StGB wäre folgendes zu berücksichtigen:

Im Rahmen der Prüfung der Gefährlichkeit des Angeklagten wird sich das neue Tatgericht damit auseinanderzusetzen haben, dass die Tat [X.] mehr als drei Jahre zurückliegt und der
Angeklagte in dieser Zeit auf der Grundlage der
Unterbringungsentscheidung des [X.]s Bautzen 6
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vom 2. Mai 1995 weiter im [X.] A.

behandelt worden ist. Das neue Tatgericht wird sich hier insbesondere mit etwaigen zwischenzeitlichen
Be-handlungsfortschritten und etwa gegebenen weiteren Verhaltensauffälligkei-ten auseinanderzusetzen haben.

Bei
der Prüfung der Verhältnismäßigkeit (§ 62 StGB) der Maßregel wird es
zu beachten haben, dass auf der einen Seite die Tat nach ihren kon-kreten Umständen an der Erheblichkeitsschwelle des § 63 StGB liegt,
auf der anderen Seite der Angeklagte bereits seit September 1995 im psychiatri-schen Krankenhaus untergebracht ist, wobei offenbar jedenfalls bis zum [X.] keine nachhaltigen Therapieerfolge erzielt werden konnten. Mit welcher Wahrscheinlichkeit von dem Angeklagten schwerer wiegende Taten als die hier begangene erwartet werden können, ist in dem angefochtenen Urteil nicht nachvollziehbar begründet.

Im Übrigen kann die nochmalige Anordnung einer Unterbringung in ei-nem psychiatrischen Krankenhaus neben einer bereits bestehenden Anord-nung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur dann in Betracht kommen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie zur Erreichung des Maßregel-ziels erforderlich ist, weil
von ihr Wirkungen ausgehen, die nicht bereits der erste [X.] zeitigt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. Juli 2010

5 [X.], [X.], 41,
und vom 9. Mai 2006

3 [X.], [X.]R StGB § 62 Verhältnismäßigkeit 6).
Auch dies ist im angefochtenen Urteil nicht nachvollziehbar begründet (vgl. [X.] 18).
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Abschließend weist der Senat darauf hin, dass das neue Tatgericht hinsichtlich der Besetzung des Spruchkörpers § 76 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 GVG zu beachten hat.
Vor einer erneuten Hauptverhandlung sollte geprüft werden, ob das Verfahren im Blick auf die weiterhin vollzogene Unterbringung nach §
154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO eingestellt werden sollte.

[X.] Sander Schneider

Dölp Bellay

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Meta

5 StR 58/13

09.04.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.04.2013, Az. 5 StR 58/13 (REWIS RS 2013, 6874)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6874

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